Bericht zum 4. Rohstoffkolloquium der Leibniz-Sozietät

Am 20. März 2025 veranstaltete die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin ihr 4. Rohstoffkolloquium. Thema in diesem Jahr war „Das neue europäische Gesetz zu kritischen Rohstoffen – The Critical Raw Materials Act: Herausforderungen und Maßnahmen“. Das Kolloquium stellte die Fortsetzung der in den Jahren 2022 bis 2024 durchgeführten drei Veranstaltungen

Die Referenten der Tagung (v.l.n.r.): Norbert Rethmann, Andreas Börner, Uwe Lehmann, Olaf Alisch, Christoph Hilgers, Axel Müller, Jochen Kolb, Rainer Herd (es fehlen Jan Klasen und Blas Urioste)
Foto: Gerhard Pfaff

„Kritische Rohstoffe, Gewinnung bis Entsorgung: Die Geowissenschaften als Problemlöser“ (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Band 154/2022), „Kritische Rohstoffe: Auswirkungen wachsender geo- und klimapolitischer Herausforderungen auf die Rohstoffversorgung Deutschlands und Europas“ (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Band 159/2023) und „Kritische Rohstoffe – große Bedeutung und geringes öffentliches Bewusstsein – was ist zu tun?“ (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Band 163/2024) dar.

In einem Hörsaal der Technischen Universität Berlin am Ernst-Reuter-Platz 1 begrüßte die Präsidentin der Leibniz-Sozietät Gerda Haßler die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kolloquiums, die in Präsenz und per Zoomübertragung teilnahmen. In ihrer Eröffnung verwies Gerda Haßler darauf, dass die Frage nach der Sicherung der Versorgung mit kritischen Rohstoffen, aber auch mit Rohstoffen generell, eine der entscheidenden Herausforderungen unseres Jahrhunderts ist. Kritische Rohstoffe sind essentiell für zahlreiche Industrien und für die nachhaltige Entwicklung neuer Technologien, die unsere Welt verändern und unsere Umwelt schützen. In diesem Zusammenhang sind die Initiativen und Maßnahmen, die durch den Critical Raw Materials Act angestoßen werden, sehr zu begrüßen.

Gerda Haßler führte weiter aus, dass die Festlegung von Prioritäten für die Versorgungssicherheit, die Intensivierung von Forschungsaktivitäten und die Entwicklung nachhaltigerer Alternativen nur einige der komplexen Aufgaben sind, die wir gemeinsam bewältigen müssen. Die Leibniz-Sozietät fühlt sich verpflichtet, durch ihre Expertise und ihre interdisziplinäre Forschung einen Beitrag zu diesen Bemühungen zu leisten.

Die Präsidentin bedankte sich bei allen Referenten des Kolloquiums sowie bei den an der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung beteiligten Wissenschaftlern Axel Müller, Gerhard Pfaff, Reinhard O. Greiling und Christoph Hilgers (alle MLS) und Thomas Neumann (Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Berlin).

Nach der Eröffnung folgten im Verlauf des Kolloquiums 10 Fachvorträge, die von Gerhard Pfaff und Reinhard O Greiling moderiert wurden. Die Beiträge umfassten folgende Themen:

Christoph Hilgers (Karlsruher Institut für Technologie, MLS): Inhalt des Critical Raw Materials Act (CRMA)

Christoph Hilgers führte aus, dass sich vor dem Hintergrund einer in den nächsten Jahrzehnten weiterhin wachsenden Weltbevölkerung und bei steigendem Wohlstand der Bedarf an metallischen Rohstoffen bis 2060 nach OECD (2019) verdoppeln könnte. Der Umbau auf Anlagen der Energiewandlung aus Wind und Sonne sowie den Kurzzeit-Energiespeicher Batterie erhöht den Rohstoffbedarf weiter. Mit dem Critical Raw Materials Act wurde von der EU 2024 das Kritische-Rohstoffe-Gesetz verabschiedet, das in die jeweiligen nationalen Gesetze umgesetzt werden muss. Danach wird für den jährlichen EU-Verbrauch von strategischen Rohstoffen bis 2030 eine Gewinnungskapazität von Rohstoffen innerhalb der EU von 10%, eine Recyclingkapazität von mindestens 25%, eine Verarbeitungskapazität inklusive aller Zwischenschritte von 40% und eine Diversifizierung von Einfuhren mit maximal 65% aus einem einzigen Lieferland vorgegeben. Damit adressiert die EU-27 die Versorgung Europas mit strategischen Rohstoffen für die von ihr definierten strategischen Felder grüne und digitale Technologien sowie für die Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie.

Gleichzeitig nimmt der internationale Wettbewerb um Rohstoffe mit anderen Ländern zu, da die globalen Märkte weiterwachsen, Anforderungen an Rohstoffreinheit und Rohstoffqualitäten hoch bleiben, die Dissipation von Rohstoffen in Produkten in Kleinstmengen steigt und die Effizienz von Kreislaufführung sowie Recycling technologisch und energetisch Grenzen begrenzt ist.

So weist die Executive Order der Presidential Actions des Weißen Hauses, USA, vom 20.1.2025 zu Unleashing Americas Energy auf den Zugang zu bezahlbarer und verlässlicher Energie sowie zu Rohstoffen hin, die Grundlage eines nationalen Wohlstands seien, insbesondere der Ökonomie, der nationalen Sicherheit und der militärischen Einsatzfähigkeit. Die Executive Order Energy Emergency vom 20.1.2025 adressiert nicht nur die heimische Gewinnung und Raffination von Kohlenwasserstoffen und nuklearen Brennstoffen, sondern auch die von Biokraftstoffen und kritischen Rohstoffen. Auch Indien und anderen Staaten forcieren ihre Aktivitäten im Bereich kritischer Rohstoffe.

Bislang nimmt entgegen des globalen Trends in der EU-27 sowohl die Rohstoffgewinnung als auch die Anzahl und Größe an international operierenden Bergbaufirmen kontinuierlich ab.

Jan Klasen (Förderbank KfW – Strategische Beteiligungen): Die Förderung kritischer Rohstoffprojekte durch den deutschen Rohstofffond

Die Sicherstellung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung ist eine der zentralen Grundlagen für die deutsche Wirtschaft, die digitale Transformation und die Erreichung der Klimaziele. Daher, so legte Jan Klasen dar, hat sich die Bundesregierung entschlossen, einen Rohstofffonds aufzusetzen, mit dem die Rohstoffversorgung deutscher Unternehmen und die Resilienz der Lieferketten und der Volkswirtschaft insgesamt gestärkt werden soll. Die KfW dient als zentraler Ansprechpartner für den Rohstofffonds. Grundsätzlich zielt der Rohstofffonds darauf ab, Projekte im In- und Ausland zu fördern, die einen Beitrag zur Rohstoffversorgungssicherheit leisten und der Gewinnung, Verarbeitung und dem Recycling von kritischen Rohstoffen dienen. Gleichzeitig soll der Rohstofffonds Abhängigkeiten Deutschlands von anderen Staaten verringern. Maßgabe hierbei soll sein, dass durch Projektbeteiligungen oder Vereinbarungen mit Projektgesellschaften ein Beitrag zur Stärkung der Binnenwirtschaft durch den langfristigen Bezug kritischer Rohstoffe, auch in weiterverarbeiteter Form, für Produktionsstandorte in Deutschland oder der EU geleistet wird. Anspruch auf Förderung haben Projekte im Bereich Bergbau, Weiterverarbeitung und/oder Recycling kritischer Rohstoffe. Genutzt werden diversifizierte Finanzierungen, insbesondere Eigenkapitalinstrumente. Das Finanzierungsbudget wird in der Regel zwischen EUR 50 Mio. und EUR 150 Mio. liegen. Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht. Die Förderung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln.

Olaf Alisch (Verband Bergbau, Geologie und Umwelt): Critical Raw Materials Act – Chancen, Umsetzung und Hemmnisse für Deutschland aus Sicht des Verbandes Bergbau, Geologie und Umwelt e.V.

Im Verband Bergbau Geologie und Umwelt e.V. existieren Bergbauprojekte von Mitgliedsunternehmen, insbesondere auf kritische und strategische Rohstoffe, nach EU-Kriterien. Dazu zählen u.a. die Rohstoffe Kupfer und Lithium. Der Vortrag von Olaf Alisch machte deutlich, wie die EU mit dem Critical Raw Materials Act das Ziel verfolgt, die EU unabhängiger und krisensicherer in der Versorgung kritischer Rohstoffe zu machen. Dazu gibt es bestimmte Anforderungen, die in den EU-Mitgliedsländern umzusetzen sind. Dabei leisten strategische Projekte einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der EU mit strategischen Rohstoffen und sind von öffentlichem Interesse. Diese sind in den Mitgliedsstaaten der EU mit einer höchstmöglichen nationalen Bedeutung einzuordnen. Das trifft dann auch auf die Genehmigungsverfahren selbst und speziell auf die Dauer der Verfahren zu. Bei strategischen Projekten darf das Genehmigungsverfahren maximal 27 Monate (ausgenommen die UVP) dauern. Eine Anerkennung als strategisches Projekt erfolgt gemäß der EU-Kommission bis zum 15. März 2025.

Olaf Alisch führte weiter aus, welche Chancen sich für Deutschland in Bezug auf die Gewinnung heimischer Rohstoffe ergeben und welche Erfahrungen es bei der Beantragung bzw. den Fortschritten in der Anwendung des CRMA bei den Rohstoffprojekten im Verband Bergbau, Geologie und Umwelt e.V. gibt. Darüber hinaus ging er auf die Hemmnisse ein, die Bergbauprojekte in Deutschland aktuell zu überwinden haben und welche Schlussfolgerungen im Kontext mit dem CRMA daraus gezogen werden können und müssen.

Uwe Lehmann (Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie): Ausgewählte rohstoffgeologische Aspekte der Umsetzung des Raw Materials Act in Sachsen

In seinem Vortrag stellte Uwe Lehmann einleitend heraus, dass sich die im Critical Raw Materials Act aufgeführten kritischen und strategischen Rohstoffe auf verschiedene Stufen der Wertschöpfungskette beziehen. So bestehen beispielsweise bei Nickel Bedenken ausschließlich hinsichtlich „Nickel battery grade“. Es geht also weniger um einen Mangel an Nickel-Lagerstätten, als vielmehr um Engpässe bei der Herstellung batteriefähigen Nickels. Diese Tatsache ist bei der Erarbeitung von Vorschlägen für Maßnahmen zur Versorgung mit kritischen oder strategischen Rohstoffen zu beachten.

Sachsen verfügt aufgrund seiner geologischen Entwicklung über eine umfangreiche Palette an Rohstoffvorkommen, die seit Jahrhunderten abgebaut werden und von denen sowohl Rest- als auch unverritzte Vorräte für zukünftigen Bergbau nutzbar sind. Basierend auf diesen Tatsachen und den seit etwa 2005 weltweit ansteigenden Rohstoffpreisen wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten etwa 100 bergrechtliche Genehmigungen zur Erkundung von Erzen und Spaten erteilt. Viele davon fokussieren sich auf kritische oder strategische Rohstoffe. Dazu gehören unter anderem Lithium (Zinnwald), Kupfer (Kupferschiefer Lausitz), Flussspat (Niederschlag) und Wolfram (Pöhla). Zu den selteneren und nur als Nebenkomponenten gewinnbaren kritischen/strategischen Rohstoffen zählen beispielsweise Bismut (Zinn Gottesberg), Tantal (Lithium/Zinn Schenkenshöhe) und Scandium (Lithium/Zinn Sadisdorf).

Inwieweit diese Vorkommen unter den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ökonomisch gewinnbar sind, hängt von vielen Faktoren ab. Nachteilig erscheinen große Abbauteufen (Kupferschiefer Lausitz) und/oder geringe Wertstoffgehalte (Lithiumglimmer Zinnwald). Forschungsarbeiten beispielsweise zur Entwicklung autonomer mining robots sowie effizienterer Aufbereitungsverfahren könnten die Bauwürdigkeit von Lagerstätten erhöhen. Aus rohstoffgeologischer Sicht besteht in Sachsen für brown- und greenfield exploration ein großes Potenzial. Die genannten Arbeiten erfordern jedoch entsprechende Ressourcen, deren Bereitstellung bisher nicht geklärt ist. Auch lässt es die Dynamik der als kritisch/strategisch eingestuften Rohstoffe geboten erscheinen, rechtzeitig weitere volkswirtschaftlich unentbehrliche Rohstoffe (z.B. Baurohstoffe) zu erkunden und zu sichern. Hier ist es Aufgabe der Politik, rechtzeitig entsprechende Weichenstellungen vorzunehmen, um den im Critical Raw Materials Act benannten Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.

Blas Urioste (KSL Kupferschiefer Lausitz): Das strategische Rohstoffprojekt „Kupferlagerstätte Spremberg-Graustein-Schleife“

Blas Urioste verwies zu Beginn seines Vortrags darauf, dass das Projekt zur Erschließung der Kupferlagerstätte Spremberg-Graustein auf eine Zeit zurück reicht, in der das Land, in dem die Region liegt, die Erkundung, Erschließung und Gewinnung von Bodenschätzen als strategisch wichtig erachtete. Dieses Land gibt es auf Grund der seitherigen gesellschaftlichen Veränderungen heute nicht mehr. Das nun entstandene Land glaubte, keine eigene Bergbauindustrie zu benötigen, um die eigene Wirtschaft zu entwickeln.

Als KSL den Weg einschlug, ein Bergwerk in Deutschland zu entwickeln, reagierte die internationale Bergbaugemeinschaft mit Skepsis. Deutschland war ein Land, in dem man Maschinen kaufte oder Ingenieure einstellte, aber kein Land, in dem man nach Bodenschätzen suchte. In Deutschland selbst machten Skepsis und Desinteresse die Sache nicht einfacher. Dennoch investierte KSL weiter und hielt an dem Vorhaben fest, mit Spremberger Grauschiefer einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Rohstoffstrategie Deutschlands leisten zu können.

KSL wurde mit der Vision gegründet, dass Kupfer ein strategisches Metall ist und dass Investitionen in den Bergbau am besten in rechtsstaatlich gefestigten Staaten getätigt werden. Heute hat KSL mit dem Critical Raw Materials Act eine Bestätigung dieser Vision.

Die Firma ist nun dabei, dieses ehrgeizige Gesetz zur Wiederbelebung des europäischen Bergbaus in konkrete Maßnahmen und Projekte umzusetzen. KSL trägt mit einem Vorkommen von 90 Mio. Tonnen Kupfererz maßgeblich (bis zu 50%) zur Erreichung der deutschen nationalen Produktionsziele bei. Geothermie, ein schonender Umgang mit den Ressourcen Wasser und Fläche, eine starke Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei Bau und Produktion sowie innovative Abbau- und Aufbereitungsmethoden prägen das nachhaltige Konzept. KSL versteht sich als Brückenbauer zwischen Behörden, Politik und Gesellschaft, um gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der modernen Rohstoffgewinnung zu entwickeln. Das Ziel lautet: Kupfer für Deutschlands industrielle Zukunft – gefördert in Deutschland, gestaltet mit Europa.

Andreas Börner (Landesamt Mecklenburg-Vorpommern für Umwelt, Naturschutz und Geologie): Erfassung und Extraktion von Seltenen Erdelemente (SEE) aus Schwermineralen mariner Ostseesande: Das Projekt „SEEsand“ – ein regionaler Beitrag zum EU-Critical Raw Materials Act in Mecklenburg-Vorpommern

In seinem Vortrag stellte Andreas Börner zunächst dar, wie in Mecklenburg-Vorpommern jährlich ca. 500.000 Tonnen Ostseesande gewonnen und zu Baustoffen verarbeitet bzw. für Küstenschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Diese Massenförderung kann durch Aufbereitung eine Möglichkeit bieten, die vorhandenen Schwerminerale abzutrennen. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Verbundprojekts „SEEsand“ bearbeitete der Geologische Dienst Mecklenburg-Vorpommern die archivierten analogen Erkundungsdaten (1960-1990) zu marinen Sandvorkommen der Ostsee sowie deren Schwermineralanteile und bewertete das Rohstoffpotenzial neu. Unter Hinzuziehung neuer Erkundungsdaten (1992-2017) wurden 15 Erkundungsfelder auf 5.057 km2 im Ostseebereich Mecklenburg-Vorpommerns ausgewiesen, in welchen Informationen aus 7.164 Erkundungsbohrungen und laborativ ermittelten Schwermineralgehalten aus 21.526 Schichten vorliegen. Insgesamt wurde im Projekt „SEEsand“ über statistische Schätzungen ein Schwermineralpotenzial von 419.137 Tonnen inklusive 27.408 Tonnen Zirkon (Zirconiumsilicat) berechnet. Im Projekt wurden Ostseesande aufbereitet, um die Schwerminerale zu extrahieren. „Seltene Erden Elemente“ (SEE) steht für eine Gruppe von 17 Elementen. Das untersuchte Schwermineral Zirkon enthält u.a. SEE-Anteile. Die Schwermineralfraktionen wurden durch Dichtetrennung in Kombination mit Magnetscheidung abgetrennt. Dabei fallen Titanminerale, Granat und Quarzsand als Nebenkomponenten an. Es wurde neben selektiver chemischer Laugung eine Aufbereitung über biohydrometallurgische Verfahren und eine Abtrennung der schweren SEE (HREE) durch fraktionierte Fällungsverfahren und Biosorptionsprozesse im Labor geprüft. Die Durchschnittsgehalte von Schwermineralen in Ostseesanden variieren zwischen 0,5 und 0,9%. Die Gehalte der Zielrohstoffe in den untersuchten marinen Sanden betragen ca. 0,0025% Seltenerdkonzentrat in den Zirkonen (davon ~90% HREE, bei ca. 5% Dysprosium), 0,025% Zirconiumdioxid, 0,1% Titan (bzw. 0,5% Titankonzentrat) und 1% Granat. Die bilanzierten Schwermineralpotenziale inklusive Zirkon werden als geschätzte Potenziale bzw. nach der United Nations Framework Classification (UNFC) als „indicated resources“ bewertet. Eine Bewertung der Abbauwürdigkeit von Schwermineralen aus Ostseesanden könnte sich ändern, wenn der europäische Bedarf nicht mehr über Weltmarktimporte ausreichend gedeckt werden kann.

Jochen Kolb (Karlsruher Institut für Technologie): Lithiumgewinnung aus Geothermalwässern in Süddeutschland – ein Beitrag zum Critical Raw Materials Act

Die Lithiumgewinnung aus Geothermalwässern in Süddeutschland, so führte Jochen Kolb aus, bietet eine vielversprechende Möglichkeit, den steigenden Bedarf an Lithium für Batterien in der Elektromobilität zu decken. Geothermie-Anlagen in der Region, insbesondere im Oberrheingraben, könnten in Zukunft nicht nur Energie liefern, sondern auch Lithium extrahieren. Im Rahmen des Critical Raw Materials Act der EU wird die strategische Bedeutung von Lithium hervorgehoben, da es als kritischer Rohstoff für die Energiewende gilt. Die Nutzung von Geothermalwässern zur Lithiumproduktion könnte somit nicht nur die Versorgungssicherheit in Europa erhöhen, sondern auch die Abhängigkeit vom Import aus anderen Ländern reduzieren. Unerlässlich ist jedoch der gleichzeitige Aufbau der heimischen Batterieproduktion.

Das Geothermalwasser enthält in einigen Regionen hohe Konzentrationen an Lithium (150-200 mg/l), das durch verschiedene Verfahren gewonnen werden kann. Als vielversprechende Methode hat sich die Sorption bzw. der Ionenaustausch herausgestellt. Im Labor- und Pilotmaßstab können so >90% des Lithiums gewonnen werden. Dieses Zwischenprodukt muss dann zu batteriefähigem Material weiterverarbeitet werden. Schon die bekannten Vorkommen im Oberrheingraben könnten knapp 1% der globalen Nachfrage (2023) decken. Das Potenzial, auch in Norddeutschland, ist wesentlich größer.

Die Gewinnung von Lithium aus Geothermalwässern hat mehrere Vorteile: Sie ist umweltfreundlicher im Vergleich zu traditionellen Bergbaumethoden, da sie keine großen Flächen beansprucht und keine giftigen Chemikalien verwendet. Zudem wird die Lithiumproduktion direkt mit der Gewinnung von erneuerbarer Energie kombiniert, was die ökologische wie ökonomische Nachhaltigkeit des gesamten Prozesses stärkt. Besonders in Süddeutschland, einer Region mit zahlreichen Geothermie-Projekten, könnte dies eine effiziente Methode darstellen, die Rohstoffversorgung für die Batterietechnologie zu diversifizieren.

Rainer Herd (Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg): D-MTUC – das airborne Rohstofferkundungssystem der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU)

D-MTUC ist das Kennzeichen des Forschungsflugzeugs der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Es wurde 2012/2013 mit internationalen Partnern am Lehrstuhl für Rohstoff- und Ressourcenwirtschaft unter der Leitung von Rainer Herd als Rohstofferkundungssystem entwickelt. Das Messsystem D-MTUC basiert auf einem stark modifizierten Ultraleicht-Flugzeug des Typs „VIRUS SW 100“ des slowenischen Herstellers Pipistrel. Es wurde als rauscharmes (low magnetic noise) Multi-Sensor-System konzipiert. Je nach Fragestellung können verschiedene Sensoren unter den Tragflächen, an den Flächenenden (wing-tips), im Rumpf oder unter dem Rumpf installiert werden. Die Basisausrüstung besteht aus zwei Kalium-Magnetometern, einem 4 L Cäsiumjodid-Gammaspektrometer, einem VLF-EM-System, einem Datenakquisitions- und Kontrollsystem sowie einem Radar- und Laserhöhenmesser. Das Flugzeug weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die es von anderen Systemen merklich unterscheidet (Faserverbund-Bauweise, Zerlegbarkeit, Robustheit, geringe Start- und Landestrecke, große Reichweite, sehr gute Ruderabstimmung, geringer Treibstoffverbrauch). Eine konstruktive Besonderheit ist die Ausrüstung des Flugzeugs mit Störklappen. Diese erlauben die Durchführung von Konturflügen, die der Topographie folgen – ein bedeutender Vorteil gegenüber anderen fixed-wing Messplattformen. Rainer Herd führte im Vortrag aus, wie das Gesamtsystem seine Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit im Rahmen von diversen Projekten im In- und Ausland unter den verschiedensten Bedingungen unter Beweis stellen konnte. Nach einem 5-jährigen Einsatz in der Mongolei steht das Messsystem nun wieder für einen Einsatz in Deutschland und Europa zur Verfügung.

Norbert Rethmann (Rethmann SE & Co. KG): Recycling kritischer Rohstoffe in Deutschland

Deutschland ist als Industrienation auf eine sichere, dauerhafte und kostengünstige Rohstoffversorgung angewiesen. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Wohlstand hängen von der Verfügbarkeit von Rohstoffen ab.

Norbert Rethmann stellte zu Beginn seines Vortrags dar, dass jedoch viele unverzichtbare Rohstoffe in Deutschland und der EU kaum vorhanden sind. Je nach Rohstoff ist das Angebot häufig auf wenige Länder konzentriert. Die Versorgungslage ist aber nicht nur sehr fragil, sondern die natürlichen Rohstoffvorkommen der Erde sind auch begrenzt. Es ist absehbar, dass einzelne Rohstoffe, die heute noch als unverzichtbar gelten, schon in wenigen Jahrzehnten kaum noch verfügbar sein werden.

Durch innovatives Recycling von Rohstoffen ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für die deutsche Industrie. Wenn Rohstoffe einfach und sortenrein erfasst werden können, lassen sich enorme Potenziale für die Wiederverwendung erschließen. Und gleichzeitig zeigt sich, dass Recycling einer der wesentlichen Schlüssel zur industriellen Transformation in eine klimaneutrale Gesellschaft ist, da dadurch massive CO2-Einträge vermieden werden.

Die Unternehmensgruppe Rethmann gewinnt schon heute Rohstoffe in einem unglaublichen Volumen durch Recyclingprozesse zurück. Das Spektrum reicht von Papier, Plastik, Glas, Kompost, Gips und Phosphor bis hin zu Silber oder Gold. Im Lippewerk, dem größten Standort der Gruppe in Lünen, verlassen rund 70% des Inputs das Werk wieder als Produkt oder Rohstoff. Quasi als Nebeneffekt spart das Lippewerk durch Recycling und energetische Verwertung jährlich 488.000 Tonnen CO2 ein. Bei verschiedenen Fraktionen sind die Recyclingprozesse heutzutage gut organisiert – waren Elektrogeräte früher ein Fall für die Deponie, werden heute alle Haushaltsgeräte zu nahezu 100% stofflich recycelt. In anderen Bereichen wie zum Beispiel dem industriellen Recyceln von E-Autobatterien oder Solarzellen im großen Maßstab gibt es noch enorme Herausforderungen.

Hochschulen, Industriepartner und Designer sind hier gefordert, neue Technologien und Verfahren zu entwickeln. Eine erfolgreiche Umsetzung der Circular Economy ist nur durch enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und politischen Akteuren möglich. Innovative Recyclingstrategien, so führte Norbert Rethmann aus, tragen ihren Teil zu einer nachhaltigen Rohstoffversorgung in Deutschland bei und bieten ökologische Vorteile sowie wirtschaftliche Resilienz.

Axel Müller (Universität Oslo, MLS): Diversifikation der Rohstoffimporte Deutschlands am Beispiel Skandinaviens

In seinem Vortrag ging Axel Müller zunächst noch einmal auf das Inkrafttreten des Critical Raw Materials Act im Mai 2024 ein. Bis 2030 sollen demnach 10% der Rohstoffförderung, 40% der Weiterverarbeitung und 25% des Recyclings strategischer Rohstoffe in der EU durchgeführt werden. Außerdem sollen nicht mehr als 65% des Bedarfs eines Rohstoffs aus nur einem nicht-europäischen Land gedeckt werden. Letzteres Ziel soll durch die Diversifikation der Rohstoffimportländer erreicht werden. Deutschland importiert große Mengen kritischer Rohstoffe. Erze die mit mehr als 65% aus einem Land importiert werden, sind unter anderem Magnesium, Seltenerdmetalle und Wismut aus China, Niob-Tantal aus Thailand, Bauxit aus Guinea und Lithium aus Chile. Die Lieferketten werden oft über viele Jahre hinweg aufgebaut, jedoch mit teilweise unzureichender Diversität der Herkunftsländer. Das macht die Lieferketten anfällig für Änderungen der geopolitischen Situation. Die COVID-19-Pandemie und der russische Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 haben zu unerwarteten und abrupten Störungen der globalen Lieferketten geführt, von denen auch Deutschland betroffen ist. Deutschland als weltweit drittgrößter Importeur von Nickel, bezog bis 2022 etwa 40 bis 50% des benötigten Raffinadenickels aus Russland. Da Russland ein Exportverbot für Nickel in Betracht zog, war Deutschland gezwungen, seine Nickelimporte kurzfristig umzustellen. In diesem Fall konnte Norwegen einen Großteil der deutschen Importe decken und ist seit 2023 mit einem Anteil von 29% das bedeutendste Lieferland für Raffinadenickel. Die skandinavischen Länder Finnland, Schweden und Norwegen sind traditionelle Bergbauländer mit einem großen Lagerstättenpotenzial, insbesondere für kritische Rohstoffe. Aufgrund der Nähe zu Deutschland und der stabilen geopolitischen Lage sind sie attraktive Rohstoffpartner. Deutschland importiert seit vielen Jahren Konzentrate bzw. Zwischenprodukte kritischer Rohstoffe aus Skandinavien. Angesichts der sich momentan drastisch ändernden geopolitischen Situation, sollte eine stärkere Diversifikation der Rohstoffimportländer unter verstärkter Einbeziehung Skandinaviens angestrebt werden, selbst wenn keine Störungen bestehender Lieferketten offensichtlich sind.

Den 10 Vorträgen schlossen sich jeweils interessante und intensiv geführte Diskussionen an. Die hierbei aufgeworfenen Fragen betrafen u.a. die Umsetzungsschwierigkeiten für den Critical Raw Materials Act in Deutschland, die mit dem Bergbau verbundenen Erschließungs- und Umsetzungsprobleme sowie die grundsätzliche Rolle der Geo-Wissenschaften in der gesellschaftlichen Diskussion und bei der Politik-Beratung.

Es ist vorgesehen, die Vorträge im Laufe des Jahres 2025 in einem Band der „Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften“ zu publizieren. (https://leibnizsozietaet.de/publikationen/sitzungsberichte/). Die Bände 154, 159 und 163 zu den Vorgängerveranstaltungen 2022, 2023 und 2024 sind ebenfalls unter dieser Adresse oder über den trafo Wissenschaftsverlag Berlin zu erhalten.

Gerhard Pfaff, Christoph Hilgers, Reinhard O. Greiling, Axel Müller