Workshop des AK GeoMUWA am 11.10.2019 zum Thema “Die Reform der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vor 50 Jahren”; Bericht

Der Workshop fand im Besprechungsraum des Gebäudes C4 des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) auf dem Potsdamer Telegraphenberg statt. Anlass des Workshop war die  Reform der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (AdW) 1969, also vor 50 Jahren, die für die Entwicklung der Geo- und Kosmoswissenschaften in der AdW von großer Bedeutung war und als Folge dessen auch für die Leibniz-Sozietät. Der Kommissarische Sprecher des AK, Dr. sc. Dietrich Spänkuch, begrüßte die Teilnehmer, namentlich  den neuen Sekretar der Klasse für Natur- und Technikwissenschaften, Prof. Dr. Gerhard Pfaff,  und beglückwünschte im Namen des AK die Kollegen Prof. Dr. Harald Schuh und Prof. Dr. Dieter B. Herrmann für ihre kürzlich verliehenen hohen Auszeichnungen: Harald Schuh als Honory President der International Association of Geodesy (IAG) und Dieter B. Herrmann mit dem Bruno-H.-Bürgel Preis der Astronomischen Gesellschaft, die die herausragenden Leistungen beider Kollegen auf ihren Gebieten geziemend würdigen.

Koll. Spänkuch drückte auch die Betroffenheit über den für uns plötzlichen Tod von Dr. Sigmund Jähn aus, des ersten deutschen Kosmonauten im Weltraum und Ehrenmitglied der Leibniz-Sozietät, der dem AK GeoMUWA besonders nahe stand. Heinz Kautzleben würdigte anschließend in seinem Gedenken an Sigmund Jähn Leben und Werk des Verstorbenen, der zusammen mit Valerij F. Bykowskij 1978 die dritte internationale Besatzung der Orbitalstation Saljut 6 stellte und der daraufhin auf dem Telegraphenberg im Zentralinstitut für Physik der Erde (ZIPE) der AdW der DDR seine Dissertation angefertigt und hier auch verteidigt hatte. Koll. Schuh merkte an, dass das GFZ nach Bekanntwerden von Jähn’s Ableben an der Stele von Sigmund Jähn und Valerij F. Bykowskij einen Kranz niederlegt hat (siehe Fotos).

In seinem Vortrag “Die Reform der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) und die Förderung der Geo- und Kosmoswissenschaften durch die Leibniz’sche Gelehrtengesellschaft (Essay eines Zeitzeugen)” spannte Koll. Kautzleben einen weiten Bogen von der Gründung der Leibniz’schen Gelehrtengesellschaft 1700 in Berlin über die verschiedenen Stadien der Akademie, die 1744 mit der Académie des Sciences et Belles Lettres begann und am 3.10.1990 mit der Schließung der Akademie der Wissenschaften der DDR beendet wurde, bis zur heutigen Leibniz-Sozietät. Er unterscheidet dabei zwischen einer politisch unabhängigen Gelehrtengesellschaft, die nur der Wissenschaft verpflichtet ist, und der staatlichen Einrichtung einer Akademie, die die Wissenschaft eines Staates repräsentiert, aber von der Gelehrtengesellschaft, den gewählten Akademiemitgliedern, getragen wird. Juristisch drückt sich dies dadurch aus, dass für die Mitglieder der Gelehrtengesellschaft das Vereinsrecht, für die Leiter und Mitarbeiter der AdW das Arbeitsrecht gilt. Das wissenschaftspolitische Ziel der Akademiereform von 1969, staats- und völkerrechtlich begründet, war die Umwandlung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in die Akademie der Wissenschaften der DDR. Diese Entwicklung wurde von Heinz Kautzleben sehr detailliert geschildert. Im Zuge dieser Transformation wurde bei der Bildung von Forschungsbereichen (FB) auch der FB Kosmische Physik gebildet, der 1974 unter Einbeziehung weiterer Wissenschaftsdisziplinen (Geologie, Geographie, Ozeanologie, Erforschung und Nutzung des Weltraums) zum FB Geo- und Kosmoswissenschaften erweitert wurde. Die wissenschaftliche Arbeit der FB wurde durch Zusammenschluss bereits vorhandener Akademieinstitute zu Zentralinstituten intensiviert. Für den FB Geo- und Kosmoswissenschaften waren dies das Zentalinstitut für Physik der Erde (ZIPE), das Zentralinstitut für Solar-Terrestrische Physik (ZISTP) und das Zentralinstitut für Astrophysik (ZIAP). Der steigenden Bedeutung der Geo- und Kosmoswissenschaften wurde schließlich 1981 durch die Einrichtung einer gesonderten Klasse gleichen Namens in der AdW der DDR Rechnung getragen. Der AK GeoMUWA der Leibniz-Sozietät, 2001 gebildet, profitierte personell und konzeptionell von dieser Entwicklung. Die vollständige Ausarbeitung des Vortrags kann von Kollegen Kautzleben (Kautzleben@t-online.de) angefordert werden.

Koll. Prof. Dr. Günther Flach ergänzte in seinem Kurzbeitrag “Akademiereform und Leibniz-Sozietät”, der in seiner Abwesenheit von Dietrich Spänkuch vorgetragen wurde, dass bei dieser Akademiereform auch Fragen der Energieforschung und Energiesicherung, insbesondere auch der Kernenergie, diskutiert wurden, und zwar durchaus kontrovers, dass aber diese Diskussionen stets in sachlicher Atmosphäre stattfanden und er hoffe, dass dies auch weiterhin in der Leibniz-Sozietät geschehen wird.

Der Workshop endete nach einer regen Diskussion  über zukünftige mögliche Projekte und Strategien zur Zuwahl neuer Mitglieder.

Aus technischen Gründen fand der Vortrag “Die 27. Generalversammlung der IUGG, Juli 2019 in Montréal” von Dr. Alexander Rudloff, General Secretary der International Union of Geodesy and Geophysics (IUGG), und Dr. Franz Kuglitsch, Executive Secretary der IUGG, beide GFZ Potsdam, nach dem Vortrag von H. Kautzleben statt. D. Spänkuch bedankte sich in der Begrüßung bei beiden Vortragenden über ihre Bereitschaft aktiv zum Workshop beizutragen. Die IUGG ist der internationale wissenschaftliche Dachverband, der seit seiner Gründung 1919 vor 100 Jahren die internationale Zusammenarbeit auf geowissenschaftlichem Gebiet koordiniert und zahlreiche internationale Forschungs- und Beobachtungsprogramme initiiert bzw. mitgestaltet hat. Im Vortrag wurden die Struktur der IUGG sowie die Programmstruktur der Generalversammlung mit Nennung der Hauptvorträge erläutert. Auf der Generalversammlung in Kanada wurde auch der Tagungsort der nächsten Generalversammlung im Jahr 2023 bestimmt. Es zeugt von der hohen Wertschätzung der deutschen geowissenschaftlichen Forschung und insbesondere des GFZ Potsdam, dass mit Berlin als Tagungsort und mit Dr. Alexander Rudloff als neuem Generalsekretär der IUGG zwei bedeutende Entscheidungen zugunsten unserer Region (und unseres Landes) gefällt wurden, was keineswegs selbstverständlich und in der Geschichte der IUGG erstmalig der Fall ist. Die Präsentation von Dr. Rudloff und Dr. Kuglitsch kann hier eingesehen werden.

Die Austragung der 28. IUGG-Generalversammlung im Juli 2023 in Berlin, zu der etwa 5.000 Teilnehmer erwartet werden, stellt für die Organisatoren, wobei unser Mitglied Harald Schuh Vorsitzender des lokalen Organisationskomitees ist, eine große Herausforderung dar, zu der die Teilnehmer des Workshop allen Beteiligten guten Erfolg wünschen. Dr. Rudloff übergab der Leibniz-Sozietät zum Abschluss die Sonderausgabe „The International Union of Geodesy and Geophysics: from different spheres to a common globe“ der Fachzeitschrift “History of Geo- and Space Sciences”, das einen ausgezeichneten Überblick über die Aktivitäten der IUGG seit ihrer Gründung und der ihr angeschlossenen internationalen Assoziationen gibt.

D. Spänkuch bedankte sich im Namen des AK für dieses Geschenk als auch für die Gastfreundschaft des GFZ.

 

D. Spänkuch