Wissenschaftliche Sitzungen des Plenums der Leibniz-Sozietät im Jahre 2011
Nachfolgend werden die im Jahr 2011 stattgefundenen wissenschaftlichen Sitzungen im Plenum der Leibniz-Sozietät zusammen mit den Kurzreferaten und Angaben zu den C.V. der Vortragenden aufgelistet.
Die Namen der Autoren sind mit dem Autorenverzeichnis verlinkt und die einzelnen Beiträge, die bereits in einer Publikationsreihe der Leibniz-Sozietät erschienen sind, sind als PDF-Dateien unterlegt.
13. Januar 2011
Hans-Joachim Schellnhuber
Globaler Klimaschutz – eine unlösbare Aufgabe?
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 50; 01.03.11
27. Januar 2011
Lothar Kolditz
Deterministisches Chaos und Gesellschaft
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 50; 01.03.11
10. Februar 2011
Detlev H. Krüger
Gefährliche Infektionserreger – entstehen wirklich immer wieder Viren neu?
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 51; 01.06.11
Prof. Krüger (60) ist Mediziner und Molekularbiologe mit dem Schwerpunkt auf Virologie sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2010. Er hat in Berlin Humanmedizin studiert und danach ein Promotionsstudium (Forschungsstudium) absolviert. Seine wissenschaftliche Qualifikation auf dem Gebiet der Virologie und Molekulargenetik erwarb er in Berlin, Moskau, Basel und Baltimore/Maryland. Seit Ende 1989 ist er Leiter des Instituts für Medizinische Virologie (Helmut Ruska-Haus) der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte.
Seine Forschungsarbeiten beziehen sich vor allem auf neue, gefährliche Viren („emerging viruses“), aber auch auf die Reaktivierung und Pathogenese von Virusinfektionen in immunsupprimierten Patienten sowie auf die Wirkungsweise von bestimmten Eiweißen, die in der molekularen Genetik eingesetzt werden. Er hat als wissenschaftlicher Koordinator verschiedene multinationale, durch die Europäische Union geförderte Forschungsverbünde zu Infektionen mit Hepatitis- und Hantaviren geleitet und koordiniert gegenwärtig einen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Verbund mit Wissenschaftlern aus Afrika zur Erkennung neuer Viren auf diesem Kontinent.
Neue, gemeingefährliche Viren – wie HIV, Influenzaviren, Hantaviren oder Ebolaviren – und die von ihnen ausgelösten Erkrankungen erregen immer wieder öffentliche Aufmerksamkeit. Diesen Viren ist gemeinsam, dass sie erst vor kurzem vom Tier auf den Menschen übergegangen sind oder dies immer wieder neu tun. Im Sinne einer „one health“-Konzeption sind die Infektionsgeschehen in Tieren und im Menschen eng miteinander verbunden. „Neue“ menschliche Viren entstehen also in der Regel durch Einschleppung von Erregern aus dem Tierreich; sie lösen im Menschen Erkrankungen aus und machen sich so bemerkbar. Bestimmte tierische Viren können sich durch ihre genetische Veränderung schließlich voll an den Menschen adaptieren und zirkulieren dann in der Bevölkerung. Während Viren, die den Wirt wechseln, auch in Zukunft immer wieder zu neuen Problemen führen werden, lassen sich andere Erreger, die sich in einer langen Evolution ausschließlich an den Menschen als Wirt angepasst haben, besser bekämpfen und sogar ausrotten. Das beste Beispiel ist die Eradikation des menschlichen Pockenvirus, während für andere ausschließlich humanpathogene Viren – wie das Poliomyelitisvirus oder das Masernvirus – die Ausrottung noch aussteht.
10. März 2011
Hans-Otto Dill
Kultur vs. Zivilisation: Zu zwei anthropologischen Basisbegriffen
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 51; 01.06.11
Prof. Dill (75) ist Romanist – Spezialist für spanische, lateinamerikanische, karibische und französische Literatur – sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1995, in der er seit Januar 2009 die Wahlfunktion des Secretars der Sozial- und Geisteswissenschaftlichen Klasse ausübt. 1982-1991 hatte er eine Professur für Lateinamerikanische Literaturen an der Humboldt-Universität inne, 1989-90 eine Gastprofessur an der Georg-August-Universität Göttingen und anschließend eine ebensolche an der Universität Sao Paulo, Brasilien. Zu Gastvorlesungsreihen und Kurzdozenturen weilte er an Universitäten in Mexiko, Peru und Argentinien. Als Emeritus nahm er von 2002-2005 Lehraufträge an der Universität Hamburg wahr. Er hat ca. 200 Abhandlungen, meist in spanischer Sprache, in wissenschaftlichen Zeitschriften Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Italiens, Tschechiens, der USA und vieler Länder Lateinamerikas sowie ein halbes Dutzend Sammelbände (mit)herausgegeben.
1975 erhielt er den angesehenen lateinamerikanischen Literaturpreis Casa de las Américas für eine Monographie über den kubanischen Dichter José Martí. Er veröffentlichte 1994 wissenschaftliche Biographien der lateinamerikanischen Schriftsteller von García Márquez und Alejo Carpentier, 1999 in der Literaturgeschichten-Reihe bei Reclam (Stuttgart) seine „Geschichte der lateinamerikanischen Literatur im Überblick“, 2005 den Band „Zwischen Humboldt und Carpentier. Essays zur lateinamerikanischen Literatur“, 2006 „Dante criollo. Ensayos euro-latinoamericanos“, 2009 „Die lateinamerikanische Literatur in Deutschland, Bausteine zur Geschichte ihrer Rezeption“ sowie 2010 in Havanna „Lecturas criollas, Ensayos sobre literatura cubana“ („Kreolische Lektüren. Essays über kubanische Literatur“).
Kultur und Zivilisation sind zwei Basisbegriffe der Anthropologie und Kulturgeschichte, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Genesis der Referent am historischen Material nachgeht. Dill untersucht ihre Gemeinsamkeiten an der synonymen Verwendung und ihre antonymen Differenzen u. a. an Übersetzungen. Er verfolgt den unterschiedlichen Gebrauch an Hand von Vorläuferbegriffen in Antike und Mittelalter und analysiert die Differenzierung beider Termini im 19. Jahrhundert. Er geht auch den Gründen nach, warum in der Sekundärliteratur der Begriff „Kultur“ der deutschen, der Begriff „Zivilisation“ der angelsächsischen und romanischsprachigen Wissenschaftstradition zugeschrieben wird. Dill bringt ihren Aufstieg in der europäischen Geistesentwicklung in ursächlichen Zusammenhang sowohl mit der Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft als auch dem Entstehen des Kolonialismus und Eurozentrismus und fragt nach der Berechtigung des Gebrauchs dieser ambivalenten Begriffe in der globalisierten Welt von heute.
14. April 2011
Michael Thomas
Transformation – Konturen eines interdisziplinären Projektes
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 51; 01.06.11
Dr. Thomas (59) ist Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2009. Als promovierter Philosoph ist er seit Anfang der 1980er Jahre zudem in der soziologischen Forschung tätig. Themenfelder in den vergangenen Jahren waren Entwicklungsprozesse in der Transformation Ostdeutschlands, zum Teil in international vergleichender Perspektive: Die Herausbildung neuer wirtschaftlicher Existenzformen, regionale Entwicklungsprozesse, Prozesse eines sozialökologischen Wandels. Zu diesen Themen war er verantwortlich an zahlreichen Forschungsprojekten beteiligt, als Gastwissenschaftler an Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland tätig und hat entsprechende Publikationen vorgelegt. In jüngster Zeit war er Projektleiter im Rahmen eines Verbundprojektes von Sozialwissenschaftlern und Künstlern zu den Umbrüchen in Wittenberge, er koordiniert und begleitet eine Reihe von Gestaltungsprojekten. Er ist Mitglied der Humboldt-Stiftung.
Seit einigen Jahren ist in wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Darstellungen wieder stärker die Rede von Transformation, Transformationen. Häufig wird sogar von der oder von einer neuen „großen“ oder „zweiten“ Transformation gesprochen.
Demgegenüber schien Transformation bzw. schienen Transformationsprozesse Konzepte und Verläufe eines ganz bestimmten zeitlichen Kontextes zu betreffen. Bezeichnet wurden so die Übergangsprozesse der seit dem Ende der 1980er Jahre rasch zusammengebrochenen sozialistischen Staaten und Gesellschaften Mittel-, Ost- und Südosteuropas zu marktwirtschaftlichen Demokratien. Mit einem erreichten Stadium dieser Übergangsprozesse schien der Transformationsbegriff obsolet zu sein. Angesichts dieser Konstellation sollen im Vortrag die jeweiligen Begriffsbildungen auf ihren Verwendungszusammenhang abgeklopft und sollen Erklärungswert und Erklärungsgrenzen aufgezeigt werden. Gewarnt wird vor einer falschen Eindeutigkeit. Im Ergebnis lässt sich begründen, weshalb ein eher lockeres, weites und interdisziplinäres Konzept von Transformation eine sinnvolle Orientierung für die anstehenden globalen Herausforderungen sein kann.
12. Mai 2011
Jürgen Dorbritz
Demographische Alterung in Deutschland – Herausforderungen und Chancen Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 52; 15.07.11
9. Juni 2011
Stephan Tanneberger
Krebs im 21. Jahrhundert: Eine Herausforderung nicht nur für die Medizin
Berlin, Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Otto-Suhr-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 52; 15.07.11
Prof. Tanneberger (75) wurde 1981 zum Korrespondierenden, 1989 zum Ordentlichen Mitglied der 1700 von Leibniz in Berlin begründeten Gelehrtengesellschaft gewählt, der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.
Er absolvierte ein Studium der Chemie und der Humanmedizin, das er 1961 mit einer naturwissenschaftlichen sowie drei Jahre später mit einer medizinischen Promotion abschloss. 1974 wurde er zum Professor für klinische und experimentelle Tumorbiologie sowie ein Jahr später zum Direktor des Zentralinstituts für Krebsforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR ernannt. Er leitete das Institut sowie das nationale Krebsforschungs- und Krebsbekämpfungsprogramm der DDR bis Januar 1990. Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wirkte er als Onkologe im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in verschiedenen Entwicklungsländern, unter anderem in Bangladesch, Indien, Nordkorea und Albanien. 1993 übernahm er eine leitende Position bei der italienischen Associazione Nazionale Tumori (ANT), deren Aktivitäten vor allem die palliativmedizinische Betreuung von Krebspatienten in ihrer häuslichen Umgebung umfassen. Ein Jahr später wurde er zum Generalsekretär von ANT International und 2000 zum wissenschaftlichen Direktor des Instituts ANT berufen. Gleichzeitig ist er seit 1993 Professor mit Lehrauftrag an der Universität Bologna. 2005 übernahm er die Leitung des Black-Sea-Programms der European School of Oncology. 2008 kam dazu der Bereich der Euro-Arab School of Oncology. Über seine Erfahrungen mit der Behandlung unheilbar erkrankter Krebspatienten hat er mehrere Bücher verfasst.
Neben seinem medizinischen Wirken ist Stephan Tanneberger im Bereich der Friedensarbeit aktiv. Im Jahr 2005 rief er die Stiftung „Zentrum für Friedensarbeit – Otto Lilienthal – Hansestadt Anklam“ ins Leben. Das Fazit der Arbeit in den verschiedensten Ländern der Erde hat er in dem 2010 erschienenem Buch „Notlandung“ niedergelegt, das er im Anschluss an seinen Vortrag vorstellen wird.
Das Krebsproblem ist unverändert eine der großen Herausforderungen der Medizin, und das wird sicher auch so bleiben. In den Industrieländern wird der demografische Wandel infolge wachsendem, alterbedingten Krebsrisiko dazu führen, dass erreichte Fortschritte der Behandlung nicht zu einer Senkung der Sterblichkeit an Krebs führen. Krebs wird zunehmend eine natürliche Todesursache. Dazu tragen aber auch die Defizite der Krebsprävention in jeder hochentwickelten Konsumgesellschaft bei. Entscheidend wird das Krebsproblem aber im 21. Jh. von der Situation in den Entwicklungsländern bestimmt. Dort wird eine Verdopplung der Krebssterblichkeit bis 2020 erwartet. Die Gründe dafür sind leicht erkennbar: Mangelernährung, Krankheitsrisiken am Arbeitsplatz, chronische Infektionen und niedriger Bildungsgrad lassen einen Anstieg der Krebstodesfälle von jetzt 4 Millionen auf ca. 8 Millionen im Jahr 2020 erwarten. Auch im Bereich Krebstherapie wird die Situation deutlich vom gesellschaftlichen Umfeld beeinflusst. In den Industrieländern führt teilweise Übertherapie zu einer Kostenexplosion, vor allem im Bereich der medikamentösen Krebstherapie. Dazu kommt, dass der begrüßenswerte Fortschritt in der molekularen Tumorbiologie enorme Kosten bei der Medikamentenentwicklung nach sich zieht, die nur durch hohe Preise kompensiert werden können. In den Entwicklungsländern erhält nur jeder Hundertste eine solche Therapie, wie sie in den Industrieländern üblich ist. Große Anstrengungen werden gegenwärtig in der palliativen Tumorbehandlung gemacht. Dies ist notwendig, da die Patienten in den Industrieländern immer älter werden und in den Entwicklungsländern oft keine Möglichkeiten zu kurativer Therapie vorhanden sind.
8. September 2011
Jörg Vienken
Gesundheitswesen und Medizintechnik: Symbiose oder Kontrapunkt?
Berlin, Institut für Psychologie der HUB, Rudower Chaussee 18, Raum 3-208 Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 54; 15.03.12
Prof. Vienken (62) ist Biomediziner und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2000. Nach dem Studium der chemischen Verfahrenstechnik (Dipl. Ing.) an der TU Darmstadt und der Promotion in Biophysik (Dr. Ing.) an der RWTH Aachen arbeitete er in Forschung und Lehre am Institut für Biotechnologie der Universität Würzburg. 1985 – 1996 leitete er die Science Services bei ENKA/Akzo Nobel in Wuppertal; seit 1996 ist er Vice President BioSciences bei Fresenius Medical Care in Bad Homburg. Lehraufträge zu Biomaterialien und Medizintechnik nahm er wahr an der RWTH Aachen, den TUs Ilmenau und Hannover, der privaten Universität Fresenius in Idstein, der Donau-Universität Krems / Österreich und der Universität Bologna/Italien. Mehr als 250 wissenschaftliche Publikationen und Buchbeiträge entstammen seiner Feder. Er ist außerdem Präsident der „International Federation of Artificial Organs (IFAO)“, Mitglied des Vorstands der Europäischen Gesellschaft für Künstliche Organe (ESAO) und Vorstandsvorsitzender des Verbands der Biotechnologie-Unternehmen Deutschlands (VBU).
„Volkswirtschaften leben von langfristigen Fortschritten bei den Neuerungen, die durch innovative Basis-Erfindungen“ gelegt wurden.“ Gilt diese These von Nikolai Kondratieff (1892-1938) auch heute noch? Keiner bestreitet mehr die sattsam bekannten Veränderungen in der Demographie. Aber denken wir auch daran, dass die individuelle Situation des älteren Menschen nicht nur eine personenbezogene Medikamententherapie, sondern auch eine personalisierte Medizintechnik erfordert? Und diese besonders unter dem Aspekt der „pflegebedürftigen Pflege“ (FAZ vom 13.07.2007)! Die moderne Medizintechnik hat diesen Auftrag im Rahmen ihrer Anstrengungen für Forschung & Entwicklung angenommen. Es gilt die Bewahrung von Leben und Lebensqualität bei gleichzeitiger Senkung krankheitsbedingter sozialer Kosten zu ermöglichen. Im Vortrag soll die These diskutiert werden, dass dies durch technische Innovation und durch Steigerung der Effizienz von Therapieverfahren und der Versorgung, besonders von chronisch kranken Patienten, zu erreichen ist.
13. Oktober 2011
Dieter B. Herrmann
Neues zum Sonnenstein der Inkas in Machu Picchu (Wissenschaftliche Mitteilung)
Berlin, Rathaus Tiergarten, Mathilde-Jacob-Platz 1, BVV-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 53; 15.01.12
Helmut Moritz (Graz)
Über G. Chaitin – von Metamathematik zur Metabiologie (Ein Beitrag zur Wirkung Leibnizscher Ideen)
Berlin, Rathaus Tiergarten, Mathilde-Jacob-Platz 1, BVV-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 54; 15.03.12
Prof. Moritz (77) ist Geophysiker und Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät. Nach Studium und Promotion (1959) an der Technischen Hochschule Graz (THG) arbeitete er beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Graz, an der Ohio State University, der Technischen Hochschule Hannover und der Technischen Universität Berlin, bis er 1971 als Professor für Physikalische Geodäsie an die Technische Universität Graz (TUG) berufen wurde.
Helmut Moritz ist Mitglied der Amerikanischen Geophysikalischen Union, der Deutschen Geodätischen Union (Präsident 1965-1967) und der Österreichischen Geodätischen Kommission (Präsident 1986-1996). Seine Tätigkeit in der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG) begann 1967; 1991 – 1995 war er ihr Präsident. In der Periode 1993 – 1996 war er Mitglied des Executive Board des International Council of Scientific Unions (ICSU). Folgenden Akademien der Wissenschaften gehört er an: Finnland, Lincei/Italien, Österreich, Ungarn, Schweden (Ingenieurwissenschaften), Spanien, Leopoldina (Halle), Polen, Academia Europaea, Kroatien, China, Jugoslawien (Ingenieurwissenschaften). Der Kleinplanet (Asteroid) 29250 wurde nach Helmut Moritz benannt.
Im Gegensatz zur Physik, die seit Newton wesentlich und unzertrennlich mit der Mathematik verbunden ist (eben durch die Differentialrechnung von Leibniz und Newton), ist die Biologie bisher nicht so selbstverständlich und durchgehend mathematisiert. Gregory Chaitin (New York) versucht seit 2009 eine wesenhafte und durchgehende axiomatische Mathematisierung der Evolution. Dies geschieht allerdings nicht durch die herkömmliche Mathematik, sondern durch die Metamathematik, wie sie von Russell, Hilbert, Gödel und Turing entwickelt wurde. Letzterer hat auf einen wesentlichen Zusammenhang mit der Computertheorie hingewiesen. Auf Grund der vom russischen Mathematiker Kolmogorow sowie von Chaitin u.a. entwickelten algorithmischen Informationstheorie ergibt das die Chaitinsche Auffassung, dass die Theorie der binären Folgen mit dem „Alphabet“ (0, 1), wie sie für die Computer-Theorie grundlegend ist, ein sehr vereinfachtes, aber umfassendes und tief liegendes „Spielzeugmodell“ (toy model) für die biologische DNA und ihre Evolution darstellt.
10. November 2011
Wolfgang Weiß (Greifswald):
Demographie zwischen theoretischem Anspruch, Institutionalisierung und gefälligem Missbrauch
Berlin, Rathaus Tiergarten, Mathilde-Jacob-Platz 1, BVV-Saal
Dr. Weiß (56) ist Geograph und Demograph sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2004. Nach dem Studium der Pädagogik, Mathematik und Geographie in Greifswald wurde er ebendort 1984 mit einer methodologischen Arbeit zur Bevölkerungsprognose promoviert und habilitierte sich 1989 mit einem regional-demographischen Thema zur Entwicklung ländlicher Räume.
Sein beruflicher Werdegang war bereits in den 1980er Jahren durch offiziell fachlich begründete Restriktionen geprägt, die zwar seit 1990 eine andere Farbe und haben, ihm aber letztlich bis heute die Etablierung in klassischen Wissenschaftsstrukturen verwehrten. Dr. Weiß lehrt und forscht am Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald und tritt seit Jahren in der Literatur immer wieder mit Versuchen zur Weiterentwicklung des Faches in Erscheinung. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Verknüpfung von Theorie und Praxis in der Angewandten Geographie sowie in der Raumordnung und Landesplanung. Im Mittelpunkt stehen u.a. selektive Migrationsprozesse, insbesondere die überproportionale Abwanderung junger Frauen aus dem Osten Deutschlands, die Herausbildung einer Residualbevölkerung mit Abwanderungsgedanken sowie die Rückkopplung von Wanderungsprozessen auf die Entwicklung von Fazilität und Mortalität.
Er ist korrespondierendes Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung sowie Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Demographie.
Die Dynamik des globalen Bevölkerungswachstums hält seit einigen Jahrzehnten unvermindert an. Gleichzeitig „leiden“ hochentwickelte Industriestaaten unter Stagnation oder sogar Rückgang der Bevölkerungszahlen. In diesem Spannungsgefüge ist die Sinnfrage der Demographie neu zu formulieren.
Zugleich wird das Fach seit Jahrzehnten immer wieder zur Beantwortung fachfremder Fragen und zur Lösung von Aufgaben herangezogen, die mit dem Anspruch der Demographie als Wissenschaft zumeist nur wenig zu tun haben. Daran ändert auch nichts, dass es immer wieder Demographen gab und gibt, die sich entweder in fachexterne Konstrukte einbinden ließen oder sogar wegen ihres Kenntnisvorsprungs den Anspruch haben, diese selbst befördern zu müssen. Die materiellen Beziehungen der Wissenschaft spielen dabei eine nicht geringe Rolle.
Eine spezielle Bedeutung bekommt dieses Abhängigkeitsgefüge, wenn demographische Fragen durch die Politik aufgegriffen werden. Waren es in der Vergangenheit vielfach Themen, die sich z.B. aus einem nationalistischen Anspruch ergaben, so ist heute der demographische Wandel eine Herausforderung, die von allen politischen Akteuren zumindest in Teilbereichen spezielle Antworten verlangt. Die demographische Entwicklung gehört damit gemeinsam mit dem Klimawandel und anderen Umweltthemen sowie dem absehbaren Ende des billigen Erdöls zu den existentiellen Aufgaben im globalen Maßstab.
08. Dezember 2011
Wissenschaftliche Konferenz:
Sprache zwischen Kommunikation, Ideologie und Kultur – Die Aktualität von Victor Klemperers LTI (1947) damals und heute
Berlin, Rathaus Tiergarten, Mathilde-Jacob-Platz 1, BVV-Saal
Mit Beiträgen von Prof. Dr. Johannes Klare (Berlin), Prof. Dr. Ruth Reiher (Berlin), Prof. Dr. Rosemarie Gläser (Dresden), Prof. Dr. Horst Heintze (Schnepfenthal/Thüringen), Prof. Dr. Klaus Bochmann (Leipzig), Walter Nowojski und Prof. Dr. Hans-Otto Dill (Berlin)