Nekrolog auf unser Mitglied Professor Dr. Wolfgang Uwe Eckart

Wolfgang Uwe Eckart (Foto: Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin)

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr Mitglied, den Medizinhistoriker Prof. Dr. Wolfgang Uwe Eckart, der am 16. August 2021 im Alter von 69 Jahren in Heidelberg verstorben ist.

Wolfgang Uwe Eckart wurde am 7. Februar 1952 in Schwelm/Nordrhein-Westfalen geboren. An der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster studierte er von 1971 bis 1977 Medizin; während seines Studiums engagierte er sich auch im Sozialistischen Hochschulbund (SHB) und im MSB-Spartakus. 1977 erhielt er seine Approbation als Arzt. 1978 promovierte er an der Münsteraner Universität am Institut für Theorie und Geschichte der Medizin unter Richard Toellner (1930–2019) mit einer medizinhistorischen Arbeit über den Wittenberger Arzt Daniel Sennert (1572–1637); nebenher studierte er noch Geschichte und Philosophie. Bis 1988 war Eckart Assistent an diesem Institut, unterbrochen 1984/85 durch eine Tätigkeit als wehrpflichtiger Stabsarzt am Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr in Freiburg/Br. 1986 habilitierte er sich mit der Arbeit „Die Medizin als Instrument deutscher Kulturbeeinflussung in Ostasien. Deutsche Ärzte in Japan und China 1871–1914“.

1988 wurde Eckart auf den Lehrstuhl für Geschichte der Medizin an der Medizinischen Hochschule in Hannover berufen, wo er die Abteilung für Geschichte der Medizin leitete. In dieser Zeit entstand sein Lehrbuch „Geschichte der Medizin“, das bis 2017 acht Auflagen erreichte und welches nun unter dem Titel „Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin“ als 9. Auflage in Vorbereitung ist.

1992 wurde Eckart auf den Lehrstuhl für Geschichte der Medizin des Instituts für Geschichte der Medizin (heute Institut für Geschichte und Ethik der Medizin) an die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg berufen, dessen Direktor er ebenfalls wurde. 2017 trat er in den Ruhestand.

Seit 2002 war Wolfgang Eckart Mitglied der Leibniz-Sozietät, seit 2009 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 2016 erhielt er das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. – 1996 bis 1998 war Eckart Präsident der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte.

Medizin war für Eckart immer auch politisch, und daran richteten sich seine Forschungen aus; auch seine medizinethischen Auffassungen standen in diesem Kontext (z.B. über Verteilungsgerechtigkeit für Transplantationsorgane). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Entstehung der neuzeitlichen Medizin im 16. und 17. Jahrhundert, Medizin in der schönen Literatur, Medizin im europäischen Kolonialimperialismus, ärztliche Missionen, Medizin und Krieg sowie Medizin und auswärtige Kulturpolitik in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Im November 2016 sprach er vor dem Plenum der Leibniz-Sozietät über das interessante Thema “Medizin und Revolution“.

Eckart war stets auch um eine populäre Vermittlung der medizinhistorischen Kenntnisse bemüht, so in zahlreichen Zeitungs- und Rundfunkbeiträgen. So hielt er auf SWR2 sonntägliche „Aulavorträge“, in denen er Wissen spannend und verständlich vermittelte, beispielsweise im März 2020 über die Corona-Pandemie im Vergleich mit früheren Pandemien („Pocken, Pest und Vogelgrippe – Alte und neue Pandemien“).

Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen seien des Weiteren besonders erwähnt: „Ärzte Lexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert“ (mit Christoph Gradmann) (1995, 3. Aufl. 2006), „Medizin und Kolonialimperialismus. Deutschland 1884-1945“ (1997), „Medizin in der NS-Diktatur. Ideologien, Praxis, Folgen“ (2012), „Handbuch Sterben und Menschenwürde“ (mit M. Anderheiden) (2012), „Medizin und Krieg. Deutschland 1914–1924“ (2014).

Die Leibniz-Sozietät verliert mit Wolfgang Uwe Eckart ein ehrenvolles Mitglied. Die Kolleginnen und Kollegen unserer Gelehrtengesellschaft werden ihm ein würdiges Andenken bewahren. Den Hinterbliebenen bekunden wir unser tief empfundenes Beileid.

Horst Kant und Gerhard Pfaff