zum Vortrag von Prof. em. Casasus (Universität Fribourg/Schweiz) zum Thema
„Die Europäische Union – Das Spannungsfeld Erweiterung – Vertiefung“
Der Vortrag findet auf Einladung des Arbeitskreises „Europa“ der Leibniz Sozietät am 16. Oktober 2023, 14 Uhr s.t. im Sitzungsraum der GEFEG mbH, Storkower Straße 207, 10369 Berlin statt.
Wir ersuchen darum, dass sich Interessierte bei dem amtierenden Sprecher des Arbeitskreises, Univ.-Prof. i.R. Dieter Segert per E-Mail anmelden: dieter.segert@univie.ac.at
Abstract
Sowohl in historischer als auch in politischer Perspektive stand das Spannungsfeld zwischen der Erweiterung und Vertiefung der EG bzw. der EU seit Beginn im Mittelpunkt des europäischen Integrationsprozesses. Selbst vor der Unterzeichnung des EGKS-Vertrages am 18. April 1951 waren sich die Akteure über die Auslegung des Kompetenzfeldes und die Zahl der Mitgliedsländer uneinig. Was zuerst zu sechst begann, und nun siebenundzwanzig Länder umfasst, ist als steiniger Weg zu betrachten, wo sich stets Verfechter einer zügigen Erweiterung gegenüber Befürwortern von neuen institutionellen Rahmenbedingungen gegenüberstanden. Während die Ersten sich meistens durchgesetzt haben, beklagen die Zweitgenannten einen größer gewordenen Reformstau, der sich letztendlich für das politische Handeln der Europäischen Union negativ bemerkbar macht. Eine Vielzahl von Staaten mit widersprüchlichen, meist nationalen Interessen erschwert zunehmend die Entscheidungsfindung einer Union, die jetzt vor jeder zusätzlichen Erweiterung ein neues Regelwerk verdient, um sich rechtzeitig vor misslungenen und daher kontraproduktiven Lösungsansätzen zu schützen. Deswegen sollte man möglicherweise auf alte, dennoch noch nicht in die Tat umgesetzte Vorschläge am Beispiel des im Jahre 1994 von Karl Lamers und Wolfgang Schäuble ausgearbeiteten „harten Kerns Europas“ zurückgreifen, die Kopenhagener Kriterien von 1993 besser respektieren oder neue Verfassungsmodelle entwickeln, die im Vorfeld jeder neuen (Südost)Erweiterung eine Verabschiedung von konsensfähigen Grund- und Spielregeln voraussetzen. Damit wird klar, dass der Dauerbrenner der Dialektik zwischen Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union noch lange nicht erloschen ist.
Lebenslauf des Vortragenden
Gilbert Casasus, schweizerisch-französischer Doppelbürger, geboren in Lyon am 09. Oktober 1956 ist emeritierter Professor der zweisprachigen Universität Freiburg/Fribourg in der Schweiz. Zwischen 2008 und 2022 leitete er den dortigen Fachbereich „Europastudien“ und war zuständig für diesen nicht nur in der Schweiz einzigartigen bilingualen Masterstudiengang.
Diplompolitologe des Institut d‘Études Politiques de Lyon im Jahre 1978 setzte er sein Studium am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München fort, wo er 1985 unter der Aufsicht des Professors Kurt Sontheimer (†) seinen Doktortitel erlangte. Thema seiner Dissertation war ein deutsch-französischer kommunalpolitischer Vergleich.
Er setzte sich sowohl gesellschaftspolitisch als auch beruflich für die Pflege der deutsch-französischen Beziehungen ein und arbeitete von 1986 bis 1989 als stellv. Presse- und Informationsreferent des Deutsch- französischen Jugendwerkes in Paris. Er erlebte die bewegende Zeit der deutschen Einheit als Kulturreferent am Institut Français in Hannover, welches er im Jahre 1992 verließ.
Im Jahre 1993 begann er eine neue Karriere als Universitätsdozent und gehörte zu den wenigen Europäern bzw. Franzosen, die in den neuen Ländern eine Lehrtätigkeit aufnahmen. Demzufolge arbeitete er zwischen 1993 und 1996 als Lektor bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Danach wurde er zwischenzeitlich zum Lehrbeauftragten des Europainstitutes der Universität Genf nominiert und erhielt während zwei Semestern (1998-99) eine Stelle als Gastdozent an der Bauhaus-Universität in Weimar.
Seit den frühen 90er-Jahren galt sein wissenschaftliches und politisches Interesse dem deutschen Einheitsprozess, der ihn u.a. in Zusammenarbeit mit seinen beiden Kolleginnen Sylvie Lemasson und Sophie Lorrain zur Veröffentlichung des ersten den fünf neuen Ländern gewidmeten Buches in französischer Sprache ermunterte, welches im Jahre 1995 vom „autrement Verlag“ publiziert wurde. Im Jahre 2004 folgte ein weiteres Werk, welches gleichzeitig mit seiner deutschen Kollegin, Prof. Dr. Dorothee Röseberg, unter dem Titel „Frankreich und die Neuen Länder“ vom Stauffenburg Verlag herausgegeben wurde. Zwischenzeitlich erhielt Gilbert Casasus ein Forschungsstipendium des schweizerischen Nationalfonds, das ihm bei der Veröffentlichung seines Buches zur „Nouvelle Droite allemande“ (Neuen deutschen Rechten) verhalf.
Von 2002 bis 2008 arbeitete Gilbert Casasus als Dozent beim damals neu gegründeten „Deutsch-französischen Studiengang von Sciences PO Paris“ in Nancy. Alle seine Kurse fanden in deutscher Sprache statt und befassten sich meistens mit den Themen der Tagespolitik in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in der Schweiz. Gleichzeitig bekam er einige Lehraufträge an den Instituten für Politikwissenschaft in Grenoble, in Lyon sowie an den Universitäten Straßburg, Halle oder auch Minsk.
Als Professor der Philosophischen Fakultät der Schweizer Universität Freiburg legte er seine Schwerpunkte auf die Geschichte der europäischen Integration, die ohnehin schwierige und konfliktreiche schweizerische Europapolitik sowie auf die Relevanz und Grenzen der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Hinblick auf die Nachbarstaaten und übrigen EU-Mitglieder oder Nicht-Mitglieder der Europäischen Union.
Gilbert Casasus war/ist Gast zahlreicher Kolloquien, tritt regelmäßig aufgrund seiner Zweisprachigkeit in den schweizerischen bzw. auch ausländischen Medien auf, arbeitet oft eng mit der in Lausanne ansässigen Stiftung Jean Monnet zusammen und ist Vorstandsmitglied der „Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik“ (SGA/ASPE). Träger des Verdienstordens Frankreichs (Ordre du Mérite) und des Ordens des „italienischen Sterns“ (Ordina della Stella d’Italia) gilt er zugleich als ausgewiesener Kenner Europas und als kritischer Geist sowie bezeichnet sich selbst als „skeptischer Realist“.
EINLADUNG
zum Vortrag von Prof. em. Casasus (Universität Fribourg/Schweiz) zum Thema
„Die Europäische Union – Das Spannungsfeld Erweiterung – Vertiefung“
Der Vortrag findet auf Einladung des Arbeitskreises „Europa“ der Leibniz Sozietät am 16. Oktober 2023, 14 Uhr s.t. im Sitzungsraum der GEFEG mbH, Storkower Straße 207, 10369 Berlin statt.
Teilnahme über Zoom ist ebenfalls möglich:
https://uni-potsdam.zoom.us/j/95397029406
Meeting ID: 953 9702 9406
Passwort: 13714361
Interessierte sind herzlich eingeladen!
Wir ersuchen darum, dass sich Interessierte bei dem amtierenden Sprecher des Arbeitskreises, Univ.-Prof. i.R. Dieter Segert per E-Mail anmelden: dieter.segert@univie.ac.at
Abstract
Sowohl in historischer als auch in politischer Perspektive stand das Spannungsfeld zwischen der Erweiterung und Vertiefung der EG bzw. der EU seit Beginn im Mittelpunkt des europäischen Integrationsprozesses. Selbst vor der Unterzeichnung des EGKS-Vertrages am 18. April 1951 waren sich die Akteure über die Auslegung des Kompetenzfeldes und die Zahl der Mitgliedsländer uneinig. Was zuerst zu sechst begann, und nun siebenundzwanzig Länder umfasst, ist als steiniger Weg zu betrachten, wo sich stets Verfechter einer zügigen Erweiterung gegenüber Befürwortern von neuen institutionellen Rahmenbedingungen gegenüberstanden. Während die Ersten sich meistens durchgesetzt haben, beklagen die Zweitgenannten einen größer gewordenen Reformstau, der sich letztendlich für das politische Handeln der Europäischen Union negativ bemerkbar macht. Eine Vielzahl von Staaten mit widersprüchlichen, meist nationalen Interessen erschwert zunehmend die Entscheidungsfindung einer Union, die jetzt vor jeder zusätzlichen Erweiterung ein neues Regelwerk verdient, um sich rechtzeitig vor misslungenen und daher kontraproduktiven Lösungsansätzen zu schützen. Deswegen sollte man möglicherweise auf alte, dennoch noch nicht in die Tat umgesetzte Vorschläge am Beispiel des im Jahre 1994 von Karl Lamers und Wolfgang Schäuble ausgearbeiteten „harten Kerns Europas“ zurückgreifen, die Kopenhagener Kriterien von 1993 besser respektieren oder neue Verfassungsmodelle entwickeln, die im Vorfeld jeder neuen (Südost)Erweiterung eine Verabschiedung von konsensfähigen Grund- und Spielregeln voraussetzen. Damit wird klar, dass der Dauerbrenner der Dialektik zwischen Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union noch lange nicht erloschen ist.
Lebenslauf des Vortragenden
Gilbert Casasus, schweizerisch-französischer Doppelbürger, geboren in Lyon am 09. Oktober 1956 ist emeritierter Professor der zweisprachigen Universität Freiburg/Fribourg in der Schweiz. Zwischen 2008 und 2022 leitete er den dortigen Fachbereich „Europastudien“ und war zuständig für diesen nicht nur in der Schweiz einzigartigen bilingualen Masterstudiengang.
Diplompolitologe des Institut d‘Études Politiques de Lyon im Jahre 1978 setzte er sein Studium am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München fort, wo er 1985 unter der Aufsicht des Professors Kurt Sontheimer (†) seinen Doktortitel erlangte. Thema seiner Dissertation war ein deutsch-französischer kommunalpolitischer Vergleich.
Er setzte sich sowohl gesellschaftspolitisch als auch beruflich für die Pflege der deutsch-französischen Beziehungen ein und arbeitete von 1986 bis 1989 als stellv. Presse- und Informationsreferent des Deutsch- französischen Jugendwerkes in Paris. Er erlebte die bewegende Zeit der deutschen Einheit als Kulturreferent am Institut Français in Hannover, welches er im Jahre 1992 verließ.
Im Jahre 1993 begann er eine neue Karriere als Universitätsdozent und gehörte zu den wenigen Europäern bzw. Franzosen, die in den neuen Ländern eine Lehrtätigkeit aufnahmen. Demzufolge arbeitete er zwischen 1993 und 1996 als Lektor bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Danach wurde er zwischenzeitlich zum Lehrbeauftragten des Europainstitutes der Universität Genf nominiert und erhielt während zwei Semestern (1998-99) eine Stelle als Gastdozent an der Bauhaus-Universität in Weimar.
Seit den frühen 90er-Jahren galt sein wissenschaftliches und politisches Interesse dem deutschen Einheitsprozess, der ihn u.a. in Zusammenarbeit mit seinen beiden Kolleginnen Sylvie Lemasson und Sophie Lorrain zur Veröffentlichung des ersten den fünf neuen Ländern gewidmeten Buches in französischer Sprache ermunterte, welches im Jahre 1995 vom „autrement Verlag“ publiziert wurde. Im Jahre 2004 folgte ein weiteres Werk, welches gleichzeitig mit seiner deutschen Kollegin, Prof. Dr. Dorothee Röseberg, unter dem Titel „Frankreich und die Neuen Länder“ vom Stauffenburg Verlag herausgegeben wurde. Zwischenzeitlich erhielt Gilbert Casasus ein Forschungsstipendium des schweizerischen Nationalfonds, das ihm bei der Veröffentlichung seines Buches zur „Nouvelle Droite allemande“ (Neuen deutschen Rechten) verhalf.
Von 2002 bis 2008 arbeitete Gilbert Casasus als Dozent beim damals neu gegründeten „Deutsch-französischen Studiengang von Sciences PO Paris“ in Nancy. Alle seine Kurse fanden in deutscher Sprache statt und befassten sich meistens mit den Themen der Tagespolitik in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in der Schweiz. Gleichzeitig bekam er einige Lehraufträge an den Instituten für Politikwissenschaft in Grenoble, in Lyon sowie an den Universitäten Straßburg, Halle oder auch Minsk.
Als Professor der Philosophischen Fakultät der Schweizer Universität Freiburg legte er seine Schwerpunkte auf die Geschichte der europäischen Integration, die ohnehin schwierige und konfliktreiche schweizerische Europapolitik sowie auf die Relevanz und Grenzen der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Hinblick auf die Nachbarstaaten und übrigen EU-Mitglieder oder Nicht-Mitglieder der Europäischen Union.
Gilbert Casasus war/ist Gast zahlreicher Kolloquien, tritt regelmäßig aufgrund seiner Zweisprachigkeit in den schweizerischen bzw. auch ausländischen Medien auf, arbeitet oft eng mit der in Lausanne ansässigen Stiftung Jean Monnet zusammen und ist Vorstandsmitglied der „Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik“ (SGA/ASPE). Träger des Verdienstordens Frankreichs (Ordre du Mérite) und des Ordens des „italienischen Sterns“ (Ordina della Stella d’Italia) gilt er zugleich als ausgewiesener Kenner Europas und als kritischer Geist sowie bezeichnet sich selbst als „skeptischer Realist“.
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