Mai-Sitzung der Klasse Naturwissenwschaften und Technikwissenschaften; Information

Im Mittelpunkt der Klassensitzung stand der Vortrag von Gerhard Banse.
In der leider kurzfristig notwendig gewordenen Themenänderung der Mai-Sitzung 2017 der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften, hat der Präsident der Leibniz-Sozietät Gerhard Banse an seine interessanten Beiträge in der November-Sitzung der Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften 2015 und in der Internetzeitschrift Leibniz Online Ausgabe 22 im Jahr 2016 an. Es gelang ihm erneut, die Thematik, die in sehr viele wissenschaftliche, technische und rechtliche Sachgebiete eingreift, interessant darzustellen und zu analysieren sowie auf die eher zunehmende Brisanz im geseschaftlichen Leben hinzuweisen. Davon zeugte nicht nur die rege Teilnahme an der Sitzung, sondern vor allem die anschließende äußerst lebhafte Diskussion.

In seinem Abstract des Vortrages hatte Banse u.a. geschrieben:
” … Unbestimmtheit“ war und ist in unterschiedlichster Weise ein zentraler Topos der Reflexion über die Lebenswelt. Entsprechend vielfältig sind die (wissenschaftlichen) Denkansätze, die auf ihr Verständnis und den Umgang mit ihr, ihre „Reduzierung“ oder gar „Überwindung“ gerichtet sind. Einer dieser Denkansätze ist die (interdisziplinäre) Risikoforschung, auf die im Vortrag näher eingegangen wird.

Zentral sind dabei folgende Einsichten/Überlegungen:
Unbestimmtheit bedeutet eine nicht-vorhandene strenge Determiniertheit zwischen (Handlungs-)Absicht und (Handlungs-)Ergebnis oder keine direkten Ursache-Wirkungs-Beziehungen bzw. eines entsprechenden Wissens (unvollständige Information) darüber.
Risiko kann gefasst werden als Chance zum Gelingen eines Vorhabens (positiver Verlauf: das angestrebte Ergebnis tritt ein, das Handlungsziel wird erreicht) oder seines Misslingens (negativer Verlauf: das angestrebte Ziel tritt nicht, nur bedingt teilweise oder verspätet ein, das Handlungsziel wird verfehlt). Risikohandeln schließt ein, dass eine Handlung in Übereinstimmung mit den gehegten Absichten abgeschlossen wird oder nicht; die Unbestimmtheit der Zielerreichung wird bewusst in Kauf genommen. Risikowissen ist Wissen für den (auch methodischen) Umgang mit dieser Unbestimmtheit zukünftiger Zustände, es bezieht sich auf die (Ab-)Schätzung von Eintrittshäufigkeiten, die Abschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeiten, die Ereignisvoraussage, die Handlungsauswahl und die (möglichen) Handlungsfolgen.

Risiko ist immer Chance und Gefahr zugleich, Chance, ein angestrebtes Ziel zu erreichen, bei dem etwas zu gewinnen versprochen oder in Aussicht gestellt wurde, Gefahr, dass man etwas Existierendes zur Disposition stellt, durch sein Handeln beschädigt oder verliert. Beides sind Möglichkeiten, die sich (erst) zukünftig als Handlungsfolgen einstellen oder als Wirkungen ergeben können: Während in der Gegenwart zu entscheiden und zu handeln ist, stellen sich die (möglichen) Wirkungen der Handlung erst zukünftig ein.
Reduzierung, Limitierung oder Eingrenzung der Unbestimmtheit sowohl hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit (ursachenorientiert) als auch des zu erwartenden Schadensausmaßes (wirkungsorientiert), d.h. eine zielgerichtete Einflussnahme und produktive Handhabung („Beherrschung“) von Unbestimmtheit ist präventiv durch verschiedene Vorgehensweisen möglich. Dabei wird „Mehrdeutigkeit“ nicht in erster Linie in „Eindeutigkeit“ überführt, „Zufälligkeit“ nicht auf „Notwendigkeit“ zurückgeführt – obwohl das nicht ausgeschlossen ist –, sondern als „eindeutig“ und „wohlbestimmt“ gefasst und behandelt. Auf diese Weise wird vor allem ein methodischer Gewinn erzielt, erlaubt doch diese „Idealisierung“ und „Reduktion“ (die allerdings immer auch eine „Ausblendung“ – möglicherweise relevanter Zusammenhänge o.ä. – ist!) die Anwendung spezifischer Methoden und ermöglicht (erst) einen rationalen Zugriff auf Situationen unvollständiger Information.
Dies kann jedoch nicht verhindern, dass ein Leben unter Unbestimmtheit (in einem unbestimmten Ausmaß!) als Normalität verbleibt.”

Zu Beginn der Klassensitzung hatte im Teil Mitteilungen Heinz Kautzleben, langjährig Sprecher des Arbeitskreises GeoMUWA, zwei Bücher mit kurzen Kommentaren vorstellte, die aus Finnland und aus Österreich eingegangen waren und die inhaltlich eng mit der Arbeit des Arbeitskreises verknüpft sind. Im Anhang die schriftliche Fassung seiner Kommentare.

H. Kautzleben: Informations-Vorlage

Infomationen zum Buch:  Juhani Kakkuri: Sorveyor of the Globe: Story of the life of V.H. Heiskanen

Information zum Buch: Nachhaltige Entwicklungen an der TH Graz und ihre Initiatoren;  16 Wissenschaftsportaits