Nekrolog für unser Mitglied Heinz David

Foto: Archiv BBAW Berlin


Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr  Mitglied,
den international bekannten Pathologen und hochgeehrten Wissenschaftler

Prof. Dr. Heinz David

der am 26. April 2019 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.

Geboren wurde er am 5. Dezember 1931 als Sohn einer Mathematikerin und eines Arztes in Tilsit. Die Volksschule und das Gymnasium besuchte er in Tilsit und später als Umsiedler in Neuruppin, wo er auch 1950 sein Abitur mit „sehr gut“ ablegte. Von 1950 bis 1955 studierte er Medizin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bereits 1955 konnte er seine Promotion bei Professor Kettler zum Thema Koronarsklerose bei Herzklappenfehlern verteidigen. Von 1956 bis 1991 arbeitete er am Institut für Pathologie der Charité. Für viele Freunde und Kollegen unverständlich wurde er erst 1987 zum Direktor des Institutes für Pathologie an der Charité ernannt. 1991 musste er diese Tätigkeit beenden.

Schon sehr früh interessierte sich Heinz David für die Feinstruktur von biologischen Systemen und die Wechselbeziehungen zwischen Struktur und Funktion von Zellen unter normalen und pathologischen Bedingungen. Zu seinem speziellen Forschungsgebiet wurde die Elektronenmikroskopie der Leber. Angeregt und gefördert von Professor Kettler und Professor Friedrich Jung gründete und leitete er die Abteilung für Elektronenmikroskopie der Charité am Pathologischen Institut, aus der zahlreiche wissenschaftliche Publikationen hervorgingen. 1961 wurde er Oberarzt und Dozent, 1965 wurde er zum Professor berufen. Er selbst sagte: „Ich lebte im goldenen Zeitalter der Zellforschung.“ Bereits 1960, im Alter von 28 Jahren habilitierte er sich. Für diese Arbeiten wurde ihm 1960 der Rudolf Virchow Preis im Kollektiv verliehen. Für seine umfangreichen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Leberforschung erhielt er 1971 den Nationalpreis der DDR.

Heinz David war allseitig interessiert und ein gefragter Kooperationspartner. Er arbeitete eng zusammen mit anderen Forschungsgruppen der Charité. So entstanden im Rahmen der Hauptforschungsrichtung Stoffwechselregulation zahlreiche Publikationen z. B. zum Abbau von Mitochondrien und Ribosomen in roten Blutzellen bei deren Reifung. Immer aufgeschlossen für neue Fragestellungen und hilfsbereit wirkte er mit z. B. bei Untersuchungen zur Struktur von roten Blutzellen bei Malariainfektionen oder bei roten Blutzellen von Neugeborenen. Neben der experimentellen Arbeit widmete er sich zehn Jahre lang als Direktor des Institutes für Wissenschaftsinformation dem besseren Zugang zu wissenschaftlicher Literatur. Hier gab er auch die Zeitschriften „DDR-Medizin-Report“ und die „Zeitschrift für Klinische Medizin“ heraus.

Heinz David hat zahlreiche Funktionen sowohl in der Charité, der Humboldt-Universität als auch im Gesundheitswesen der DDR wahrgenommen. 1968 wurde er Prodekan für Studienangelegenheiten der Charité. Insgesamt fungierte er acht Jahre lang als Vorsitzender der Gesellschaft für Pathologie (1976- 1984) und später als Vizepräsident der Gesellschaft für experimentelle Medizin der DDR (bis 1989). Er beantragte unermüdlich Stipendien von europäischen- und Weltverbänden wissenschaftlicher Organisationen zur Qualifizierung von Nachwuchswissenschaftlern in internationalen Laboratorien. Als Sekretär des Rates für Planung und Koordinierung der medizinischen Wissenschaften hatte er großen Einfluss auf den wissenschaftlichen Meinungsstreit in den verschiedenen Forschungsrichtungen in der DDR. Seine Fähigkeiten zur konzeptionellen Arbeit bewies er auch als Dekan der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität. Erstmals wurde er 1980 in diese Funktion gewählt, danach wurde er dreimal in diesem Amt bestätigt. In dieser Funktion war er zugleich Mitglied des Senats der Humboldt-Universität. Entscheidungen, auch kritische, traf er stets erst nach gründlichen Überlegungen.

Heinz David wurde 1973 zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR gewählt und war 1993 Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät.

Heinz David zeichnete sich durch eine beachtliche Leistungsfähigkeit aus. Er ist Herausgeber eines umfangreichen Medizinischen Wörterbuches, von dem 1992 eine Neuauflage erschien. Außerhalb des Labors war er stets mit dem Schreiben oder Korrigieren von Manuskripten beschäftigt. Neben der Publikation experimenteller Befunde (mehr als 400 wissenschaftliche Arbeiten) widmete er sich auch mit großem Engagement der Traditionspflege. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die umfangreiche zweibändige Ausgabe der 300-jährigen Geschichte der Charité „es soll das Haus die Charité heißen“, die 2004 erschien. Er verfasste 1993 auch eine umfassende Dokumentation über Rudolf Virchow und 2006 über sein eigenes Leben (“Lebensrouten”), gründlich wie immer.

Mit Hochachtung und Dank werden wir Heinz David in Erinnerung behalten.

Gisela Jacobasch, Johann Gross.