Nekrolog für unser Mitglied Professor Dr. Hubert Laitko

Prof. Dr. Hubert Laitko, MLS, 1935-2024 (Foto 2016: Reinhard Ferdinand CC BY-SA 4.0, via Wikimedia)

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin trauert um ihr langjähriges Mitglied, den am 09. September 2024 in Berlin verstorbenen Wissenschaftshistoriker Professor Dr. Hubert Laitko

Hubert Laitko wurde am 3. April 1935 in Spremberg in der Niederlausitz geboren. Der Vater war ein vielbeschäftigter Schlossermeister, die Mutter kümmerte sich um Haus und Familie. Er besuchte von 1941 bis 1953 die Grund- und Oberschule und legte 1953 an der Karl-Marx-Oberschule Spremberg das Abitur ab. Er hatte früh Interesse am Schreiben von Texten, als Abiturient schrieb er bereits für den „Eulenspiegel“. Ab 1953 studierte er an der Universität Leipzig Journalistik, nach drei Jahren dann Philosophie am Institut, das damals von Ernst Bloch geleitet wurde. Seine wichtigsten akademischen Lehrer in dieser Zeit waren der Philosoph Rudolf Rochhausen, der Physiker und Wissenschaftstheoretiker Asari Polikarow und der Wissenschaftshistoriker Gerhard Harig. Zu seinen Kommilitonen am Leipziger Philosophischen Institut gehörten Klaus Kittowski, Reinhard Mocek und Heinrich Parthey, Das Philosophie-Studium schloss er 1959 mit dem Staatsexamen ab. Danach wurde er Assistent für Philosophie am Institut für Gesellschaftswissenschaften der Universität Halle. 1960 wechselte er als Aspirant an den Lehrstuhl für Philosophische Fragen der Naturwissenschaften im Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin, den damals Hermann Ley leitete. Hier promovierte Hubert Laitko 1964 mit seiner Dissertation „Zur philosophischen Konzeption des Physikers Pascual Jordan. Versuch einer kritischen Analyse“ und blieb bis 1969 als Assistent bzw. Oberassistent am Institut.

Ab 1969 gehörte Hubert Laitko zum Gründungsteam des Instituts für Wissenschaftstheorie und -organisation an der Akademie der Wissenschaften der DDR, das der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Günter Kröber von der Gründung 1970 bis 1990 leitete. Ab 1975 erfolgte die Umbenennung in Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft. 1973 wurde an diesem Institut eine Forschungsgruppe Wissenschaftsgeschichte aufgebaut, deren Leiter Hubert Laitko wurde. 1978 wurde er an der Akademie der Wissenschaften habilitiert mit der Studie „Wissenschaft als allgemeine Arbeit – zur begrifflichen Grundlegung der Wissenschaftswissenschaft“; 1979 erfolgte dann seine Ernennung als Professor an der Akademie. 1989 wurde ihm der Nationalpreis III. Klasse für Wissenschaft und Technik verliehen.

In den Jahren nach seiner Promotion und vor allem an der Akademie begann eine umfangreiche Publikationstätigkeit zur Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte, die internationale Beachtung fand. Auch nach der trotz positiver Evaluierung seines Bereichs erfolgte Abwicklung 1991 war er in seiner Arbeit als „Privatgelehrter“ außerordentlich produktiv. Er publizierte etwa eine Abhandlung über DDR-Naturwissenschaftler und ihr Verhältnis zum Staat DDR, eine Studie, die vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte 2009 veröffentlicht wurde. Von seiner Reputation zeugt auch, dass er zu einem Vortrag auf einer von Mitchell Ash organisierten Konferenz an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften über „Wissenschaft und Wiedervereinigung“ im Jahr 2010 eingeladen wurde. Laitko war als Autor präsent in den seit 1996 herausgegebenen Jahrbüchern „Wissenschaftsforschung“ der Gesellschaft gleichen Namens, in der er als Mitbegründer auch im Vorstand tätig war. Die anlässlich seines 80. Geburtstag zusammengestellte Liste seiner Publikationen umfasst über 30 Seiten. In der Deutschen Nationalbibliothek sind knapp 100 Arbeiten von ihm vorhanden.

Im Mittelpunkt der Publikationen von Hubert Laitko standen Untersuchungen zur Geschichte wissenschaftlicher Institutionen und Institutionennetze im 19. und 20. Jahrhundert: Wissenschaft und Wissenschaftspolitik in Preußen und im wilhelminischen Deutschland, Geschichte der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft, deutsche Akademiegeschichte, Disziplinarität und Disziplingenese, Geschichte der Naturwissenschaften in der DDR. Hinzu kommen Arbeiten zur Geschichte der Wissenschaftsforschung.

Seine wissenschaftliche Tätigkeit nach 1991 ist mit der Erwähnung seiner reichen Publikationsleistung noch nicht ausreichend gewürdigt. Hubert Laitko war auch als Mitglied der Leibniz Sozietät, der er seit 1994 angehörte, sehr aktiv, u.a. in der Kommission für Akademiegeschichte. An vielen ihrer Publikationen war er beteiligt. 2018 wurde ihm die Daniel-Ernst-Jablonski-Medaille der Leibniz-Sozietät verliehen. Von 2008 bis 2014 war er Lehrbeauftragter für Geschichte der Naturwissenschaft an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Gemeinsam mit Direktor des Archivs zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Eckart Henning, gründete Laitko 1994 die Dahlemer Archivgespräche, in denen das Berliner Wissenschaftshistorische Kolloquium in neuer Form wieder auflebte. Es war für 20 Jahre ein Ort der Kommunikation zwischen Historikern, Wissenschaftshistorikern und Fachvertretern, zwischen Teilnehmern mit ost- wie westdeutsch geprägtem Hintergrund.

Kollegen von Hubert Laitko erinnern sich gerne an seine Fähigkeit zur Geselligkeit, an seinen Humor, der ihn schon im Studium zum Gründungsmitglied eines Studentenkabaretts, dem „Rat der Spötter“, prädestinierte.

Die Mitglieder der Leibniz Sozietät werden ihrem langjährigen aktiven Mitglied Hubert Laitko ein ehrendes Andenken bewahren.

Dieter Segert