Wissenschaftliche Sitzungen des Plenums der Leibniz-Sozietät im Jahre 2008

Nachfolgend werden die im Jahr 208 stattgefundenen wissenschaftlichen Sitzungen des Plenums der Leibniz-Sozietät zusammen mit den Kurzreferaten und Angaben zu den C.V. der Vortragenden aufgelistet.
Die Namen der Autoren sind mit dem Autorenverzeichnis verlinkt, weiterhin sind Links zu den Publikationen der Leibniz-Sozietät angegeben, falls die Vorträge bereits publiziert wurden.Gemeinsame Sitzung der Klassen und des Plenums der Leibniz-Sozietät.

 

10. Januar 2008

Wolfdietrich Hartung
Menschliche Kultur und Sprache: Aufbruch und Grenzen

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 38; 09.02.08

Prof. Hartung (74) ist Sprachwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Nach dem Studium der Germanistik und Nordistik war er von 1955 bis 1991 an verschiedenen Instituten der Akademie der Wissenschaften tätig, zuletzt am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft, nach 1991 am Institut für Deutsche Sprache Mannheim und an einem DFG-Projekt. 1961 wurde er promoviert, 1972 habilitierte er sich, und 1974 wurde er zum Professor an der Akademie berufen. Seine Forschungsgebiete sind Lexikografie, Syntax des Deutschen, Grammatiktheorie, Kommunikationstheorie, Soziolinguistik und Gesprächsanalyse.

2007 war das Jahr der Geisteswissenschaften. In seinem Mittelpunkt sollte die Sprache stehen; als inhaltliche Klammer lieferte sie auch das Motto: „Die Geisteswissenschaften. ABC der Menschheit“. Das wissenschaftliche Interesse an der sprachlichen Kommunikation des Menschen geht jedoch weit über die sog. Geisteswissenschaften hinaus. Es gibt nicht viele Problemfelder, die in gleichem Maß zu inter- und transdisziplinärer Forschung einladen.
Im Vortrag wird deshalb versucht, gerade die disziplinübergreifenden Perspektiven an drei anscheinend weit auseinanderliegenden, aber doch verbundenen Punkten deutlich zu machen: 1. Probleme des Übergangs der frühen Menschen zu einer entwickelten Sprache; 2. Erfindung der Schrift und Verbreitung der schriftlichen Kommunikation; 3. sprachliche Kommunikation mit Hilfe elektronischer Medien. Alle drei Punkte liefern markante Beispiele dafür, wie Möglichkeiten einen Aufbruch in der kulturellen Entwicklung der Menschheit in Gang setzen können, der aber gefährdet wird, wenn inhärente Grenzen nicht beachtet werden. Insofern ist Sprache dem Menschen alles andere als „geschenkt“. Er muss aus dem möglichen Aufbruch etwas machen.

Kurzmitteilung:
Prof. Dr. Werner Korthaase (Berlin): Daniel Ernst Jablonski – sein Wirken für die Berliner Akademie

14. Februar 2008

Günter Flach
Das Energieproblem der menschlichen Gesellschaft – Sicht eines Physikers auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 39; 25.04.08

Prof. Flach (75) ist Physiker. Er wurde 1978 zum Korrespondierenden, 1989 zum Ordentlichen Mitglied der 1700 von Leibniz in Berlin begründeten Gelehrtengesellschaft gewählt, der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.
Nach dem Studium der Theoretischen Physik an der Universität Leningrad widmete er sich folgenden Arbeitsgebieten:
– Theoretische Kernphysik, vorwiegend Anwendung algebraischer Methoden bei der Untersuchung von Kernmodellen,
– Allgemeinere Arbeiten zur Rolle algebraischer Methoden in der Physik,
– Probleme der Reaktorsicherheit,
– Systemuntersuchungen zu großen Energiesystemen.
Von 1972 bis 1990 war er Direktor des Zentralinstituts für Kernforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR in Rossendorf bei Dresden. Außerdem leitete er den Wissenschaftlichen Rat „Energetische Grundlagenforschung“ der Akademie, war Mitglied im Beraterstab des Ministeriums für Kohle und Energie der DDR und pflegte vielfältige internationale Beziehungen als Mitautor von Vorträgen auf Weltenergiekonferenzen sowie in der Zusammenarbeit mit entsprechenden Gremien in Akademien der ehemaligen UdSSR und anderer osteuropäischer Länder.
Nach 1990 widmete er sich Arbeiten zu Computeralgebrasystemen und als Mitglied der Leibniz-Sozietät Arbeiten zu Problemen zukünftiger Energiesysteme.

Ausgehend von wichtigen physikalischen Eigenschaften der Größe Energie, werden im Vortrag die Bedeutung der Energiezufuhr in die verschiedenen Teilsysteme der menschlichen Gesellschaft und die dabei wirkenden Gesetze erläutert.
Anhand der Entwicklung der Menschheit von der Urgesellschaft der Jäger und Sammler bis zur heutigen hochentwickelten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft wird die enge Beziehung von Energiezufuhr und Lebensstandard belegt. Im Weiteren wird das heutige Energiesystem moderner Gesellschaften aus der Sicht der verfügbaren Primärenergiequellen und der (technologischen) Wandlungsketten Primärenergie – Endenergie – Nutzenergie einschließlich seiner Wechselwirkung mit dem Klimasystem analysiert, seine wichtigsten Eigenschaften diskutiert und die Forderung nach einem zukünftigen CO2-freien Energiesystem formuliert.
Der letzte Abschnitt des Vortrages befasst sich mit den langfristig zur Verfügung stehenden CO2-freien Primärenergiequellen und ihren physikalischen Eigenschaften sowie den sich aus diesen ergebenden Konsequenzen für die Bedienung eines zukünftigen Energiesystems. Auf der Basis solcher Parameter wie Energiedichten, Reichweite der Vorräte und Dargebot wird ein Vergleich der verschiedenen CO2-freien Primärenergieträger durchgeführt. Es zeigt sich unter diesen Gesichtspunkten, dass der Ausschluss der Kernenergie als Energiequelle mit enormer Energiedichte und beträchtlichem Entwicklungspotential wohl schwerwiegende Konsequenzen für Stabilität, Effizienz und Ressourceneinsatz eines zukünftigen Energiesystems haben wird.

 

13. März 2008

Stefan Bollinger
1968 – Revolten und Reformen am Ende alter Welten – Chancen und Scheitern in Ost und West

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 39; 25.04.08

Dr. Bollinger (53) ist Politikwissenschaftler und Historiker sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2003. Er war 1989/90 Hochschuldozent und Wissenschaftsbereichsleiter; seit der Abwicklung 1990 ist er in der Privatwirtschaft, gegenwärtig Dozent in der Erwachsenenbildung sowie Lehrbeauftragter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Ehrenamtlich ist er Stellvertretender Vorsitzender der “Hellen Panke” e.V. für politische Bildung (Landesorganisation Berlin der Rosa-Luxemburg-Stiftung) und Mitglied der Historischen Kommission der Partei Die Linke.
Seine Veröffentlichungen (allein im Zeitraum zwischen 1992 und 2006 9 Bücher) setzen sich vorzugsweise mit Politik und Ideologie in der DDR sowie mit der Imperialismustheorie auseinander.

Das Jahr 1968 begann früher und fundamentaler, als Protestbewegungen in Ost und West vermuten lassen. Neue Produktivkräfte und ihre sozialen Träger, die Intelligenz und vor allem die Studenten suchten Berufs-, Bildungs- und Gestaltungschancen. Im Osten glaubten die Parteiführer – und verkündete es ihre Propaganda -, der Geschichte ein Stück voraus zu sein. Aber das stalinsche Kommandowirtschaftsystem stieß an Grenzen, führte zu Beginn der 1960er Jahre in Wirtschaftskrisen. Auswege waren notwendig, eine effizientere Wirtschaft ohne Demokratisierung nicht zu bekommen.
Im Westen drückten Entfremdung und Manipulation, die Erfahrung eines “schmutzigen Krieges” in Vietnam, Notstandsgesetze, Bildungsmisere und Wirtschaftskrise Intellektuelle und teilweise Arbeiter in eine neue Radikalität. Der Osten bot keine echte Alternative, der Trikont zeigte, dass Widerstand gegen ein allmächtiges Unterdrückungssystem möglich war. Warum nicht auch daheim – gegen Krieg, gegen Ungerechtigkeit und Demokratiefeindlichkeit?
Es war eine Zeit, in der Sozialismusideen Konjunktur hatten, der Marxismus von seiner marxistisch-leninistischen Dogmatisierung zu befreien war. Geschichte schien machbar, Akteure konnten sie beeinflussen und nach links drücken. Aber es blieb eine Weltrevolution (Wallerstein), die zwar neue gegen alte soziale Bewegungen stellte, die einen neuen Umgang mit Gesellschaft an der Scheidelinie der Zivilisationen ermöglichte – aber scheiterte. Der Osten walzte die Reformen in Prag nieder und beerdigte das NÖS; die westliche Revolte versandte, zerfaserte, zerstritt sich, und die herrschende bürgerliche Macht absorbierte die einst revolutionären Ideen. Es blieb ein kultureller Bruch, der “lange Marsch durch die Institutionen” endete für viele im triumphierenden neoliberalen Lager und – nach dem Ende des Ostblocks – in der Unterstützung einer neuen imperialen Weltordnung.
Der Streit um das Erbe 1968 – erst recht in West und Ost – bleibt ein Streit um antikapitalistische Emanzipation und gesellschaftliche Gestaltung, um die Perspektiven eines “Sozialismus mit menschlichem Antlitz” und umfassender Demokratisierung.

 

10. April 2008

Horst Bredekamp (Berlin):
Von der Hölle zum Schmutz der Sonne. Galileis Zeichnungen

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal

Prof. Bredekamp, Professor für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität und Permanent Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Sigmund Freud-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt (2001), den Aby M. Warburg-Preis der Stadt Hamburg (2005) und den Max-Planck-Forschungspreis der Max-Planck-Gesellschaft und der Humboldt-Stiftung (2006). Er ist Mitglied der BBAW und der Leopoldina.

Die über lange Zeit als ausgereizt geltende Forschung zu Galileo Galilei ist in jüngerer Zeit dadurch erneut in Bewegung geraten, dass der Theoretiker als Praktiker und der Forscheringenieur als Philosoph begriffen wurde. Insbesondere die Beteiligung der zeichnenden und fabrizierenden Hand, die im Zusammenspiel mit dem Auge als ein veritables Denkorgan anzusprechen ist, ist durch die Publikation von Horst Bredekamp, Galilei als Künstler (2007), in den Vordergrund gerückt worden. Ohne künstlerische Ausbildung, so die These, hätte Galilei seine revolutionären Beobachtungen der Jahre 1609 und 1610 nicht unmittelbar vollziehen können.
Im Vortrag wird es neben den Mondzeichnungen vor allem um die nicht weniger umwälzende Beobachtung der Sonnenflecken gehen. Vor allem soll gezeigt werden, wie an verschiedenen Orten Europas versucht wurde, die Schmerzen, die der Blick in die Sonne bewirkt, zu überwinden. Auch hier ist der Körper des Beobachters ein konstitutives Element der Forschung.

 

8. Mai 2008

Rolf Löther
Darwinismus oder Kreationismus – eine wissenschaftliche Streitfrage

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 40; 25.07.08 

Prof. Löther (75) ist Wissenschaftsphilosoph und -historiker sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1997. Nach dem Studium der Philosophie und Biologie und der einschlägigen Promotion wurde er 1971 Professor für Philosophie an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR und 1981 Forschungsgruppenleiter für philosophische Fragen der Biologie am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR. Nach der „Abwicklung“ Altersübergangsgeld-Bezieher und Rentner, setzt er seine wissenschaftliche Arbeit als Privatgelehrter fort, was bislang u.a. zur Veröffentlichung von „Der unvollkommene Mensch. Philosophische Anthropologie und biologische Evolutionstheorie“ (1992) und „Geschichte der Biologie“(3. Aufl. 1998; Sonderausgabe 2000) führte.

Mit der biologischen Evolutionslehre (Darwinismus) drang die Naturwissenschaft auf ein Gebiet vor, das bis dahin von den religiösen Schöpfungsmythen besetzt war. Die Reaktionen ihrer Gläubigen reichen von vielfältigen Kompromissversuchen bis zu schroffer Ablehnung. Den religiös-fundamentalistischen Gegenpol zum gottlosen Darwinismus bildet der Kreationismus (einschließlich Intelligent Design), der an den religiösen Schöpfungsmythen festhält. Für ihn ist die Evolutionslehre Teufelswerk. Die Hochburgen des christlichen Fundamentalismus und Kreationismus befinden sich in den USA, repräsentiert vor allem durch die “evangelikalen” oder “wiedergeborenen” Christen. Die Anfänge dieses Fundamentalismus gehen bis auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Davon ausgehend, dass die Bibel wortwörtlich von Gott inspiriert und absolut irrtumsfrei sei, begann man sich gegen alle widersprechenden natur- und geschichtswissenschaftlichen Erkenntnisse, gegen liberale Theologie und biologische Evolutionslehre zu wenden. Die Angriffe gegen den Darwinismus gehen inhaltlich an ihm vorbei. Der christliche Fundamentalismus ist generell eine Bedrohung des freien und wissenschaftlichen Denkens und der säkularen, aufgeklärten Gesellschaft.

 

12. Juni 2008

Malcolm Sylvers
Gibt es eine Ideengeschichte der Vereinigten Staaten?

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 40; 25.07.08

Prof. Sylvers (67) ist emeritierter Professor für USA-Geschichte in der Universität “Ca’ Foscari” Venedig und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2005. Außer seinem Buch “Die USA – Anatomie einer Weltmacht. Zwischen Hegemonie und Krise” (PapyRossa, 2002) hat er zu folgenden Themen veröffentlicht: Die Arbeiterbewegung in den USA, Die politische und soziale Philosophie Thomas Jeffersons; Außenpolitik und Theorie des Imperialismus. Einige Jahre lang hat er an der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) mitgewirkt; verbunden damit sind Aufsätze über Marx, Engels und die USA erschienen. Sein jetziger Forschungsschwerpunkt ist das Thema seines Vortrags.

Der Titel “Gibt es eine Ideengeschichte der Vereinigten Staaten” ist polemisch gedacht: Selbstverständlich kann ein Land keine Welthegemonie, kein hohes naturwissenschaftliches und technologisches Niveau erreichen, ohne dass all dies von einer solchen Geschichte begleitet wird. Auf der anderen Seite glauben viele gebildete Europäer – nicht alle von einem konservativen, traditionell “anti-amerikanischen” Standpunkt aus – , dass ein Land ohne einen Hegel oder einen Kant keine “wahre” Ideengeschichte haben könnte. Oft im gleichen Moment wird man – auch wenn dies widersprüchlich ist – gebeten zu erklären, welche Ideen hinter der als abscheulich empfundenen Militär- und Außenpolitik der USA stehen.
Es ist wahr, dass Massensentimente wie Rassismus oder Überheblichkeit anderen Ländern gegenüber auch einen Ideenhintergrund besitzen. Außerdem zeichnet die Ideen in der USA-Geschichte etwas anderes als in Europa aus: weniger Traktate und mehr Artikel und Broschüren, weniger abstrakte Gedankengebäude, stattdessen mehr auf die Probleme des Landes angewandte Überlegungen, mit deren Hilfe die Intellektuellen wirklich teilnahmen an der Entwicklung der USA. Oft direkt verbunden mit Politik und Wirtschaft, sind sie manchmal Rechtfertigungen der herrschenden Klasse, meistens aber gesellschaftskritisch oder unterstützen sogar soziale Bewegungen.

 

11. September 2008

Gemeinsame Sitzung der Klassen und des Plenums der Leibniz-Sozietät
Wieviel Geschichte braucht die Zukunft?

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung in Leibniz-Intern Nr. 40; 25.07.08 

Prof. Dr. Karl Lanius:
Wieviel Geschichte braucht die Zukunft?

Daran anschließend und am Nachmittag Diskussionen und weitere Kurzvorträge zum Thema: „Wieviel Geschichte braucht der Mensch? Wer macht, was macht Geschichte?“

Referenten und Diskussionsredner:
Prof. Dr. Wolfgang Küttler:
Wieviel Zukunft braucht die Geschichte? Methodologische Rückfragen 

Prof. Dr. Peter Betthausen:
Wieviel Kunstgeschichte braucht der Mensch? 

Prof. Dr. Peter Arlt:
Die Kunst-Verhältnisse, die sind nicht so. Schwierigkeiten mit der Kunst am Anfang der DDR und nach ihrem Ende

Prof. Dr. Siegfried Wollgast:
Sinn- und Sachwissenschaft

Prof. Dr. Gerhard Banse:
Wissenschaft und Humanismus

Prof. Dr. Wolfgang Eichhorn:
Die Verschachtelung unterschiedlicher Formationsreihen

Prof. Dr. Karl-Heinz Bernhardt:
Dialektik des Klimas 

Prof. Dr. Joachim Herrmann:
Geschichte – Naturgeschichte – Klimatischer Wandel. Regionale und interkontinentale Auswirkungen auf die frühe Menschheitsgeschichte

 

9. Oktober 2008

Günter Kröber
Strukturbildung durch Palindromisierung

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 41; 30.12.08

Prof. Dr. sc. phil. Günter Kröber war 1970 Gründungsdirektor des Instituts für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft der AdW der DDR. Seit 1990 ist er mit Arbeiten zur fraktalen Geometrie (Das Märchen vom Apfelmännchen, Bd. 1 und 2, Rowohlt 2000) und zur Begründung der Palindromik (Palindrome, Perioden und Chaoten, Deutsch Taschenbücher Bd. 99, Thun-Frankfurt/M. 1997; Ein Esel lese nie. Mathematik der Palindrome, Rowohlt 2003) hervorgetreten.

„Palindromik” nennt sich ein neues Arbeitsfeld, in dem es um Prozesse der Selbstorganisation von Zahlen geht. Zahlen und ihre Umkehrungen werden durch Addition und/oder Subtraktion miteinander verknüpft, zentriert untereinander arrangiert und durch farbige Pixel dargestellt. Auf diese Weise entstehen flächige Muster, die durch ihre ästhetischen Reize, aber auch durch ihre Übereinstimmungen mit in der Natur real vorkommenden Strukturen (DNS, Kristallgitter, elektrische und magnetische Feldlinien u. a.) faszinieren. Vorgestellt werden insbesondere die Strukturtypen Periode, Similaritäten und Fraktale.

 

13. November 2008

Vielseitiger Gelehrter von Weltgeltung in der theoretischen Physik: Hans-Jürgen Treder zu seinem 80. Geburtstag 
Gemeinsame Sitzung der Klasse Naturwissenschaften und des Plenums der Leibniz-Sozietät

Mit Beiträgen von Horst-Heino v. Borzeszkowski; Fritz Gackstatter; Werner Ebeling, Rainer Schimming, Thomas Kuczynski,

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 41; 30.12.08

Werner Ebeling (Berlin):
H.-J. Treder und die Große Berliner Physik 

Prof. Ebeling (72) ist Physiker. Er wurde 1977 zum Korrespondierenden, 1989 zum Ordentlichen Mitglied der 1700 von Leibniz in Berlin begründeten Gelehrtengesellschaft gewählt, der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.
Nach dem Studium in Rostock und Moskau wirkte er 20 Jahre lang an der Universität Rostock – erst als Mitarbeiter, dann als Dozent und schließlich als Professor für Theoretische Physik. Er arbeitete über statistische Physik, Plasmatheorie und Theorie der Selbstorganisation und erhielt 1978 den Nationalpreis der DDR. 1979 wurde er an die Humboldt-Universität nach Berlin berufen, wo er bis 2001 Theoretische Physik lehrte. Außerdem ist er Prof. h.c. der Universitäten Saratov und Moskau und weilte zu Gastprofessuren an den Universitäten Krakow und Madrid. Ihm wurden die Onsager-Medaille der Universität Trondheim und der spanische Humboldt-Mutis-Preis verliehen.

Hans-Jürgen Treder hat für die Leistungen der Physiker Berlins zwischen 1870 und 1930 den Begriff „Große Berliner Physik“ geprägt, und er hat diese Periode in mehreren Arbeiten umfassend dargestellt und analysiert. Insbesondere hat er die überragende Stellung der Gelehrten und Akademiemitglieder Helmholtz, Planck und Einstein und der von ihnen geprägten Schulen hervorgehoben und ihre Weltbedeutung für die Entwicklung der Naturwissenschaften im Detail begründet. Treders tiefgründige Analyse der Großen Berliner Physik und seine in dieser Tradition stehenden Leistungen werden anlässlich seines 80. Geburtstages gewürdigt

Rainer Schimming (Greifswald):
Prinzipien der Physik

Prof. Schimming (64) ist Mathematiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2004. Er hat in Leipzig und in Kiew Mathematik studiert. Seine Dissertation (1971) und Habilitationsschrift (1979) behandeln Probleme der Mathematischen Physik und Relativitätstheorie. Die Publikationsliste umfasst etwa 100 Titel. An der Universität Greifswald, wo er seit 1981 wirkt, hat er sich im Zusammenhang mit dem 1998 dort eingerichteten Studiengang Biomathematik zunehmend der Mathematischen Biologie zugewandt. Er interessiert sich für Philosophie und hat auch dazu Veröffentlichungen. Zur Arbeitsgruppe Kosmologie an der Universität Szczecin bestehen enge Verbindungen.

Der Wissenschaftsphilosoph G. Holton betrachtet ständig auftretende Leitmotive der Forschung – von ihm als Themata, von anderen auch als Prinzipien bezeichnet – als eine Art “dritte Dimension” der Wissenschaft neben den Dimensionen Beobachtung und mathematisch geleitete Ausarbeitung von Theorien. Hans-Jürgen Treders Auffassung von Physik war durch Prinzipien wie Invarianz, Kovarianz, Symmetrie, Extremalprinzipien, Lokalität geprägt. Solche bespricht der Vortragende in seinem Beitrag, außerdem die allgemeineren Prinzipien Einheitlichkeit, Einfachheit und Anschaulichkeit.

Thomas Kuczynski (Berlin):
Eine historische Hierarchie von Wirtschaftssystemen – in Analogie zu einer Hierarchie kosmischer Systeme 

In dem Vortrag wird in Analogie zu Treders Ueberlegungen zur Hierarchie kosmischer Systeme eine nach vorne offene Hierarchie von Wirtschaftsystemen entwickelt: Naturalproduktion, Warenproduktion, kapitalistische Produktion. Insbesondere wird gezeigt, dass die Grundgesetze dieser Wirtschaftssysteme im Übergang zu nächsthöheren nicht einfach “abgeschafft” werden, sondern weiterwirken, allerdings in modifizierter Weise und als dem neuen Grundgesetz untergeordnete Gesetze.

 

11. Dezember 2008

Hubert Laitko, Regine Zott
Friedrich Althoff (1839 – 1908) und die preußische Wissenschaftspolitik

Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, 10179 Berlin, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 42; 20.03.09 

Prof. Laitko (73) ist Wissenschaftshistoriker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1994. Am Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft (ITW) der Akademie der Wissenschaften der DDR war er Leiter des Bereiches Wissenschaftsgeschichte. Er gehört der Kommission für Akademie- und Wissenschaftsgeschichte der Sozietät an und lehrt Geschichte der Naturwissenschaften an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus.

Der Vortragende gibt einen knappen Gesamtüberblick über das Wirken von Friedrich Althoff. Es war eng mit der Weltgeltung der deutschen Wissenschaft verbunden, die während seiner Amtszeit im preußischen Kultusministerium (1882 – 1907) ihren Kulminationspunkt erreichte.
Althoff war einer der größten Wissenschaftspolitiker in der deutschen Geschichte. Gestützt auf ein einzigartiges Netz von Vertrauensleuten aus nahezu allen Gebieten der Wissenschaft, nahm er gestaltenden Einfluss auf die Modernisierung des Wissenschaftssystems im wilhelminischen Deutschland, den Aufstieg der Naturwissenschaften, die Entwicklung von Einrichtungen der außeruniversitären Forschung, die Identifizierung und gezielte Förderung von Spitzenbegabungen (darunter einiger der ersten deutschen Nobelpreisträger), den Aufschwung des internationalen Wissenschaftleraustausches und die vielseitige und ausgewogene Entwicklung urbaner Wissenschaftslandschaften. Seine Tätigkeit hat insbesondere in der Berliner Wissenschaft deutliche Spuren hinterlassen, so in der heutigen Gestalt der Charité und im Wissenschaftsstandort Dahlem, dessen Erschließung wesentlich seiner Initiative und Beharrlichkeit zu danken ist.

Vortrag Dr. Regine Zott (Berlin):
Pars pro toto: Althoff und die Chemie

Dr. Zott studierte an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Greifswald und promovierte an der Humboldt-Universität in Berlin. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft (ITW) der Akademie der Wissenschaften der DDR sowie später an der Technischen Universität Berlin beschäftigte sie sich mit Problemen wissenschaftlicher Kommunikation sowie Entwicklung des Bildungswesens und besorgte eine Reihe kommentierter Gelehrtenkorrespondenzen (J. Liebig, W. Nernst, F. Haber, W. Ostwald, F. Kohlrausch, A. Baeyer, H. Landolt, P. Walden und anderer).

Im Rahmen des umfangreichen Funktionsprofiles von Friedrich Althoff nahm die Chemie seine Aufmerksamkeit am meisten in Anspruch. Sie war im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein Feld des internationalen Konkurrenzkampfes und zu einem unübersehbar bedeutenden Wirtschafts- und Politikpotential geworden sowie im Wissenschaftsrahmen zu disziplinärer Vormachtstellung gelangt.
Mit Menschenkenntnis und vielseitiger Kommunikation („System Althoff“) veranlasste er den leistungsgerechten Einsatz vieler Gelehrter, förderte Lehrstühle und neuartige Institute, wie jenes 1894 für W. Nernst, bewirkte die Innovation einer Forschungsprofessur für J. H. van´t Hoff, setzte einen ersten internationalen Professorenaustausch durch, vermittelte zwischen Universität und Industrie.
Hoch geehrt und ob seiner Eigenwilligkeit auch viel geschmäht, insgesamt langjährig vielseitig wirksam galt er als der „heimliche Kultusminister“. Vor allem gelang es ihm, die zentrale politische und öffentliche Aufmerksamkeit für die Bedeutung von Forschung und Lehre als Zukunftsinvestition wachzuhalten.