Mitteilung aus dem Arbeitskreis Geo-, Montan-, Umwelt-, Weltraum- und Astrowissenschaften (GeoMUWA)

Der Generaldirektor der ESA Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner würdigt erneut die Weltraummission „UdSSR-DDR“ als Pionierleistung mit nachhaltiger Bedeutung für die Entwicklung der Weltraumfahrt

Die Mitstreiter des Arbeitskreises GeoMUWA mit Kompetenz für das Gebiet Weltraumwissenschaften verfolgten im Jahre 2018 besonders aufmerksam zwei herausragende Ereignisse: zum einen die vielfältigen Wortmeldungen zum 40. Jahrestag der Weltraummission „UdSSR-DDR“ mit dem Forschungskosmonauten Sigmund Jähn, dem ersten Deutschen im Weltraum, in der sowjetischen Orbitalstation „Saljut-6“, Start und Landung mit sowjetischen Zubringerraumschiffen am 26.08.1978 bzw. 03.09.1978, und zum andern den zweiten Weltraumeinsatz des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst, in der Internationalen Weltraumstation ISS, mit Start und Landung in russischen Zubringerraumschiffen am 06.06.2018 bzw. 20.12.2018. Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. hat sich als Gelehrtengesellschaft zum Jahrestag der Weltraummission „UdSSR-DDR“ mit einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema „Menschen im Weltraum“ am 17. Mai 2018 zu Wort gemeldet. Bezüglich des Weltraumeinsatzes von Alexander Gerst wird es einen Bericht über erste wissenschaftliche Ergebnisse in einer Plenarsitzung der Leibniz-Sozietät am 9. Mai 2019 geben, deren primärer Anlass der 50. Jahrestag der Mondlandung von „Apollo 11“ ist.

Angesichts der hohen gesellschaftlichen Bedeutung der Weltraummission „UdSSR-DDR“ mag es eigenartig anmuten, dass die zentrale Festveranstaltung zu ihrem 40. Jahrestag in der Deutschen Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz e.V. stattfand. Dem Trägerverein, der durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., die Europäische Weltraumagentur und das Land Sachsen außerordentlich unterstützt wurde, gebührt Hochachtung und Dank, dass eine würdige Veranstaltung zustande kam. Es gab eine Sonderausstellung „Deutsche im All – es begann 1978 …“ und am 26.08.2018 eine Festveranstaltung „Sigmund Jähn – erster Deutscher im All“ mit 170 geladenen Gästen im Saal und etwa 500 im Außenbereich, die das Geschehen im Saal auf einer riesigen Videowand verfolgen konnten. Die Festreden hielten der Generaldirektor der European Space Agency (ESA) Prof. Dr.-Ing Johann-Dietrich Wörner und der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Michael Kretzschmer.
Zur Festveranstaltung waren erschienen: die beiden russischen Kosmonauten Alexander Iwantschenkow – er war während der Weltraummission „UdSSR-DDR“ Bordingenieur der Stammbesatzung auf der Orbitalstation „Saljut 6“ und Pawel Winogradow –er hat drei Weltraumeinsätze mit jeweils sechs Monaten absolviert, war Bordingenieur auf der Orbitalstation „Mir“ und war zweimal Kommandant auf der ISS, der Tscheche Vladimir Remek, der 1978 als Mitglied der ersten internationalen Gastbesatzung zur Orbitalstation „Saljut 6“ die Weltraumeinsätze von Kosmonauten eröffnete, die nicht Staatsbürger der UdSSR oder der USA waren –  sowie  die deutschen Weltraumfahrer Klaus-Dietrich Flade, Thomas Reiter und Reinhold Ewald, die ihre Weltraumflüge an Bord russischer Zubringerraumschiffe begonnen hatten, und Hans Schlegel und Gerhard Thiele, die ihre Raumflüge an Bord des Space Shuttles absolviert hatten. Höhepunkt der Veranstaltung war die Direktverbindung mit Alexander Gerst in der Internationalen Raumstation ISS. Es wurden zahlreiche Grußadressen übergeben, darunter – überbracht durch den Botschaftsrat der Russischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland A. Rusinov – die vom Generaldirektor der Russischen Weltraumagentur Roskosmos D. Rogosin und die vom Leiter des Kosmonautenausbildungszentrums P. N. Vlasov. Die Bundeskanzlerin ließ lediglich ihren Pressesprecher eine kurze Grußbotschaft twittern. Umso höher ist die Würdigung zu bewerten, die Prof. Dr. Wörner, jetzt Generaldirektor der ESA, für die Leistungen des Kosmonauten Sigmund Jähn zum Ausdruck brachte. Prof. Wörner hatte es sich schon 2011 nicht nehmen lassen, damals war er Vorstandsvorsitzender des DLR, die Laudatio auf Dr. Sigmund Jähn anlässlich dessen Zuwahl zum Ehrenmitglied der Leibniz-Sozietät zu halten. Unverkennbar war das Bemühen der Festversammlung, den Weltraumflug von Sigmund Jähn als Beginn von vier Jahrzehnten deutscher Beteiligung an der bemannten Weltraumfahrt zu werten und zu deren weiterer Förderung zu nutzen. Der Missbrauch zu politisch-propagandistischen Zwecken verliert zunehmend an Wirkung.

Nach wie vor ist das Bedürfnis groß, wächst offenbar noch, den realen Nutzen der Weltraummission „UdSSR-DDR“ für die weitere Entwicklung der bemannten Weltraumfahrt kennen zu lernen. Ein weiteres Anzeichen dafür ist die Einladung an den Berichterstatter durch den Raumflugbetrieb des DLR in Oberpfaffenhofen, in seinem Seminar anlässlich „40 Jahre Deutsche im Weltraum“ über die Weltraummission „UdSSR-DDR“ vorzutragen. Inzwischen wurde der Einladung entsprochen und am 23.11.2018 ein Vortrag mit dem Titel „Genosse Jähn, Sie sollten promovieren“ – ein Essay zum 40. Jahrestag der Weltraummission „UdSSR-DDR“ gehalten. Interessenten kann die Präsentation für die persönliche Durchsicht zugeschickt werden. Eine Schlussfolgerung aus der dazu geführten Diskussion ist, die Einbindung der Arbeiten zur damaligen Mission in die Entwicklung der bemannten Weltraumfahrt in der Bundesrepublik eingehender zu analysieren. Eine ausgezeichnete Grundlage dafür wäre das soeben erschienene Buch „50 Jahre German Space Operations Center GSOC. 1968-2018. Die Geschichte des GSOC – Deutsches Raumfahrtkontrollzentrum“, das dem Berichterstatter während seines Aufenthaltes in Oberpfaffenhofen übergeben wurde. Eine Besprechung wird demnächst in „Leibniz Online“ veröffentlicht werden.

Die Daten zur Festveranstaltung in Morgenröthe-Rautenkranz am 26.08.2018 verdanke ich der Leiterin im Trägerverein der Deutschen Raumfahrtausstellung Frau Romy Mothes.

Heinz Kautzleben, MLS, 15.12.2018