Kolloquium der Leibniz-Sozietät am 13.02.2015 zum Thema “Geodäsie-Mathematik-Physik-Geophysik”: Kurzbericht

Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin zur wissenschaftlichen Geodäsie am 12. und 13. Februar 2015: wissenschaftliche Sitzungen am 12.02. mit den Vorträgen der im Mai 2014 zugewählten Mitglieder Hans Sünkel (Wien) und Harald Schuh (Potsdam) und Kolloquium am 13.02. mit rund 30 Beiträgen zum Thema „Geodäsie-Mathematik-Physik-Geophysik“ anlässlich des 75. Geburtstages ihres Mitgliedes Erik W. Grafarend (Stuttgart)

E.Grafarend und H- Moritz, Berlin 13-02-2015
Der Jubilar (links) und MLS Helmut Moritz lauschen angespannt den Konferenzbeiträgen; Foto: Dietmar Linke

Die Förderung der Geodäsie auf akademietypische Weise hat in der Gelehrtengesellschaft, die seit 1993 Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin heißt, eine lange Tradition. Die Gesellschaft her­vorragender Wissenschaftler mit dem Treffpunkt in Berlin wurde 1700 als Kurfürstlich Brandenbur­gische Sozietät der Wissenschaften nach den Vorstellungen von Gottfried Wilhelm Leibniz gegründet, bereits 1701 in Königlich Preußische Sozietät der Wissenschaften umbenannt. Mit der Umbenennung wurde das Programm der Gelehrtengesellschaft unterstrichen, für den Aufstieg der Besitzungen der brandenburgisch-preußischen Hohenzollern zu einem einheitlichen, mächtigen Territorialstaat in Europa die Wissenschaft zu fördern und zielstrebig zu nutzen. Der erste Artikel von Leibniz in den Veröffent­lichungen der Sozietät war einem damals hochaktuellen Problem der Geodäsie gewid­met: der Bestimmung der geographischen Länge. Seit 1993 ist die Gelehrtengesellschaft ein privatrechtlicher Verein, dessen name sein Programm ist. Ihr ständiger Treffpunkt ist nach wie vor Berlin, verstanden nunmehr als deutsche Hauptstadt und europäische Metropole. Gegenwärtig hat die Leibniz-Sozietät 320 Mitglieder: Naturwissenschaftler, Technikwissenschaftler und Mediziner, Sozial­wissenschaftler und Geisteswissenschaftler. Von ihnen vertreten die wissenschaftliche Geodäsie: Erik W. Grafarend (Stuttgart), Petr Holota (Prag), Heinz Kautzleben (Berlin), Helmut Moritz (Graz), Reiner Rummel (München), Harald Schuh (Potsdam), Oliver Schwarz (Siegen) und Hans Sünkel (Graz) – s.Poster. Die Veranstal­tungen der Leibniz-Sozietät, an denen zumeist kompetente Gäste mitwirken, sind vielfach wissen­schaftliche Wortmeldungen der Gelehrtengesellschaft zu brennenden wissenschaftlichen und gesell­schaftlichen Themen. Die Veranstaltungen zur Geodäsie im Februar 2015 mit einem elitären Teilnehmerkreis können als eine solche Wortmeldung angesehen werden.

Als Thema seines Vortrages hatte Hans Sünkel gewählt: „Das Geoid – theoria cum praxi et commune bonum“. Harald Schuh referierte zum Thema „Beiträge der Geodäsie zum besseren Verständnis von Naturgefahren und Klimaeinflüssen“. Die Vorträge, mit denen sich die beiden neu gewählten Mitglie­der in die wissenschaftliche Tätigkeit der Leibniz-Sozietät einführten, waren zugleich der Prolog zum Kolloquium am folgenden Tage, das die Leibniz-Sozietät anlässlich des 75. Geburtstages von Erik W. Grafarend zu dessen wissenschaftlichen Arbeits- und Interessengebieten, zusammengefasst im Titel „Geodäsie-Mathematik-Physik-Geophysik“, veranstaltete.

Die Veranstaltung des Kolloquiums wurde durch die Universität Stuttgart unterstützt, an der Erik Grafarend von 1980 bis 2005 Ordentlicher Professor für Geodäsie und Direktor des Geodätischen Institutes war. Sie wurde durch den Direktor des Geodätischen Institutes Nico Sneeuw repräsen­tiert. Die Ale­xander von Humboldt-Stiftung, der Erik Grafarend zwei Jahrzehnte gedient hat, trug zum Gelingen bei, indem sie die Teilnahme von mehreren „Humboldtianern“ finanziell unter­stützte (Grußschreiben).

Erik Grafarend wurde im Mai 2004 durch das Plenum der Leibniz-Sozietät zum Mitglied der Gelehr­tengesellschaft gewählt, weil er die wissenschaftliche Geodäsie in herausragender Weise vorange­bracht hat, weil er auf seinem Fachgebiet Führungsqualitäten und ein unbestechliches Urteilsvermö­gen besitzt. Er ist den Erwartungen an ihn in vorbildlicher Weise gerecht geworden. Das Kolloquium bestätigte die außerordentlich hohe Wertschätzung, die Erik Grafarend entgegengebracht wird.

Das Kolloquium wurde im Namen des Präsidiums der Leibniz-Sozietät durch dessen Mitglied Lutz-Günther Fleischer eröffnet. Das Programm des Kolloquiums war sehr umfangreich. Es umfasste die Laudatio der Leibniz-Sozietät (verfasst durch Heinz Kautzleben), zahlreiche Gruß­adres­sen und noch mehr Fachbeiträge, wobei zwischen beiden nicht immer deutlich unter­schie­den werden konnte.

Unter den Verfassern von Grußadressen befanden sich: die Finnische und die Ungarische Akademie der Wissenschaften, die Erik Grafarend zum Auswärtigen bzw. Ehrenmitglied gewählt haben, über­bracht durch Jozsef Adam (Budapest) bzw. Markku Poutanen (Helsinki); die vier Universitäten, die ihn zum Ehrendoktor promoviert haben, überbracht durch Lars Sjöberg (Stock­holm), Jozsef Adam (Budapest) bzw. Günter Hein (München), sowie die International Association of Geodesy, der Erik Grafarend mehrere Jahrzehnte lang gedient hat, vorgetragen von Vice President Harald Schuh; die Deutsche Geodätische Kommission, der er seit 1978 als Ordentliches Mitglied angehört hat, vorge­tragen vom Vorsitzenden Theo Kötter (Bonn), und die Alexander von Humboldt-Stiftung.

—Blick in den Plenarsaal, links; Foto: Dietmar Linke
—Blick in den Plenarsaal, links; Foto: Dietmar Linke

 

—Blick in den Plenarsaal – rechts; Foto: Dietmar Linke
—Blick in den Plenarsaal – rechts; Foto: Dietmar Linke

Es folgt die Liste der Fachbeiträge am 13.02.2015:

Helmut Moritz (Graz): Erik Grafarend und die Theoretische Geodäsie;

Reiner Rummel (München): Operational Geodesy, Rank Deficiences  and Geodetic Heights;

Petr Holota (Prague): Summation of Series and an Approximation of Legendre’s Functions in Constructing Integral Kernels fort he Exterior of an Ellipsoid: Approximation to Boundary Value Problems in Physical Geodesy;

Lars Sjöberg (Stockholm): The geoid-to-quasigeoid separation expressed by gravity disturbances;

Friedrich Hehl (Köln): The gravitational field oft he rotating Earth versus the Kerr field in Einstein’s theory of gravity;

Hans-Reiner Trebbin (Stuttgart): Application of fibre bundles in physics: From cosmology to electronic state of matter;

Rainer Schimming (Potsdam): Das Buch der Natur ist in der Sprache der Differentialgleichungen geschrieben;

Hartmut Hecht (Berlin): Geodäsie-Mathematik-Physik: Anfänge in der Brandenburgisch-Preußischen Sozietät der Wissenschaften unter der Präsidentschaft von Gottfried Wilhelm Leibniz;

Fernando Sanso & Antonios Vatalis (Milano): Reference Systems – Reference Frames on Geodesy;

Zuheir Altamimi (Paris): Reference frame representation of the deformable Earth: Application tot he International Reference Frame;

Günter Hein (Munich): From Science to Science: The Global Satellite Navigation System Galileo;

Philipp Bergiez & Bernhard Hofmann-Wellenhof (Graz): Galileo und Grafarend unterwegs zu GNSS;

Janusz Zielinski (Warsaw): The possible impact oft he direct measurements of the non-gravitational accelerations on the GNSS performance;

Michael Schmidt (Munich): Towards ellipsoidal representations of the Earth’s gravitational field;

Evangelos Livieratos (Thessaloniki): Digital analysis of  the content of old maps;

Peter Varga (Budapest): Long-term variations of the gravitational potential and the geodynamic properties o a deformable Earth due to axial despinning.

Zum Kolloquium waren noch fünf weitere Vorträge angemeldet worden, die aber wegen Erkrankung ihrer Autoren Willi Freeden (Kaiserslautern), Athanasios Dermanis (Thessaloniki), Zdenek Martinec (Dublin), Fritz Gackstatter (Berlin) und Oliver Schwarz (Siegen) nicht vorgetragen werden konnten.

Beiträge werden demnächst in der Internetzeitschrift Leibniz Online veröffentlicht.

Heinz Kautzleben  

Schnappschüsse von der Veranstaltung:
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