Dezember-Sitzung der Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften
12. Dezember 2013 - 10:00 - 12:00
Die Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften lädt zur planmäßig am 12. Dezember 2013 stattfindenden Dezember-Sitzung ein, auf der der folgende Vortrag gehalten und zur Diskussion gestellt wird:
Wolfdietrich Hartung (MLS): Wege des Erkennens – am Beispiel unseres Wissens über Sprechen und Sprache
10.00 bis 12.00 Uhr Ort: Balkonsaal
C.V.:
Prof. Hartung ist Sprachwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Nach dem Studium der Germanistik und Nordistik begann er 1955 seine Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Dort war er bis 1969 Mitarbeiter der Arbeitsstelle Strukturelle Grammatik, danach bis 1991 Leiter des Bereichs Sprachliche Kommunikation am Zentralinstitut für Sprachwissenschaften. 1992/93 arbeitete er am Institut für deutsche Sprache in Mannheim, danach an einem DFG-Projekt mit. Zahlreiche Publikationen auf folgenden Gebieten: Syntax des Deutschen, Grammatiktheorie, Kommunikation und Gesellschaft, Soziolinguistik, Sprachnormen, Gesprächsanalyse, Geschichte der Sprachwissenschaft, Sprache und Kultur, deutsch-deutsche Kommunikation. Mitarbeit an Wörterbüchern; (Mit-)Herausgabe mehrerer Zeitschriften; (Mit-)Veranstalter zahlreicher internationaler Tagungen, zuletzt 2000 „Kulturen und ihre Sprachen. Die Wahrnehmung anders Sprechender und ihr Selbstverständnis“. Gegenwärtige Arbeits- und Interessengebiete: Sprache und Kultur, Geschichte der Sprachwissenschaft, Sprache in der DDR.
Abstract: Da (fast) jeder ohne größere Mühen mindestens eine Sprache so weit beherrscht, dass er sie für seine Zwecke hinreichend effektiv verwenden kann, mag die Frage nach den Wegen, sie zu erkennen, etwas in den Hintergrund rücken. Das ist aber deshalb erstaunlich, weil Sprache – unsichtbar für uns – nur in den Köpfen von Individuen „lebt“; wahrnehmbar sind erst die Produkte dieses Lebens, die „zwischen“ den Individuen, also außerhalb von ihnen existieren und uns zu vielerlei Schlüssen über Individuelles und Überindividuelles anregen. Diese unvermeidlichen Übergänge werfen naturgemäß Fragen nach der Verlässlichkeit des Wahrgenommenen und der Brauchbarkeit des Gedachten auf, sie berühren also wesentliche Fragen des Mensch-Seins, die niemand umgehen sollte. Im 1. Teil des Vortrags wird ein Überblick über die sehr unterschiedlichen Arten der uns zur Verfügung stehenden Daten und über auf dieser Basis formulierbare Erkenntnisfragen gegeben. Im 2. Teil wird an drei Beispielen erläutert, welche Probleme sich aus mangelnder Beachtung der divergierenden Existenzformen von Sprache ergeben können: Wo beginnt die Verschiedenheit von Sprachen? Was sind Bedeutungen „wirklich“? Wieweit lässt Sprachgebrauch auf verinnerlichte Verhaltensmuster schließen? Der 3. Teil des Vortrags widmet sich der Frage nach der Herkunft der Sprachfähigkeit des Menschen. Im Mittelpunkt steht ein Blick auf das Lebenswerk von Noam Chomsky, auf seinen Begriff der im Kern angeborenen Language Faculty, auf die Idee einer teilweise ähnlichen Science Forming Faculty sowie auf seine Unterscheidung von problems und mysteries, die Schranken auch für die Erkennbarkeit der Sprache zulässt. Chomsky, der am 7. Dezember seinen 85. Geburtstag begeht, hat entscheidenden Anteil daran, dass (natur)wissenschaftliches Denken in einige Bereiche der Linguistik Eingang fand, und er hat wesentliche Anstöße für die aufkommenden Neurowissenschaften gegeben. Seine bisweilen auch polarisierende Wirkung hat die Fragilität eines verbreiteten Erkenntnis-Optimismus zumindest deutlich werden lassen. Im Augenblick werden Versuche, die Sprachfähigkeit evolutionär zu erklären, auf jeden Fall bevorzugt und sind dank der Verzweigtheit möglicher Erklärungswege auch zugänglicher. Von stichhaltigen Erkenntnissen sind auch sie jedoch noch weit entfernt.
Die Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften lädt zur planmäßig am 12. Dezember 2013 stattfindenden Dezember-Sitzung ein, auf der der folgende Vortrag gehalten und zur Diskussion gestellt wird:
Wolfdietrich Hartung (MLS): Wege des Erkennens – am Beispiel unseres Wissens über Sprechen und Sprache
10.00 bis 12.00 Uhr Ort: Balkonsaal
C.V.:
Prof. Hartung ist Sprachwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Nach dem Studium der Germanistik und Nordistik begann er 1955 seine Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Dort war er bis 1969 Mitarbeiter der Arbeitsstelle Strukturelle Grammatik, danach bis 1991 Leiter des Bereichs Sprachliche Kommunikation am Zentralinstitut für Sprachwissenschaften. 1992/93 arbeitete er am Institut für deutsche Sprache in Mannheim, danach an einem DFG-Projekt mit. Zahlreiche Publikationen auf folgenden Gebieten: Syntax des Deutschen, Grammatiktheorie, Kommunikation und Gesellschaft, Soziolinguistik, Sprachnormen, Gesprächsanalyse, Geschichte der Sprachwissenschaft, Sprache und Kultur, deutsch-deutsche Kommunikation. Mitarbeit an Wörterbüchern; (Mit-)Herausgabe mehrerer Zeitschriften; (Mit-)Veranstalter zahlreicher internationaler Tagungen, zuletzt 2000 „Kulturen und ihre Sprachen. Die Wahrnehmung anders Sprechender und ihr Selbstverständnis“. Gegenwärtige Arbeits- und Interessengebiete: Sprache und Kultur, Geschichte der Sprachwissenschaft, Sprache in der DDR.
Abstract:
Da (fast) jeder ohne größere Mühen mindestens eine Sprache so weit beherrscht, dass er sie für seine Zwecke hinreichend effektiv verwenden kann, mag die Frage nach den Wegen, sie zu erkennen, etwas in den Hintergrund rücken. Das ist aber deshalb erstaunlich, weil Sprache – unsichtbar für uns – nur in den Köpfen von Individuen „lebt“; wahrnehmbar sind erst die Produkte dieses Lebens, die „zwischen“ den Individuen, also außerhalb von ihnen existieren und uns zu vielerlei Schlüssen über Individuelles und Überindividuelles anregen. Diese unvermeidlichen Übergänge werfen naturgemäß Fragen nach der Verlässlichkeit des Wahrgenommenen und der Brauchbarkeit des Gedachten auf, sie berühren also wesentliche Fragen des Mensch-Seins, die niemand umgehen sollte.
Im 1. Teil des Vortrags wird ein Überblick über die sehr unterschiedlichen Arten der uns zur Verfügung stehenden Daten und über auf dieser Basis formulierbare Erkenntnisfragen gegeben.
Im 2. Teil wird an drei Beispielen erläutert, welche Probleme sich aus mangelnder Beachtung der divergierenden Existenzformen von Sprache ergeben können: Wo beginnt die Verschiedenheit von Sprachen? Was sind Bedeutungen „wirklich“? Wieweit lässt Sprachgebrauch auf verinnerlichte Verhaltensmuster schließen?
Der 3. Teil des Vortrags widmet sich der Frage nach der Herkunft der Sprachfähigkeit des Menschen. Im Mittelpunkt steht ein Blick auf das Lebenswerk von Noam Chomsky, auf seinen Begriff der im Kern angeborenen Language Faculty, auf die Idee einer teilweise ähnlichen Science Forming Faculty sowie auf seine Unterscheidung von problems und mysteries, die Schranken auch für die Erkennbarkeit der Sprache zulässt. Chomsky, der am 7. Dezember seinen 85. Geburtstag begeht, hat entscheidenden Anteil daran, dass (natur)wissenschaftliches Denken in einige Bereiche der Linguistik Eingang fand, und er hat wesentliche Anstöße für die aufkommenden Neurowissenschaften gegeben. Seine bisweilen auch polarisierende Wirkung hat die Fragilität eines verbreiteten Erkenntnis-Optimismus zumindest deutlich werden lassen.
Im Augenblick werden Versuche, die Sprachfähigkeit evolutionär zu erklären, auf jeden Fall bevorzugt und sind dank der Verzweigtheit möglicher Erklärungswege auch zugänglicher. Von stichhaltigen Erkenntnissen sind auch sie jedoch noch weit entfernt.
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Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen