Veranstaltungsankündigung – Mitteilung aus dem Arbeitskreis GeoMUWA

Gedenken an Sigmund Jähn (1937-2019) und Ernst August Lauter (1920-1984)

Vorbereitet wird ein wissenschaftliches Kolloquium mit dem Titel

„Zur Kopplung von Erde- und Weltraumwetter“.

Es findet statt am 12. Februar 2021, von 10 bis 16 Uhr, auf dem Telegraphenberg in Potsdam im Vortragssaal A45 Südturm S101 des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Verantwortlich seitens der Leibniz-Sozietät sind Klaus Dethloff (klaus.dethloff@awi.de) und Dietrich Spänkuch (dietrichspaenkuch@web.de).

Programm (Stand 15.09.2020) Download hier


Dr. Sigmund Jähn

Am 21.09.2020 jährt sich zum ersten Mal der Todestag von Dr. Sigmund Jähn, Forschungskosmonaut a. D. Er wurde im Januar 2011 zum Ehrenmitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. gewählt. Der Verein hat sich seitdem unter seiner aktiven Mitwirkung mehrfach mit Fragen der bemannten Weltraumfahrt befasst, und zwar als Teil der Weltraumforschung.

Die Leistung, die Sigmund Jähn weltberühmt gemacht hat, ist seine Mitwirkung an der Weltraummission „UdSSR-DDR“ im Jahre 1978 an Bord des sowjetischen Raumfahrtkomplexes, bestehend aus der Orbitalstation „Saljut 6“ und den beiden Zubringerraumschiffen vom Typ „Sojus“. Das große Ziel: die Erweiterung des Lebensraumes der Menschheit in den erdnahen Weltraum, das heißt über die Erdatmosphäre, speziell die Ionosphäre hinaus, die für Radiokurzwellen undurchdringlich ist. Sigmund Jähn kann noch zu den Pionieren der internationalen bemannten Weltraumfahrt gezählt werden. Zugleich zählt er schon zu den Weltraumfahrern, die im Weltraum wissenschaftlich arbeiten und in-situ-Messungen durchführen.

Die bemannte Weltraumfahrt hatte 17 Jahre zuvor mit dem Flug von Jurij Gagarin am 12.04. 1961 an Bord des sowjetischen Raumschiffes „Vostok 1“ begonnen. Im Weltraum gilt das Völkerrecht. Jähn war seinerzeit Bürger der DDR, des fünften Staates mit Bürgern im Weltraum – nach der UdSSR und den USA und nach der CSSR und der VR Polen. Die DDR war seit September 1973 Mitglied der UNO. Die Weltraummission „UdSSR-DDR“ erfolgte im Rahmen des Programms „Interkosmos“, das von der UdSSR seit 1965 angeboten wurde.

Im vereinten Deutschland wirkte Dr. Jähn noch lange Zeit als Berater des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt.

Das Zeitalter der Weltraumfahrt hatte bereits vier Jahre früher begonnen, mit dem Start des sowjetischen Satelliten „Sputnik 1“ am 04.10.1957. Das war noch ein einfacher Satellit für Forschungsaufgaben, er verglühte am 04.01.1958; die Trägerrakete war eine militärische Interkontinentalrakete. Die Genehmigung für Bau und Start von „Sputnik 1“ war von der sowjetischen Staatsführung erst Ende 1956 erteilt worden. Es wurde der wirkungsvollste Beitrag der UdSSR-Wissenschaft zum Internationalen Geophysikalischen Jahr, das am 01.07.1957 begann und bis zum 31.12.1958 lief.

Die Weltraumforschung, gestützt auf die Mittel der Weltraumfahrt, ist vor allem auf die Erde ausgerichtet. Es eröffneten sich viele neue Möglichkeiten, allerdings mit gewaltigen technologischen Herausforderungen. Viele Fragestellungen waren aus den jahrzehntelangen Untersuchungen mit klassischen Methoden aber bereits bekannt. Die Anforderungen an die Leistungskraft der Akteure der Weltraumforschung sind gewaltig. Jedoch gelang es bald, auch kleineren Staaten in internationaler Zusammenarbeit Möglichkeiten zur Mitwirkung zu bieten.

Die erste (bereits konstituierende) Beratung zum „Programm der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Erforschung und Nutzung des Kosmos für friedliche Zwecke“ (Interkosmos) fand im November 1965 in Moskau statt. Bereits mit Beginn der 1970er Jahre wurde das Programm wesentlich erweitert, um Arbeiten auf dem Gebiet der Fernerkundung der Erde mit aerokosmischen Mitteln zu bündeln und die Mitwirkung an der bemannten Weltraumfahrt und schließlich auch der Mitwirkung an Planetenmissionen zu ermöglichen.

 

Prof. Dr. Ernst August Lauter

Am 01.12.2020 wird die Leibniz-Sozietät Leben und Werk von Prof. Dr. Ernst August Lauter anlässlich seines 100. Geburtstages würdigen. Er starb nach schwerer Krankheit am 21.10.1984. Lauter wurde im Juni 1964 vom Plenum der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zum Ordentlichen Mitglied der Akademie gewählt. Sein Fachgebiet war die Solar-terrestrische Physik mit dem Kern Ionosphärenphysik und Ausbreitung von Funkwellen.OM Lauter diente der DAW in der Wahlperiode 1968 bis 1972 als Generalsekretär (zuständig für die internationalen Beziehungen) und Stellvertreter des Präsidenten. In dieser Zeit wurde aus der DAW die nationale Akademie der Wissenschaften der DDR mit klarer Unterscheidung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsakademie. Mit seiner Wahl war die Erwartung verbunden, dass er entscheidend dazu beitragen könnte, entsprechend dem internationalen Trend die Weltraumwissenschaften in der Akademie zu einem der tragenden Wissenschaftsgebiete zu machen. Die Erwartung war durch seine herausragende Rolle im Internationalen Geophysikalischen Jahr und daran anschließend wohlbegründet. 1968 erhielt er den Nationalpreis der DDR für Wissenschaft und Technik II. Klasse “für die Ergebnisse seiner Untersuchungen der tiefen Ionosphäre und Exosphäre und seinen Anteil an der Entwicklung indirekter Messmethoden für die Wellenausbreitung und langfristige Wettervorhersage”. Lauter ist der Erwartung weitgehend gerecht geworden. 1965 war er die treibende Kraft für die Beteiligung am Programm „Interkosmos“.

Auf Druck des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR wurde E. A. Lauter 1972 nicht wieder zum Generalsekretär der AdW der DDR bestellt, musste ab 1974 alle Funktionen in nationalen und internationalen Organisationen aufgeben und wurde 1976 auch von seiner Funktion als Direktor des Zentralinstituts für Solar-Terrestrische Physik der Akademie der Wissenschaften der DDR entbunden. Diese politische Demontage eines international anerkannten Wissenschaftlers in der Vorbereitungsphase des von ihm vorgeschlagenen SESAME (Structure and Energetic of the Strato- and Mesosphere) Projektes, aus dem in der Folge das herausragende internationale Middle-Atmosphere Programm MAP hervorging, verbitterte Lauters letzte Jahre, zumal er gezwungen wurde, die Rücktritte aus internationalen Funktionen als persönliche Entscheidungen zu deklarieren. Seine weitsichtigen Ideen zur Kopplung der Tropo-, Strato-, Meso- und Thermosphäre beeinflussen bis heute die aktuelle Forschung auf diesem Gebiet.

In der Leibniz-Sozietät wird sein Vermächtnis durch den Arbeitskreis Geo-, Montan-, Umwelt-, Weltraum- und Astrowissenschaften gepflegt.

(Heinz Kautzleben, Klaus Dethloff, 10.09.2020)