Bericht über das Kolloquium zum Gedenken an Helmut Moritz (MLS) zugleich Auswertung der 28. Generalversammlung der IUGG

Bericht über das Kolloquium zum Gedenken der Leibniz-Sozietät an ihr Mitglied Helmut Moritz verbunden mit einer ersten Auswertung der 28. Generalversammlung der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik

Das Kolloquium fand am 2. November 2023 von 13.00 bis 16.00 als Zoom-Konferenz statt, organisiert vom GFZ Potsdam. Die Verbindung von Gedenken an unser verdientes Mitglied Helmut Moritz, der vor über einem Jahr am 21.10.2022 verstorben war und am 01.11. 2023 90 Jahre alt geworden wäre, mit der Generalversammlung der International Union of Geodesy and Geophysics (IUGG)  ist keinesfalls willkürlich, war doch Helmut Moritz zunächst von 1979 bis 1983 als Präsident der International Association of Geodesy (IAG), eine der acht Assoziationen der IUGG, und als Präsident der IUGG von 1991 bis 1995 aktiv in die wissenschaftsorganisatorische Arbeit der IUGG eingebunden.

Die Zoom-Konferenz wurde von Harald Schuh eröffnet, dem auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich für die Organisation der Konferenz gedankt sei. Er unterstrich, wie auch alle folgenden Redner die herausragende Rolle, die Helmut Moritz als Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisator internationalen Rangs gespielt hatte.

Helmut Moritz wurde als Persönlichkeit, Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisator im Vortrag von Heinz Kautzleben „Helmut Moritz – der Wissenschaftsdiplomat (Erinnerungen eines Zeitzeugen)“ umfassend gewürdigt. Im dreiteiligen Referat wurden unter Bezug der historischen Gegebenheiten sein Leben, die IUGG und ihre Beziehungen zu Österreich, dem Heimatland von Helmut Moritz, und Deutschland sowie die persönlichen Beziehungen des Vortragenden zu Helmut Moritz beschrieben. Es waren diese Beziehungen, die während der seit 1970 periodisch abgehaltenen Internationalen Symposien zur Thematik „Geodäsie und Physik der Erde“ des Zentralinstituts zur Physik der Erde (ZIPE) der ADW der DDR begannen, die Helmut Moritz letztendlich zur Leibniz-Sozietät führten. Der Beitrag kann über diesen Link eingesehen werden.

Harald Schuh, Vorsitzender des Lokalen Organisationskomitees für die 28. Generalversammlung der IUGG, gab einen Überblick über den Verlauf der 28. GV, die seit 40 Jahren erstmals wieder in der Bundesrepublik veranstaltet wurde. Die Vorbereitung der GV war angesichts der Folgen der Coronapandemie nicht ohne Risiko, dass finanziell versicherungstechnisch nicht abgesichert werden konnte; das gesamte finanzielle Risiko lag somit bei den Veranstaltern (GFZ und IUGG). Auch wenn noch keine vollständige Endabrechnung vorliegt, ist die GV wahrscheinlich mit einer „schwarzen Null“ abgeschlossen worden. Insgesamt waren mehr als 5000 Teilnehmer registriert. Die Veranstaltung fand im CityCube Berlin statt, das mit seiner Lage nahe zweier S-Bahnhöfe und seinen Räumlichkeiten bestens geeignet war, mussten doch teilweise bis zu 28 entsprechende Räume für parallel ablaufende Veranstaltungen von Symposien und Ausschusssitzungen bereitgehalten werden. Insgesamt fanden 198 Symposien, 1330 Postervorträge und 138 Gremiensitzungen statt. Die 28. GV war ein großer Erfolg und gab zahlreiche Impulse. Anschließend berichtete Dietrich Spänkuch über die Präsentation der Leibniz-Sozietät auf der 28. GV. Die Leibniz-Sozietät war eine von mehr als 30 Ausstellern, unter ihnen solch namhafte Vertreter wie die NASA und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die sich in einer großen Halle den Teilnehmern vorstellten. Unsere Präsentation war in mehreren Online-Runden von Jürgen Müller, Heinz Kautzleben, Gerhard Pfaff, Harald Schuh und dem Berichterstatter inhaltlich und technisch sorgfältig vorbereitet worden. Dabei kam es darauf an, nicht nur eine allgemeine Charakteristik der Leibniz-Sozietät zu geben, sondern vor allem die Bezüge zu den in der IUGG vertretenen Fachrichtungen in Vergangenheit und Gegenwart aufzuzeigen und auf geplante Projekte aufmerksam zu machen. Die Präsentation wurde als Powerpoint-Präsentation in einer Endlosschleife gezeigt.

Thomas Plenefisch (BGR Hannover), Sekretär des Nationalen Komitees für Geodäsie und Geophysik der Bundesrepublik Deutschland, das die Bundesrepublik in der IUGG vertritt, stellte in seinem gemeinsam mit Jürgen Müller ausgearbeiteten Beitrag „Wissenschaftliche Forschung und Highlights der Assoziationen im NKGG mit Bericht über die IUGG 2023 in Berlin“ zunächst das NKGG (https://www.nkgg.de/) vor. In der Leitung des NKGG sind neben dem Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und Sekretär je ein Sprecher der in der IUGG vertretenen 8 Assoziationen der jeweiligen Wissenschaftsdisziplinen und je ein Repräsentant der 8 Trägervereinigungen vertreten. Er zeigte, dass die Bewerbung für die Ausrichtung der 28. IUGG GV ein langer Weg war, der erst auf der 27. GV in Montreal für Deutschland entschieden war. Schwerpunkt der Ausführungen waren die in den letzten Jahren erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse wie die Durchführung der bisher größten und umfangreichsten Arktisexpedition MOSAiC (Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate (MOSAiC), bei dem das deutsche Forschungsschiff Polarstern eine tragende Rolle spielte, die Rekonstruktion der Tiefendynamik der Erde über geologische Zeiträume, einem Schwerpunktprogramm der DFG, großräumige seismische Messprogramme in den Alpen (AlpArray), der Eifel und der Adria (AdriaArray) und Bohrungen an aktiven isländischen Vulkanen.

Zum Abschluss referierte Jürgen Müller über Nutzen neuartiger Sensoren und Quanten-Technologie für die Geodäsie. Die GRACE Follow-On Mission, die 2018 dem GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment) nachfolgte, zeigte, dass durch Laserinterferometrie die Abstandsmessungen gegenüber den bisher eingesetzten Mikrowelleninterferometern um Größenordnungen verbessert wird. Dennoch werden für viele geophysikalische Anwendungen weitere Verbesserungen notwendig, die mittels Atominterferometrie, bei der fallende Atome zur Schwerkraftmessung benutzt werden, und präziser, mit Glasfasern verbundener Atomuhren erzielt werden sollen. Letztere können unter Ausnutzung der Relativitätstheorie Gangratenunterschiede zwischen Uhren als Folge von Änderungen des Schwerepotenzials mit einer Genauigkeit messen, die Höhenänderungen von wenigen Zentimetern entsprechen. Die neuen Verfahren sind sowohl in der Satelliten- als auch terrestrischen Geodäsie einsetzbar.

Literatur

Jürgen Müller und Manuel Schilling: Neue Messmethoden für die gravimetrische Erdbeobachtung. Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement (zfv) 146, (2021), 280-289, DOI 10.12902/zfv-0368-2021

D. Spänkuch