Nekrolog auf unser Mitglied Prof. Dr. Karl Hohmuth

Karl Hohmuth 1929 - 2016Prof. Dr. Karl Hohmuth
* 31. August 1929  † 06. Oktober 2016

KM seit  1981
Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1993

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr Mitglied, den Physiker Karl Hohmuth, der am 06. Oktober 2016 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.

Am 06. Oktober verstarb in Dresden nach schwerer Krankheit unser Mitglied Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Hohmuth. Die Leibniz-Sozietät, der er seit ihrer Gründung angehörte, verliert mit ihm einen Wissenschaftler, der sich beim Aufbau der Kernforschung und ihrer späteren Entwicklung und Profilierung im Rahmen der Akademie der Wissenschaften  sowie bei der internationalen Kooperation auf diesem Gebiet bleibende Verdienste erworben hat.

Karl Hohmuth wurde am 31. August 1929 in Stenn bei Zwickau geboren und entstammt ärmsten Verhältnissen, der Bergarbeiterfamilie eines Kriegsinvaliden des Weltkrieges. Im Jahr 1944 trat er die Lehre als Technischer Zeichner im Horch-Werk Zwickau an und begann im gleichen Betrieb 1947 in diesem Beruf zu arbeiten. Auch der junge Karl wurde damals gefragt, ob er an einem Studium interessiert sei. Er entschied sich ohne Zögern für Physik, erwarb an der Vorstudienanstalt Leipzig in den Jahren 1948/49 das Abitur und begann 1949 das Physikstudium in Leipzig, welches er 1955 mit dem Diplom abschloss.

Sein Studienabschluss fiel in eine historisch bedeutsame Zeit: Im Jahr1955 findet die Erste Genfer Konferenz der UNO über die friedliche Anwendung der Atomenergie statt, im gleichen Jahr fällt das Verbot der Alliierten für Kernforschung in Deutschland und bereits im April 1955 kommt es zum Abschluss eines Vertrages mit der Sowjetunion über die Zusammenarbeit bei der Schaffung und Ausstattung eines Zentrums für Kernforschung in Rossendorf bei Dresden, dem späteren Zentralinstitut für Kernforschung ZfK. An der TH Dresden beginnt die Ausbildung auf dem Gebiet der Kerntechnik. Zahlreiche junge Physiker, Chemiker und Ingenieure – unter ihnen auch Karl Hohmuth –  kamen damals aus Leipzig, Jena und anderen Städten nach Dresden, um hier an dem großen Neubeginn der Wissenschaft mitzuwirken.

So wird Karl Hohmuth im gleichen Jahr zunächst Assistent an der Akademie und ab 1956  wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZfK, wo er 1962 unter Leitung von Josef Schintlmeister seine Dissertation zum Thema „Messung der Fluoreszenzausbeute der L-Schale“ anfertigt, mit der er im Juni 1962 an der TH Dresden zum Dr.-Ing. mit magna cum laude promoviert.

Bis zum Anfang der 1970-er Jahre wird Karl Hohmuth Autor und Mitautor in zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Kernspektroskopie, auf deren Grundlage er sich im Dezember 1968 habilitiert. Danach wendet sich sein wissenschaftliches Interesse  einem neuen Gebiet zu, der nuklearen Festkörperforschung und Ionenimplantation, inklusive deren Anwendung. Nochmals entstehen zahlreiche Publikationen und bemerkenswerte Ergebnisse, bis zum Ende der 1980-er Jahre.

Karl Hohmuth gehört somit in die Reihe der Wissenschaftler des Neubeginns, die in den Kriegsruinen des Weltkriegs oder auf der „grünen Wiese“, wie im Fall des ZfK Rossendorf, begannen, eine moderne Forschung mit der notwendigen Technik und Infrastruktur sowie Leitungs- und Organisationsstruktur aufzubauen, mit Leben zu erfüllen und auf diesem Weg international beachtete und volkswirtschaftlich dringend benötigte wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen. Das bedeutete zugleich, frühzeitig und schnell wachsend Führungsverant-wortung zu übernehmen. So wurde Karl Hohmuth 1963 zunächst Arbeitsgruppenleiter, dann 1965 Abteilungsleiter für Kernspektroskopie, ab 1967 Stellvertretender Leiter des Bereichs  Kernphysik, ab 1971 mit der Funktion eines stellvertretenden Direktors für Nukleare Festkörperforschung beauftragt und schließlich ab dem 01.10.1973 zum Stellvertreter des Direktors im ZfK berufen. Karl Hohmuth wurde im Auftrag des Präsidenten der  AdW als Beauftragter der Hauptforschungsrichtung „Atomkernphysik und ihre Anwendung“ und Mitglied des Wissenschaftlichen Rates für das Forschungsprogramm Physik sowie in weiteren wissenschaftlichen Beratungsgremien tätig. Dabei ließ er sich von seiner Überzeugung leiten, dass jeder Grundlagenforschung immer auch die Frage nach ihrer Anwendbarkeit zu stellen ist. Von 1983 bis 1987 war Karl Hohmuth als Stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Physik bei der Akademie in Berlin tätig. In Würdigung seiner Verdienste in der Forschung und Wissenschaftsentwicklung wurde er 1981 Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften.

Neben der Forschung und Wissenschaftsorganisation war Karl Hohmuth auch auf dem Gebiet der Lehre tätig, ab 1969 als Honorarprofessor für experimentelle Kernphysik an der TU Dresden und ab 1983 als Professor für Kernphysik an der Akademie. Dabei engagierte er sich besonders für den praktischen Einsatz von Studenten während der Spezialausbildung und Diplomphase in den Forschungsgruppen und an den Geräten des ZfK. Für seine Kollegen an der TU Dresden war Karl Hohmuth dabei stets verständnisvoller Partner und uneigennütziger Förderer in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit, Lehre und Erziehung.

Ein abrupter Bruch in der jahrzehntelangen aktiven Arbeit in Lehre, Forschung  und  Wissenschaftsorganisation trat für Karl Hohmuth, wie für so viele seiner Kollegen, mit dem Übergang in den vorzeitigen Ruhestand ab Dezember 1990  ein. Auch seine Mitgliedschaft und Tätigkeit in der Gelehrtengesellschaft Akademie der Wissenschaften gingen  1992 auf die allseits bekannte Art und Weise zu Ende. Es ist Karl Hohmuth und den anderen Gründungsmitgliedern zu danken, dass die wissenschaftliche Tätigkeit vieler Kollegen mit der Gründung der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften im Jahr 1993 kontinuierlich weiter-geführt und in den Folgejahren ausgebaut werden konnte.

Kollegen und Freunde haben Karl Hohmuth stets als kollegial, zuverlässig und geradlinig kennen- und schätzen gelernt. Er vertrat seine Ansichten stets offen, ließ sich in seinen Überzeugungen nicht verbiegen. Karl Hohmuth war ein Familienmensch,  mit seiner Frau Eleonore 64 Jahre bis zu seinem Tod glücklich verheiratet, hatte er gemeinsam mit ihr einen schweren Schicksalsschlag zu überstehen – den  Tod der einzigen Tochter nach langjähriger unheilbarer Krankheit. Bei den Familien der Enkel fanden sie Trost und Geborgenheit. So blieb Karl Hohmuth bis zum Schluss der gleiche aufrichtige Mensch und freundliche Kollege, wie er uns in den zurückliegenden Jahrzehnten begegnete.

Karl Hohmuth wird so in unserer Erinnerung erhalten bleiben.

Dieter  Seeliger