Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Volker Haucke im Rahmen der Biesdorfer medizinischen Gespräche

„Panta rhei in der Zelle: Von Lipiden zu neuen Medikamenten gegen Thrombose, Schlaganfall und erbliche Myopathien“

Am 3. März 2023 fand auf Einladung der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin im Schloss Biesdorf eine Abendveranstaltung mit einem Vortrag von Prof. Dr. Volker Haucke zum Thema „Panta rhei in der Zelle: Von Lipiden zu neuen Medikamenten gegen Thrombose, Schlaganfall und erbliche Myopathien“ statt. Gemeinsam mit der Leibniz-Sozietät hatten die Berliner Medizinische Gesellschaft e.V., der Campus Berlin-Buch GmbH und das Schloss Biesdorf zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Im Vortragssaal des Schlosses Biesdorf in Berlin eröffnete die Präsidentin der Leibniz-Sozietät Gerda Haßler die Veranstaltung und begrüßte die Anwesenden. Dabei erinnerte sie an vorangegangene Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät zu medizinischen Themen im Schloss Biesdorf, u. a. an die Vorträge von Detlev Ganten 2020 („Eine holistische Sicht auf die Gesundheit. Von der molekularen Analyse zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen“), Wolf-Dieter Ludwig 2021 („Medikamentöse Therapie von COVID-19 und Impfstoffe gegen SARS-CoV-2: Erwartungen, aktuelle Ergebnisse und Unsicherheiten“) und Jens Peter von Kries 2022 („Chemische Biologie & Arzneimittelsuche mit Hochdurchsatz-Screening. Leibniz und die automatisierte Analyse. Virchow und die Erkennung morphologischer Muster kranker Zellen“).

Prof. Dr. Volker Haucke (Foto privat)

Danach stellte sie den Referenten des Abends, Volker Haucke, vor. Volker Haucke ist Universitätsprofessor für Molekulare Pharmakologie an der Freien Universität Berlin und Direktor am Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin-Buch. Ein Schwerpunkt seiner Forschungsarbeiten ist die Membranbiochemie. Er ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Akademien und Erster Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM). Für seine wissenschaftlichen Leistungen erhielt er verschiedene Ehrungen und Auszeichnungen. Die Ergebnisse seiner Arbeiten sind in mehr als 220 Publikationen veröffentlicht.

In seinem Vortrag ging Volker Haucke zunächst auf den Aufbau von Zellen ein, wobei er anschaulich die Rolle der Phosphoinositide erläuterte. Diese sind von Phosphatidylinositol abgeleitete Signallipide, die ubiquitär in den Membranen eukaryontischer Zellen vorkommen. Neben Funktionen in der zellulären Übertragung von Signalen, z. B. von Hormon-aktivierten Rezeptoren, fungieren Phosphoinositide als Wegweiser für den Membranverkehr und membrangebundene Organellen und üben so zahlreiche physiologische Funktionen aus. In den letzten Jahren konnten grundlegende Erkenntnisse über die Funktion von Phosphoinositiden in der Autophagie und im endolysosomalen System, im Zellwachstum und der Regulation von Membrankontakten gewonnen werden. Darüber hinaus sind Mutationen in Phosphoinositid-metabolisierenden Enzymen in humane Erkrankungen impliziert, die von Diabetes über Krebs bis hin zu erblichen Muskelstörungen reichen und diese Klasse von Enzymen zu aussichtsreichen Zielstrukturen molekular-pharmakologischer Forschung machen.

Der Vortrag präsentierte in anschaulicher Weise neben Einblicken in die zellphysiologischen und pathophysiologischen Funktionen von Phosphoinositlipiden auch jüngste Ergebnisse aus der Forschung von Volker Haucke und seiner Arbeitsgruppe zur Struktur und Funktion Phosphoinositlipid-metabolisierender Enzyme und zu deren Rolle bei humanen Erkrankungen. Der Referent ging dabei auf niedermolekulare Inhibitoren nicht-konventioneller Phosphoinositlipidkinasen ein und verwies auf deren Potenzial für neue Therapieansätze zur Behandlung erblicher Muskelstörungen, von Thrombose und zur Prävention von Schlaganfällen.

Die von Gerhard Pfaff (Mitglied der Leibniz-Sozietät) nach dem Vortrag geleitete anregende Diskussion machte deutlich, dass die Ausführungen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung mit großem Interesse verfolgt wurden. Im Mittelpunkt standen Fragen zur praktischen Nutzung der vorgestellten Forschungsergebnisse in neuen Medikamenten bei der Bekämpfung von Tumoren und anderen Erkrankungen.

Es ist vorgesehen, den Vortrag von Volker Haucke in Form einer Publikation in Leibniz Online zu veröffentlichen und die Inhalte damit einem noch breiteren Kreis von Interessenten zur Verfügung zu stellen. Informationen über die Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe von Volker Haucke finden sich auch unter www.leibniz-fmp.de.

Gerhard Pfaff

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