Kommission für Akademie- und Wissenschaftsgeschichte: Tätigkeitsbericht
Tätigkeitsbericht der Kommission für Akademie- und Wissenschaftsgeschichte
s.a. Seite: Arbeitskreise
Gründung:
Am 17. Mai 2001 konstituierte sich im Rahmen der Leibniz-Sozietät die »Kommission für Akademie- und Wissenschaftsgeschichte« als beratendes Organ des Präsidiums. Zum Vorsitzenden der Kommission berief der damalige Präsident Herbert Hörz Herrn Bernhard vom Brocke (Marburg). Ihr gehören ferner an die Herren Wolfgang U. Eckart (Heidelberg), Christoph Friedrich (Marburg), Manfred Heinemann (Hannover), Hubert Laitko (Berlin) und Peter Schneck (Dresden). Mit seiner 2014 erfolgten Wahl zum Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften ist Herr Horst Kant (Berlin) neu in die Kommission aufgenommen worden.
Leiter: Bernhard vom Brocke
Stellvertreter des Leiters: Hubert Laitko
Gegenstand, Aufgaben und Arbeitsweise:
Aufgabe der Kommission ist es, auf Anforderung des Präsidiums bzw. der Klassensekretare oder auch aus eigener Initiative Empfehlungen für die Berücksichtigung wissenschaftshistorischer und insbesondere akademiegeschichtlicher Themen und Akzente in der Arbeit der Klassen und des Plenums, in gesonderten Veranstaltungen und in der Publikationstätigkeit zu unterbreiten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Umsetzung dieser Empfehlungen teilzunehmen.
Die Kommission beabsichtigt derzeit nicht, über ihre beratenden Aktivitäten hinaus eigenständige Forschungsvorhaben zu verfolgen, schließt aber die Möglichkeit künftig von ihr getragener Projekte nicht grundsätzlich aus. Der Umstand, dass ihre Mitglieder an weit voneinander entfernten Orten tätig sind, bedingt eine vorwiegend konsultative Arbeitsweise, wobei sich der Leiter in der Regel über mediale Kommunikation mit den Kommissionsmitgliedern austauscht. Eigene Kolloquien werden nur in Ausnahmefällen durchgeführt – so etwa 2003 zu Ehren des 70. Geburtstages unseres im Jahre 2000 verstorbenen Mitgliedes Conrad Grau, eines der bedeutendsten Akademiehistoriker seiner Zeit (Der Historiker Conrad Grau und die Akademiegeschichtsschreibung. Hg. von B. vom Brocke unter Mitarbeit von H. Laitko. Sb. Leibniz-Soz. Bd. 98 (2008), 244 S. – Neben den Vorträgen des Kolloquiums enthält der Band Ausführungen zur wissenschaftlichen Biographie Graus, ein Schriften- und Nachlassverzeichnis und von ihm selbst verfasste Arbeiten).
Vor allem wirkt die Kommission am wissenschaftlichen Leben der Sozietät mit, indem sie sich an der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Auswertung übergreifend organisierter Veranstaltungen beteiligt. Wichtige Beispiele waren die Jahreskonferenzen 2010 und 2011 der Sozietät (Akademie und Universität in historischer und aktueller Sicht: Arbeitsteilungen, Konkurrenzen, Kooperationen. Hg. von H. Hörz und H. Laitko. Abh. der Leibniz-Soz. Bd. 29. Berlin 2013; Akademische und außerakademische Forschung in Deutschland. Tendenzen und Zäsuren eines Jahrhunderts. Hg. von K.-H. Bernhardt und H. Laitko. Abh. der Leibniz-Soz. Bd. 34. Berlin 2013).
Publikationen (Auswahl):
Bernhard vom Brocke:
Im Großbetrieb der Wissenschaft. Adolf von Harnack als Wissenschaftsorganisator und Wissenschaftspolitiker – zwischen Preußischer Akademie und Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. In: Sb. Leibniz-Soz. 45 (2001), H. 2, S. 59–144; Die Entstehung der deutschen Forschungsuniversität, ihre Blüte und Krise um 1900. In: Humboldt international. Der Export des deutschen Universitätsmodells im 19. und 20. Jahrhundert. Hg. von R. Ch. Schwinges. Basel 2001, S. 367–401; Diskussionsbeiträge zu: Die deutschen Akademien der Wissenschaften: Aufgaben, Herausforderungen, Perspektiven. 5. Symposion der deutschen Akademien der Wissenschaften. Hg.: Union der deutschen Akademien der Wissenschaften / Bayerische Akademie der Wissenschaften. Stuttgart 2001, S. 84–85, 192–193; Bildung und Wissenschaft als neue Produktivkräfte. In: Deutschland-Journal. Sonderausgabe Dokumentation zum Seminar am 17. Februar 2006 »Preußen und das preußische-deutsche Reich. Die Praxis des effizienten Staates«. Hamburg 2006, S. 57–89; Bevölkerungswissenschaft im nationalsozialistischen Deutschland. In: Demogaphie – Demokratie – Geschichte. Deutschland und Israel. Hrsg. von José Brunner (Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte XXXV [2007]). Göttingen 2007, S. 145–163; Friedrich Schmidt-Ott. Wissenschaft als Machtersatz. Preußisch-deutsche Wissenschaftspolitik zwischen Kaiserreich und Diktatur. Aus Anlaß des 50. Todestages. In. Dahlemer Archivgespräche. Bd. 12. Für das Archiv der Max-Planck-Gesellschaft hg. von Lorenz Friedrich Beck und Hubert Laitko. Berlin 2007, S. 153–188; Friedrich Paulsen, Friedrich Althoff und der Kultusbetrieb des Kaiserreichs. In: Friedrich Paulsen. Werk und Wirkung eines Gelehrten aus Nordfriesland. Hg. von Thomas Steensen. Husum 2010, S. 99-120, 8 Abb.; Wissenschaft und Universitäten – Wandel und Kontinuität – Abschied vom zweiten Jahrtausend. In: Brückenschlag. Hans-Jürgen Prien zum 75. Geburtstag. Hg. von Holger M. Meding. Berlin 2011, S. 259–288; „Exportschlager Humboldt?“ Preußische Hochschulpolitik im 19. und 20. Jahrhundert. Kaiserreich und Weimarer Republik. In: Hochschulreformen früher und heute. Autonomie oder gesellschaftlicher Gestaltungsanspruch? Hg. von Rainer Pöppinghege/Dietmar Klenke. Essen 2011, S. 51–66; Berufungspolitik und Berufungspraxis im Deutschen Kaiserreich. In: Professorinnen und Professoren gewinnen. Zur Geschichte des Berufungswesens an den Universitäten Mitteleuropas. Hg. von Rainer Christoph Schwinges (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte). Basel 2011, S. 45–93; Karl Lamprecht (1856–1915). Leben und Werk im Kontext der Wissenschaftsentwicklung. Vortrag am 28.02.2014 in Schulpforta zum 100. Todestag. Erscheint in: Karl Lamprecht. Neue Wege in der Geschichtswissenschaft. Hg. von Jonas Flöter und Gerald Diesener. Leipzig 2015, im Druck; Friedrich Althoff. Annäherungen. Mosaiksteine zu einem Persönlichkeitsbild. Eröffnungsvortrag auf der Althoff-Tagung Dinslaken 20.–21. Oktober 2014. Erscheint 2015.
Wolfgang U. Eckart:
Medizin in der NS-Diktatur: Ideologien, Praxis, Folgen. Köln 2012; (Hg., mit M. Anderheiden): Handbuch Sterben und Menschenwürde. 3 Bde. Berlin 2012; Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Berlin 2013.
Christoph Friedrich:
(Hg., mit U. Vater): Die Entwicklung des Apothekenwesens in der DDR. Jena / Quedlinburg 2010; Forscher, Künstler, Unternehmer. Apothekerkarrieren aus vier Jahrhunderten. Eschborn 2012; (Hg., mit W.-D. Müller-Jahncke): Wissenschaftsdifferenzierung in der Pharmazie. Die Vorträge der Pharmaziehistorischen Biennale in Regensburg vom 20.–22. April 2012. Stuttgart 2013.
Manfred Heinemann:
Bildungsrecht schafft Bildungsräume. In: Regionen in der deutschen Staatenwelt. Bildungsräume und Transferprozesse im 19. Jh. Hg. von E. Fuchs, S. Kesper-Biermann und Ch. Ritzi. Bad Heilbrunn 2011, S. 157-187; Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) (1948 – 1981). In: Physik im Kalten Krieg. Beiträge zur Physikgeschichte während des Ost-West-Konflikts. Hg. von Ch. Forstner und D. Hoffmann. Wiesbaden 2013, S. 175-194: (Hg.): Technische Gymnasien. Themenheft der Zeitschrift Bildung und Erziehung 67 (2014) 1.
Horst Kant:
Integration und Segregation: Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg zwischen interdisziplinärem Verbund und Ensemble disziplinärer Institute. In: Interdisziplinarität und Institutionalisierung der Wissenschaft: Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2010. Hg. von K. Fischer, H. Laitko und H. Parthey. Berlin 2011, S. 175-197; (Hg., mit C. Reinhardt): 100 Jahre Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Institut für Chemie (Otto-Hahn-Institut). Facetten seiner Geschichte. Berlin 2012; Otto Hahn und die Erklärungen von Mainau (1955) und Göttingen (1957). In: Vom atomaren Patt zu einer von Atomwaffen freien Welt. Zum Gedenken an Klaus Fuchs. Hg. von G. Flach und K. Fuchs-Kittowski (Abh. der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften Bd. 32). Berlin 2012, S. 183-197; (mit J. Renn): Forschungserfolge und ihre Voraussetzungen in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und Max-Planck-Gesellschaft. In: Kreativität in der Forschung: Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2012. Hg. von Th. Heinze, H. Parthey, G. Spur und R. Wink. Berlin 2013, S. 141-155.
Hubert Laitko:
Theoria cum praxi – Anspruch und Wirklichkeit der Akademie. In: Sb. Leibniz-Soz. 45 (2001) H. 1, S. 1-58; Wissenschaftsgeschichte – Faszination der großen Erzählungen und Reiz des Singulären. In: Was ist Geschichte? Aktuelle Entwicklungstendenzen von Geschichtsphilosophie und Geschichtswissenschaft. Hg. von W. Eichhorn und W. Küttler (Abh. der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften Bd. 19). Berlin 2008, S. 267-294; Friedrich Althoff und seine Professoren oder die Dreieinigkeit von Information, Intuition und Supervision. In: Von Aufklärung bis Zweifel. Beiträge zu Philosophie, Geschichte und Philosophiegeschichte. Festschrift für Siegfried Wollgast. Hg. von G. Banse, H. Hörz und H. Liebscher (Abh. der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften Bd. 25). Berlin 2008, S. 189-228; Akademie und Universität in historischer und aktueller Sicht. In: Akademie und Universität in historischer und aktueller Sicht: Arbeitsteilungen. Konkurrenzen, Kooperationen. Jahreskonferenz der Leibniz-Sozietät 2010. Hg. von H. Hörz und H. Laitko (Abh. der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften Bd. 29). Berlin 2013, S. 13-86; Das Ambivalenzkonzept bei Carl Friedrich von Weizsäcker – Versuch einer Exegese. In: Carl Friedrich von Weizsäcker: Physik – Philosophie – Friedensforschung. Leopoldina-Symposium vom 20. bis 22. Juni 2012 in Halle (Saale). Hg. von K. Hentschel und D. Hoffmann. Acta Historica Leopoldina Nr. 63. Stuttgart 2014, S. 297-323; Das Harnack-Prinzip als institutionelles Markenzeichen: Faktisches und Symbolisches. In: „Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen“. Auf dem Weg zu einer Geschichte der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft. Hg. von D. Hoffmann, B. Kolboske und J. Renn. Berlin 2014, S. 133-191.
Herbert Wöltge
17. März 2015 @ 12:11
Die Anfangsgeschichte dieser Kommission hat einen differenzierten Hintergrund, der aus der Mitteilung so nicht hervorgeht und an den man in diesem Zusammenhang erinnern kann. Akademiegeschichte war Anliegen der Sozietät seit ihrer Gründung 1993. Veranstaltungen und Publikationen zur Akademiegeschichte dienten sowohl der Identitätsfindung der Leibniz-Sozietät als auch dem Bestreben, die bedeutende akademiehistorische Tradition der Berliner Akademie nicht erlöschen zu lassen, soweit es mit den begrenzten Mitteln der Sozietät möglich war. Mit der Bildung einer eigenen Arbeitsgruppe im Umfeld des 300. Akademiejubiläum reagierte die Sozietät auch auf die ersatzlose Auflösung der Arbeitsstelle für Akademiegeschichte an der Berlin-Brandenburgischen Akademie 1998, die von Conrad Grau, Mitglied der Sozietät seit 1994, geleitet wurde.
Das Thema Historische Kommission wird in den Dokumenten der Sozietät erstmals im Herbst 2000 erwähnt, als im Vorstand die Ergebnisse und Auswirkungen des 300. Jubiläums der Berliner Akademie erörtert wurden. Den Vorschlag zur Bildung der Kommission unterbreitete Lothar Kolditz, der hier eine Möglichkeit sah, den 10. Jahrestag der Sozietät angemessen vorzubereiten. Der Vorstand benannte für die inhaltliche Leitung Hubert Laitko und bat Gert Wangermann, die organisatorische Arbeit zu übernehmen. Die Leitung der Kommission sollte dem Akademiehistoriker Bernhard vom Brocke (Marburg) angeboten werden, der seit 1999 Mitglied der Sozietät war. Auf der Abschlusskonferenz der BBAW zur Akademiegeschichte im Dezember 2000 bot die Leibniz-Sozietät an, die nun eingestellte Forschungsrichtung weiterzuführen.
Im Mai 2001 teilte vom Brocke die Gründung der Kommission für Wissenschaftsgeschichte – später präzisiert als Kommission für Wissenschafts- und Akademiegeschichte – mit und legte einen zwischen ihm, Laitko und Wangermann abgestimmten Gründungstext vor. Aufgabe der Kommission sei es, dem Vorstand Empfehlungen zur Berücksichtigung akademie- und wissenschaftshistorischer Themen in der Arbeit der Klassen und des Plenums, in gesonderten Veranstaltungen und in der Publikationstätigkeit zu unterbreiten.
Zur Mitarbeit in der Kommission hatten sich zunächst die Mitglieder Friedbert Ficker (Kunsthistoriker) und Jürgen Hamel (Astronomiehistoriker) bereit erklärt. Im Laufe der Jahre wurden weitere Akademie- und Wissenschaftshistoriker für die Mitarbeit gewonnen.
Bis zum Zeitpunkt der Kommissionsgründung hatte die Sozietät eine Reihe beachtlicher Ergebnisse vor allem zur Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften und zur Akademie der Wissenschaften der DDR vorgelegt. Die Materialien der fünf Konferenzen aus den Jahren 1994, 1996, 1999 und zweimal 2000 sind in den Sitzungsberichten und der Reihe Abhandlungen der Leibniz-Sozietät veröffentlicht. In diesen Publikationsorganen erschienen weiterhin zahlreiche Beiträge, die Ereignisse und Personen aus der Akademie- und Wissenschaftsgeschichte zum Gegenstand hatten.
Herbert Wöltge