Vortrag Prof. Dr. Karl-Heinz-Bernhardt (Berlin): Klima und Menschheit im Wandel C.V.:
Karl-Heinz Bernhardt, geb. 1935 in Zwickau, Abitur (Lessingmedaille in Gold) an der Oberschule „Geschwister Scholl“ in Auerbach/Vogtland, 1953-57 Studium der Meteorologie am Geophysikalischen Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig. Promotion im Jahre 1962 mit einer Arbeit zur Theorie des vertikalen atmosphärischen Turbulenzwärmestroms, Habilitation 1967 mit theoretischen Untersuchungen zur Energetik der Atmosphäre. 1969 Berufung zum Dozenten für Meteorologie und Geophysik und 1970 zum ordentlichen Professor für Meteorologie an die Humboldt-Universität zu Berlin, dort bis 1990 Leiter des Bereichs Meteorologie und Geophysik der Sektion Physik. 1971-91 Vorstandsmitglied, 1982-90 Präsident der Meteorologischen Gesellschaft der DDR. 1972-90 Mitherausgeber der Zeitschrift für Meteorologie. 1990 Wahl zum Korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1993 Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät, 1996-2012 Sekretar der Klasse Naturwissenschaften. 1974-82 Mitglied der CAS Working Group on Atmospheric Boundary Layer Problems der WMO, 1981-90 Leiter von KAPG-Projekten zur Physik der atmosphärischen Grenzschicht. 2012 expert reviewer in mehreren Abstimmungsrunden des Fifth IPCC Assesment Report 2013/2014. Über 300 Veröffentlichungen – größtenteils in Fachzeitschriften, aber auch in Sammelbänden, Sitzungsberichten und Festschriften – zur Physik der Atmosphäre und des Klimasystems, insbesondere zur Turbulenz- und Grenzschichttheorie, zu globalen Umweltproblemen und zur Geschichte der Meteorologie. Abstract:
Im Anschluss an die Ausführungen zur Thematik Klima und Menschheit im Heft 1/2 der Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät (1994) werden neue Erkenntnisse zum Klimasystem vorgestellt und sein gegenwärtiger Zustand im regionalen und globalen Maßstab charakterisiert. Die flächendeckende satellitengestützte Überwachung ermöglicht eine Synopsis des gesamten Systems und seiner Zustands- und Prozessparameter, unter den letzteren besonders der globalen Strahlungsimbalance als einer wichtigen Kenngröße des derzeitigen Klimawandels, der sich in Wechselwirkung von (natürlichen und anthropogenen) externen Antrieben und systeminternen Schwankungen vollzieht.
Sein globaler Charakter trifft auf eine ebenfalls weltweit vernetzte Gesellschaft. Während in vergangenen Epochen der Menschheitsgeschichte Eingriffe in das Klimasystem durch Landnutzung, lokale Energie-, Partikel- oder gasförmige Emissionen vor allem lokale Auswirkungen hatten, wie sie einschließlich ihrer Folgen für menschliche Kulturkreise seit der Antike beschrieben worden sind, zeitigen entsprechende Aktivitäten seit der industriellen Revolution zunehmend regionale bis globale Konsequenzen.
Das betrifft insbesondere die Verbrennung des über Jahrmillionen in der Erdkruste angereicherten fossilen Kohlenstoffs binnen weniger Jahrzehnte. Die Auswirkungen dieses menschlichen Eingriffes als eines geologischen Faktors auf das globale Klima sind bei allen Unsicherheiten im Detail sichergestellt und nicht zuletzt durch die IPCC-Berichte (seit 1990) dokumentiert. Die Einsicht in solche Zusammenhänge und insbesondere in die Notwendigkeit zu ergreifender Maßnahmen wird allerdings dadurch erschwert, dass weltweite Folgen lokalen oder regionalen Handelns nicht sofort offensichtlich werden, zumal der Klimawandel vor Ort relativ schleichend erfolgt, nicht selten durch systeminterne Schwankungen verdeckt wird und zirkulationsbedingt auch vom globalen Muster abweichen kann.
Abschließend werden Gedanken zum weiteren Gang der Klimadiagnostik sowie zu künftigen Schwerpunktproblemen der Physik des Klimasystems geäußert.
Vortrag Prof. Dr. Ulrich Cubasch (Berlin): Dürreperioden in Asien während der letzten 1000 Jahre in Proxydaten und Modellsimulationen C.V.:
Ulrich Cubasch, geb. 1952 in Hamburg, Studium der Meteorologie in Frankfurt und Kiel, Promotion 1984 in Hamburg, Habilitation 1993 in Hamburg. Von 1978 bis 1986 arbeitete er als Wissenschaftler am EZMW in Reading (UK) und von 1986 bis 2002 als leitender Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Meteorologie und DKRZ in Hamburg. Seit 2002 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Variabilität des Klimasystems am Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin. Von 2007 bis 2011 war er Dekan des Fachbereichs Geowissenschaften, seit 2011 ist er geschäftsführender Direktor des Meteorologischen Instituts. Er war an allen Berichten des Weltklimarates (IPCC, Arbeitsgruppe “Wissenschaftliche Grundlagen”) an leitender Stelle beteiligt. Die IPCC-Aktivitäten wurden 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Herr Cubasch empfing 2004 den Preis “Distinguished Scientist” der Chinesischen Meteorologischen Verwaltung. Er ist Mitglied der DFG Senatskommission “Zukunft der Geowissenschaften” und der DFG Fachkommission 313 (Atmosphäre). Turnusgemäß hatte er für zwei Jahre den Vorsitz dieser Fachkommission inne. Er ist Vizepräsident der “Geo-Union” und Vize-Sprecher des Forschungsverbundes “Geo.X”. Er sitzt mehreren wissenschaftlichen Beratungsgremien von wissenschaftlichen Einrichtungen und Graduiertenschulen. Er hat mehr als 100 begutachtete Veröffentlichungen und ein Buch geschrieben (h-Index ISI =32). Abstract:
Klimamodell-Ensemble-Berechnungen sind für das letzte Jahrtausend ausgewertet worden, um festzustellen, inwieweit man Dürreperioden, die man in Proxy-Informationen – zum Beispiel Baumringe oder Zivilisationsübergänge – gefunden hat, auch simulieren kann. So wird aus den Modelldaten der Palmer-Drought-Index für Asien kalkuliert und mit entsprechenden Werten aus Baumringdaten verglichen. Sowohl in den Proxy-Daten als auch in den Modelldaten zeichnen sich deutlich starke und schwache Monsunphasen ab. Die schwachen Monsunphasen decken sich mit historisch überlieferten Dürreperioden. Die Modellsimulationen erlauben es, einen Gesamtüberblick über die Zirkulation in Zentralasien zu gewinnen: So kann man sehen, dass die “Strange Parallels Drought” (1756-1768) durch ein zusammenhängendes Zirkulationsmuster erzeugt wurde, das wiederum mit einer Temperaturanomalie (El-Nino) im tropischen Pazifik verbunden ist. Modell-Simulationen erlauben es auch, in Zusammenarbeit mit Archäologen den durch Klimawandel verursachten Anteil an Zivilisationsübergängen zu bestimmen.
Vortrag Prof. Dr. Hartmut W. Kühne (Berlin): Siedlungsausbau und Siedlungseinschränkung in der Bronzezeit Nord-Mesopotamiens in Abhängigkeit von klimatischen(?) Veränderungen C.V.:
Hartmut W. Kühne, Dr. phil. in Vorderasiatischer Altertumskunde an der Freien Universität Berlin 1972. 1972-1975 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt Ausgrabung in Tell Kamid el-Loz, Libanon, an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken; 1975-1980 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Tübinger Atlas des Vorderen Orients“ an der Universität Tübingen; 1980 Berufung an die Freie Universität Berlin; 1980-2010 Professor für Vorderasiatische Archäologie daselbst. 1991 Visiting Professor an der Universität Padua; 2007 Maître am Collège de France, Paris. 1980-2013 Direktor des DFG-Langzeitprojektes „Ausgrabung in Tell Schech Hamad, Syrien“ (www.schechhamad.de); 1982-1996 Direktor des interdisziplinären Projekts „Umweltrekonstruktion im Haburtal (Syrien) im Spätholozän“; 1992-1996 Direktor des deutsch-syrischen Gemeinschaftsprojekts „Einrichtung der Ständigen Ausstellung des Museums von Deir az-Zor“. Seit 1986 korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. 1999-2001 Vize-Dekan und 2001-2003 Dekan des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin. Herausgeber von zwei Buchreihen, Verfasser mehrerer Bücher und zahlreicher Aufsätze. Abstract:
Seit dem Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. erfolgte die Urbanisierung der nordmesopotamischen Ackerebenen, die im Trockenfeldbau bewirtschaftet werden konnten. Am Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. ist eine massive Abwanderung der Bevölkerung und eine Auflassung der Städte festzustellen. Dies ist ursächlich mit dem „4.2 kaBP event“, einem abrupten Klimawandel in weniger als fünf Jahren mit einer Niederschlagsverringerung von 20-50% über eine Dauer von 200-300 Jahren und dem Zusammenbruch des akkadischen Reiches in Verbindung gebracht worden (Weiss). Demgegenüber steht der archäologische Befund, der nur in wenigen Fällen eine Diskontinuität, jedoch meistens einen kulturellen Wandel erkennen lässt. Der Vortrag wird diese Dichotomie aufzeigen und einen Lösungsvorschlag anbieten.
Vortrag Prof. Dr. Klaus-Dieter Jäger (Berlin): Niederschlagsschwankungen in Mitteleuropa während der letzten Jahrtausende der Nacheiszeit und deren historische Folgen C.V.:
Klaus-Dieter Jäger (Jahrgang 1936), Abitur an der Oberschule (Luisenstift) zu Radebeul, Studium Prähistorische Archäologie sowie Botanik und Quartärgeologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Diplomabschluss (1958) und Promotion (Dr. rer. nat., 1966) in Jena, Dr. sc. nat. 1982, umgewandelt zum Dr. habil. 1991 an der Ernst-Moritz-Arndt Universität in Greifswald, 1971-1983 Tätigkeiten in der geologischen Praxis und bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW) Leipzig in Dresden, 1967-2003 (wiederholt in leitenden Funktionen) Mitglied der INQUA- Kommission für das Studium des Holozäns, 1983-2001 Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg (1983 Dozentur, 1992-2001 Professur für Geoarchäologie und Prähistorische Ökologie) mit Forschungen und Lehraufgaben zur Entwicklung der Wechselbeziehungen zwischen Gesellschaft und Umwelt, 1994 Albrecht-Penck-Medaille der Deutschen Quartärvereinigung (DEUQUA), seit 2004 Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften. Abstract:
Die Klimaentwicklung der Vergangenheit ist in Mitteleuropa nur für die letzten 3 bis 4 Jahrhunderte anhand von Messwerten zu verfolgen, und schriftliche sowie bildliche Quellen stehen zumindest für Europa allenfalls für 2 Jahrtausende zur Verfügung. Weiter zurück ist die Rekonstruktion der Klimaentwicklung auf Proxydaten angewiesen, vorzugsweise beigetragen von Geowissenschaften anhand sedimentärer Schichtenfolgen aus dem jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte, dem Quartär.
Rückschlüsse auf die Temperaturentwicklung verdanken wir vor allem der Paläontologie, Fossilfunden wie Pollen, Conchylien, Resten von Wirbeltieren (Knochen, Zähnen), von Organismen also, deren Existenz aktuell an bestimmte Temperaturwerte gebunden ist.
Schwieriger sind Aussagen zu erhalten über die Niederschlagsverhältnisse und deren Wandel in der Vergangenheit. Aussagefähig sind hierzu Sedimentfolgen, die unter Wasser entstanden sind und folglich (ehemalige) Gewässer voraussetzen, wie u. a, Kalkabsätze aus Binnengewässern (Travertin, Dauch, Seekreide u. ä.). Deren zeitweilige Trockenlegung in Zeiträumen mit vermindertem Wasserdargebot bewirkt im Sedimentationsraum temporär subaerische Bedingungen, die in der Schichtenfolge anstelle der (karbonatischen) Sedimentation zur Folge hatten. Archäologische Funde bezeugen häufig die menschliche Begehbarkeit der vormals subhydrischen Standorte und erlauben darüber hinaus deren Datierung sowie vielfach den Nachweis ihrer Gleichzeitigkeit auch in räumlich voneinander entfernten Teilregionen Europas und darüber hinaus.
Die regionale Vielfalt und räumliche Entferntheit der datierten Standorte erfordert eine weiträumig wirksame und von örtlichen Besonderheiten unabhängige gemeinsame Ursache für die Vielzahl von Einzelbeobachtungen an datierten Einzelbefunden, wofür nur weiträumige Minderungen des Niederschlagsangebots in Betracht kommen. Dafür spricht auch die Beobachtung synchroner Seespiegelabsenkungen, die die Archäologie mit dem Stichwort „Pfahlbauten“ populär gemacht hat.
Während der gleichen Zeiträume sind auch Bevölkerungsverschiebungen nachweisbar, die in Archäologie und Geschichtsschreibung bereits seit längerem bekannt sind (Urnenfelderbewegung, dorische Wanderung und Seevölkerbewegung im Mittelmeerraum) und vor dem Hintergrund regional eingeschränkten Wasserdargebots plausibel erklärbar sind.
Die Zeiträume verminderten Wasserdargebots in Mitteleuropa während der Jahrtausende der Nacheiszeit werden vorgestellt.
Vortrag Dr. Mathias Deutsch (Göttingen): Hydrologische Extremereignisse der letzten fünf Jahrhunderte in Mitteldeutschland C.V.:
Dr. rer. nat. Mathias Deutsch M.A. (Jahrgang 1965), von Sept. 1988 bis März 1994 Studium der Geschichte, Prähistorischen Archäologie und Historischen Hilfswissenschaften sowie Grundstudien der Fächer Botanik, Ökologie und Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Abschluss des Studiums als Magister Artium (M.A.), seit April 1994 Mitarbeiter in verschiedenen Forschungsprojekten an den Universitäten Halle-Wittenberg, Erfurt, Cottbus und Göttingen sowie an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW) Leipzig, nach berufsbegleitendem Aufbaustudium im Jahr 2007 Promotion im Fach Geographie an der Universität Göttingen. Im Mittelpunkt seiner Forschungen stehen Untersuchungen zur Umwelt- und Klimageschichte sowie Arbeiten zur Geschichte der Meteorologie, darüber hinaus konnten ab 1997 zahlreiche praxisorientierte Projekte mit wasserwirtschaftlichen Behörden des Bundes und der Länder erfolgreich umgesetzt werden, Wahrnehmung von Lehraufträgen (darunter an der Bauhaus-Universität Weimar und der Universität Erfurt), seit August 2014 freiberuflich tätig. Gründungsmitglied der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft (DWhG) e. V., Mitglied der Europäischen Gesellschaft für Umweltgeschichte, umfangreiche Publikationstätigkeit (nähere Angaben siehe: www.matdeutsch.de) Abstract:
Der Referent stellt zunächst Quellen vor, die für die Rekonstruktion historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse genutzt werden. Hierzu gehören u. a. handschriftliche Einträge in Ortschroniken sowie Berichte von staatlichen und kommunalen Baubehörden. Ferner wird kurz auf die heute noch sichtbaren Kennzeichnungen extrem hoher bzw. niedriger Wasserstände entlang mitteldeutscher Fließgewässer eingegangen. Es folgen Darstellungen zum langfristigen Hochwassergeschehen ausgewählter Flüsse (z. B. Werra), wobei erkennbar wird, dass es offensichtlich Phasen verstärkter und verringerter Hochwasseraktivität gab. Der Rückblick in die letzten fünf Jahrhunderte schließt zudem Angaben zu herausragenden Niedrigwassern ein.
Folgend stehen ausgewählte hydrologische Einzelereignisse im Mittelpunkt. Hierzu gehören beispielsweise die sog. “Thüringer Sintflut” vom 29. Mai 1613 sowie die herausragenden Niedrigwasser in den Jahren 1904 und 1911.
Anzumerken ist, dass die im Vortrag gezeigten neueren Befunde zu extremen Hochwassern Ende 2015 in einer Publikation der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) Jena veröffentlicht wurden. Das Werk “Hochwasser in Thüringen. Texte, Karten und Bilddokumente (1500-2013)” umfasst 174 Seiten und enthält Quellen zu über 30 Abflussereignissen.
Vortrag Prof. Dr. Jörg Matschullat (Freiberg): Bodenatmung (CO2, CH4, N2O) in Abhängigkeit von Landnutzung und klimatischen Bedingungen C.V.:
Jörg Matschullat, Dr. rer. nat. in Geologie und Geochemie (Univ. Göttingen 1989 nach Studium in Clausthal, Tübingen und dem Dorset Research Centre, CDN, in interdisziplinären Projekten angewandter Ökosystemforschung). Assistant Professor an TU Clausthal und Univ. Heidelberg (1990 bis 1995); dominant Umweltgeochemie-bezogene Themen. C2-Professor bis 1999 in “Geologie und Mineralogie”, Univ. Heidelberg. Seit 1999 ordentlicher Professor für Geochemie und Geoökologie (C4) und Direktor des Interdisziplinären Ökologischen Zentrums der TU Bergakademie Freiberg; Dekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau von Dezember 2009 bis März 2013. Sprecher des KlimaNetzwerkes Sachsen (KliNeS). Vielfältige und langjährige nationale und internationale Projekterfahrung, über 400 Publikationen (h-Index: 19). Seit 2013 Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin. Abstract:
Böden wirken als Quellen und Senken für Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Da sowohl die Speicherfähigkeit als auch die Emissionswirksamkeit sehr hoch sein können, sind präzise Quantifizierungen notwendig, um verlässliche globale Budgets berechnen zu können. Diese sind für ein besseres Landnutzungsmanagement (Land- und Forstwirtschaft), für offene Fragen zum globalen Wandel einschließlich des Klimawandels erforderlich. Dieser Beitrag diskutiert ausschließlich den Anteil der mit der Bodenemission verbundenen Prozesse und deren steuernde Parameter. Dazu wurden Studien ausgewertet, welche die wichtigsten Typen von Landbedeckung und Klimazonen bearbeitet haben. Die dazu notwendigen Methoden werden ebenfalls kurz vorgestellt. Im Fazit werden die aktuellen Wissenslücken und der offensichtliche Bias zugunsten von Daten der Nordhemisphäre angesprochen.
Nutzt man einen konservativen globalen Durchschnittswert von 300 mg CO2e m-2 h-1 (basierend auf unserer Literaturstudie), so berechnen sich globale Netto-Bodenemissionen in der Größenordnung von mehr als 350 Petagramm CO2e (CO2e = CO2 Äquivalente = gesamter Effekt aller THG, normalisiert auf CO2). Dies entspricht etwa 21 % der globalen Bodenvorräte an Kohlenstoff und Stickstoff. Zum Vergleich: 33.4 Petagramm CO2 werden jährlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Zementindustrie freigesetzt.
Vortrag Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Potsdam): Die Nichtlinearität des Klimaproblems C.V.:
Prof. Schellnhuber ist Physiker und Umweltwissenschaftler sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2001. Seit dem Gründungsjahr 1992 leitet er das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er sitzt dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) vor und gehört einer Reihe deutscher und internationaler Gremien zur Forschungspolitik sowie zur Politikberatung in Umwelt- und Entwicklungsfragen an. So berät er als Mitglied der Sachverständigengruppe Energie und Klimawandel auch den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso. Er ist Professor für Theoretische Physik an der Universität Potsdam und gewähltes Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Akademie der Wissenschaften (Leopoldina), der US National Academy of Sciences, der Geological Society of London und der International Research Society Sigma Xi.
Während der G8- und EU-Ratspräsidentschaften Deutschlands im Jahr 2007 war er Wissenschaftlicher Chefberater der Bundesregierung in Fragen des Klimawandels und der internationalen Klimapolitik.
Zu den besonderen Ehrungen Professor Schellnhubers zählen unter anderem die Verleihung des Wolfson Research Merit Award der Royal Society (2002), die Verleihung des Titels CBE (Commander of the Most Excellent Order of the British Empire) durch Königin Elizabeth II. (2004), der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (2007) sowie die Verleihung des Verdienstordens des Landes Brandenburg (2008).
Er hat mehr als 200 Artikel und rund 40 Bücher über Theoretische Physik, Umweltanalyse und Nachhaltigkeitsforschung veröffentlicht.
Vortrag Prof. Dr. Klaus Dethloff (Potsdam): Wechselwirkung von arktischem Meereis und kontinentaler Schneebedeckung mit atmosphärischen Telekonnektionsmustern C.V.:
Klaus Dethloff, geb. 1950, Abitur am Heine-Gymnasium in Teterow, Studium der Physik an der Universität Rostock 1968-73, 1970 Wilhelm-Pieck-Stipendium, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentralinstituts für Solar-Terrestrische Physik der AdW der DDR, 1979 Promotion in theoretischer Physik mit der Arbeit “Zur Bestimmung der zonalen Zirkulation der Tropo- und Stratosphäre auf der Grundlage der Impuls-Wärmequellen”. 1986 für zwei Monate Gastwissenschaftler am Institut für Atmosphärenphysik der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Moskau, bis 1991 am Heinrich-Hertz-Institut für Atmosphärenforschung und Geomagnetismus der AdW der DDR, ab 1992 am Institut für Atmosphärenphysik der Universität Rostock. Seit 1992 Aufbau der Modellierungsgruppe an der AWI Forschungsstelle Potsdam, 1993 Habilitation am Institut für Physik der Humboldt-Universität Berlin mit der Arbeit “Modellierung und Diagnostik grossräumiger Klimaprozesse der Atmosphäre auf der Grundlage einer Hierarchie von einfachen Klimamodellen und von Analysen globaler Datensätze”. Seit 1997 Professor für Physik der Atmosphäre am Institut für Physik und Astronomie der Universität Potsdam und Sektionsleiter der Forschungssektion “Atmosphärische Zirkulationen” am Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Forschungsstelle Potsdam. In der Sektion werden experimentelle und theoretische Erkenntnisse zur Rolle der polaren Atmosphäre im globalen Klimawandel zusammengeführt.
Mitglied in den Editorial Boards der Open-Access Zeitschriften “Open Atmospheric Science Journal” seit 2007 und “Advances in Meteorology” seit 2009. Seit 2010 Topicsprecher des HGF Forschungsverbundes REKLIM für “Gekoppelte Regionale Klimamodelle”, Mitglied im wissenschaftlichen Rat des AWI, in der deutschen Polarforschungskommission, deutscher Repräsentant in der atmosphärischen Arbeitsgruppe des International Arctic Science Committee und in den Steering Committees von MOSAiC und ICARPIII. Abstract:
Die regionale Erwärmung in der Arktis ist fast doppelt so groß wie die globale Erwärmung. An der deutsch-französischen AWIPEV Forschungsstation Ny-Ålesund auf Spitzbergen stiegen z. B. die bodennahen Jahresmitteltemperaturen zwischen 1992 und 2014 von -5,5 auf -3 °Celsius an. Dieses Phänomen wird arktische Verstärkung genannt und hat zu einem deutlichen Rückgang des arktischen Meereises in den vergangenen zwei Jahrzehnten beigetragen. Parallel traten in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre häufiger kalte Winter auf.
Die oberflächennahe Erwärmung über dem arktischen Ozean im Spätsommer beeinflusst die vertikale Stabilität der arktischen Atmosphäre und begünstigt die Entstehung und Ausbreitung von troposphärischen Tiefdruckgebieten. Das häufigere Auftreten von solchen Wettersystemen und deren erhöhte Intensität im Herbst führen dazu, dass sich die atmosphärischen Telekonnektionsmuster im darauffolgenden Winter verändern.
Das arktische Schwingungsmuster übt dabei den größten Einfluss auf die atmosphärische Luftdruck- und Temperaturverteilung aus. Diese Schwingung stellt das vorherrschende Variabilitätsmuster der Nordhalbkugel dar und beschreibt in der europäischen Arktis die großräumigen Luftdruckschwankungen zwischen dem Islandtief und dem subtropischen Azorenhoch. Der Einfluss dieses Variabilitätsmusters erstreckt sich bis in die Stratosphäre.
Mit statistischen Methoden lassen sich Zusammenhänge zwischen dem im Sommer zurückgehenden arktischen Meereis und Veränderungen der typischen Luftdruck- und Zirkulationsmuster der Nordhemisphäre im Winter feststellen. In Jahren mit geringer Meereisbedeckung im Spätsommer tritt im darauffolgenden Winter ein schwächer ausgeprägter Luftdruckunterschied zwischen mittleren und polaren Breiten auf. Dadurch wird der Transport warmer Atlantikluft auf die Kontinente verringert, und die Wahrscheinlichkeit für den Einbruch kalter Luftmassen aus Norden und Sibirien bis nach Mitteleuropa steigt deutlich an. Dabei besteht ein Zusammenhang mit großskaligen planetaren Wellen, die sich im Winter aus der Troposphäre in die Stratosphäre ausbreiten.
Als Folge der stärkeren Wellenaktivität in Jahren mit geringerer arktischer Meereisbedeckung bei gleichzeitig veränderter kontinentaler Schneebedeckung ist der winterliche Polarwirbel – ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet – der Stratosphäre instabiler und wärmer. Die Stärke des Polarwirbels beeinflusst die Übertragung extremer Klimaanomalien von der Stratosphäre hinab in die Troposphäre und die Entstehung kalter Winter in Europa und Asien.
Vortrag Dr. Wolfgang Steinbrecht (Hohenpeißenberg): Ozonschicht und Klimawandel C.V.:
Wolfgang Steinbrecht, geb. 1962 in München. Studium der Physik 1982-1988 in München, Diplomarbeit: Laser Radar auf der Polarstern (Prof. Walther). 1988-1993 York University, Toronto, Kanada, PhD 1994 (Prof. Carswell), Laser Radars für Ozon und Temperatur in Toronto und Eureka (80°N). Seit 1994 in der Ozongruppe des Deutschen Wetterdiensts am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg, seit Aug. 2015 als Leiter der Ozongruppe. Viele nationale und internationale Forschungsprojekte, > 50 wiss. Veröffentlichungen, 1998 Mariolopoulos-Kananginis Preis der WMO. Chapter-Lead Autor WMO-UNEP Ozone Assessment 2014. Deutscher Vertreter bei den Ozone-Research-Managers Meetings der Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht. Mitglied der Internationalen Ozon-Kommission. Co-Chair Lidar-Working Group des Network for the Detection of Atmospheric Composition Change (NDACC). Abstract:
Das internationale Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht von 1987 mit seinen nachfolgenden Verschärfungen war erfolgreich! Seit Ende der 1990er Jahre gehen ozonzerstörende Substanzen weltweit langsam zurück, der Rückgang der Ozonschichtdicke konnte gestoppt werden. Seit 2000 schwanken die Ozonsäulen auf niedrigem Niveau; erste Zunahmen werden verzeichnet. Am deutlichsten erkennbar ist dies in der oberen Stratosphäre, im Höhenbereich um 40 km. Dort tragen sowohl der beginnende Rückgang ozonzerstörender Substanzen als auch die stratosphärische Abkühlung durch zunehmendes CO2 jeweils etwa die Hälfte zur Ozonzunahme seit etwa 2000 bei. Neben dem Rückgang ozonzerstörender Substanzen wird also die erwartete Erholung der Ozonschicht deutlich durch Treibhausgas-Zunahmen und Klimaänderung beeinflusst werden. Weiter zunehmendes CO2 wird zu weiterer Erwärmung der Troposphäre und weiterer Abkühlung der Stratosphäre führen. Dies hat Auswirkungen auf Ozon-Chemie und auf den globalen Ozontransport durch die Brewer-Dobson-Zirkulation. Methan (CH4) und Lachgas (N2O) nehmen ebenfalls zu. Beide wirken als Treibhausgase. Im Gegensatz zu CO2 werden Methan und Lachgas in der Stratosphäre photochemisch zersetzt. Sie greifen damit direkt in das chemische Gleichgewicht zwischen Ozonbildung und
-zerstörung ein. Modellrechnungen zeigen die Auswirkungen der verschiedenen Spurengase. Ozonsäulen in mittleren Breiten werden erst zwischen 2030 und 2050 wieder das Niveau der ungestörten 1960er Jahre erreichen. Das Antarktische Ozonloch wird erst nach 2060 wieder verschwinden. Trotzdem sind wir beim Ozon auf dem richtigen Weg.
Vortrag Dr. Dietrich Spänkuch (Caputh): Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Gesellschaft in Europa C.V.:
Dietrich Spänkuch, Jahrgang 1936, Abitur Salzmannschule Schnepfenthal, Studium der Meteorologie an der Humboldt-Universität Berlin 1954-59, dort auch Promotion A (Dr. rer. nat.) 1965 und B (Dr. sc. nat.) 1973 mit der Arbeit „Optische Eigenschaften logarithmisch-verteilter Partikelkollektive“. Herbst 1971 – Herbst 1972 Arbeitsaufenthalt am Lehrstuhl für Physik der Atmosphäre an der Universität Leningrad. Herbst 1959 bis Sommer 1968 Assistent und Arbeitsleiter am Institut für Optik und Spektroskopie der AdW der DDR, Arbeiten zur atmosphärischen Optik und zum atmosphärischem Aerosol, Laserausbreitung in der Atmosphäre. Sommer 1968 bis Februar 2001 Fachwissenschaftler, Abteilungsleiter und Leiter des Meteorologischen Hauptobservatoriums Potsdam des MD der DDR bzw. des DWD, Aufbau der Arbeitsgruppen Satellitenmeteorologie und indirekte Sondierung der Atmosphäre, nationaler Themenleiter für indirekte Sondierung bei Interkosmos, Mitglied internationaler Arbeitsgruppen von COSPAR, IAMAP und EUMETSAT, WMO-Experte für Aerosol und Klima. Schwerpunkte seiner Arbeiten waren die indirekte Sondierung der Erd- und Venusatmosphäre durch IR-Satellitengeräte, bodengebundene Sondierung durch IR- und Mikrowellen, IR-Transmittanz der Atmosphäre, Aerosol und Klima. Gutachter bei INTAS, Süringmedaille in Silber der Meteorologischen Gesellschaft in der DDR, Gastprofessur an der Universitè Paris VI 1999, Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1994. Abstract:
Der Klimawandel ist nicht das einzige globale Problem. Diese Aussage ist trivial, nicht aber ihre Konsequenzen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Europa weniger hart zu spüren als in anderen Regionen der Erde. Dies sowie die beträchtliche Wirtschaftskraft Europas, die zur Abschwächung und Adaptation des Klimawandels eingesetzt werden kann, lassen diesen Kontinent als das gelobte Land erscheinen. Es ist daher mit erheblichen Flüchtlingsströmen Richtung Europa zu rechnen, die in den nationalen Anpassungsstrategien zum Klimawandel bisher nicht oder nur ungenügend Einklang gefunden haben. Aber auch in Europa selbst wird der Unterschied zwischen arm und reich – und damit das Konfliktpotential – durch den Klimawandel verstärkt.
Der Klimawandel, selbst wenn er auf unter 2°C globale Erwärmung, bezogen auf die vorindustrielle Ära um 1850, beschränkt werden kann, ist in Europa insbesondere in den Küsten- und Hochgebirgsregionen z.T. auch heute schon spürbar. Die Einhaltung der 2°C-Grenze ist aber keineswegs gesichert. Der Meeresspiegelanstieg wird auch über die Jahrhundertwende hinaus viele Jahrhunderte anhalten. Die Anpassung an den Klimawandel wird beträchtliche Mittel binden. Der Vortrag konzentriert sich auf Beispiele für die norddeutsche Küste und den Mittelmeerraum.
Die Klassen Naturwissenschaften und Technikwissenschaften sowie Sozial- und
Geisteswissenschaften laden für den 14. April 2016 zu einem
Kolloquium zum Thema
Klima und Menschheit
zu Ehren von Karl-Heinz-Bernhardt (MLS), Klaus-Dieter Jäger (MLS) und Dietrich Spänkuch (MLS) anlässlich ihrer 80. Geburtstage
ein.
Aktualisiertes Programm (Stand 12.04.2016)
Vortrag Prof. Dr. Karl-Heinz-Bernhardt (Berlin): Klima und Menschheit im Wandel
C.V.:
Karl-Heinz Bernhardt, geb. 1935 in Zwickau, Abitur (Lessingmedaille in Gold) an der Oberschule „Geschwister Scholl“ in Auerbach/Vogtland, 1953-57 Studium der Meteorologie am Geophysikalischen Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig. Promotion im Jahre 1962 mit einer Arbeit zur Theorie des vertikalen atmosphärischen Turbulenzwärmestroms, Habilitation 1967 mit theoretischen Untersuchungen zur Energetik der Atmosphäre. 1969 Berufung zum Dozenten für Meteorologie und Geophysik und 1970 zum ordentlichen Professor für Meteorologie an die Humboldt-Universität zu Berlin, dort bis 1990 Leiter des Bereichs Meteorologie und Geophysik der Sektion Physik. 1971-91 Vorstandsmitglied, 1982-90 Präsident der Meteorologischen Gesellschaft der DDR. 1972-90 Mitherausgeber der Zeitschrift für Meteorologie. 1990 Wahl zum Korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1993 Gründungsmitglied der Leibniz-Sozietät, 1996-2012 Sekretar der Klasse Naturwissenschaften. 1974-82 Mitglied der CAS Working Group on Atmospheric Boundary Layer Problems der WMO, 1981-90 Leiter von KAPG-Projekten zur Physik der atmosphärischen Grenzschicht. 2012 expert reviewer in mehreren Abstimmungsrunden des Fifth IPCC Assesment Report 2013/2014. Über 300 Veröffentlichungen – größtenteils in Fachzeitschriften, aber auch in Sammelbänden, Sitzungsberichten und Festschriften – zur Physik der Atmosphäre und des Klimasystems, insbesondere zur Turbulenz- und Grenzschichttheorie, zu globalen Umweltproblemen und zur Geschichte der Meteorologie.
Abstract:
Im Anschluss an die Ausführungen zur Thematik Klima und Menschheit im Heft 1/2 der Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät (1994) werden neue Erkenntnisse zum Klimasystem vorgestellt und sein gegenwärtiger Zustand im regionalen und globalen Maßstab charakterisiert. Die flächendeckende satellitengestützte Überwachung ermöglicht eine Synopsis des gesamten Systems und seiner Zustands- und Prozessparameter, unter den letzteren besonders der globalen Strahlungsimbalance als einer wichtigen Kenngröße des derzeitigen Klimawandels, der sich in Wechselwirkung von (natürlichen und anthropogenen) externen Antrieben und systeminternen Schwankungen vollzieht.
Sein globaler Charakter trifft auf eine ebenfalls weltweit vernetzte Gesellschaft. Während in vergangenen Epochen der Menschheitsgeschichte Eingriffe in das Klimasystem durch Landnutzung, lokale Energie-, Partikel- oder gasförmige Emissionen vor allem lokale Auswirkungen hatten, wie sie einschließlich ihrer Folgen für menschliche Kulturkreise seit der Antike beschrieben worden sind, zeitigen entsprechende Aktivitäten seit der industriellen Revolution zunehmend regionale bis globale Konsequenzen.
Das betrifft insbesondere die Verbrennung des über Jahrmillionen in der Erdkruste angereicherten fossilen Kohlenstoffs binnen weniger Jahrzehnte. Die Auswirkungen dieses menschlichen Eingriffes als eines geologischen Faktors auf das globale Klima sind bei allen Unsicherheiten im Detail sichergestellt und nicht zuletzt durch die IPCC-Berichte (seit 1990) dokumentiert. Die Einsicht in solche Zusammenhänge und insbesondere in die Notwendigkeit zu ergreifender Maßnahmen wird allerdings dadurch erschwert, dass weltweite Folgen lokalen oder regionalen Handelns nicht sofort offensichtlich werden, zumal der Klimawandel vor Ort relativ schleichend erfolgt, nicht selten durch systeminterne Schwankungen verdeckt wird und zirkulationsbedingt auch vom globalen Muster abweichen kann.
Abschließend werden Gedanken zum weiteren Gang der Klimadiagnostik sowie zu künftigen Schwerpunktproblemen der Physik des Klimasystems geäußert.
Vortrag Prof. Dr. Ulrich Cubasch (Berlin): Dürreperioden in Asien während der letzten 1000 Jahre in Proxydaten und Modellsimulationen
C.V.:
Ulrich Cubasch, geb. 1952 in Hamburg, Studium der Meteorologie in Frankfurt und Kiel, Promotion 1984 in Hamburg, Habilitation 1993 in Hamburg. Von 1978 bis 1986 arbeitete er als Wissenschaftler am EZMW in Reading (UK) und von 1986 bis 2002 als leitender Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Meteorologie und DKRZ in Hamburg. Seit 2002 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Variabilität des Klimasystems am Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin. Von 2007 bis 2011 war er Dekan des Fachbereichs Geowissenschaften, seit 2011 ist er geschäftsführender Direktor des Meteorologischen Instituts. Er war an allen Berichten des Weltklimarates (IPCC, Arbeitsgruppe “Wissenschaftliche Grundlagen”) an leitender Stelle beteiligt. Die IPCC-Aktivitäten wurden 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Herr Cubasch empfing 2004 den Preis “Distinguished Scientist” der Chinesischen Meteorologischen Verwaltung. Er ist Mitglied der DFG Senatskommission “Zukunft der Geowissenschaften” und der DFG Fachkommission 313 (Atmosphäre). Turnusgemäß hatte er für zwei Jahre den Vorsitz dieser Fachkommission inne. Er ist Vizepräsident der “Geo-Union” und Vize-Sprecher des Forschungsverbundes “Geo.X”. Er sitzt mehreren wissenschaftlichen Beratungsgremien von wissenschaftlichen Einrichtungen und Graduiertenschulen. Er hat mehr als 100 begutachtete Veröffentlichungen und ein Buch geschrieben (h-Index ISI =32).
Abstract:
Klimamodell-Ensemble-Berechnungen sind für das letzte Jahrtausend ausgewertet worden, um festzustellen, inwieweit man Dürreperioden, die man in Proxy-Informationen – zum Beispiel Baumringe oder Zivilisationsübergänge – gefunden hat, auch simulieren kann. So wird aus den Modelldaten der Palmer-Drought-Index für Asien kalkuliert und mit entsprechenden Werten aus Baumringdaten verglichen. Sowohl in den Proxy-Daten als auch in den Modelldaten zeichnen sich deutlich starke und schwache Monsunphasen ab. Die schwachen Monsunphasen decken sich mit historisch überlieferten Dürreperioden. Die Modellsimulationen erlauben es, einen Gesamtüberblick über die Zirkulation in Zentralasien zu gewinnen: So kann man sehen, dass die “Strange Parallels Drought” (1756-1768) durch ein zusammenhängendes Zirkulationsmuster erzeugt wurde, das wiederum mit einer Temperaturanomalie (El-Nino) im tropischen Pazifik verbunden ist. Modell-Simulationen erlauben es auch, in Zusammenarbeit mit Archäologen den durch Klimawandel verursachten Anteil an Zivilisationsübergängen zu bestimmen.
Vortrag Prof. Dr. Hartmut W. Kühne (Berlin): Siedlungsausbau und Siedlungseinschränkung in der Bronzezeit Nord-Mesopotamiens in Abhängigkeit von klimatischen(?) Veränderungen
C.V.:
Hartmut W. Kühne, Dr. phil. in Vorderasiatischer Altertumskunde an der Freien Universität Berlin 1972. 1972-1975 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt Ausgrabung in Tell Kamid el-Loz, Libanon, an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken; 1975-1980 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Tübinger Atlas des Vorderen Orients“ an der Universität Tübingen; 1980 Berufung an die Freie Universität Berlin; 1980-2010 Professor für Vorderasiatische Archäologie daselbst. 1991 Visiting Professor an der Universität Padua; 2007 Maître am Collège de France, Paris. 1980-2013 Direktor des DFG-Langzeitprojektes „Ausgrabung in Tell Schech Hamad, Syrien“ (www.schechhamad.de); 1982-1996 Direktor des interdisziplinären Projekts „Umweltrekonstruktion im Haburtal (Syrien) im Spätholozän“; 1992-1996 Direktor des deutsch-syrischen Gemeinschaftsprojekts „Einrichtung der Ständigen Ausstellung des Museums von Deir az-Zor“. Seit 1986 korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. 1999-2001 Vize-Dekan und 2001-2003 Dekan des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin. Herausgeber von zwei Buchreihen, Verfasser mehrerer Bücher und zahlreicher Aufsätze.
Abstract:
Seit dem Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. erfolgte die Urbanisierung der nordmesopotamischen Ackerebenen, die im Trockenfeldbau bewirtschaftet werden konnten. Am Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. ist eine massive Abwanderung der Bevölkerung und eine Auflassung der Städte festzustellen. Dies ist ursächlich mit dem „4.2 kaBP event“, einem abrupten Klimawandel in weniger als fünf Jahren mit einer Niederschlagsverringerung von 20-50% über eine Dauer von 200-300 Jahren und dem Zusammenbruch des akkadischen Reiches in Verbindung gebracht worden (Weiss). Demgegenüber steht der archäologische Befund, der nur in wenigen Fällen eine Diskontinuität, jedoch meistens einen kulturellen Wandel erkennen lässt. Der Vortrag wird diese Dichotomie aufzeigen und einen Lösungsvorschlag anbieten.
Vortrag Prof. Dr. Klaus-Dieter Jäger (Berlin): Niederschlagsschwankungen in Mitteleuropa während der letzten Jahrtausende der Nacheiszeit und deren historische Folgen
C.V.:
Klaus-Dieter Jäger (Jahrgang 1936), Abitur an der Oberschule (Luisenstift) zu Radebeul, Studium Prähistorische Archäologie sowie Botanik und Quartärgeologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Diplomabschluss (1958) und Promotion (Dr. rer. nat., 1966) in Jena, Dr. sc. nat. 1982, umgewandelt zum Dr. habil. 1991 an der Ernst-Moritz-Arndt Universität in Greifswald, 1971-1983 Tätigkeiten in der geologischen Praxis und bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW) Leipzig in Dresden, 1967-2003 (wiederholt in leitenden Funktionen) Mitglied der INQUA- Kommission für das Studium des Holozäns, 1983-2001 Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg (1983 Dozentur, 1992-2001 Professur für Geoarchäologie und Prähistorische Ökologie) mit Forschungen und Lehraufgaben zur Entwicklung der Wechselbeziehungen zwischen Gesellschaft und Umwelt, 1994 Albrecht-Penck-Medaille der Deutschen Quartärvereinigung (DEUQUA), seit 2004 Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften.
Abstract:
Die Klimaentwicklung der Vergangenheit ist in Mitteleuropa nur für die letzten 3 bis 4 Jahrhunderte anhand von Messwerten zu verfolgen, und schriftliche sowie bildliche Quellen stehen zumindest für Europa allenfalls für 2 Jahrtausende zur Verfügung. Weiter zurück ist die Rekonstruktion der Klimaentwicklung auf Proxydaten angewiesen, vorzugsweise beigetragen von Geowissenschaften anhand sedimentärer Schichtenfolgen aus dem jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte, dem Quartär.
Rückschlüsse auf die Temperaturentwicklung verdanken wir vor allem der Paläontologie, Fossilfunden wie Pollen, Conchylien, Resten von Wirbeltieren (Knochen, Zähnen), von Organismen also, deren Existenz aktuell an bestimmte Temperaturwerte gebunden ist.
Schwieriger sind Aussagen zu erhalten über die Niederschlagsverhältnisse und deren Wandel in der Vergangenheit. Aussagefähig sind hierzu Sedimentfolgen, die unter Wasser entstanden sind und folglich (ehemalige) Gewässer voraussetzen, wie u. a, Kalkabsätze aus Binnengewässern (Travertin, Dauch, Seekreide u. ä.). Deren zeitweilige Trockenlegung in Zeiträumen mit vermindertem Wasserdargebot bewirkt im Sedimentationsraum temporär subaerische Bedingungen, die in der Schichtenfolge anstelle der (karbonatischen) Sedimentation zur Folge hatten. Archäologische Funde bezeugen häufig die menschliche Begehbarkeit der vormals subhydrischen Standorte und erlauben darüber hinaus deren Datierung sowie vielfach den Nachweis ihrer Gleichzeitigkeit auch in räumlich voneinander entfernten Teilregionen Europas und darüber hinaus.
Die regionale Vielfalt und räumliche Entferntheit der datierten Standorte erfordert eine weiträumig wirksame und von örtlichen Besonderheiten unabhängige gemeinsame Ursache für die Vielzahl von Einzelbeobachtungen an datierten Einzelbefunden, wofür nur weiträumige Minderungen des Niederschlagsangebots in Betracht kommen. Dafür spricht auch die Beobachtung synchroner Seespiegelabsenkungen, die die Archäologie mit dem Stichwort „Pfahlbauten“ populär gemacht hat.
Während der gleichen Zeiträume sind auch Bevölkerungsverschiebungen nachweisbar, die in Archäologie und Geschichtsschreibung bereits seit längerem bekannt sind (Urnenfelderbewegung, dorische Wanderung und Seevölkerbewegung im Mittelmeerraum) und vor dem Hintergrund regional eingeschränkten Wasserdargebots plausibel erklärbar sind.
Die Zeiträume verminderten Wasserdargebots in Mitteleuropa während der Jahrtausende der Nacheiszeit werden vorgestellt.
Vortrag Dr. Mathias Deutsch (Göttingen): Hydrologische Extremereignisse der letzten fünf Jahrhunderte in Mitteldeutschland
C.V.:
Dr. rer. nat. Mathias Deutsch M.A. (Jahrgang 1965), von Sept. 1988 bis März 1994 Studium der Geschichte, Prähistorischen Archäologie und Historischen Hilfswissenschaften sowie Grundstudien der Fächer Botanik, Ökologie und Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Abschluss des Studiums als Magister Artium (M.A.), seit April 1994 Mitarbeiter in verschiedenen Forschungsprojekten an den Universitäten Halle-Wittenberg, Erfurt, Cottbus und Göttingen sowie an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW) Leipzig, nach berufsbegleitendem Aufbaustudium im Jahr 2007 Promotion im Fach Geographie an der Universität Göttingen. Im Mittelpunkt seiner Forschungen stehen Untersuchungen zur Umwelt- und Klimageschichte sowie Arbeiten zur Geschichte der Meteorologie, darüber hinaus konnten ab 1997 zahlreiche praxisorientierte Projekte mit wasserwirtschaftlichen Behörden des Bundes und der Länder erfolgreich umgesetzt werden, Wahrnehmung von Lehraufträgen (darunter an der Bauhaus-Universität Weimar und der Universität Erfurt), seit August 2014 freiberuflich tätig. Gründungsmitglied der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft (DWhG) e. V., Mitglied der Europäischen Gesellschaft für Umweltgeschichte, umfangreiche Publikationstätigkeit (nähere Angaben siehe: www.matdeutsch.de)
Abstract:
Der Referent stellt zunächst Quellen vor, die für die Rekonstruktion historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse genutzt werden. Hierzu gehören u. a. handschriftliche Einträge in Ortschroniken sowie Berichte von staatlichen und kommunalen Baubehörden. Ferner wird kurz auf die heute noch sichtbaren Kennzeichnungen extrem hoher bzw. niedriger Wasserstände entlang mitteldeutscher Fließgewässer eingegangen. Es folgen Darstellungen zum langfristigen Hochwassergeschehen ausgewählter Flüsse (z. B. Werra), wobei erkennbar wird, dass es offensichtlich Phasen verstärkter und verringerter Hochwasseraktivität gab. Der Rückblick in die letzten fünf Jahrhunderte schließt zudem Angaben zu herausragenden Niedrigwassern ein.
Folgend stehen ausgewählte hydrologische Einzelereignisse im Mittelpunkt. Hierzu gehören beispielsweise die sog. “Thüringer Sintflut” vom 29. Mai 1613 sowie die herausragenden Niedrigwasser in den Jahren 1904 und 1911.
Anzumerken ist, dass die im Vortrag gezeigten neueren Befunde zu extremen Hochwassern Ende 2015 in einer Publikation der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) Jena veröffentlicht wurden. Das Werk “Hochwasser in Thüringen. Texte, Karten und Bilddokumente (1500-2013)” umfasst 174 Seiten und enthält Quellen zu über 30 Abflussereignissen.
Vortrag Prof. Dr. Jörg Matschullat (Freiberg): Bodenatmung (CO2, CH4, N2O) in Abhängigkeit von Landnutzung und klimatischen Bedingungen
C.V.:
Jörg Matschullat, Dr. rer. nat. in Geologie und Geochemie (Univ. Göttingen 1989 nach Studium in Clausthal, Tübingen und dem Dorset Research Centre, CDN, in interdisziplinären Projekten angewandter Ökosystemforschung). Assistant Professor an TU Clausthal und Univ. Heidelberg (1990 bis 1995); dominant Umweltgeochemie-bezogene Themen. C2-Professor bis 1999 in “Geologie und Mineralogie”, Univ. Heidelberg. Seit 1999 ordentlicher Professor für Geochemie und Geoökologie (C4) und Direktor des Interdisziplinären Ökologischen Zentrums der TU Bergakademie Freiberg; Dekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau von Dezember 2009 bis März 2013. Sprecher des KlimaNetzwerkes Sachsen (KliNeS). Vielfältige und langjährige nationale und internationale Projekterfahrung, über 400 Publikationen (h-Index: 19). Seit 2013 Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.
Abstract:
Böden wirken als Quellen und Senken für Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Da sowohl die Speicherfähigkeit als auch die Emissionswirksamkeit sehr hoch sein können, sind präzise Quantifizierungen notwendig, um verlässliche globale Budgets berechnen zu können. Diese sind für ein besseres Landnutzungsmanagement (Land- und Forstwirtschaft), für offene Fragen zum globalen Wandel einschließlich des Klimawandels erforderlich. Dieser Beitrag diskutiert ausschließlich den Anteil der mit der Bodenemission verbundenen Prozesse und deren steuernde Parameter. Dazu wurden Studien ausgewertet, welche die wichtigsten Typen von Landbedeckung und Klimazonen bearbeitet haben. Die dazu notwendigen Methoden werden ebenfalls kurz vorgestellt. Im Fazit werden die aktuellen Wissenslücken und der offensichtliche Bias zugunsten von Daten der Nordhemisphäre angesprochen.
Nutzt man einen konservativen globalen Durchschnittswert von 300 mg CO2e m-2 h-1 (basierend auf unserer Literaturstudie), so berechnen sich globale Netto-Bodenemissionen in der Größenordnung von mehr als 350 Petagramm CO2e (CO2e = CO2 Äquivalente = gesamter Effekt aller THG, normalisiert auf CO2). Dies entspricht etwa 21 % der globalen Bodenvorräte an Kohlenstoff und Stickstoff. Zum Vergleich: 33.4 Petagramm CO2 werden jährlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Zementindustrie freigesetzt.
Vortrag Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Potsdam): Die Nichtlinearität des Klimaproblems
C.V.:
Prof. Schellnhuber ist Physiker und Umweltwissenschaftler sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2001. Seit dem Gründungsjahr 1992 leitet er das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er sitzt dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) vor und gehört einer Reihe deutscher und internationaler Gremien zur Forschungspolitik sowie zur Politikberatung in Umwelt- und Entwicklungsfragen an. So berät er als Mitglied der Sachverständigengruppe Energie und Klimawandel auch den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso. Er ist Professor für Theoretische Physik an der Universität Potsdam und gewähltes Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Akademie der Wissenschaften (Leopoldina), der US National Academy of Sciences, der Geological Society of London und der International Research Society Sigma Xi.
Während der G8- und EU-Ratspräsidentschaften Deutschlands im Jahr 2007 war er Wissenschaftlicher Chefberater der Bundesregierung in Fragen des Klimawandels und der internationalen Klimapolitik.
Zu den besonderen Ehrungen Professor Schellnhubers zählen unter anderem die Verleihung des Wolfson Research Merit Award der Royal Society (2002), die Verleihung des Titels CBE (Commander of the Most Excellent Order of the British Empire) durch Königin Elizabeth II. (2004), der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (2007) sowie die Verleihung des Verdienstordens des Landes Brandenburg (2008).
Er hat mehr als 200 Artikel und rund 40 Bücher über Theoretische Physik, Umweltanalyse und Nachhaltigkeitsforschung veröffentlicht.
Vortrag Prof. Dr. Klaus Dethloff (Potsdam): Wechselwirkung von arktischem Meereis und kontinentaler Schneebedeckung mit atmosphärischen Telekonnektionsmustern
C.V.:
Klaus Dethloff, geb. 1950, Abitur am Heine-Gymnasium in Teterow, Studium der Physik an der Universität Rostock 1968-73, 1970 Wilhelm-Pieck-Stipendium, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentralinstituts für Solar-Terrestrische Physik der AdW der DDR, 1979 Promotion in theoretischer Physik mit der Arbeit “Zur Bestimmung der zonalen Zirkulation der Tropo- und Stratosphäre auf der Grundlage der Impuls-Wärmequellen”. 1986 für zwei Monate Gastwissenschaftler am Institut für Atmosphärenphysik der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Moskau, bis 1991 am Heinrich-Hertz-Institut für Atmosphärenforschung und Geomagnetismus der AdW der DDR, ab 1992 am Institut für Atmosphärenphysik der Universität Rostock. Seit 1992 Aufbau der Modellierungsgruppe an der AWI Forschungsstelle Potsdam, 1993 Habilitation am Institut für Physik der Humboldt-Universität Berlin mit der Arbeit “Modellierung und Diagnostik grossräumiger Klimaprozesse der Atmosphäre auf der Grundlage einer Hierarchie von einfachen Klimamodellen und von Analysen globaler Datensätze”. Seit 1997 Professor für Physik der Atmosphäre am Institut für Physik und Astronomie der Universität Potsdam und Sektionsleiter der Forschungssektion “Atmosphärische Zirkulationen” am Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Forschungsstelle Potsdam. In der Sektion werden experimentelle und theoretische Erkenntnisse zur Rolle der polaren Atmosphäre im globalen Klimawandel zusammengeführt.
Mitglied in den Editorial Boards der Open-Access Zeitschriften “Open Atmospheric Science Journal” seit 2007 und “Advances in Meteorology” seit 2009. Seit 2010 Topicsprecher des HGF Forschungsverbundes REKLIM für “Gekoppelte Regionale Klimamodelle”, Mitglied im wissenschaftlichen Rat des AWI, in der deutschen Polarforschungskommission, deutscher Repräsentant in der atmosphärischen Arbeitsgruppe des International Arctic Science Committee und in den Steering Committees von MOSAiC und ICARPIII.
Abstract:
Die regionale Erwärmung in der Arktis ist fast doppelt so groß wie die globale Erwärmung. An der deutsch-französischen AWIPEV Forschungsstation Ny-Ålesund auf Spitzbergen stiegen z. B. die bodennahen Jahresmitteltemperaturen zwischen 1992 und 2014 von -5,5 auf -3 °Celsius an. Dieses Phänomen wird arktische Verstärkung genannt und hat zu einem deutlichen Rückgang des arktischen Meereises in den vergangenen zwei Jahrzehnten beigetragen. Parallel traten in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre häufiger kalte Winter auf.
Die oberflächennahe Erwärmung über dem arktischen Ozean im Spätsommer beeinflusst die vertikale Stabilität der arktischen Atmosphäre und begünstigt die Entstehung und Ausbreitung von troposphärischen Tiefdruckgebieten. Das häufigere Auftreten von solchen Wettersystemen und deren erhöhte Intensität im Herbst führen dazu, dass sich die atmosphärischen Telekonnektionsmuster im darauffolgenden Winter verändern.
Das arktische Schwingungsmuster übt dabei den größten Einfluss auf die atmosphärische Luftdruck- und Temperaturverteilung aus. Diese Schwingung stellt das vorherrschende Variabilitätsmuster der Nordhalbkugel dar und beschreibt in der europäischen Arktis die großräumigen Luftdruckschwankungen zwischen dem Islandtief und dem subtropischen Azorenhoch. Der Einfluss dieses Variabilitätsmusters erstreckt sich bis in die Stratosphäre.
Mit statistischen Methoden lassen sich Zusammenhänge zwischen dem im Sommer zurückgehenden arktischen Meereis und Veränderungen der typischen Luftdruck- und Zirkulationsmuster der Nordhemisphäre im Winter feststellen. In Jahren mit geringer Meereisbedeckung im Spätsommer tritt im darauffolgenden Winter ein schwächer ausgeprägter Luftdruckunterschied zwischen mittleren und polaren Breiten auf. Dadurch wird der Transport warmer Atlantikluft auf die Kontinente verringert, und die Wahrscheinlichkeit für den Einbruch kalter Luftmassen aus Norden und Sibirien bis nach Mitteleuropa steigt deutlich an. Dabei besteht ein Zusammenhang mit großskaligen planetaren Wellen, die sich im Winter aus der Troposphäre in die Stratosphäre ausbreiten.
Als Folge der stärkeren Wellenaktivität in Jahren mit geringerer arktischer Meereisbedeckung bei gleichzeitig veränderter kontinentaler Schneebedeckung ist der winterliche Polarwirbel – ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet – der Stratosphäre instabiler und wärmer. Die Stärke des Polarwirbels beeinflusst die Übertragung extremer Klimaanomalien von der Stratosphäre hinab in die Troposphäre und die Entstehung kalter Winter in Europa und Asien.
Vortrag Dr. Wolfgang Steinbrecht (Hohenpeißenberg): Ozonschicht und Klimawandel
C.V.:
Wolfgang Steinbrecht, geb. 1962 in München. Studium der Physik 1982-1988 in München, Diplomarbeit: Laser Radar auf der Polarstern (Prof. Walther). 1988-1993 York University, Toronto, Kanada, PhD 1994 (Prof. Carswell), Laser Radars für Ozon und Temperatur in Toronto und Eureka (80°N). Seit 1994 in der Ozongruppe des Deutschen Wetterdiensts am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg, seit Aug. 2015 als Leiter der Ozongruppe. Viele nationale und internationale Forschungsprojekte, > 50 wiss. Veröffentlichungen, 1998 Mariolopoulos-Kananginis Preis der WMO. Chapter-Lead Autor WMO-UNEP Ozone Assessment 2014. Deutscher Vertreter bei den Ozone-Research-Managers Meetings der Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht. Mitglied der Internationalen Ozon-Kommission. Co-Chair Lidar-Working Group des Network for the Detection of Atmospheric Composition Change (NDACC).
Abstract:
Das internationale Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht von 1987 mit seinen nachfolgenden Verschärfungen war erfolgreich! Seit Ende der 1990er Jahre gehen ozonzerstörende Substanzen weltweit langsam zurück, der Rückgang der Ozonschichtdicke konnte gestoppt werden. Seit 2000 schwanken die Ozonsäulen auf niedrigem Niveau; erste Zunahmen werden verzeichnet. Am deutlichsten erkennbar ist dies in der oberen Stratosphäre, im Höhenbereich um 40 km. Dort tragen sowohl der beginnende Rückgang ozonzerstörender Substanzen als auch die stratosphärische Abkühlung durch zunehmendes CO2 jeweils etwa die Hälfte zur Ozonzunahme seit etwa 2000 bei. Neben dem Rückgang ozonzerstörender Substanzen wird also die erwartete Erholung der Ozonschicht deutlich durch Treibhausgas-Zunahmen und Klimaänderung beeinflusst werden. Weiter zunehmendes CO2 wird zu weiterer Erwärmung der Troposphäre und weiterer Abkühlung der Stratosphäre führen. Dies hat Auswirkungen auf Ozon-Chemie und auf den globalen Ozontransport durch die Brewer-Dobson-Zirkulation. Methan (CH4) und Lachgas (N2O) nehmen ebenfalls zu. Beide wirken als Treibhausgase. Im Gegensatz zu CO2 werden Methan und Lachgas in der Stratosphäre photochemisch zersetzt. Sie greifen damit direkt in das chemische Gleichgewicht zwischen Ozonbildung und
-zerstörung ein. Modellrechnungen zeigen die Auswirkungen der verschiedenen Spurengase. Ozonsäulen in mittleren Breiten werden erst zwischen 2030 und 2050 wieder das Niveau der ungestörten 1960er Jahre erreichen. Das Antarktische Ozonloch wird erst nach 2060 wieder verschwinden. Trotzdem sind wir beim Ozon auf dem richtigen Weg.
Vortrag Dr. Dietrich Spänkuch (Caputh): Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Gesellschaft in Europa
C.V.:
Dietrich Spänkuch, Jahrgang 1936, Abitur Salzmannschule Schnepfenthal, Studium der Meteorologie an der Humboldt-Universität Berlin 1954-59, dort auch Promotion A (Dr. rer. nat.) 1965 und B (Dr. sc. nat.) 1973 mit der Arbeit „Optische Eigenschaften logarithmisch-verteilter Partikelkollektive“. Herbst 1971 – Herbst 1972 Arbeitsaufenthalt am Lehrstuhl für Physik der Atmosphäre an der Universität Leningrad. Herbst 1959 bis Sommer 1968 Assistent und Arbeitsleiter am Institut für Optik und Spektroskopie der AdW der DDR, Arbeiten zur atmosphärischen Optik und zum atmosphärischem Aerosol, Laserausbreitung in der Atmosphäre. Sommer 1968 bis Februar 2001 Fachwissenschaftler, Abteilungsleiter und Leiter des Meteorologischen Hauptobservatoriums Potsdam des MD der DDR bzw. des DWD, Aufbau der Arbeitsgruppen Satellitenmeteorologie und indirekte Sondierung der Atmosphäre, nationaler Themenleiter für indirekte Sondierung bei Interkosmos, Mitglied internationaler Arbeitsgruppen von COSPAR, IAMAP und EUMETSAT, WMO-Experte für Aerosol und Klima. Schwerpunkte seiner Arbeiten waren die indirekte Sondierung der Erd- und Venusatmosphäre durch IR-Satellitengeräte, bodengebundene Sondierung durch IR- und Mikrowellen, IR-Transmittanz der Atmosphäre, Aerosol und Klima. Gutachter bei INTAS, Süringmedaille in Silber der Meteorologischen Gesellschaft in der DDR, Gastprofessur an der Universitè Paris VI 1999, Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1994.
Abstract:
Der Klimawandel ist nicht das einzige globale Problem. Diese Aussage ist trivial, nicht aber ihre Konsequenzen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Europa weniger hart zu spüren als in anderen Regionen der Erde. Dies sowie die beträchtliche Wirtschaftskraft Europas, die zur Abschwächung und Adaptation des Klimawandels eingesetzt werden kann, lassen diesen Kontinent als das gelobte Land erscheinen. Es ist daher mit erheblichen Flüchtlingsströmen Richtung Europa zu rechnen, die in den nationalen Anpassungsstrategien zum Klimawandel bisher nicht oder nur ungenügend Einklang gefunden haben. Aber auch in Europa selbst wird der Unterschied zwischen arm und reich – und damit das Konfliktpotential – durch den Klimawandel verstärkt.
Der Klimawandel, selbst wenn er auf unter 2°C globale Erwärmung, bezogen auf die vorindustrielle Ära um 1850, beschränkt werden kann, ist in Europa insbesondere in den Küsten- und Hochgebirgsregionen z.T. auch heute schon spürbar. Die Einhaltung der 2°C-Grenze ist aber keineswegs gesichert. Der Meeresspiegelanstieg wird auch über die Jahrhundertwende hinaus viele Jahrhunderte anhalten. Die Anpassung an den Klimawandel wird beträchtliche Mittel binden. Der Vortrag konzentriert sich auf Beispiele für die norddeutsche Küste und den Mittelmeerraum.
10.00 bis 18.00 Uhr
Ort: BVV-Saal
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Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen