Bericht zum März-Plenum
Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Wolf R. Eisentraut „Schöpfertum gefangen im Zentralismus – zur wechselvollen Geschichte der Architektur in einer vergangenen Republik“

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin veranstaltete ihre öffentliche März-Plenarveranstaltung am 13.03.2025 zum Thema „Schöpfertum gefangen im Zentralismus – zur wechselvollen Geschichte der Architektur in einer vergangenen Republik“.
Referent hierzu war Prof. Dr. Wolf R. Eisentraut (Berlin), der sich als Architekt in der DDR und anschließend im vereinten Deutschland einen Namen gemacht hat. Die Veranstaltung fand im Ratssaal des Historischen Rathauses Berlin-Friedrichshagen statt.
Einleitend begrüßte Gerhard Pfaff, Sekretar der Klasse für Naturwissenschaften und Technikwissenschaften der Leibniz-Sozietät, die Teilnehmenden und stellte den Referenten vor. Wolf R. Eisentraut war als verantwortlicher Architekt an wesentlichen Bauprojekten der DDR tätig. Hierzu gehören Stadtzentren und Hochhäuser in verschiedenen Städten, der Palast der Republik in Berlin, Schulen, Kulturbauten, Kaufhäuser, Bibliotheken und Gaststätten. Bei seiner Tätigkeit im Baukombinat Ingenieurhochbau Berlin gelangen ihm in Abkehr von bis dahin vorherrschenden Typenprojekten individuelle Architekturschöpfungen, vor allem in Neubaugebieten. Mit der 1991 erfolgten Gründung eines eigenen Entwurfs- und Planungsbüros in Dresden und Berlin entstanden städtebauliche Planungen und überwiegend Wohn- und Kulturbauten in Berlin und an anderen Orten, vom Sächsischen Vogtland über den Brocken bis an die Nord- und Ostsee.
Der Vortrag gab einen Überblick zur wechselvollen Geschichte der Architektur in der DDR, über Zusammenhänge und Gegensätze von politischen Vorgaben und individuellem Wirken der Akteure. Anhand von Beispielen wurde der mehrfache inhaltliche Wechsel der offiziellen Vorgaben und deren Auswirkungen auf das architektonische Schaffen dargestellt. Dabei wurde darauf eingegangen, welche Rolle Architekten in der DDR spielten und wie sie in das staatlich gelenkte Wirtschaftssystem eingebunden waren. Zur Architektur- und Baugeschichte einer nun abgeschlossenen Periode legte er eine systematische Gliederung in vier Dezennien vor. Darüber hinaus erfolgten im Vortrag Betrachtungen zu bleibenden Werken, zur Vergänglichkeit von baulichen Artefakten sowie zum Umgang der gegenwärtigen Gesellschaft mit ihrem Erbe aus der vergangenen Zeit, der auch grundsätzliche Fragen zur Nachhaltigkeit aufwirft. Die Thematik wurde mit der Darlegung eigener Beiträge des Referenten zu Städtebau und Architektur in den relevanten Zeitabschnitten angereichert und illustriert, nicht ohne einen Blick auf gegenwärtiges Bauen zu richten. Die Baugeschichte wurde anhand von Bildern zu ikonischen Bauten des jeweiligen Zeitabschnittes erfassbar gemacht.
Der Vortrag stützte sich in großen Teilen auf das von Wolf R. Eisentraut 2023 vorgelegte Buch „Zweifach war des Bauens Lust: Architektur, Leben, Gesellschaft“ (Lukas Verlag für Kunst und Geistesgeschichte, ISBN 978-3-86732-429-8). Es bleibt das Fazit, dass die Architektur der DDR als eine Besonderheit mit vielen innovativen Ansätzen und Elementen in die deutsche Baugeschichte eingehen wird.
Das Interesse der Teilnehmenden an den Ausführungen von Wolf R. Eisentraut bestätigte sich durch die nachfolgende Diskussion. Es ist vorgesehen, den Inhalt des Vortrags in einem Artikel in Leibniz Online zu publizieren.
Gerhard Pfaff