Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Detlev Ganten „Eine holistische Sicht auf die Gesundheit. Von der molekularen Analyse zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen“

Am 6. März 2020 fand auf Einladung der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin im Schloss Biesdorf eine Abendveranstaltung mit einem Vortrag von Prof. Dr. Detlev Ganten zum Thema „Eine holistische Sicht auf die Gesundheit“ statt. Gemeinsam mit der Leibniz-Sozietät hatten die Berliner Medizinische Gesellschaft e.V., die Campus Berlin-Buch GmbH und das Schloss Biesdorf zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Im Vortragssaal des Schlosses Biesdorf in Berlin eröffnete der Vizepräsident der Leibniz-Sozietät Lutz-Günther Fleischer die Veranstaltung und begrüßte den Referenten und ca. 40 Teilnehmer (Begrüßung und Einführung). In seiner Eröffnungsrede ging er auf die gegenwärtigen Herausforderungen an die Wissenschaft, insbesondere aber an die der Medizin ein. Er verwies dabei auf die im November 2019 an gleicher Stelle durchgeführte Jahrestagung der Leibniz-Sozietät zum Thema „Virusinfektionen – alte und neue Erreger sowie Wege der Impfprophylaxe“. Diese Tagung war seinerzeit gemeinsam von der Leibniz-Sozietät und der Berliner Medizinischen Gesellschaft veranstaltet worden und hatte sehr großes Interesse gefunden (s.a. dortige Eröffungsansprache). Daraus war die Idee entstanden, weitere medizinische Fachvorträge in das Veranstaltungsprogramm der Leibniz-Sozietät aufzunehmen, was mit dem dann folgenden Vortrag von Detlev Ganten sehr gut umgesetzt wurde.

Nach der Eröffnung und Begrüßung durch den Vizepräsidenten der Leibniz-Sozietät übernahm Peter Oehme (MLS) die Moderation des Abends, indem er den Referenten zunächst mit den wichtigsten biografischen Daten vorstellte. Dabei führte er aus, dass Detlev Ganten zu den weltweit führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt. Detlev Ganten klärte grundlegende Mechanismen der Entstehung, der Therapie und der Vorbeugung des Bluthochdrucks auf, untersuchte die Bedeutung der Evolution für das Verständnis von Gesundheit und Krankheit und wurde für seine Forschungstätigkeit vielfach national und international ausgezeichnet. Er ist Präsident des World Health Summit, den er 2009 gründete und der eines der bedeutendsten Foren für globale Gesundheitsfragen ist.

Detlev Ganten begann seinen Vortrag mit einigen Anmerkungen zu mit dem Coronavirus und der Lungenkrankheit Covid-19 im Zusammenhang stehenden aktuellen Fragen. Davon ausgehend leitete er zum Thema seines Vortrags „Eine holistische Sicht auf die Gesundheit“ über. Er führte dabei aus, dass die Wissenschaft seit kurzer Zeit in der Lage ist, mit Hochdurchsatztechnologien wie Genomics und Proteomics alle Formen des Lebens und Stufen der Evolution auf der Erde präzise und in allen molekularen Feinheiten zu verstehen. Er machte deutlich, dass die Evolution uns lehrt, dass das Leben immer eine Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt war und ist. Wenn wir Biologie, Umwelt und unser Verhalten („lifestyle“) in die Betrachtungen einbeziehen, kommen wir zu einer holistischen Sicht von Gesundheit und Krankheit. Viele im Laufe der Evolution bewährte und belohnte Verhaltensweisen erweisen sich in unserer modernen, neuen Zivilisation als krank-machend für den Menschen. So sind die heutigen Zivilisationskrankheiten der urbanen Gesellschaften u.a. auf die Kluft zwischen evolutionsgeprägter, alter Biologie und moderner Lebensweise zurückzuführen.

Detlev Ganten stellte in seinen weiteren Ausführungen dar, dass ein holistisches Konzept von Gesundheit und Krankheit nicht an nationalen, politischen oder mentalen Grenzen Halt macht. Unser Verständnis der Evolution des Lebens und der Vielfalt der Arten auf dieser Erde ist zugleich auch eine Grundlage für die Konzepte von Public und Global Health und für die Nachhaltigkeitsziele (SDG) der Vereinten Nationen, denn die 17 SDGs gliedern sich in die Kategorien Umwelt, Biologie und Verhalten. Im Geiste der Nachhaltigkeitsziele werden beim World Health Summit gemeinsam mit der „M8-Allianz“ der akademischen Gesundheitszentren und Nationalen Akademien der Wissenschaften und zusammen mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft Strategien für eine Verbesserung der Gesundheit der Weltbevölkerung entwickelt.

Die von Peter Oehme geleitete außerordentlich anregende Diskussion nach dem Vortrag von Detlev Ganten machte deutlich, dass die Ausführungen von den Teilnehmern der Veranstaltung mit großem Interesse verfolgt wurden und der Behandlung des Themas sowohl aus medizinischer als auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht zukünftig eine ständig wachsende Bedeutung zukommt. Auf einer Folie fasste Peter Oehme wesentliche Punkte des Vortrags und der Diskussion zusammen, wobei er Gesundheit mit Biologie, Umwelt und Verhalten in eine funktionelle Beziehung setzte:

Gesundheit = f (Biologie, Umwelt, Verhalten)

Zudem stellte er einige Gedanken für zukünftige Entwicklungen in Bezug auf Medizin und Gesundheit zusammen, die auf dem folgenden Bild zu sehen sind.

Peter Oehme bei seinen Schlussbemerkungen (rechts im Bild Detlev Ganten)

Es ist vorgesehen, den Vortrag von Prof. Dr. Detlev Ganten demnächst in Form einer Publikation in Leibniz Online zu veröffentlichen und ihn somit einem noch breiteren Kreis von Interessenten zur Verfügung zu stellen.

Gemeinsames Foto am Ende des Vortrags, v.l.n.r. Ulrich Scheller (Geschäftsführer Campus Berlin-Buch GmbH), Ivar Roots (Vorsitzender der Berliner Medizinischen Gesellschaft e.V.), Detlev Ganten, Lutz-Günther Fleischer, Peter Oehme

Gerhard Pfaff

Fotos: Gerhard Pfaff, Ulrich Scheller