April-Sitzung der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften
10. April 2014 - 10:00 - 12:00
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften lädt zur planmäßig am 10. April 2014 stattfindenden April-Sitzung ein, auf der der folgende Vortrag gehalten und zur Diskussion gestellt wird:
Werner Kriesel (MLS):
Automation und Kommunikation – Rückblick und Vorschau
10:00 bis 12:00 Uhr, BVV-Saal
C.V.:
Prof. Kriesel ist Automatisierungstechniker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2013. Nach dem Studium der Regelungstechnik an der TH Magdeburg war er von 1965-1971 in der Automatisierungs-Großindustrie in Berlin mit Entwicklung und Projektierung von Automatisierungssystemen befasst; als Externer wurde er 1968 an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. 1971-1979 war er Hochschuldozent für Regelungstechnik an der TH Magdeburg und dort von 1976–1979 Stellvertretender Direktor für Forschung der Sektion Technische Kybernetik und Elektrotechnik. Die Habilitation erfolgte 1978 an der HUB; danach war er 1979-1995 ordentlicher Professor für Automatisierungstechnik an der TH Leipzig, wo er 1981–1990 als Stellvertretender Direktor für Forschung der Sektion Automatisierungsanlagen wirkte. Es folgte 1995–2006 eine Professur für Automatisierungstechnik in Merseburg. Seit 1994 leitet er das Steinbeis-Transferzentrum “Automatisierungs-, Informations- und Elektrosysteme” Stuttgart/Leipzig (wo es u.a. um die Zertifizierung des Kommunikationssystems „AS-Interface“ geht).
Seine mehr als 200 Publikationen konzentrieren sich auf Automatisierungsgeräte und -anlagen sowie auf industrielle Kommunikationstechnik. Aus seinem akademischen Umfeld sind 6 Professoren hervorgegangen.
Abstract: Die Kybernetik ist seit den 1940er Jahren (Norbert Wiener, MIT; Hermann Schmidt, TH Berlin) und den 1960er Jahren (Georg Klaus, Berlin) in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung deutlich gewachsen, und sie ist keineswegs eine vorübergegangene Modeerscheinung. Die Technische Kybernetik hat als Automation und Kommunikation eine Breitenwirkung erlangt. Deren mehrfacher Generationswechsel sowie zukünftige Fortschritte werden als technikwissenschaftlicher Prozess gezeigt. Der Praxis liegt eine integrierende Wissenschaftsdisziplin zugrunde (Leibniz, Laplace,Maxwell). Die Automation bis in die 1960er Jahre war durch Dominanz der Regelungstechnik gekennzeichnet. Die Unterscheidung von Regelung als geschlossener Kreis (feedback) und Steuerung als offene Kette ist über Jahrzehnte einem fundamentalen Irrtum unterlegen, der zu korrigieren ist.
Die Digitalisierung bewirkte ab 1975eine neuartige Generation vonAutomatisierungssystemen mit dezentral verteilter Intelligenz, deren Vernetzung durch digitale Bussysteme sowie eine Revolution der Mensch-Maschine-Kommunikation. Diese veränderten Systemstrukturen wurden vom Autor zusammen mit H. Töpfer (KM der AdW) und K. Fuchs-Kittowski (MLS) zu einem neuen Denkansatz für Automatisierungs-Strukturebenen verallgemeinert.
Der Autor hat bereits 1979 ein Langzeit-Zukunftsmodell mit wiederum neuartigen Systemstrukturen vorgeschlagen: Einchip-Mikrorechner bewirken dezentrale Intelligenz innerhalb von direkt vernetzbaren Mess- und Stelleinrichtungen (embedded systems). Diese bis heute gültige Prognose zeigt allgemein, dass nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern auch in den Technikwissenschaften Modelle mit hoher Extrapolationsfähigkeit möglich und nützlich sind. Weiterhin sind im Verhältnis zwischen Naturwissenschaften, Technikwissenschaften und Philosophie Verschiebungen zu konstatieren.
Das Lokale Netz (Local Area Network LAN) hat seit 1983 die Automation herausgefordert, und im Resultat wurde die „industrielle Kommunikation“ zu einem eigenständigen Feldbusnetz mit Mehrebenenstruktur entwickelt: Field Area Network FAN. Das bisherige LAN wurde zur interdisziplinären Brücke zwischen Automatik und Informatik. Realisierungsschritte zum FAN werden am Beispiel des Kommunikationssystems „AS-Interface“ gezeigt (Europa- und Weltnorm). Bisher wurden mehr als 100 Millionen Sensoren und Aktuatoren über dieses System vernetzt. Die weltweite Zertifizierung erfolgt in Leipzig unter Verantwortung des Autors.
Leipzig als System-Erfahrungsträger verfolgt Vorlaufarbeiten, die nur noch interdisziplinär und transdisziplinär zu erbringen sind (Uni Stuttgart, Uni Rostock). Ein zu erwartender Innovationssprung dürfte zu einem erneuten Generationswechsel in der industriellen Kommunikation führen (Paradigmenwechsel; Wechselwirkung zwischen Innovation und Nachhaltigkeit). Die weitere Zukunft der Automatisierung ist durch bereits bekannte Einflüsse getrieben: Vernetzung, Internet der Dinge, industrielle Echtzeit-Bildverarbeitung,Cloud Computing, Cyber-Physical Production Systems (CPPS) im Zukunftsmodell Industrie 4.0. Die Automation wird aber auch unkonventionelle Zukunftspotenziale aus der Biokybernetik nutzen, z. B. für die Mensch-Maschine-Kommunikation auf Basis von Gedankensteuerung, die zugleich eine industrielle Vorfeldforschung für Avatare der ersten Generation darstellt. Die 2045-Initiative als Zukunftsmodell umfasst vier Generationen von Avataren, die als Orientierung für weitere Zukunftsschritte sehr interessant erscheinen (hierzu diskutieren H. E. und H. Hörz auch Aspekte des Transhumanismus).
Die moderne Automation und Kommunikation führt auch zu zahlreichen sozialen Wirkungen, worauf der Autor in seinem Vortrag im Juni-Plenum der Leibniz-Sozietät spezieller eingeht.
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften lädt zur planmäßig am 10. April 2014 stattfindenden April-Sitzung ein, auf der der folgende Vortrag gehalten und zur Diskussion gestellt wird:
Werner Kriesel (MLS):
Automation und Kommunikation – Rückblick und Vorschau
10:00 bis 12:00 Uhr, BVV-Saal
C.V.:
Prof. Kriesel ist Automatisierungstechniker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2013. Nach dem Studium der Regelungstechnik an der TH Magdeburg war er von 1965-1971 in der Automatisierungs-Großindustrie in Berlin mit Entwicklung und Projektierung von Automatisierungssystemen befasst; als Externer wurde er 1968 an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. 1971-1979 war er Hochschuldozent für Regelungstechnik an der TH Magdeburg und dort von 1976–1979 Stellvertretender Direktor für Forschung der Sektion Technische Kybernetik und Elektrotechnik. Die Habilitation erfolgte 1978 an der HUB; danach war er 1979-1995 ordentlicher Professor für Automatisierungstechnik an der TH Leipzig, wo er 1981–1990 als Stellvertretender Direktor für Forschung der Sektion Automatisierungsanlagen wirkte. Es folgte 1995–2006 eine Professur für Automatisierungstechnik in Merseburg. Seit 1994 leitet er das Steinbeis-Transferzentrum “Automatisierungs-, Informations- und Elektrosysteme” Stuttgart/Leipzig (wo es u.a. um die Zertifizierung des Kommunikationssystems „AS-Interface“ geht).
Seine mehr als 200 Publikationen konzentrieren sich auf Automatisierungsgeräte und -anlagen sowie auf industrielle Kommunikationstechnik. Aus seinem akademischen Umfeld sind 6 Professoren hervorgegangen.
Abstract:
Die Kybernetik ist seit den 1940er Jahren (Norbert Wiener, MIT; Hermann Schmidt, TH Berlin) und den 1960er Jahren (Georg Klaus, Berlin) in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung deutlich gewachsen, und sie ist keineswegs eine vorübergegangene Modeerscheinung. Die Technische Kybernetik hat als Automation und Kommunikation eine Breitenwirkung erlangt. Deren mehrfacher Generationswechsel sowie zukünftige Fortschritte werden als technikwissenschaftlicher Prozess gezeigt. Der Praxis liegt eine integrierende Wissenschaftsdisziplin zugrunde (Leibniz, Laplace, Maxwell).
Die Automation bis in die 1960er Jahre war durch Dominanz der Regelungstechnik gekennzeichnet. Die Unterscheidung von Regelung als geschlossener Kreis (feedback) und Steuerung als offene Kette ist über Jahrzehnte einem fundamentalen Irrtum unterlegen, der zu korrigieren ist.
Die Digitalisierung bewirkte ab 1975 eine neuartige Generation von Automatisierungssystemen mit dezentral verteilter Intelligenz, deren Vernetzung durch digitale Bussysteme sowie eine Revolution der Mensch-Maschine-Kommunikation. Diese veränderten Systemstrukturen wurden vom Autor zusammen mit H. Töpfer (KM der AdW) und K. Fuchs-Kittowski (MLS) zu einem neuen Denkansatz für Automatisierungs-Strukturebenen verallgemeinert.
Der Autor hat bereits 1979 ein Langzeit-Zukunftsmodell mit wiederum neuartigen Systemstrukturen vorgeschlagen: Einchip-Mikrorechner bewirken dezentrale Intelligenz innerhalb von direkt vernetzbaren Mess- und Stelleinrichtungen (embedded systems). Diese bis heute gültige Prognose zeigt allgemein, dass nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern auch in den Technikwissenschaften Modelle mit hoher Extrapolationsfähigkeit möglich und nützlich sind. Weiterhin sind im Verhältnis zwischen Naturwissenschaften, Technikwissenschaften und Philosophie Verschiebungen zu konstatieren.
Das Lokale Netz (Local Area Network LAN) hat seit 1983 die Automation herausgefordert, und im Resultat wurde die „industrielle Kommunikation“ zu einem eigenständigen Feldbusnetz mit Mehrebenenstruktur entwickelt: Field Area Network FAN. Das bisherige LAN wurde zur interdisziplinären Brücke zwischen Automatik und Informatik. Realisierungsschritte zum FAN werden am Beispiel des Kommunikationssystems „AS-Interface“ gezeigt (Europa- und Weltnorm). Bisher wurden mehr als 100 Millionen Sensoren und Aktuatoren über dieses System vernetzt. Die weltweite Zertifizierung erfolgt in Leipzig unter Verantwortung des Autors.
Leipzig als System-Erfahrungsträger verfolgt Vorlaufarbeiten, die nur noch interdisziplinär und transdisziplinär zu erbringen sind (Uni Stuttgart, Uni Rostock). Ein zu erwartender Innovationssprung dürfte zu einem erneuten Generationswechsel in der industriellen Kommunikation führen (Paradigmenwechsel; Wechselwirkung zwischen Innovation und Nachhaltigkeit).
Die weitere Zukunft der Automatisierung ist durch bereits bekannte Einflüsse getrieben: Vernetzung, Internet der Dinge, industrielle Echtzeit-Bildverarbeitung, Cloud Computing, Cyber-Physical Production Systems (CPPS) im Zukunftsmodell Industrie 4.0. Die Automation wird aber auch unkonventionelle Zukunftspotenziale aus der Biokybernetik nutzen, z. B. für die Mensch-Maschine-Kommunikation auf Basis von Gedankensteuerung, die zugleich eine industrielle Vorfeldforschung für Avatare der ersten Generation darstellt. Die 2045-Initiative als Zukunftsmodell umfasst vier Generationen von Avataren, die als Orientierung für weitere Zukunftsschritte sehr interessant erscheinen (hierzu diskutieren H. E. und H. Hörz auch Aspekte des Transhumanismus).
Die moderne Automation und Kommunikation führt auch zu zahlreichen sozialen Wirkungen, worauf der Autor in seinem Vortrag im Juni-Plenum der Leibniz-Sozietät spezieller eingeht.
Details
Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen