Nachruf für MLS Peter H. Feist

Nachruf auf MLS Peter H. Feist,
Kunsthistoriker

* 29.07.1928, † 26.07.2015

Wir trauern um Peter H. Feist, langjähriges Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, der am 26. Juli dieses Jahres kurz vor seinem 87. Geburtstag in Berlin verstorben ist. Wir gedenken eines namhaften Wissenschaftlers, der der Sozietät eng verbunden war.

Er wurde 1974 zum Korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften gewählt und gehörte im Jahre 1993 zu den Gründungsmitgliedern der Sozietät. Er hat in der sozial- und geisteswissenschaftlichen Klasse und im Plenum sein Fach, die Kunstwissenschaft, durch eine Reihe von Vorträgen zu Kunsttendenzen der Gegenwart, besonders des Avantgardismus, und durch seine Diskussionsbeiträge mit Würde und Sachkenntnis und in einer für ihn charakteristischen Ruhe und Gelassenheit vertreten. Leider konnte er infolge Kräftemangels in den letzten Jahren nicht mehr an unseren Veranstaltungen teilnehmen, hat aber die diesbezüglichen Berichte und Publikationen stets mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

Auch in der künstlerisch interessierten Öffentlichkeit sah man ihn nur noch selten, so als Laudator einer Ausstellung der Werke Konrad Knebels in der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. und jüngst als Besucher der Vernissage von Werken des Bildhauers Wieland Förster, in der Feist vom Laudator Altbundestagspräsident Thierse begrüßte wurde.

Er gehörte zu jener Generation von Deutschen, die von Krieg und Faschismus geprägt waren: noch als Jugendlicher war er vom NS-Regime zum Einsatz als Flakhelfer gepresst worden und wurde durch die Umsiedlung aus dem Sudetenland in das Nachkriegs-Ostdeutschland, in das anhaltinische  Wittenberg verschlagen. Lebenserfahrungen, die für seine politischen Entscheidungen und seine moralische Haltung maßgeblich waren.

Seine frühe Liebe zur Bildenden Kunst wurde durch sein Streben nach wissenschaftlicher Stringenz ergänzt, das im Rumburger Gymnasium in der einstmaligen Tschechoslovakei  von seiner damaligen “strengen Lateinlehrerin”, der Studienrätin Rita Schober, geweckt wurde, eine Symbiose von Wissenschaft und Kunst, die sich in seiner späteren wissenschaftlichen Laufbahn erfolgreich bestätigte. Er studierte  Kunstgeschichte, Geschichte sowie klassische und orientalische Archäologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und war anschließend dortselbst Assistent und Oberassistent am Kunstgeschichtlichen Institut, wo er 1958 mit der Arbeit Die Stilstruktur von der altorientalischen bis zur romanischen Kunst promoviert wurde.

Vielleicht wurde er durch seinen Wohnsitz und sein Studium im Anhaltinischen und dem Umgang mit der lokalen Kulturtradition zur Beschäftigung mit der Romanik und speziell der Skulptur angeregt, der seine Hallenser Inauguraldissertation und auch einige Publikationen galten, so „Plastiken der deutschen Romanik“ (1960) und „Figur und Objekt. Plastik im 20. Jahrhundert“  (1996). Später allerdings widmete er sich überwiegend dem französischen Impressionismus, dem auch seine meisten Publikationen galten, und als dessen besten Kenner und Interpreten zumindest im deutschen Sprachraum er galt.

Nach der Promotion ging er als Oberassistent an das Institut für Kunstgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er sich 1966 zum Thema Bereicherung und Begrenzung der Malerei durch den französischen Impressionismus habilitierte, womit er seine zukünftige wissenschaftliche Hauptorientierung signalisierte. 1967 wurde er zum Dozenten und 1968 zum Professor an der Sektion Ästhetik und Kunstwissenschaften der HU Berlin berufen, an der er auch mehrere wissenschaftsleitende Funktionen, u.a. als stellvertretender Sektionsdirektor, übernahm. Er war ferner Mitglied der Akademie der Künste und des Zentralvorstandes des Verbandes Bildender Künstler der DDR und leitete von 1982 bis zu seinem Vorruhestand 1990 das Institut für Ästhetik und Kunstwissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR.

Diese große Zahl von Funktionen und Aktivitäten besonders im Hochschulbereich zeugt von seiner Bemühung, möglichst viele Menschen zum Kunstgenuss zu befähigen bzw. dafür qualifizierte  Pädagogen und Nachwuchskräfte auszubilden.

Diesem Ziel galten auch seine zahlreichen Publikationen vor allem zum Impressionismus, so „Auguste Renoir“ (Leipzig 1961), “Renoir. Ein Traum von Harmonie“ (Köln 1987), „Impressionistische Malerei in Frankreich“ (Dresden 1972), „Impressionismus. Die Erfindung der Freizeit“ (Leipzig 1993), „Französischer Impressionismus. Malerei des Impressionismus 1860-1920“ (Köln 2000)

Zudem veröffentlichte Peter H. Feist auch mehrere kunsthistorisch und kunsttheoretisch ambitionierte Schriften wie:
Prinzipien und Methoden marxistischer Kunstwissenschaft: Versuch eines Abrisses (Leipzig 1966.); Die National Gallery London (Leipzig 1976): Geschichte der deutschen Kunst  (Leipzig 1986/87); Information der Galerie Deutsche Guggenheim zur Ausstellung Abstraktion und Einfühlung, und vor allem Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon „Zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten“ (zusammen mit LS-Mitglied Peter Betthausen und Christiane Fork, 2.Aufl. Stuttgart 2007).

Peter Feist ist tot. Doch diese seine Werke leben. Sie  sollten zu seinem Gedächtnis wieder einmal gelesen und mit ihren zahlreichen und schönen Illustrationen betrachtet werden.

Berlin, 31. Juli 2015
Hans-Otto Dill