Der Arbeitskreis “Prinzip Einfacheit” lädt ein zu einer Arbeitstagung mit Vortrag und Diskussion zum Thema:
Lutz-Günther Fleischer (MLS):
Information und Entropien: Komplexe Werk- und Denkzeuge des Prinzips Einfachheit
Abstract
Der Arbeitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘ der Leibniz-Sozietät hat sich unter verschiedenen Blickwinkeln mit der Einfachheit als Wirk-, Erkenntnis- und Gestaltungsprinzip auseinandergesetzt und dazu gut begründete Standpunkte sowie ver-allgemeinerungsfähige Erkenntnisse publiziert. (siehe vor allem: E. Sommerfeld et al., 2011; R. März, 2011; W. Ebeling, 2012). Einige dieser inhaltlichen Ergebnisse und offenen Fragen werden in die Betrachtungen einbezogen – revisited.
Das methodische und praktische Problem des kontextuell zielgerichteten Vereinfachens stellt sich aus den speziellen Perspektiven der einzelnen Wissenschaftsgebiete – und grenzüberschreitend inter- sowie transdisziplinär – für komplexe Real- und Theoriensysteme mit ihrer Vielzahl und Vielfalt von Elementen und Relationen sowie deren gefächterte Funktionalitäten unter strukturellen und funktionellen Aspekten. Es besitzt maßgebliche wissenschaftliche und naturgemäß wesentliche weltanschauliche Facetten.
Die exponierten, originär physikalischen, inzwischen – aus guten Gründen – ihrem Ursprungsfeld entwachsenen (aber in ihm stetig verwurzelten) Begriffe (ggf. Grö-ßen) Informationen und Entropien fungieren als komplexe Werk- und Denkzeuge des Prinzips Einfachheit. Obwohl beide Kategorien einem Trilemma unterliegen (oder vielleicht sogar wegen der Mehrdeutigkeit und ihrer Vielfalt in der Tiefenstruktur) gehören sie in jeglicher Technologie als komplexe Werk- und Denkzeuge zum Ensemble der maßgeblichen Arbeitsmittel. Technologien subsumieren generell den Modus, die Art und Weise, die Verfahren und Strategien, mit denen der affektiv, aktional (sensomotorisch) und kognitiv agierende Mensch mit ihm natürlich gegebenen (physischen, psychischen) oder eigens dafür geschaffenen (artifiziellen) Mitteln und Methoden (Arbeitsmitteln), die Arbeitsgegenstände: Stoffe, Energien, Informationen bearbeitet, verarbeitet und umwandelt. Informationen sind sowohl unverzichtbare Arbeitsmittel, als auch Arbeitsgenstand. Das gilt in ausgezeichneter Weise für den Spezialfall der sich konsolidierenden Kognitionstechnologien. In ihrem Gefolge nimmt der Mensch Informationen aus seiner Umgebung auf, be-und verarbeitet sie intern und extern, orientiert und reguliert sein Handeln demgemäß (Informationswech-sel/Kognition) Technologien erscheinen – in ihrer Einheit von Ontischem und Logischem – als Dualität von handlungsorientierten, objektiv-realen Prozess-Systemen (Sachsystemen) und erkenntnisorientierten, akkumulierenden und systematisierenden Wissens-Systemen (Theoriensystemen). Sie bilden stets funktionsbestimmte, ganzheitlich operierende, hoch komplexe, dynamische Gesamtheiten/Ganzheiten mit typischen, gegebenen oder geschaffenen, Kooperations- und Organisationsformen zwischen ihren konstituierenden, integrierten Subsystemen.
Vereinfachungen führenin der Regel auf das, in den zu untersuchenden Zusammen-hängen Wesentliche, möglichst zudem teilweise Bekannte, auf Analoges, Ähnliches, auf Pendants, kreative Metaphern etc., zurück. Sie sind immer final. Zielführend können u.a. das Formalisieren, Modellieren, Differenzieren/Integrieren, Minimieren/Maximieren, Separieren/Komplexieren, Konkretisieren/Abstrahieren sein. Leicht nachvollziehbar ist z.B. jede Abstraktion/Konkretisierung eine intensionale/extensionale Reduktion der betroffenen Designate. Die präzisierende, inhaltsanreicherende Konkretisierung verengt wesensgemäß den extensionalen Bezugsrahmen der erfassten Sachverhalte, der Aussagen, der Lexeme etc. Andererseits erweitert die Abstraktion die extensionale Bezugnahme und vereinfacht die Intension.
Alle vorangehend angeführten Maßnahmen des Vereinfachens betreffen vornehmlich die kognitive Komplexität. Die Anzahl der strukturellen/funktionellen Einflussgrößen und der Interdependenzen zwischen ihnen herabzusetzen und damit den Komplexitätsgrad (vermutlich genauer: die Kompliziertheit) effektiv zu verringern, ist in Erkenntnis- und Gestaltungsprozessen realistisch und zielführend, aber auch anspruchsvoll. Richtig gelesen spricht Mancherlei für J. W. v. Goethes Diagnose in ‚Maximen und Reflexionen‘: „Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als es zu begreifen ist“
Für die quantifizierenden Proceduren des Vereinfachens bedingen sich die experi-mentelle und die mathematische Methode im produktiven Verbund.
Entropien und Informationen sind originär zwei Grundgrößen der Physik und verallgemeinert zwei fundamentale ‚Perspektiven‘ unter denen Entitäten erfasst werden. Beide tragen einen Doppelcharakter: sind modus-operandi-Systeme’ sowie ‚opus operantis‘, reflektieren phänomenologisch und/oder statistisch folglich die Art und Weise der Veränderungen, widerspiegeln deren Prozesscharakter, die Prozessrichtung, bewerten die Effekte, die Ergebnisse des Wirkens.
Entropien sind generell makroskopische Zustandsgrößen, zeitliche Mittelwerte und speziell (d.h. hier, im Sinne der Statistik) Maße für die Menge aller Möglichkeiten im beobachteten Mikrostatus eines Systems, dadurch Maßstäbe für ‚unvorhersehbare Aktualitäten‘, für Defizite an Informationen z.B. über die gleichermaßen wahrscheinlichen Mikrozustände, für ein Quantum an Informationen, das erforderlich ist, um die Erkenntnise über den Mikrostatus zu spezifizieren.
Die experimentell gestützte Gleichung für die Boltzmann/Planck‘sche-Entropie SBP (einem geometrischen Mittelwert der Unbestimmtheit) gehört zu den fundamentalen, also nicht nur thermodynamisch relevanten, Postulaten der statistischen Theorie der Materie. Sie bot und bietet die Basis für Analoga.
Die in Zuständen und naturalen Prozessen miteinander formal und real verbundenen Tatbestände sowie Aussagen der Entropien und Informationen sind exponierte objektive Struktur- und Wertmaße sowohl der faktisch-strukturellen Komplexität der Realien als auch der kognitiven Komplexität ihrer dialektischen Widerspiegelungen (d.h. der Erkenntnisprozesse selbst und daraus resultierender Erkenntnisse – des praktischen und theoretischen Wissens)
Entropien und Informationen fungieren in diesem Sinn in verschiedenen theoretischen Systemen und in unterschiedlichen Ausprägungen als Explikate solcher Begriffspaare, wie Bestimmtheit/Unbestimmtheit, Ordnung/Unordnung, Wert/Wertlosigkeit. Beide dienen der Aufklärung und Bewertung der Struktur von Informationsträgern, quantifizieren statistisch die Vorhersagbarkeit von ‚Bewegungen‘ (Veränderungen überhaupt) und Entwicklungen. Sie berücksichtigen, dass in den Sphären des Mannigfaltigen und Vielfältigen das wirklich Unterscheidbare – das Faktische, das Aktuelle – prinzipiell und wesensgemäß nicht mit dem möglich Unterscheidbaren – dem Potenziellen– kongruent ist.
Wie alle Explikationen zielen sie grundsätzlich auf Präzisierung, Verständlichkeit, sachgerechte Quantifizierung sowie Attraktivität und Effektivität ihrer symbolischen Konstrukte. Das gilt im herausgehobenem Maß für die Antonyme Bestimmtheit/Unbestimmtheit bzw. Ordnung/Unordnung, deren Ursachen, Widerspiegelungen, Nutzens- und Gefahrenmomente (Risiken).
Der strukturtheoretische Begriff Ordnung bezieht sich auf den realen (faktischen, aktuellen) Zustand des Systems, seine Organisation, d.h. die Existenz (den Aufbau und die Erhaltung) nicht zufälliger, räumlicher, zeitlicher und raumzeitlicher Muster aus Untereinheiten der jeweiligen Systeme, mit spezifischen stofflichen, energetischen und informationellen Strukturen, die Funktionalitäten realisieren.
Die Strukturbildung, -bewertung und der Strukturerhalt gehören zu den zentralen Problemen der Wissenschaft damit auch der, in den diskutierten Zusammenhängen hauptsächlich in Anspruch genommenen, Thermodynamik, Informations- und Systemtheorie.
Im ersten Teil des Beitrages werden Überlegungen zu grundlegenden Begriffen und Begriffspaaren des Themas, wie Struktur, Prozess, Entropie, Information, Komplexität-Elementarität; Kompliziertheit-Einfachheit; Ordnung-Unordnung; Bestimmtheit-Unbestimmtheit innerhalb des relevanten hochdimensionalen Begriffsgefüges vorgestellt. Sowohl für Experten als auch für gebildete Laien sind erfahrungsgemäß die phänomenologischen Bedeutungen der Begriffe von hauptsächlichem Interesse.
Der zweite Teil ist primär auf die syntaktisch Information fokussiert. Ihr Verhältnis zu den komplementären, nur theoretisch zu trennenden, Komponenten semantische und pragmatische Information wird angesprochen. Die strukturelle Information, die im Sinne von informatio: ‚sich-in-Form-bringen‘, ‚strukturiert sein‘, allen Informationsträgern (das sind simultan Energieträger-darunter stoffliche Strukturen) eigen ist, fundiert die realen Systeme und deren gedanklich-theoretischen Korrelate bis zu den mathematischen Konstrukten.In dem Kontext gilt Weizsäckers Erkenntnis: „Der Informationsbegriff ist nämlich etwas, was sich auf ein wissendes Subjekt bezieht, auf Fragen, die dieses Subjekt hat, auf die Antwort, die es dafür gewinnt,, aber es ist in objektiver Weise subjektbezogen, und für alle Subjekte, die dassselbe Wissen oder dieselbe Methode haben, Wissen zu erwerben, ist auch das Resultat dasselbe, und dieses ist der objektive Gehalt“ (Weizsäcker, 1972)
Der dritte Teil skizziert am Beispiel der thermisch induzierten Strukturgenese bei der Sol-Gel-Umwandlung (Phasenübergang mit Netzwerkbildung) einer physikalisch-chemisch hinreichend charakterisierten Gelatine, die Leistungsfähigkeit eines statistisch begründeten Modellsystems aus entropiebasierten dimensionslosen Größen (Strukturfaktor, Dissipationsfaktor, Entropieproduktion; Informationsentropie bzw. im ‚Ereignisbild‘ der Zuverlässigkeitstheorie : Überlebens- und Ausfallwahrscheinlichkeit) Die Darstellung basiert auf rheologischen Daten, die für das viskoelastische Medium mit eigenen Messungen im Oszillalationsmodus ermittelt wurden. (Fleischer, 2008)
Literatur:
Sommerfeld, E., Hörz, H., Krause, H. (Hrsg.); , Einfachheit als Wirk-, Erkenntnis- und Gestaltungsprinzip, In: Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät, Bd. 108, Berlin 2011.
März, R., Schöne Einfachheit als (Ver)führung in der Mathematik, Vortrag im Ar-beitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘, 24.03.2011
Ebeling; W., Ist Evolution vom Einfachen zum Komplexen gerichtet? –Über Emergenz und Werte, Vortrag im Arbeitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘, 22.03.2012
v. Weizsäcker, C. F.: Vorbereitende Diskussionsbemerkungen, Nova Acta Leopoldina 37/1(206), 503, Leipzig 1972, Joh. Ambrosius Barth.
Fleischer, L.-G., Verallgemeinertes technologisches Fachwissen und konkretisiertes Orientierungswissen im Stoffmodul der Materialtechnik zur Konstituierung einer allgemeinen Stofftheorie – Tendenzen und Probleme, In: Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät, Bd. 99, Berlin 2008, S.60 ff.
Der Arbeitskreis “Prinzip Einfacheit” lädt ein zu einer Arbeitstagung mit Vortrag und Diskussion zum Thema:
Lutz-Günther Fleischer (MLS):
Information und Entropien: Komplexe Werk- und Denkzeuge des Prinzips Einfachheit
Abstract
Der Arbeitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘ der Leibniz-Sozietät hat sich unter verschiedenen Blickwinkeln mit der Einfachheit als Wirk-, Erkenntnis- und Gestaltungsprinzip auseinandergesetzt und dazu gut begründete Standpunkte sowie ver-allgemeinerungsfähige Erkenntnisse publiziert. (siehe vor allem: E. Sommerfeld et al., 2011; R. März, 2011; W. Ebeling, 2012). Einige dieser inhaltlichen Ergebnisse und offenen Fragen werden in die Betrachtungen einbezogen – revisited.
Das methodische und praktische Problem des kontextuell zielgerichteten Vereinfachens stellt sich aus den speziellen Perspektiven der einzelnen Wissenschaftsgebiete – und grenzüberschreitend inter- sowie transdisziplinär – für komplexe Real- und Theoriensysteme mit ihrer Vielzahl und Vielfalt von Elementen und Relationen sowie deren gefächterte Funktionalitäten unter strukturellen und funktionellen Aspekten. Es besitzt maßgebliche wissenschaftliche und naturgemäß wesentliche weltanschauliche Facetten.
Die exponierten, originär physikalischen, inzwischen – aus guten Gründen – ihrem Ursprungsfeld entwachsenen (aber in ihm stetig verwurzelten) Begriffe (ggf. Grö-ßen) Informationen und Entropien fungieren als komplexe Werk- und Denkzeuge des Prinzips Einfachheit. Obwohl beide Kategorien einem Trilemma unterliegen (oder vielleicht sogar wegen der Mehrdeutigkeit und ihrer Vielfalt in der Tiefenstruktur) gehören sie in jeglicher Technologie als komplexe Werk- und Denkzeuge zum Ensemble der maßgeblichen Arbeitsmittel. Technologien subsumieren generell den Modus, die Art und Weise, die Verfahren und Strategien, mit denen der affektiv, aktional (sensomotorisch) und kognitiv agierende Mensch mit ihm natürlich gegebenen (physischen, psychischen) oder eigens dafür geschaffenen (artifiziellen) Mitteln und Methoden (Arbeitsmitteln), die Arbeitsgegenstände: Stoffe, Energien, Informationen bearbeitet, verarbeitet und umwandelt. Informationen sind sowohl unverzichtbare Arbeitsmittel, als auch Arbeitsgenstand. Das gilt in ausgezeichneter Weise für den Spezialfall der sich konsolidierenden Kognitionstechnologien. In ihrem Gefolge nimmt der Mensch Informationen aus seiner Umgebung auf, be-und verarbeitet sie intern und extern, orientiert und reguliert sein Handeln demgemäß (Informationswech-sel/Kognition) Technologien erscheinen – in ihrer Einheit von Ontischem und Logischem – als Dualität von handlungsorientierten, objektiv-realen Prozess-Systemen (Sachsystemen) und erkenntnisorientierten, akkumulierenden und systematisierenden Wissens-Systemen (Theoriensystemen). Sie bilden stets funktionsbestimmte, ganzheitlich operierende, hoch komplexe, dynamische Gesamtheiten/Ganzheiten mit typischen, gegebenen oder geschaffenen, Kooperations- und Organisationsformen zwischen ihren konstituierenden, integrierten Subsystemen.
Vereinfachungen führenin der Regel auf das, in den zu untersuchenden Zusammen-hängen Wesentliche, möglichst zudem teilweise Bekannte, auf Analoges, Ähnliches, auf Pendants, kreative Metaphern etc., zurück. Sie sind immer final. Zielführend können u.a. das Formalisieren, Modellieren, Differenzieren/Integrieren, Minimieren/Maximieren, Separieren/Komplexieren, Konkretisieren/Abstrahieren sein. Leicht nachvollziehbar ist z.B. jede Abstraktion/Konkretisierung eine intensionale/extensionale Reduktion der betroffenen Designate. Die präzisierende, inhaltsanreicherende Konkretisierung verengt wesensgemäß den extensionalen Bezugsrahmen der erfassten Sachverhalte, der Aussagen, der Lexeme etc. Andererseits erweitert die Abstraktion die extensionale Bezugnahme und vereinfacht die Intension.
Alle vorangehend angeführten Maßnahmen des Vereinfachens betreffen vornehmlich die kognitive Komplexität. Die Anzahl der strukturellen/funktionellen Einflussgrößen und der Interdependenzen zwischen ihnen herabzusetzen und damit den Komplexitätsgrad (vermutlich genauer: die Kompliziertheit) effektiv zu verringern, ist in Erkenntnis- und Gestaltungsprozessen realistisch und zielführend, aber auch anspruchsvoll. Richtig gelesen spricht Mancherlei für J. W. v. Goethes Diagnose in ‚Maximen und Reflexionen‘: „Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als es zu begreifen ist“
Für die quantifizierenden Proceduren des Vereinfachens bedingen sich die experi-mentelle und die mathematische Methode im produktiven Verbund.
Entropien und Informationen sind originär zwei Grundgrößen der Physik und verallgemeinert zwei fundamentale ‚Perspektiven‘ unter denen Entitäten erfasst werden. Beide tragen einen Doppelcharakter: sind modus-operandi-Systeme’ sowie ‚opus operantis‘, reflektieren phänomenologisch und/oder statistisch folglich die Art und Weise der Veränderungen, widerspiegeln deren Prozesscharakter, die Prozessrichtung, bewerten die Effekte, die Ergebnisse des Wirkens.
Entropien sind generell makroskopische Zustandsgrößen, zeitliche Mittelwerte und speziell (d.h. hier, im Sinne der Statistik) Maße für die Menge aller Möglichkeiten im beobachteten Mikrostatus eines Systems, dadurch Maßstäbe für ‚unvorhersehbare Aktualitäten‘, für Defizite an Informationen z.B. über die gleichermaßen wahrscheinlichen Mikrozustände, für ein Quantum an Informationen, das erforderlich ist, um die Erkenntnise über den Mikrostatus zu spezifizieren.
Die experimentell gestützte Gleichung für die Boltzmann/Planck‘sche-Entropie SBP (einem geometrischen Mittelwert der Unbestimmtheit) gehört zu den fundamentalen, also nicht nur thermodynamisch relevanten, Postulaten der statistischen Theorie der Materie. Sie bot und bietet die Basis für Analoga.
Die in Zuständen und naturalen Prozessen miteinander formal und real verbundenen Tatbestände sowie Aussagen der Entropien und Informationen sind exponierte objektive Struktur- und Wertmaße sowohl der faktisch-strukturellen Komplexität der Realien als auch der kognitiven Komplexität ihrer dialektischen Widerspiegelungen (d.h. der Erkenntnisprozesse selbst und daraus resultierender Erkenntnisse – des praktischen und theoretischen Wissens)
Entropien und Informationen fungieren in diesem Sinn in verschiedenen theoretischen Systemen und in unterschiedlichen Ausprägungen als Explikate solcher Begriffspaare, wie Bestimmtheit/Unbestimmtheit, Ordnung/Unordnung, Wert/Wertlosigkeit. Beide dienen der Aufklärung und Bewertung der Struktur von Informationsträgern, quantifizieren statistisch die Vorhersagbarkeit von ‚Bewegungen‘ (Veränderungen überhaupt) und Entwicklungen. Sie berücksichtigen, dass in den Sphären des Mannigfaltigen und Vielfältigen das wirklich Unterscheidbare – das Faktische, das Aktuelle – prinzipiell und wesensgemäß nicht mit dem möglich Unterscheidbaren – dem Potenziellen– kongruent ist.
Wie alle Explikationen zielen sie grundsätzlich auf Präzisierung, Verständlichkeit, sachgerechte Quantifizierung sowie Attraktivität und Effektivität ihrer symbolischen Konstrukte. Das gilt im herausgehobenem Maß für die Antonyme Bestimmtheit/Unbestimmtheit bzw. Ordnung/Unordnung, deren Ursachen, Widerspiegelungen, Nutzens- und Gefahrenmomente (Risiken).
Der strukturtheoretische Begriff Ordnung bezieht sich auf den realen (faktischen, aktuellen) Zustand des Systems, seine Organisation, d.h. die Existenz (den Aufbau und die Erhaltung) nicht zufälliger, räumlicher, zeitlicher und raumzeitlicher Muster aus Untereinheiten der jeweiligen Systeme, mit spezifischen stofflichen, energetischen und informationellen Strukturen, die Funktionalitäten realisieren.
Die Strukturbildung, -bewertung und der Strukturerhalt gehören zu den zentralen Problemen der Wissenschaft damit auch der, in den diskutierten Zusammenhängen hauptsächlich in Anspruch genommenen, Thermodynamik, Informations- und Systemtheorie.
Im ersten Teil des Beitrages werden Überlegungen zu grundlegenden Begriffen und Begriffspaaren des Themas, wie Struktur, Prozess, Entropie, Information, Komplexität-Elementarität; Kompliziertheit-Einfachheit; Ordnung-Unordnung; Bestimmtheit-Unbestimmtheit innerhalb des relevanten hochdimensionalen Begriffsgefüges vorgestellt. Sowohl für Experten als auch für gebildete Laien sind erfahrungsgemäß die phänomenologischen Bedeutungen der Begriffe von hauptsächlichem Interesse.
Der zweite Teil ist primär auf die syntaktisch Information fokussiert. Ihr Verhältnis zu den komplementären, nur theoretisch zu trennenden, Komponenten semantische und pragmatische Information wird angesprochen. Die strukturelle Information, die im Sinne von informatio: ‚sich-in-Form-bringen‘, ‚strukturiert sein‘, allen Informationsträgern (das sind simultan Energieträger-darunter stoffliche Strukturen) eigen ist, fundiert die realen Systeme und deren gedanklich-theoretischen Korrelate bis zu den mathematischen Konstrukten.In dem Kontext gilt Weizsäckers Erkenntnis: „Der Informationsbegriff ist nämlich etwas, was sich auf ein wissendes Subjekt bezieht, auf Fragen, die dieses Subjekt hat, auf die Antwort, die es dafür gewinnt,, aber es ist in objektiver Weise subjektbezogen, und für alle Subjekte, die dassselbe Wissen oder dieselbe Methode haben, Wissen zu erwerben, ist auch das Resultat dasselbe, und dieses ist der objektive Gehalt“ (Weizsäcker, 1972)
Der dritte Teil skizziert am Beispiel der thermisch induzierten Strukturgenese bei der Sol-Gel-Umwandlung (Phasenübergang mit Netzwerkbildung) einer physikalisch-chemisch hinreichend charakterisierten Gelatine, die Leistungsfähigkeit eines statistisch begründeten Modellsystems aus entropiebasierten dimensionslosen Größen (Strukturfaktor, Dissipationsfaktor, Entropieproduktion; Informationsentropie bzw. im ‚Ereignisbild‘ der Zuverlässigkeitstheorie : Überlebens- und Ausfallwahrscheinlichkeit) Die Darstellung basiert auf rheologischen Daten, die für das viskoelastische Medium mit eigenen Messungen im Oszillalationsmodus ermittelt wurden. (Fleischer, 2008)
Literatur:
Sommerfeld, E., Hörz, H., Krause, H. (Hrsg.); , Einfachheit als Wirk-, Erkenntnis- und Gestaltungsprinzip, In: Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät, Bd. 108, Berlin 2011.
März, R., Schöne Einfachheit als (Ver)führung in der Mathematik, Vortrag im Ar-beitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘, 24.03.2011
Ebeling; W., Ist Evolution vom Einfachen zum Komplexen gerichtet? –Über Emergenz und Werte, Vortrag im Arbeitskreis ‚Prinzip Einfachheit‘, 22.03.2012
v. Weizsäcker, C. F.: Vorbereitende Diskussionsbemerkungen, Nova Acta Leopoldina 37/1(206), 503, Leipzig 1972, Joh. Ambrosius Barth.
Fleischer, L.-G., Verallgemeinertes technologisches Fachwissen und konkretisiertes Orientierungswissen im Stoffmodul der Materialtechnik zur Konstituierung einer allgemeinen Stofftheorie – Tendenzen und Probleme, In: Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät, Bd. 99, Berlin 2008, S.60 ff.
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Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen