Wissenschaftliche Sitzungen des Plenums der Leibniz-Sozietät im Jahre 2003

Nachfolgend werden die im Jahr 2003 stattgefundenen wissenschaftlichen Sitzungen im Plenum der Leibniz-Sozietät zusammen mit den Kurzreferaten und Angaben zu den C.V. der Vortragenden aufgelistet.
Die Namen der Autoren sind mit dem Autorenverzeichnis verlinkt und die einzelnen Beiträge, die bereits in einer Publikationsreihe der Leibniz-Sozietät erschienen sind, sind als PDF-Dateien unterlegt.

16. Januar 2003

Armin Jähne
“Dass solche Geschichtsschreibung noch nicht dagewesen …”; Theodor Mommsens ‚Römische Geschichte‘
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 17, 05.04.03 

Prof. Jähne (61)ist Historiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2001.

Am 1. Oktober 1850 unterzeichnete Mommsen den Verlagsvertrag für die “Römische Geschichte”. Der erste Band erschien im Juni 1854, der zweite und dritte folgten im Dezember 1855 bzw. im Frühjahr 1856. Alle drei Bände bilden eine Einheit und behandeln die Geschichte der römischen Republik. Der fünfte Band, der 1885 in die Buchläden kam, steht abseits und bil¬det eine eigenständige Monographie zur Geschichte der römischen Provinzen. Die Geschichte der römischen Kaiser, obwohl ursprünglich beabsichtigt, ist von Mommsen nie geschrieben worden, so dass zwischen den Bänden 3 und 5 eine Lücke klafft. Unter dem Eindruck der Zeit¬verhältnisse entstand ein stark vergegenwärtigendes Geschichtswerk, das den Abstand zur fer¬nen römischen Wirklichkeit merklich schmelzen ließ. Es wurde zu einem klassischen Werk der europäischen Geschichtsschreibung und 1902 mit dem Nobelpreis für Literatur gewürdigt.

 

Reimar Müller
Theodor Mommsen und die altertumswissenschaftliche Forschung der Berliner Akademie
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 17, 05.04.03 

Prof. Müller (70) ist Altertumswissenschaftler im Bereich der Kulturgeschichte und der antiken Literatur und Philosophie sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1993. Spezialgebiete seiner Forschung sind die hellenistisch-römische Philosophie (Epikur, Lukrez, Cicero), die antike Sozial- und Rechtsphilosophie, Menschenbild und Humanismus der Antike sowie die Rezeption der antiken Philosophie vom 18. Jh. bis in die Gegenwart. Er hat u.v.a. eine Kulturgeschichte der An¬tike in zwei Bänden sowie ein Werk über Rousseaus frühe Schriften und die antike Tradition publiziert.

Theodor Mommsen war eine herausragende Gestalt der deutschen Wissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. An der Berliner Akademie, zu deren Ordentlichem Mitglied er 1858 gewählt wurde, verlieh er der altertumswissenschaftlichen Forschung und darüber hinaus den hi-storischen Wissenschaften im ganzen entscheidende Impulse als Gelehrter und Wissenschafts-organisator. Als Initiator und Mitbegründer wesentlicher Unternehmen der Grundlagenforschung wie des Corpus der lateinischen Inschriften (CIL), der Prosopographie des römischen Reiches (PIR), der Münzsammlung (Griechisches Münzwerk) und der Griechischen Christlichen Schrift¬steller (GCS) führte er den wissenschaftlichen „Großbetrieb“ in die Akademieforschung ein und gab wesentliche Anstöße für die Organisation der deutschen Forschung (Römisch-Germanische Kommision, Reichslimeskommision) und der internationalen Wissenschaftskooperation (Interna-tionale Assoziation der Akademien).

Dr. Hermann Klenner (Berlin)
Der Jurist Mommsen
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 17, 05.04.03

Prof. Klenner (77) ist Rechtsphilosoph und -historiker sowie Gründungsmitglied der Leibniz-So-zietät. Er ist außerdem Mitglied der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphiloso¬phie, der Spinoza-, der Hegel- und der Feuerbach-Gesellschaft; Herausgeber der “Schriftenreihe zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung”; Mitglied des Herausgeberkreises der “Inter-nationalen Studien zu Recht und Staat”, des Internationalen Beirates der Zeitschriften “Ratio Ju¬ris” und “Topos” sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Marx/Engels-Gesamtausgabe (MEGA).

Mommsen (1817-1903), seit 1853 Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften, von 1874-1895 Sekretar der Philosophisch-historischen Klasse dieser Akademie, hat als Autor einer “Römischen Geschichte” (1854-1856, 1885) den Nobel-Preis für Literatur des Jahres 1902 erhal¬ten und als Epigraphiker, Philologe, Historiker und Numismatiker Ruhm geerntet. Aber der stu¬dierte und promovierte Jurist hat auch in der Rechtswissenschaft Bleibendes hinterlassen. Sein dreibändiges “Römisches Staatsrecht” (1871-1888) wurde zutreffend als eine creatio ex nihilo be-zeichnet. Sein tausendseitiges “Römisches Strafrecht” (1899) ist ungeachtet berechtigter Kritik bis heute nicht überholt. Seine grundlegende Neuausgabe der folgenreichsten Kodifikation der Weltgeschichte des Rechts, der in fünfzig Bücher gegliederten “Digesta Iustiniani Augusti” (1868-1870), bietet den bis heute maßgeblichen Text.
Auch als homo politicus hat Mommsen gewirkt: Von der Juristenfakultät der Universität Leipzig wurde er wegen seiner Revolutionsteilnahme 1848/49 abgewickelt; er ist Autor einer anonym pu-blizierten Flugschrift: “Die Grundrechte des deutschen Volkes” (1849)- er war Mitbegründer der Deutschen Fortschrittspartei, 1873-1879 Mitglied des Preußischen Landtags, 1881-1884 des Reichstags (linker Flügel der Nationalliberalen) und ein entschiedener Gegner Bismarcks sowie des Antisemitismus und der konfessionellen Professuren.

 

20. Februar 2003:

Kurt Pätzoldt
Die Stalingrader Schlacht und ihre Wirkungen in die deutsche Gesellschaft Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 17, 05.04.03 

Prof. Pätzold (72) ist Historiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Schon 1973 hatte er sich in seiner Dissertation mit „Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich“ ausein-andergesetzt – einem Gegenstand, der in der DDR bis zu Stalins Tod nicht behandelt wurde. Von der Humboldt-Universität 1992 entlassen, verfasste er zusammen mit dem Historiker Manfred Weißbecker eine Hitler-Biographie sowie das Buch „Rudolf Hess. Der Mann an Hitlers Seite“.

„Es gärt im deutschen Volk“, lautete eine Feststellung im letzten Flugblatt der Münchener Wider-standgruppe „Weiße Rose“, das zwei Wochen nach der Bekanntgabe des „Endes der Stalingrader Schlacht“ durch eine Sondermeldung der Wehrmacht verbreitet wurde. Auch in internen Doku-menten der zivilen und militärischen Machthaber war von einer „politischen und psychischen Krise“, einer „Vertrauenskrise“, selbst von eine „Führerkrise“ die Rede, die als Folge jenes Schocks sich entwickelt habe, den die Gewissheit der vernichtenden Niederlage in der Schlacht zwischen Wolga und Don auslöste.
Wie lässt sich nach Jahrzehnten historiographischer Forschungen die innenpolitische Situation im Reich Anfang 1943 charakterisieren? Wie gelang nicht nur die Stabilisierung des Systems, son¬dern noch einmal eine Steigerung der Kriegs-, insbesondere der Rüstungsanstrengungen unter der Losung des „Totalen Krieges“, der als „Kürzeste Krieg“ versprochen wurde, in Wirklichkeit aber den Krieg verlängerte und in eine totale Niederlage führte? Und wie stellen sich im Jahre 2003 Stalingrad und die Folgen im Rückspiegel deutscher Geschichtspublizistik dar?

 

20. März 2003

Werner Krause Informationsverarbeitung im Gehirn am Beispiel von Hochbegabung Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 18, 15.06.03  

Prof. Krause (64) ist Psychologe und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1999. Nach dem Stu¬dium der Ingenieurwissenschaften und der theoretischen Physik in Ilmenau arbeitete er in der psychologischen Forschung an Universitäten sowie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Leipzig, Berlin und Jena. In zwei Büchern (1998 und 2000) und zahlreichen Original¬beiträgen hat er seine Erkenntnisse zum menschlichen Informationsverarbeitungsprozess pu¬bliziert. Er gehört der Deutschen Gesellschaft für Psychologie an. Sein Lehrstuhl ist an einem EU-Projekt „Mathematics and the brain“ beteiligt.

Mit der Diskussion um die Ergebnisse der PISA-Studie gewinnt die Frage der Messung geistiger Leistungen erneut an Interesse. Ausgehend von den Forderungen an ein Maß für geistige Leistungen wird eine Systematik erörtert, die die Lücke in den bisher verwendeten Maßen auf experimentalpsychologischer Grundlage deutlich werden lässt. Diese Lücke ausfüllend wird ein Vorschlag unterbreitet, geistige Leistungen auf der Grundlage von Informationsverarbei-tungsprozessen im Gehirn zu messen. Dazu wird das Elektroenzephalogramm während eines Denkprozesses beim mathematischen Problemlösen aufgenommen. Aus den Daten lässt sich die Entropiereduktion errechnen. Damit wird gezeigt, dass die aus den Naturwissenschaften bekannten und bewährten Maße auch bei der Analyse des menschlichen Informationsverarbeitungsprozesses angewendet werden können, um Intelligenz zu objektivieren. Die Grenzen des Ansatzes werden gezeigt.
Es erweist sich, dass die Informationsverarbeitung im Gehirn mathematisch Hochbegabter im Vergleich zu Normalbegabten durch eine größere Entropiereduktion gekennzeichnet ist.

 

24. April 2003

Johann Götschl/Herbert Hörz
Neue Voraussetzungen der Wissensgenerierung
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 18, 15.06.03  

Prof. Goetschl (63) ist Wissenschaftsphilosoph und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2002.

 

15. Mai 2003

Helmut Moritz
Stabilität und Chaos – Phänomene in Geodäsie und Geophysik
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 20, 15.11.03  

Prof. Moritz (69) ist Geophysiker und Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät. Nach Studium und Promotion (1959) an der Technischen Hochschule Graz (THG) arbeitete er beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Graz, an der Ohio State University, der Technischen Hochschule Hannover und der Technischen Universität Berlin, bis er 1971 als Professor für Physikalische Geodäsie an die Technischen Universität Graz (TUG) berufen wurde.
Helmut Moritz ist Mitglied der Amerikanischen Geophysikalischen Union, der Deutschen Geodätischen Union (Präsident 1965 -1967) und der Österreichischen Geodätischen Kommission (Präsident 1986 -1996). Seit 2000 ist er auswärtiges Mitglied des Slowenischen Nationalkomitees für Geodäsie und Geophysik. Seine Tätigkeit in der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG) begann 1967; 1991 – 1995 war er ihr Präsident In der Periode 1993 -1996 war er Mitglied des Executive Board des International Council of Scientific Unions (ICSU). Folgenden Akademien der Wissenschaften gehört er an: Finnland, Lincei / Italien, Österreich, Ungarn, Schweden (Ingenieurwissenschaften), Spanien, Leopoldina (Halle), Polen, Academia Europaea, Kroatien, China, Jugoslawien (Ingenieurwissenschaften).

 

19. Juni 2003

Rolf Löther
Forschungsfreiheit contra Menschenwürde? Anmerkungen zur Bioethik-Debatte Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 20, 15.11.03

 

 

16. Oktober 2003

Fritz Vilmar
Die andere Moderne – Zur kritischen sozialphilosophischen Würdigung der Malerei der DDR
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal
Zusammenfassung: Leibniz Intern Nr. 21, 15.01.04

 

 

 

18. Dezember 2003

Herbert W. Roesky (Göttingen)
Chemie en miniature – Eine neue Form des Chemieunterrichts
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte, Lessing-Saal

Prof. Roesky (68) ist Chemiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2003. Nach Studium und Promotion (1963) war er zwei Jahre lang Postdoktorand bei der Firma DuPont, Wilmington, USA. Nach der Habilitation (1967) wurde er Dozent, später Professor für Anorganische Chemie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main. Seit 1980 ist er Direktor am Institut für Anorganische Chemie der Georg-August-Universität Göttingen, seit 2002 Präsident der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Er ist ferner Mitglied der Akademie der Naturforscher “Leopoldina”, Korrespondierendes Mitglied der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie Auswärtiges Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. An internationalen Ehrungen sind hervorzuheben der Fluorine Award und der Inorganic Award der American Chemical Society, das Centennial Lectureship der britischen Royal Society sowie der französische Prix de la maison de la chimie.

Die Gesetze für den Umgang mit Chemikalien sind im letzten Jahrzehnt verschärft worden. Es war deshalb folgerichtig, nach neuen experimentellen Möglichkeiten zu suchen, um chemische Versuche für einen größeren Zuschauerkreis ansprechend präsentieren zu können. Chemie en miniature zeigt, wie dies durch den Einsatz kleinster Mengen möglich ist. Darüber hinaus wird demonstriert, wie man mit Hilfe einer Digitalkamera die Versuchsergebnisse ins Bild bringen kann, um ansprechende Versuche einem breiten Publikum vorzustellen.