November-Plenartagung der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften
14. November 2019 - 13:30 - 16:30
Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin lädt ein zu ihrer öffentlichen wissenschaftlichen November-Plartagung am 14.11.2019 in Berlin.
Die Tagung steht unter dem Thema:
Grenzen: Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf
Referentin: Andrea Komlosy (MLS)
Abstract:
Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs triumphierte die Ideologie der Grenzenlosigkeit: Systembarrieren waren gefallen. Innerhalb des EU-Schengenraums wurden die Binnengrenzen aufgehoben. Es schien, als würde es demnächst überhaupt keine Grenzen auf der Welt geben. Doch bald kippte die proklamierte Grenzenlosigkeit. Sie machte dem Ruf nach Wiedererrichtung von Grenzen Platz: gegenüber MigrantInnen, gegenüber chinesischen Firmenübernahmen, gegenüber einer Islamisierung der europäischen Gesellschaft und anderen „fremden“ Einflüssen.
Vor diesem Hintergrund vertieft sich der Riss auch in den Wohlfahrtsgesellschaften des globalen Nordens. Quer durch alle weltanschaulichen Lager bricht ein Konflikt zwischen zwei Fraktionen auf: „Grenzen zu“, verlangen die einen, „No border“, skandieren die anderen. Hinter den unterschiedlichen Ideologien verbergen sich handfeste Interessen: von Unternehmerseite wird die Deregulierung des Arbeitsmarktes begrüßt; die neue Mittelschicht freut sich über die Multikulturalisierung der Gastronomie und die kostengünstige Verfügbarkeit häuslicher Dienste; die alte Arbeiterklasse, die von der Konkurrenz am Arbeitsmarkt bedroht ist, hofft, dass höhere Grenzzäune die Unerwünschten abhalten.
Ob fremdenfeindlich oder fremdenfreundlich, beide Lager weisen eine Gemeinsamkeit auf: Sie instrumentalisieren die Grenze in Hinblick darauf, wie sie – durch Befestigung oder durch Abbau – dem Wohlergehen der eigenen Gruppe in der Gesellschaft bzw. der jeweiligen Vision davon nutzt.
C.V.:
Andrea Komlosy, geb. 1957 in Wien, Dr. phil., ist Professorin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien. Sie arbeitet zu Fragen ungleicher Entwicklung im lokalen, regionalen, nationalen und globalen Kontext. In ihrem jüngst erschienenen Buch „Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf“ (Verlag Promedia, Wien 2018) schreibt sie gegen die Stilisierung der Grenze zum Wunschbild oder zum Feindbild an. Sie zeigt die Entwicklung von Grenzen und deren wechselhaften Gebrauch im Laufe der Geschichte auf und lotet damit sowohl das Herrschaftspotenzial als auch das Schutz- und Befreiungspotenzial von Grenzen aus.
Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin lädt ein zu ihrer öffentlichen wissenschaftlichen November-Plartagung am 14.11.2019 in Berlin.
Die Tagung steht unter dem Thema:
Grenzen: Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf
Referentin: Andrea Komlosy (MLS)
Abstract:
Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs triumphierte die Ideologie der Grenzenlosigkeit: Systembarrieren waren gefallen. Innerhalb des EU-Schengenraums wurden die Binnengrenzen aufgehoben. Es schien, als würde es demnächst überhaupt keine Grenzen auf der Welt geben. Doch bald kippte die proklamierte Grenzenlosigkeit. Sie machte dem Ruf nach Wiedererrichtung von Grenzen Platz: gegenüber MigrantInnen, gegenüber chinesischen Firmenübernahmen, gegenüber einer Islamisierung der europäischen Gesellschaft und anderen „fremden“ Einflüssen.
Vor diesem Hintergrund vertieft sich der Riss auch in den Wohlfahrtsgesellschaften des globalen Nordens. Quer durch alle weltanschaulichen Lager bricht ein Konflikt zwischen zwei Fraktionen auf: „Grenzen zu“, verlangen die einen, „No border“, skandieren die anderen. Hinter den unterschiedlichen Ideologien verbergen sich handfeste Interessen: von Unternehmerseite wird die Deregulierung des Arbeitsmarktes begrüßt; die neue Mittelschicht freut sich über die Multikulturalisierung der Gastronomie und die kostengünstige Verfügbarkeit häuslicher Dienste; die alte Arbeiterklasse, die von der Konkurrenz am Arbeitsmarkt bedroht ist, hofft, dass höhere Grenzzäune die Unerwünschten abhalten.
Ob fremdenfeindlich oder fremdenfreundlich, beide Lager weisen eine Gemeinsamkeit auf: Sie instrumentalisieren die Grenze in Hinblick darauf, wie sie – durch Befestigung oder durch Abbau – dem Wohlergehen der eigenen Gruppe in der Gesellschaft bzw. der jeweiligen Vision davon nutzt.
C.V.:
Andrea Komlosy, geb. 1957 in Wien, Dr. phil., ist Professorin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien. Sie arbeitet zu Fragen ungleicher Entwicklung im lokalen, regionalen, nationalen und globalen Kontext. In ihrem jüngst erschienenen Buch „Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf“ (Verlag Promedia, Wien 2018) schreibt sie gegen die Stilisierung der Grenze zum Wunschbild oder zum Feindbild an. Sie zeigt die Entwicklung von Grenzen und deren wechselhaften Gebrauch im Laufe der Geschichte auf und lotet damit sowohl das Herrschaftspotenzial als auch das Schutz- und Befreiungspotenzial von Grenzen aus.
Zeit: 13.30 bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Rathgaus Tiergarten, BVV-Saal
Details
Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen