Kolloquium zu Ehren von vier verdienstvollen Kollegen der Leibniz-Sozietät am 10. September 2020

 

Am 10. September 2020 fand ein Kolloquium zu Ehren von vier verdienstvollen Kollegen der Leibniz-Sozietät statt. Anlass waren die 80. Geburtstage der Kollegen Peter Knoll und Dietmar Linke sowie die 85. Geburtstage der Kollegen Hans-Otto Dill und Hubert Laitko im Jahr 2020. Alle vier Kollegen sind langjährige Mitglieder der Leibniz-Sozietät, die im Laufe von vielen Jahren wichtige Funktionen in der Gelehrtengesellschaft ausgeübt haben und sich bis heute durch besonderes Engagement und hohe Aktivität auszeichnen.

Im Vortragsraum des CEDIO-Konferenzzentrums in der Storkower Straße in Berlin begrüßte der stellvertretende Präsident der Leibniz-Sozietät Lutz-Günther Fleischer 50 Mitglieder und Freunde der Sozietät sowie Familienangehörige der vier Jubilare zur ersten Präsenzveranstaltung der Gelehrtengesellschaft seit März 2020. Die Einhaltung der durch die Corona-Pandemie notwendigen Hygienemaßnahmen machte es möglich, die Veranstaltung durchführen zu können.

Eröffnung durch den Vizepräsidenten Lutz-Günther Fleischer

In seiner Eröffnung ging Lutz-Günther Fleischer auf die außergewöhnlichen Lebensleistungen der vier mit dem Kolloquium geehrten Mitglieder der Leibniz-Sozietät ein. Er spannte dabei den Bogen von der akademischen Ehrung der vier Jubilare über aktuelle Ereignisse innerhalb der Gelehrtengesellschaft bis hin zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wissenschaft und Gesellschaft. Er verwies unter anderem darauf, dass sich am Beispiel der komplexen, vielfältigen und die Mehrheit der Menschen unmittelbar betreffenden Probleme und Herausforderungen der Corona-Pandemie zeigt, dass und wie sich die ambivalenten öffentlichen und personifizierten Debatten mit dem Wissenschaftsdiskurs verschränken. Dabei kam er zu dem Schluss, dass die Leibniz’sche „Theoria cum praxi et commune bonum“ nicht nur auf die Einheit von Theorie und experimenteller Praxis in der Forschung vor allem der empirischen Wissenschaften abzielt, sondern ebenso jede Person und die Gesellschaft in toto verpflichtet, theoriegeleitetes vernünftiges Handeln in dieser Welt zum Gemeinnutz konsequent einzusetzen.

 

Musikalischer Vortrag von Lewin Krella

Nach der Eröffnung spielte der junge Solocellist Lewin Krella auf seinem Instrument eindrucksvoll den 1. Satz des Cellokonzertes von Édouard Victor Antoine Lalo.

 

Ehrung des Kollegen Peter Knoll

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung folgte zunächst die Ehrung von Peter Knoll, der seinen 80. Geburtstag am 14. Juni 2020 begangen hatte. In seiner Laudatio würdigte Heinz Kautzleben (MLS) den wissenschaftlichen Werdegang von Peter Knoll, der im Laufe seines Berufslebens auf den Gebieten der Geomechanik und des Bergbaus in Theorie und Praxis herausragende Leistungen vollbracht hat. Er hob dabei auch hervor, in welch vorbildlicher Weise Peter Knoll aktiv im Arbeitskreis Geo-, Montan-, Umwelt-, Weltraum- und Astrowissenschaften sowie bei der Gestaltung der Homepage der Leibniz-Sozietät wirksam ist.

Der Peter Knoll gewidmete Fachvortrag „Grubengasproduktion und -verwertung im Saarland vor dem Hintergrund der Energiewende“ wurde von Hans-Jürgen Kaltwang (Saarbrücken) gehalten. Der Referent ging dabei auf die Besonderheiten bei der Produktion von Grubengas im Saarland und dessen Verwertung unter sich verändernden Anforderungen durch die Energiewende ein. In seinem Vortrag würdigte er auch die Leistungen von Peter Knoll bei der Umsetzung technischen Verbesserungen im saarländischen Bergbau.

 

Peter Knoll bedankte sich mit herzlichen Worten für die ihm gewidmete Laudatio und den Fachvortrag, der ihn in vielerlei Hinsicht an seine beruflichen Aktivitäten in den zurückliegenden Jahren erinnerte.

 

 

 

Ehrung des Kollegen Dietmar Linke

Die nun folgende Ehrung galt Dietmar Linke, der seinen 80. Geburtstag am 11. März 2020 begangen hatte. Die Laudatio wurde von Gerhard Pfaff (MLS) gehalten, der den wissenschaftlichen Werdegang von Dietmar Linke mit den Schwerpunkten Festkörperchemie und Geschichte der Chemie in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte. Dabei wurde auch auf die außerordentlich aktive Rolle in der Leibniz-Sozietät verwiesen, in der Dietmar Linke von 2006 bis 2010 die Funktion des Schatzmeisters und von 2012 bis 2015 die des Vizepräsidenten ausübte. Zudem wurde hervorgehoben, wie Dietmar Linke mit seinen fotografischen Aktivitäten maßgeblich zur Außenwirkung, aber auch zur Dokumentation des wissenschaftlichen Lebens der Leibniz-Sozietät beigetragen hat und weiterhin beiträgt.

Der Dietmar Linke gewidmete Fachvortrag trug den Titel „150-jähriges Jubiläum des Periodensystems der Elemente“ und wurde von Elena Blokhina (Berlin) gehalten. Die Referentin ging ausführlich auf die Leistungen von Dmitri Iwanowitsch Mendelejew und anderer Naturwissenschaftler ein, die im Jahre 1869 zur ersten Formulierung des Periodensystems der Elemente führte. Dabei wurde deutlich, welche Bedeutung das System für die erfolgreiche wissenschaftlich-technologische und wirtschaftliche Entwicklung der Menschheit in den letzten 150 Jahren hatte und weiter haben wird.

 

Mit herzlichen Worten bedankte sich Dietmar Linke für die ihm gewidmete Laudatio und den Fachvortrag, der verschiedene Aspekte seiner eigenen Interessen in Bezug auf die Geschichte der Chemie angesprochen hatte.

 

 

Eröffnung der Nachmittagssitzung durch die Vizepräsidentin Dorothee Röseberg

Nach einer Pause wurde der zweite Teil des Kolloquiums am Nachmittag durch die stellvertretende Präsidentin der Leibniz-Sozietät Dorothee Röseberg eröffnet. Sie dankte im Namen der Gelehrtengesellschaft zunächst den Laudatoren und Festrednern, die sich dem Wirken der an diesem Tag zu ehrenden Wissenschaftler widmeten. Dem folgten Grußworte an die beiden anschließend zu ehrenden Kollegen Hans-Otto Dill, von dem sie unter anderem das Zusammendenken von Tradition und Moderne in einem globalen Horizont hervorhob, und Hubert Laitko, dessen wissenschaftstheoretischen Systematisierungen sowie seinen Begriffen und Methoden der Kulturwissenschaft eine theoretisch innovative Kraft beizumessen sei.

Ehrung des Kollegen Hans-Otto Dill

Das Kolloquium wurde mit der Ehrung von Hans-Otto Dill fortgesetzt, der am 4. Juli 2020 seinen 85. Geburtstag begangen hatte. Die Laudatorin Kerstin Störl (MLS) hob insbesondere Hans-Otto Dills herausragende Leistungen im Bereich der lateinamerikanischen Literatur- und Kulturwissenschaft hervor, einschließlich seiner Analysen indigener Mythen, Symbole und Symbiosen mit der hispanoamerikanischen Welt. Als bemerkenswert bezeichnete sie das durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR sowie dem Kulturministerium des Bundeslandes Niedersachsen und der Volkswagen-Stiftung Hannover geförderte einzigartige gesamtdeutsche Forschungsprojekt zum Thema „Wirklichkeitsaneignung im hispanoamerikanischen Roman im 19. und 20. Jahrhundert“ (1989-1993), das Hans-Otto Dill zusammen mit dem Hamburger Kollegen Klaus Meyer-Minnemann initiiert hatte. Neben den (Gastp)professuren in Berlin, Göttingen, São Paulo (Brasilien) und La Plata (Argentinien) sowie den zahlreichen Auszeichnungen des Jubilars in Lateinamerika erwähnte Kerstin Störl sein wissenschaftliches Interesse an Problemen der Globalisierung auf kulturellen und philosophischen Gebieten. Hans-Otto Dill habe speziell die Leistungen Alexander von Humboldts als Kulturwissenschaftler, Ökologe, Europa-Kritiker und Anti-Rassist aus seinen Schriften extrahiert und gewürdigt. Kerstin Störl hob weiterhin die Studien des Jubilars zur Aufklärung hervor, insbesondere zu Jean-Jaques Rousseau und Johann Gottlieb Fichte. Schließlich würdigte die Laudatorin Hans-Otto Dills großes Engagement für unsere Sozietät, vor allem seine langjährige Tätigkeit als Sekretar der Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften (2009-2017) und seine Auszeichnung mit der Jablonski-Medaille der Leibniz-Sozietät (2015) für sein außerordentliches Engagement.

Der nun folgende Fachvortrag für Hans-Otto Dill wurde von Hartmut Hecht (MLS) gehalten. Der Vortragende berührte aktuelle Forschungsinteressen des Jubilars, darunter die Themen Aufklärung und Entdeckungsreisen. Letztere spielten bei den Studien von Hans-Otto Dill zu Alexander von Humboldt eine wichtige Rolle. Das Thema des Vortrags lautete „Aufklärung am Polarkreis: Die Lappland-Expedition des Piere Louis Moreau de Maupertuis“. Maupertuis (1698 –1759), der eine der berühmtesten Persönlichkeiten der République des Lettres des 18. Jahrhunderts war, verstand sich selbst als philosophe. Er hatte sich als erster auf dem europäischen Kontinent öffentlich zu Newton bekannt und in der Lappland-Expedition von 1736 bis 1737 durch die Vermessung eines Meridians eine Art experimentum crucis ausgeführt, dessen Resultat ein Votum für die Newton‘schen Theorie der Gravitation beinhaltete. Diese Expedition war zugleich die Entdeckung einer im wissenschaftlichen Diskurs weitgehend unbekannten Region im Norden Europas, in der er naturkundliche, aber auch die Kultur und Lebensweise der Bevölkerung und historische Artefakte betreffende Beobachtungen angestellt hatte.

 

Mit großer Freude richtete Hans-Otto Dill herzliche Dankesworte an den Referenten, die Laudatorin und die Leibniz-Sozietät in Bezug auf die ihm entgegengebrachte Ehrung.

 

 

 

 Ehrung des Kollegen Hubert Laitko

Der vierte auf dem Kolloquium an diesem Tage geehrte Kollege war Hubert Laitko, der am 3. April 2020 seinen 85. Geburtstag beging.

In seiner Laudatio lenkte Horst Kant (MLS) die Aufmerksamkeit zunächst darauf, dass im Mittelpunkt der Arbeiten von Hubert Laitko die Geschichte wissenschaftlicher Institutionen und Institutionennetze im 19. und 20. Jahrhundert, speziell bezogen auf die deutsche Akademiengeschichte sowie die Geschichte der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft, die Wissenschaftspolitik der DDR und der BRD stand und steht. Außerdem stellte er die fundierten Beiträge des Jubilars zur Wissenschaftsforschung, darunter zur Disziplinarität und Disziplingenese heraus. Er kam zu dem Schluss, dass man den Wirkungsbereich von Hubert Laitko wie folgt umreißen kann: „Sein Weg führte ihn von der Wissenschaftsphilosophie über die Wissenschaftstheorie zur Wissenschaftsgeschichte, wobei sich im Laufe der Jahre nur die Gewichtung dieser Komponenten verschob. Sein Denkstil ist dabei transdisziplinär geprägt.“

Den Fachvortrag für Hubert Laitko hielt Annette Vogt (MLS). Das Thema ihres Vortrages lautete „Emil J. Gumbel (1891-1966) – Mathematiker, Pazifist und politischer Autor“. Der Mathematiker und Statistiker E. J. Gumbel arbeitete seit seiner Vertreibung 1932/33 im Exil besonders zur Extremwertstatistik, war aber auch ein politischer Aktivist und Pazifist, Redner und Autor politischer Bücher und Artikel, darunter in der berühmten Wochenschrift „Die Weltbühne“. Interessant war die Thematisierung seiner Doppelexistenz – als Mathematiker und Statistiker ab 1923 an der Universität Heidelberg und als politischer Autor. Auch im Exil in Frankreich behielt er diese Doppeltätigkeit bei, verfasste mathematische Arbeiten und publizierte Artikel gegen das NS-Regime in Exil-Zeitschriften. Die „Wiederentdeckung“ des „politischen Gumbel“ begann im Jahr 2012 und fast zeitgleich auch die „Wiederentdeckung“ des „mathematischen Gumbel“.

 

Hubert Laitko bedankte sich mit herzlichen Worten für die ihm gewidmete Laudatio und den Fachvortrag, der viele Bezüge zu seinen eigenen Forschungsrichtungen aufwies. Er machte dabei deutlich, wie die anderen Jubilare zuvor auch schon, wie eng er mit der Leibniz-Sozietät verbunden und wie wichtig die Gelehrtengesellschaft für sein wissenschaftliches und gesellschaftliches Wirken ist.

 

 

Emfpang

In einem anschließenden Empfang traten die Teilnehmenden des Kolloquiums in einen zwanglosen Meinungs- und Erfahrungsaustausch und stießen auf das Wohl der Geehrten an.

 

Jubilare, Laudatoren, Referenten
vordere Reihe v. l. n. r.: Gerhard Pfaff, Hans-Otto Dill, Peter Knoll, Dietmar Linke, Annette Vogt, Hubert Laitko; hintere Reihe v. l. n. r. Hartmut Hecht, Kerstin Störl, Lutz-Günther Fleischer, Elena Blokhina, Heinz Kautzleben, Horst Kant, Hans-Jürgen Kaltwang

 

Publikation der Beiträge

Es ist vorgesehen, die Laudationes und Vorträge gegenwartsnah in einem Band der „Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften“ zu publizieren.

Gerhard Pfaff, Kerstin Störl
Fotos: Dietmar Linke