Nachruf für unser Mitglied Siegfried Nowak

Nowak Siegfried 2006 (H.Wöltge) bearb
Siegfried Nowak 2006
Foto: Herbert Wöltge

Am 7. September dieses Jahres verstarb nach längerer Krankheit unser Mitglied, Siegfried Nowak. Seine Biographie als Wissenschaftler, Forscher und Wissenschaftsorganisator ist cha-rakteristisch für die vieler Angehöriger der jungen Generation nach Ende des II. Weltkrieges im Osten unseres Landes. Über die Arbeiter- und Bauernfakultät führte ihn sein Weg 1951 direkt zum Studium der Chemie an die Moskauer Staatliche Lomonossov-Universität. Zu seinen Lehrern hier gehörten Chemiker von internationalem Rang wie Nikolai Ivanovich Tschuikin und Boris Aleksandrovich Kasansky.

Nach erfolgreicher Absolvierung des Studiums im Jahre 1956 begann er seine Tätigkeit im Institut für Verfahrenstechnik der organischen Chemie in Leipzig, das von Eberhard Leibnitz geleitet wurde und zu diesem Zeitpunkt noch zur chemischen Industrie gehörte, wenig später aber gemeinsam mit den anderen damals neu geschaffenen Instituten in der Leipziger Permoserstraße von der Akademie der Wissenschaften übernommen wurde.

Angeregt durch Eberhardt Leibnitz wurde die Gewinnung von Alpha-Olefinen aus Fischer-Gatsch und Mitteldestillaten durch thermische Spaltung Gegenstand seiner Promotionsarbeit, die er 1959 an der Leipziger Universität erfolgreich verteidigte.

Ein Jahr später übernahm Siegfried Nowak die Leitung der Abteilung Organische Grundstof-fe des Instituts und begann seine umfangreichen Untersuchungen zur Dehydrozyklisierung von n-Hexan und anderen Kohlenwasserstoffen unterschiedlicher Struktur, einem wichtigen Teilprozess der erdölchemischen Benzinreformierung. Die Ergebnisse dieser Arbeiten, die in Zusammenwirken mit der Industrie zur Entwicklung eines effektiveren Reforming-Katalysators führten, waren zugleich Inhalt seiner Promotion B, die er 1972 an der Akademie abschloss.

Im Zusammenhang mit der immer notwendiger werdenden tieferen Verarbeitung des Erdöls und der Entwicklung der Olefinchemie in der DDR folgten nun grundlegende Untersuchungen zum Spaltverhalten höherer Kohlenwasserstoffe in Abhängigkeit von ihrer Struktur, deren Ergebnisse ein bedeutender Beitrag zur Olefingewinnung aus Rohstoffen war, die bis dahin vorwiegend energetisch genutzt wurden. Auf Grund seiner Verdienste in der Leitung der Forschung hatte die Akademie ihn bereits 1970 zum Professor berufen.

Im Juli 1974 begann Siegfried Nowak seine Tätigkeit als Direktor des Zentralinstituts für or-ganische Chemie in Berlin-Adlershof, das sich unter seiner Leitung zu einem der leistungs-stärksten Institute der Akademie entwickelte. Seine erfolgreiche Arbeit in Forschung und Wissenschaftsleitung fand 1978 mit der Wahl zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR ihre verdiente Anerkennung.

Seit 1981 widmete sich Siegfried Nowak mit einem Teil der Mitarbeiter seines ehemaligen Bereiches in Leipzig verstärkt der Gewinnung längerkettiger organischer Verbindungen ausgehend von Molekülen, die selbst nur ein Kohlenstoffatom enthalten ( C1-Chemie). In diesem Zusammenhang müssen seine grundlegenden Untersuchungen zur Kombination der exother-men Spaltung des Methanols mit der endothermen Spaltung höherer Kohlenwasserstoffe zu Olefinen, Aromaten und Kraftstoffen besonders hervorgehoben werden.

Im Jahre 1987 wurde Siegfried Nowak zum Leiter des Forschungsbereichs Chemie bzw. zum Sekretär für Chemie an der Akademie berufen, ein Amt, das er bis April 1990 erfolgreich ausübte. Im Mai desgleichen Jahres wählten ihn die Institutsdirektoren, die Vorsitzenden der wissenschaftlichen Räte und der Personalräte aller Institute der Akademie zum Vizepräsidenten der der Akademie der Wissenschaften, als welcher er bis zur Auflösung derselben am 3. Oktober 1990 tätig war.

Bereits am 1. Juli desgleichen Jahres hatte er die Leitung des Instituts für chemische Techno-logie übernommen. Das Institut ereilte das Schicksal der meisten Institute. Es wurde zum 31. Dezember 1991 abgewickelt, gründete sich auf privatrechtlicher Basis aber neu als Institut für technische Chemie und Umweltschutz GmbH und Siegfried Nowak wurde Geschäftsführer und blieb es bis zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben im Jahre 1995. In diese Zeit fallen seine Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Wandlung von organischen Abproduk-ten und Schadstoffen durch thermisch/katalytische Prozesse. Ergebnisse dieser Arbeiten fan-den Eingang in seinen Vortrag im Plenum unserer Sozietät im Januar 2001 zum Thema mo-derner Technologien einer integrierten Abfallwirtschaft.

Siegried Nowak gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Leibniz-Sozietät und unterstützte ihre Arbeit aktiv, unter anderem als langjähriges Mitglied des erweiterten Präsidiums vor allem in Fragen der internationalen Verbindungen, wozu ihn insbesondere seine Mitgliedschaft in der Akademie der Wissenschaften der Russischen Föderation prädestinierte

Für seine wissenschaftlichen Leistungen, von denen etwa 140 wissenschaftliche Publikatio-nen und 89 Patente beredtes Zeugnis ablegen, und für seine umfassende Arbeit als Wissen-schaftsorganisator hat er zahlreiche Ehrungen erfahren und Auszeichnungen erhalten, von denen hier nur der Nationalpreis der DDR und die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig erwähnt werden sollen.

Die Leibniz-Sozietät wird ihrem verstorbenen Mitglied stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Gerhard Öhlmann