Nachruf für MLS Friedhilde Krause

Nachruf für unser Mitglied
Prof. Dr. Friedhilde Krause

Friedhilde Krause, 2007; Foto: H. Wöltge
Friedhilde Krause, 2007; Foto: H. Wöltge

* 18 August 1928 – † 13. September 2014

Am 13. September ist unser langjähriges Mitglied Friedhilde Krause in Rostock im Alter von 86 Jahren verstorben. Sie gehörte der Leibniz-Sozietät seit dem Jahre 1997 an und war eines ihrer aktivsten Mitglieder. Sie hat mit ihren vielen Diskussionsbeiträgen wesentlich das hohe wissenschaftliche Niveau der Klasse für Geistes- und Sozialwissenschaften bestimmt, bis sie infolge ihrer aus Alters- und Gesundheitsgründen erfolgten Übersiedelung nach Rostock nicht mehr an den Sitzungen der Sozietät teilnehmen konnte. Die Älteren unter uns erinnern sich gern ihres lebhaften, engagierten und oft auch polemischen Auftretens und ihrer von gediegener Sachkenntnis durchdrungenen Beiträge zum interdisziplinären wissenschaftlichen Meinungsstreit, wozu sie als Bibliothekarin, Bibliothekswissenschaftlerin, ausgebildete Sprach- und Literaturwissenschaftlerin sowie als intime Kennerin der Schönen Literatur beste Voraussetzungen hatte.

Geboren wurde Friedhilde Jonat am 18. August des Jahres 1928 als Tochter eines evangelischen Pfarrers im heute polnischen Serock. Nach dem Besuch des Gymnasiums zunächst in Gnesen und sodann, nach der Umsiedlung, in Wittstock/Dosse studierte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin Slawistik, Germanistik und Pädagogik und war anschließend als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Slawistik dieser Berliner Universität tätig. Danach war sie noch mehrere Jahre Fachreferentin für Slawistik, Theologie und Russisch im Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen der DDR, bevor sie, bei gleichzeitigem Absolvieren eines bibliothekswissenschaftlichen Studiums, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin wurde. 1970 promovierte sie auf ihrem neu erarbeiteten Fachgebiet, der Bibliothekswissenschaft, zur Doktorin der Philosophie.

Sowohl aufgrund ihrer herausragenden theoretisch-wissenschaftlichen wie praktischen Bibliothekskenntnisse wurde der renommierte, national wie international hochgeschätzte Generaldirektor der Deutschen Staatsbibliothek, Horst Kunze, auf sie aufmerksam, dessen Stellvertreterin sie 1969 wurde. Als sie 1977 dessen Nachfolge übernahm, war sie nicht nur die erste Direktorin der Deutschen Staatsbibliothek, sondern überhaupt die erste Frau an der Spitze einer deutschen wissenschaftlichen Bibliothek.

Bei ihrer Pensionierung 1988 konnte sie auf eine lange erfolgreiche Tätigkeit in diesem altehrwürdigen Haus zurückblicken, eine Tätigkeit, die nicht nur der Verwaltung der riesigen Buchbestände, sondern auch dem Erhalt des Gebäudes und dem Kampf für die Bewilligung der notwendigen Mittel für die Aktualisierung der Buchbestände galt. In besonderer Weise machte sie sich um den Aufbau und die Pflege der Beziehungen zu den osteuropäischen und sowjetischen Kollegen verdient.

Neben dieser bibliothekspraktischen Arbeit trat sie auch als eine führende Forscherin auf dem Gebiet der Bibliothekswissenschaften in Erscheinung, wovon ihre Beiträge auf Kolloquien, ihre Monographien und eine große Zahl von Einzelaufsätzen in Zeitschriften sowie von ihr herausgegebene Sammelbände zeugen. Genannt seien:

Friedhilde Krause (Hg.): Von der Wirkung des Buches: Festgabe für Horst Kunze zum 80. Geburtstag, gewidmet von Schülern und Freunden. Deutsche Staatsbibliothek Berlin 1990

Esko Häkli & Friedhilde Krause (Hg.): Bibliophilie und Buchgeschichte in Finnland: Aus Anlass des 500. Jubiläums des Missale Aboense. Deutsche Staatsbibliothek Berlin & Bibliothek Helsinki 1988

Friedhilde Krause (Hg.): Theodor Fontane im literarischen Leben seiner Zeit: Beiträge zur Fontane-Konferenz vom 17. bis 20. Juni 1986 in Potsdam. Deutsche Staatsbibliothek Berlin 1987

Friedhilde Krause (Bearb.): Auswählen, Verwalten, Dienen …: Dienstprotokolle aus der Amtszeit Adolf von Harnacks an der Königlichen Bibliothek, Preußischen Staatsbibliothek 1905 bis 1921. Wiesbaden 2001

Friedhilde Krause (Hg.): Die Bibliothek der Brüder Grimm: Annotiertes Verzeichnis des festgestellten Bestandes. Weimar 1989

Auch als Verfasserin von lesenswerten und bedenkenswerten Memoiren ist sie hervorgetreten.

Die Leibniz-Sozietät verliert mit Friedhilde Krause ein prominentes, um die Bewahrung und Entwicklung der Buchkultur hochverdientes Mitglied, eine bedeutende Forscherin, deren Andenken sie in Ehren halten wird.

Professor Dr. Hans-Otto Dill