Mitteilung des AK GeoMUWA zum Arktisexperiment MOSAiC

Das komplexe Arktisexperiment MOSAiC erfolgreich beendet

Das vom Alfred- Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung geleitete ganzjährige MOSAiC-Driftexperiment zur Erforschung des komplexen Klimasystems der Arktis unter Polarnacht- und Polartagbedingungen von September 2019 bis Oktober 2020 wurde trotz der Coronapandemie erfolgreich zum Abschluß gebracht. Die Hälfte der Expeditionskosten in Höhe von 140 Millionen € deckte dabei das Bundesforschungsministerium BMBF ab.

Das Forschungsschiff „Polarstern“ unter Führung von Kapitän Stefan Schwarze driftete in der Transpolardrift vom sibirischen Sektor der Arktis über die Nordpolregion in Richtung Atlantik. Das Schiff bildete die Arbeitsplattform der fünf sich untereinander ablösenden internationalen wissenschaftlichen Teams zum Verständnis der nichtlinearen und komplexen Kopplungsmechanismen zwischen Prozessen in Atmosphäre und Ozean, im Meereis und im Öko- und biogeochemischem System. Die während der Expedition gewonnenen einzigartigen Datensätze aus den Subsystemen werden in der Post-MOSAiC-Phase nun in einer internationalen Puzzlearbeit mit Wettervorhersage- und Klimamodellen, Ökosystem- und biogeochemischen Modellen sowie Satellitendaten konfrontiert, um diese deutlich zu verbessern und einen Quantensprung im Verständnis des gekoppelten Klimasystems der Arktis zu erreichen. https://de.wikipedia.org/wiki/MOSAiC-Expedition.

MOSAiC wurde von einem Konsortium führender Polarforschungseinrichtungen unter Leitung des AWI konzipiert und seit 2011 geplant. Mehr als 70 Institute aus 20 Nationen waren an der Entwicklung, der wissenschaftlichen Umsetzung und der logistischen Unterstützung von MOSAiC beteiligt. Die persönlichen Netzwerke und Partnerschaften zwischen den beteiligten Arktiswissenschaftlern waren in diesem internationalen Dialog unerlässlich, um Brücken zwischen den teilnehmenden Ländern, ihren Fördereinrichtungen und akademischen Institutionen zu bauen. Deshalb ist MOSAiC ein herausragendes Beispiel für vertrauensvolle, internationale Zusammenarbeit in der neuen Arktis, einer Region von hoher geo- und klimapolitischer Bedeutung. Da Klimaprozesse in der Arktis nicht nur das Ergebnis anthropogener Beeinflussung sind, sondern auch aus natürlich erzeugter Variabilität im komplexen Klimasystem resultieren, müssen die zugrundeliegenden Prozesse zum besseren Verständnis permanent beobachtet und vermessen werden.

Die MOSAiC-Driftstation folgte den Spuren der durch die Framexpedition 1893-1896 entdeckten Transpolardrift und den seit 1937 durchgeführten russischen Driftstationen. Die im AWI stetig gepflegten Kontakte zum führenden russischen Arktischen und Antarktischen Forschungsinstitut (AARI) St. Petersburg erlaubten während des Internationalen Polaren Jahres 2007/08 die erstmalige AWI-Teilnahme an der russischen Nordpoldriftpolstation NP35. Die Arktis entwickelte sich infolge der drastischen Meereisabnahme in den letzten Jahren immer mehr zu einem Brennpunkt der Klimaforschung. Während der internationalen Arktiskonferenz in Potsdam im Januar 2011 schlug Klaus Dethloff (MLS) deshalb die Entwicklung einer internationalen Driftstation mit dem Andocken der „Polarstern“ an eine Eisscholle zur Risikominimierung für die Expeditionsteilnehmer vor. Dieses Projekt wurde bis 2016 von ihm geleitet und danach verantwortlich von Markus Rex (AWI) und Klaus Dethloff (AWI) und Matthew Shupe (University of Colorado) als Koleitern weitergeführt.

Die Durchführung der MOSAiC-Drift ist dem Einsatz von 600 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie den Besatzungsmitgliedern auf den beteiligten Schiffen unter äußerst widrigen Klimabedingungen bei bis zu – 40 ° C zu verdanken. Neben Markus Rex waren Christian Haas und Torsten Kanzow als Expeditionsleiter für die insgesamt fünf Fahrtabschnitte verantwortlich. Der Erfolg der MOSAiC-Drift trotz der Coronapandemie hat viele Väter und Mütter und ist deshalb eine große Mannschaftsleistung. Die Anstrengungen der AWI-Direktorin Antje Boetius, des AWI- Logistikchefs Uwe Nixdorf, des AARI-Direktors Alexander Makarov und des AAR-I Logistikchefs Vladimir Sokolov verdienen jedoch eine besondere Erwähnung.

Die vertrauensvollen Beziehungen der deutschen Polarforschung zu den russischen Partnereinrichtungen waren für den Erfolg des MOSAiC-Projektes unerlässlich. Bereits die Anfahrt der „Polarstern“ zur Startposition der MOSAiC-Drift wurde logistisch durch das Forschungsschiff „Akademik Fedorov“ des AARI St. Petersburg unterstützt. Bei den Schichtwechseln der Besatzungs- und Wissenschaftlerteams zwischen den fünf Fahrtabschnitten waren die russischen Rosmorport-Schiffe „Kapitan Dranitzyn“ und „Admiral Makarov“ beteiligt. Der letzte Austausch im Juli 2020 erfolgte wieder durch das AARI-Forschungsschiff „Akademik Treshnikov“.

Leider findet dieser herausragende russische Beitrag in dem von der UFA produzierten und in der ARD am 16.11.2020 ausgestrahlten Film „Expedition Arktis. Ein Jahr. Ein Schiff. Im Eis“ im Rahmen der Themenwoche “Wie wollen wir leben?” keinerlei Erwähnung. Dabei wäre diese Anerkennung die Voraussetzung, um auch in Zukunft vertrauensvoll und auf Augenhöhe in der Arktis zusammenzuarbeiten.

Klaus Dethloff, Dietrich Spänkuch