Oktober-Sitzung des Arbeitskreises “Prinzip Einfachheit”
Der Arbeitskreis „Prinzip Einfachheit“ veranstaltet am 24.Oktober 2013 eine wissenschaftliche Sitzung mit dem Beitrag
Hermann Klenner (MLS): Einfachheit in Rechtswissenschaft und Rechtspraxis: Plurimae leges – corruptissima res publica?
und lädt zur Teilnahme und Diskussion ein.
Ort: Rathaus Tiergarten, neuer Tagungsort: Balkonsaal
10.30-12.30 Uhr
C.V.:
Hermann Klenner, Jg. 1926; Prof. Dr. jur. habil., emeritiert (vorher Humboldt-Universität zu Berlin und Akademie der Wissenschaften der DDR). Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin (zuvor der AdW der DDR), der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, des Herausgeberkreises der Internationale Studien zu Recht und Staat, des Internationalen Beirates von Ratio Juris sowie des Wissenschaftlichen Beirates der Marx/Engels-Gesamtausgabe (MEGA). – Inhaber der Hegel-, der Pufendorf- und der Jablonski-Medaille. – Autor u. a. folgender Monographien: Marxismus und Menschenrechte (1982); Vom Recht der Natur zur Natur des Rechts (1984); Deutsche Rechtsphilosophie im 19. Jahrhundert (1991); Rechtsphilosophie in der englischen Aufklärung (1998); Die Geschichtlichkeit des Rechts (2003); Recht und Unrecht (2004); Historisierende Rechtsphilosophie (2009) – Editionen einschlägiger Werke u. a. von: Bacon; Baumgarten; Burke; Godwin; Harrington; Hegel; Hobbes; Humboldt; Jhering; Kant; Kirchmann; Locke; Oppenheim; Paschukanis; Radbruch; Rotteck; Spinoza; Winstanley; Wollstonecraft… – Bibliographie in: Haney/Maihofer/Sprenger (ed.), Recht und Ideologie, Freiburg 1996, Bd. 1, S. 514-552; Bd. 2, 1998, S. 352-356.
Abstract:
Unter dem provozierenden, an einen Tacitus-Satz (Annalen III, 27, lat./dt., München 1992, S. 232) angelehnten Titel: „Plurimae leges – corruptissima res publica?“ werden Argumente aus dem Erfahrungsbereich von vergangener und gegenwärtiger Jurisprudenz, Gesetzgebung und Rechtsprechung über Sinn und Unsinn, über Illusion und Wirklichkeit des Einfachheitsprinzips beigebracht. Da das Recht als Ordnungsreglement herrschaftsförmig organisierter Gesellschaften deren innere Gegensätzlichkeiten, letztlich ihren Selbstwiderspruch, reflektiert und konstituiert, sind die in die jeweilige Macht/Ohnmacht-Struktur der Gesellschaft als Herrschende oder als Beherrschte, als Teilhaber wie als Mittäter, als Nutznießer wie als Opfer Integrierten an unterschiedlichen, auch gegensätzlichen Konfliktreglements durch die Gesetzgeber sowie an deren unterschiedlichen Auslegungen durch die Gerichte interessiert. Dabei spielt das Verhältnis von Wissen und Wollen, von Aussage und Norm, von individualisierter und generalisierter Entscheidung eine fundamentale Rolle. Jedes Gesetz wie jedes Gerichtsurteil reduziert Komplexität, vereinfacht also, wobei sich die Interessen der Autoren des Rechts und die Interessen der Adressaten des Rechts von einander unterscheiden. Volksfremdheit des Rechts und Rechtsfremdheit des Volkes hängen nicht einfach von der Kürze der Gesetze, deren komplizierter Struktur oder dem Jargon der Juristen ab. Eine Rechtswissenschaft, die sich der Einfachheit halber darauf beschränkt, das jeweils geltende Recht als in sich geschlossene Normenordnung systemgerecht zu interpretieren, statt es wenigstens zur intellektuellen Disposition zu stellen, verfällt damit einem unverantwortlichen Reduktionismus. Vergleichbares gilt für diejenigen, die das Recht wesentlich als Mittel von (z.B. ökonomischer, politischer und/oder ideologischer) Macht und nicht auch als Maß von und für Macht begreifen.