Nekrolog auf unser Mitglied Prof. Dr. Lothar Sprung
Prof. Dr. sc. nat. Lothar Sprung
* 26. September 1934 † 18 Januar 2017
Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2000
Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr Mitglied, den Experimentalpsychologen, Methodiker, Diagnostiker und Psychologiehistoriker Lothar Sprung, der am 18. Januar 2017 im Alter von 82 Jahren verstorben ist.
Am 18. Januar 2017 verstarb nach langer schwerer Krankheit unser Mitglied Prof. Dr. Lothar Sprung, der sich bei der Etablierung einer Methodologie und Methodik der Psychologie, der psychologischen Diagnostik und Psychologiegeschichte bleibende Verdienste erworben hat.
Am 26. September 1934 wurde Lothar Sprung in Berlin geboren. Im 2. Weltkrieg hat er noch als zehnjähriger „Kriegsteilnehmer“ in den Straßenkämpfen von Prag das Grauen des Krieges erlebt. Doch er hatte Glück und kam gesund zurück. Diese Erfahrung hat ihn zum Pazifisten gemacht.
Zunächst hatte er das Tischlerhandwerk gelernt, aber den Bau- und Möbeltischler zog es in die Wissenschaft. Er studierte Biologie, Chemie und Psychologie an der Humboldt-Universität Berlin und an der Friedrich-Schiller-Universität Jena in den Jahren 1957 bis 1962. Bereits in den Studienjahren an der Humboldt-Universität hat er seine Frau Helga kennengelernt. Diese Bindung sollte ein ganzes Wissenschaftlerleben halten.
Die Promotion erfolgte 1970, die Habilitation 1980, jeweils an der Humboldt-Universität bei Friedhart Klix. Im Jahre 1970 wurde er zum Dozenten und zum Stellvertretenden Direktor der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität von 1970 bis 1973 berufen. Im Jahre 1990 erfolgte die Berufung zum Professor für das Fachgebiet Methodologie und Methodik der Humanwissenschaft an der Humboldt-Universität.
Seine wissenschaftliche Tätigkeit begann Lothar Sprung an der Humboldt-Universität als Assistent in der Allgemeinen Psychologie mit Untersuchungen zur Begriffsbildung. Hier prägte ihn die exakte Denkweise der Naturwissenschaften. Sodann zog es ihn in die Methodik. Dies drückte sich in dem Satz von Kepler aus, den er mehrfach zitierte: “Mir kommen die Wege, auf denen die Menschen zur Erkenntnis gelangen, fast ebenso bewunderungswürdig vor wie die Natur der Dinge selbst.“ Zusammen mit seiner Frau Helga legte er 1984 ein erstes Werk „Grundlagen der Methodologie und Methodik der Psychologie“ vor, ein „Kohlrausch“ der Psychologie. In diesem Werk hatten sie eine „Allgemeine Methodologie und Methodik der Humanwissenschaften“ entwickelt. Kennzeichen dieser Methodologie und Methodik ist ihre außerordentliche Systematik und eine Exaktheit, die in den empirischen Wissenschaften ihresgleichen sucht.
Sein weiteres Interesse galt der Diagnostik und er hat zusammen mit J. Guthke und H.R. Böttcher 1990/1991 zwei Bände zur Diagnostik vorgelegt.
Schließlich befasste er sich noch mit einem dritten Forschungsgebiet: der Psychologiegeschichte. Hier hat er eine Vielzahl von Einzelarbeiten publiziert. Die Krönung seines Lebenswerkes war das Buch zusammen mit seiner Frau Helga „Eine kurze Geschichte der Psychologie und ihrer Methoden“, erschienen 2010.
Lothar Sprung war ein begabter Hochschullehrer. Generationen von Psychologiestudenten haben von ihm die Exaktheit der psychologischen Methodik gelernt.
Lothar Sprung ist niemals einem „Mainstream“ nachgelaufen. Die Diskussion, den wissenschaftlichen Meinungsstreit hat er gesucht, das Urteil seiner Mitstreiter hat er stets sehr geschätzt. Wir erleben seine Diktion: liebenswert, nachdenklich, systematisch und klar und vor allem aufrichtig; obschon kompromissbereit, so doch nie den Pfad seiner wissenschaftlichen Prinzipien verlassend.
Den wissenschaftlichen Gedankenaustausch in der Leibniz-Sozietät hat er durch seine Vorträge zur Methodologie und Methodik in den Humanwissenschaften bis zum Beginn seiner schweren Krankheit stets bereichert. Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin wird sein Andenken in Ehren halten.
Seinen Freunden und Mitstreitern im In- und Ausland bleibt die Erinnerung an einen großen Gelehrten, an einen aufrichtigen Menschen und wunderbaren Freund.
Werner Krause
Grabrede
von Prof. Dr. Werner Krause bei der Beisetzung von Lothar Sprung