Einladung zum Kolloquium des Arbeitskreises „Gesellschaftsanalyse“ der „Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin“
Kapitalismus am Limit? – Transformation im Stau: Suche nach Auswegen!
Zeit: 7. November 2025, von 09.00 bis 18.00
Ort: Berlin, Jugendherberge am Ostkreuz, Marktstraße (Eingang)/Ecke Kynaststr. (Raum Rheinland)
Der Arbeitskreis Gesellschaftsanalyse der „Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin“ lädt ein zu einer ganztägigen Veranstaltung, die das mehrjährige Programm „Zeitdiagnosen“ zu einem Kulminationspunkt führt.
Aus dem Call for Papers:
Angesichts von Krisen, Kriegen, Konflikten und manch enttäuschtem Transformationsoptimismus gibt es intensive, vielstimmige zeitdiagnostische Debatten. Bislang gängige Konzepte werden hinterfragt, neue Deutungsangebote, Strategien und Leitbilder gesucht, vorgeschlagen und kontrovers diskutiert. Zu diesem Diskurs soll das Kolloquium in drei Themenfeldern beitragen.
- Westlich-kapitalistische Gesellschaften in der Polykrise
Öko- und Transformationskrisen, verschärfte Ungleichheiten und Unsicherheiten, rechtspopulistische Angriffe auf demokratische Werte und Institutionen – die Koordinaten gesellschaftlichen Handelns haben sich gravierend verändert. In welcher Gesellschaft sind wir angekommen und wohin treibt die Entwicklung – „neue Häutungen“ des Kapitalismus?
Beschreiben „Neoliberalismus“und „Finanzmarktkapitalismus“ noch treffend die heutige ökonomisch-gesellschaftliche Formation? Sind Deutschland und andere westlich-kapitalistische Gesellschaften noch auf dem Weg zu einem „Grünen Kapitalismus“, oder ist das Projekt einer ökologischen Modernisierung bereits gescheitert, bevor es hegemonial wurde? Rückkehr zu marktradikalem „Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit um jeden Preis“ auf Basis neuer Technologien? Oder doch ein stärker staatlich gelenkter öko-keynesianischer Umbau, oder…?
- Multipolare Welt(um)Ordnung
Gefährliche Konflikte in Europa und in einer Welt, die Kooperation und solidarische Lösungen nötiger hat denn je, allein schon angesichts von Klimakrise, Migration etc. – Hintergründe und Alternativen?
Auf einem konfliktreichen Weg zu einer multipolaren Weltordnung oder zu einem neuen (bipolaren) „Systemkampf mit allen Mitteln“ zwischen einem US-geführten „Westen“ und China plus x? Die USA unter Trump/Musk – riskantes Endspiel eines Imperiums? EU-Europa und Deutschland – Aufrüsten, enger gemeinsam unter einem „US-Schutzschirm“ oder die Suche nach einer eigenständigeren progressiv moderierenden Rolle in einer spannungsreichen Welt mit diversen Machtzentren und aufstrebenden Ländern des Globalen Südens?
- Neue gesellschaftliche Leitbilder, Visionen, Gestaltungschancen?
Erfahrungen der vergangenen mehr als fünf Jahre – enttäuschter Transformations- und Bewegungsoptimismus, verstärkte Widerstände gegen progressiven Wandel, ökologisch-soziale Rollback-Strategien und Verrohung der politischen Kultur. Vor diesem Hintergrund:
Sind (sozialökologische, Große, Gesellschafts-) „Transformation“, „nachhaltige Entwicklung“ als Konzepte gezielten ökonomisch-gesellschaftlichen Umbaus gescheitert? Wenn ja – in welcher Hinsicht und woran? Wie gestaltbar ist überhaupt die zunehmend hyperkomplexe (Welt-)Gesellschaft? Sollten wir uns eher auf „bescheidenere“ Gestaltungsambitionen fokussieren – Anpassung, Selbsterhaltung, Resilienz statt Emanzipation, sozialökologischer Fortschritt, erweiterte Demokratie etc.? Aber was geschieht mit den zwanghaft-strukturellen Dynamiken, die langfristig zivilisatorische Errungenschaften der Moderne untergraben? „Ökosozialismus“, „Postwachstum“… als Visionen? Welche Anknüpfungspunkte, Einstiege, Akteure wären dafür in der heutigen „zeitgeistig unfreundlichen“ Situation relevant?Inwiefern sind Modelle, wie etwa die „gelenkte Marktwirtschaft“ Chinas, anregend?
Sind technokratische Gesellschaftsbilder ein Resonanzboden für in Utopien umgedeutete faschistoid menschenverachtende Dystopien im Geiste der Silicon-Valley-Ideologie von Tech-Milliardären vom Schlage Musk und Thiel: Mars-Besiedelung und „multiplanetare Zivilisation“ als Alternative für eine zerstörte Erde, die schrankenlose Entfaltung von KI, Kapitalismus, Tech-Konzernen als Bedingung sowie „longterminism“ und „Transhumanismus“ als ideologische Grundlagen dafür….
Programm: (Link zum detaillierten Programm mit Abstracts und weiteren Hinweisen)
08.30: Ankommen und Morgenkaffee
09.00 – 11.00 Block 1
Westlich-kapitalistische Gesellschaften in der Polykrise
(Kurze Einsteuerung zum Kolloquium und Moderation: Michael Thomas)
Markus Wissen (Berlin): Kapitalismus am Limit. Öko-imperiale Spannungen, umkämpfte Krisenpolitik und solidarische Perspektiven
Andrea Komlosy (Wien): Das Konzept der säkularen Transformation. Wie können wir die Wende der digitalen Akkumulation einfangen?
Diskussion
11.05 – 11.45 Keynote
Hans Joas (Berlin): Weltherrschaft und moralischer Universalismus
Mittagspause: 11.45 – 12.45
12.45 – 14.45 Block 2: Multipolare Welt(um)Ordnung
(Moderation. Dieter Segert)
Michael Brie (Berlin): Das chinesische Jahrhundertprojekt
Ingar Solty (Berlin): Die Vereinigten Staaten im postliberalen Kapitalismus
Judith Dellheim (Berlin): Europäische Union – souveräner globaler Akteur?
Diskussion
Kaffeepause: 14.45 – 15.05
15.05 – 17.00 Block 3: Neue gesellschaftliche Leitbilder, Visionen, Gestaltungschancen?
(Moderation: Judith Enders)
Martin Endreß (Trier): Transformationsperspektive „Resilienzen“
Frank Adler (Chorin): Zäsur 2020er Jahre: Düstere Aussichten – neuer „Realismus“?
Diskussion
17.05 – 18.00: offene Schlussrunde – Anstöße, Inspirationen
(Moderation: Michael Thomas)
18.00: Gemeinsamer Ausklang
Organisatorische Hinweise:
Der Veranstaltungsort ist erreichbar mit der S-Bahn (Berlin Ostkreuz), ca. 10 Min. Fußweg. Mit der Straßenbahn Linie 21 und Bus (Linie 240), jeweils Haltestelle Marktstraße. Fußweg ca. 4 Min.
Es gibt Autoparkplätze auf dem Gelände (5,- €).
Der Raum „Rheinland“ befindet sich im Jugendbildungszentrum, 1. Etage (das Gebäude hinter dem Theater, links vom Haupteingang).
Auf Grund der begrenzten Kapazität wird um eine Anmeldung bis zum 15. Oktober gebeten! (Thomas.Micha@t-online.de).
Die Mittagsversorgung muss auf eigene Kosten erfolgen. In fußläufiger Nähe zum Veranstaltungsort gibt es zahlreiche Möglichkeiten.
Die Gaststätte der Jugendherberge bietet ein Mittagsmenü (auch vegetarisch) für 13,50 € an. Das muss vorher bestellt werden – also bitte bei Bedarf dafür bei der Anmeldung vermerken! Zusätzlich gibt es im Bistro der JH ein Imbissangebot.
Wir haben vor, die Beiträge des Kolloquiums unter Leibniz online zu veröffentlichen. Thematisch Interessierte laden wir ausdrücklich ein, mögliche Diskussionsbeiträge ebenfalls für die Publikation auszuarbeiten.