Leibniz – der Film

Notizen zur Podiumsdiskussion zum Film: Leibniz. Chronik eines verschollenen Bildes

Am 10. Oktober 2025 fand im Kino Union in Friedrichshagen eine Sonderaufführung des Films von Edgar Reitz „Leibniz. Chronik eines verschollenen Bildes“ statt. Auf Anregung unseres Mitglieds Dr. Reinhold Zilch fand im Anschluss eine Podiumsdiskussion mit dem Produzenten des Films statt.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion (im Bild v.l.n.r.) Ingo Fließ (Produzent), Prof. Dr. Gerda Haßler (Leibniz-Sozietät, Moderation), Dr. Reinhold Zilch (Leibniz-Sozietät)

Hier die vorbereitenden Notizen von Gerda Haßler als Diskussionsanregung:

1. „Was ist ein wahres Bild?“

Diese Frage steht im Zentrum des Films Leibniz. Chronik eines verschollenen Bildes – und sie führt uns mitten hinein in die Philosophie Gottfried Wilhelm Leibniz’. Für Leibniz ist Wahrheit nicht bloß das, was sichtbar ist. Sie ist das, was sich hinter dem Sichtbaren verbirgt: die innere Ordnung, die geistige Struktur, die Harmonie der Dinge. Ein Porträt, das Leibniz gerecht werden will, muss mehr zeigen als sein Gesicht – es muss sein Denken, seine Seele, seine Monade sichtbar machen. Die junge Malerin im Film versucht genau das: ein Bild zu schaffen, das nicht nur abbildet, sondern durchdringt. Heute Abend wollen wir gemeinsam mit Ingo Fließ darüber sprechen, wie sich diese Idee filmisch umsetzen lässt – und was es bedeutet, Wahrheit im Bild zu suchen.

Was lässt sich zur Wahrheit des Bildes aus der Sicht der Philosophie Leibniz‘ sagen?

Das Konzept der „Wahrheit des Bildes“ aus der Sicht von Leibniz ist faszinierend, weil es sich zwischen Metaphysik, Erkenntnistheorie und Ästhetik bewegt. Leibniz war überzeugt, dass Wahrheit nicht bloß in der äußeren Erscheinung liegt, sondern in der inneren Ordnung und Harmonie der Dinge. Daraus ergeben sich einige spannende Gedanken:

Leibniz’ Philosophie der Wahrheit

  • Wahrheit als Übereinstimmung: Für Leibniz ist Wahrheit die Übereinstimmung zwischen einem Urteil und der Realität – klassisch formuliert als veritas est adaequatio intellectus et rei (die Angleichung des Verstandes an die Sache).
  • Wahrheit in der Kunst: Ein Bild ist für Leibniz nicht einfach ein Abbild, sondern ein Ausdruck einer inneren Idee. Die Wahrheit eines Porträts liegt also nicht in der fotografischen Genauigkeit, sondern darin, ob es die Monade, also das Wesen oder die geistige Struktur der dargestellten Person, erfasst.
  • Monadenlehre: Leibniz sah die Welt als Zusammenspiel von „Monaden“ – geistigen Einheiten, die die Welt aus ihrer eigenen Perspektive spiegeln. Ein Bild könnte also dann wahr sein, wenn es die Perspektive einer Monade auf eine andere Monade authentisch wiedergibt.
  • Symbolische Darstellung: Leibniz war ein Freund der Symbolik und der mathematischen Repräsentation. Ein Bild kann für ihn auch dann wahr sein, wenn es symbolisch eine Idee vermittelt – etwa Weisheit, Macht oder Erkenntnis – und nicht nur physiognomisch korrekt ist.

Im Kontext des Films

Im Film Leibniz. Chronik eines verschollenen Bildes wird diese Frage zur zentralen Spannung: Kann ein Porträt das Wesen eines Menschen einfangen – oder bleibt es immer nur Oberfläche? Die junge Malerin Aaltje van de Meer begegnet Leibniz auf Augenhöhe und versucht, nicht nur sein Gesicht, sondern sein Denken und seine Seele ins Bild zu bringen. Das ist ganz im Sinne von Leibniz: Wahrheit ist nicht das Sichtbare, sondern das Verborgene, das durch das Sichtbare hindurchscheint.

2. „Ich male das Licht“

Der Satz „Ich male das Licht“ steht im Film als Ausdruck einer tiefen künstlerischen und philosophischen Haltung: Er symbolisiert den Versuch, nicht nur das Äußere, sondern das Wesen eines Menschen sichtbar zu machen.

Im Film Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes wird dieser Satz von der Malerin Aaltje van de Meer verwendet, um ihre Herangehensweise an das Porträtieren zu beschreiben. Sie unterscheidet sich damit radikal vom Hofmaler Delalandre, der lediglich das Äußere, die Oberfläche, abbilden will. Aaltje hingegen will das innere Leuchten, die Wahrheit und das Wesen der dargestellten Person einfangen – also das, was Leibniz selbst als „Freund der Wahrheit“ ausmacht.

Der Satz ist damit mehr als eine poetische Metapher. Er steht für:

  • Die Verbindung von Kunst und Philosophie: Licht wird hier als Symbol für Erkenntnis, Wahrheit und Geist verwendet – zentrale Begriffe in Leibniz’ Denken.
  • Ein künstlerisches Ideal: Die Malerin will nicht nur ein realistisches Abbild schaffen, sondern das Unsichtbare sichtbar machen – das, was einen Menschen im Innersten ausmacht.
  • Ein Kontrast zur oberflächlichen Darstellung: Während Delalandre mit vorgefertigten Gemälden arbeitet, will Aaltje durch das Licht die Individualität und Tiefe des Porträtierten zeigen.

In der barocken Malerei, auf die sich der Film auch stilistisch bezieht, spielt Licht eine zentrale Rolle – etwa in der Chiaroscuro-Technik, die starke Hell-Dunkel-Kontraste nutzt, um Tiefe und Ausdruck zu erzeugen. Der Film selbst greift dieses Motiv auf, sowohl visuell als auch inhaltlich, und macht es zum Leitfaden für die Darstellung von Leibniz und seiner Welt.

Kurz gesagt: „Ich male das Licht“ ist ein künstlerisches und philosophisches Statement – ein Versuch, das Unsichtbare sichtbar zu machen und das Wesen eines Menschen durch die Kunst zu ergründen.

Sprache Begriff Bedeutung / Konnotation
Deutsch Aufklärung Wörtlich: „Klarheit schaffen“, „Licht ins Dunkel bringen“ – stark rationalistisch und moralisch aufgeladen
Englisch Enlightenment „Erleuchtung“ – metaphorisch für geistige Befreiung, mit Anklang an religiöse oder mystische Erleuchtung
Französisch Siècle des Lumières / Les Lumières „Jahrhundert des Lichts“ – betont das Licht als Symbol für Vernunft, Fortschritt und Humanismus
Spanisch La Ilustración „Erhellung“ – ähnlich wie im Französischen, mit Betonung auf Bildung und rationale Ordnung
Italienisch L’Illuminismo „Erleuchtung“ – wie im Englischen und Französischen, mit starkem Bezug zur Philosophie und Wissenschaft

3. Monaden

Die Monade als Spiegel des Universums: Leibniz’ metaphysische Vision

In der Philosophie Gottfried Wilhelm Leibniz’ begegnet uns ein kühnes und zugleich poetisches Weltbild: Die Welt besteht nicht aus ausgedehnten Körpern, sondern aus geistartigen Einheiten – den Monaden. Diese sind keine materiellen Teilchen, sondern metaphysische Substanzen, „ohne Fenster“, das heißt: Sie empfangen nichts von außen, sondern tragen in sich die vollständige Entfaltung ihrer inneren Zustände. Jede Monade ist ein in sich geschlossener Kosmos, ein Spiegel des gesamten Universums.

Die Struktur der Wirklichkeit: Von der einfachen zur geistigen Monade

Leibniz unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Monaden:

  • Einfache Monaden sind die Grundbausteine der Realität, ohne Bewusstsein, aber mit einer inneren Dynamik.
  • Sinnliche Monaden besitzen Wahrnehmung und streben nach Lust und vermeiden Schmerz.
  • Geistige Monaden – wie der Mensch – sind fähig zur Reflexion, zur Vernunft und zur moralischen Entscheidung.

Diese Hierarchie ist kein bloßes ontologisches Schema, sondern Ausdruck einer ethischen Ordnung: Die Welt ist nicht nur strukturiert, sondern sinnvoll geordnet – durch eine göttliche Vernunft, die Leibniz als „beste aller möglichen Welten“ beschreibt.

Die prästabilierte Harmonie: Einheit ohne Kausalität

Die Monaden interagieren nicht kausal miteinander. Stattdessen sind sie durch eine „prästabilierte Harmonie“ miteinander verbunden – eine göttlich gesetzte Synchronisation, die dafür sorgt, dass jede Monade in ihrer Entwicklung mit allen anderen übereinstimmt. So entsteht eine Welt voller Ordnung, ohne dass die Substanzen sich gegenseitig beeinflussen müssen.

Diese Vorstellung ist nicht nur metaphysisch originell, sondern auch erkenntnistheoretisch radikal: Was wir als Kausalität erleben, ist in Wahrheit die Entfaltung paralleler innerer Zustände. Die Welt ist ein Konzert, dessen Instrumente nicht miteinander kommunizieren, aber dennoch harmonisch zusammenspielen – weil der Komponist sie so gestimmt hat.

Die Monade als Spiegel: Erkenntnis und Individualität

Jede Monade spiegelt das Universum – aber auf ihre eigene Weise. Diese Idee ist zutiefst pluralistisch: Es gibt keine objektive Perspektive auf die Welt, sondern unendlich viele subjektive Sichtweisen, jede gültig in ihrer eigenen Ordnung. Die geistige Monade, der Mensch, ist dabei nicht nur ein Spiegel, sondern auch ein Interpret – fähig zur Erkenntnis, zur Ethik, zur Liebe.

In dieser Konzeption liegt eine tiefe Würdigung der Individualität: Jeder Mensch ist ein einzigartiger Ausdruck des Ganzen, ein singulärer Blick auf die Welt, ein unverwechselbarer Ton im kosmischen Akkord.

Schlussgedanke: Die Monade als ethisches Ideal

Leibniz’ Monadenlehre ist nicht nur eine Metaphysik, sondern auch ein ethisches Programm: Sie fordert uns auf, die Welt als sinnvoll geordnet zu betrachten, unsere Perspektive zu kultivieren, und die Harmonie zu suchen, die uns mit anderen verbindet – nicht durch Einfluss, sondern durch Einklang.

In einer Welt, die oft von mechanischer Kausalität und äußerer Macht geprägt scheint, erinnert uns die Monade daran, dass wahre Tiefe im Inneren liegt – und dass jedes Bewusstsein ein Fenster zur Unendlichkeit ist, auch wenn es keine Fenster hat.

Monaden sind keine Teile und haben keine Teile. Organe sind keine Monaden, sondern aus Monaden zusammengesetzte Körperteile.

Leibniz’ Welt ist also nicht hierarchisch im Sinne von „Monade aus Monaden“, sondern parallel strukturiert: Jede Monade ist ein ganzes Universum aus ihrer Perspektive, und komplexe Körper sind harmonische Zusammenspiele vieler Monaden, die durch eine dominante Monade gelenkt werden.

4. Optimismus

wird im Film „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ subtil durch seine Haltung zur Wahrheit, zur Kunst und zum Denken inszeniert – als Ausdruck seines Glaubens an eine vernünftige, göttlich geordnete Welt.

Der Film von Edgar Reitz konzentriert sich auf eine fiktive Porträtsitzung im Jahr 1704, in der Leibniz (gespielt von Edgar Selge) sich mit Malern und Denkern über das Wesen von Kunst und Wahrheit auseinandersetzt. Dabei wird Leibniz’ Optimismusbegriff, wie er ihn in seiner Theodizee formuliert – die Annahme, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben – nicht direkt erklärt, sondern durch sein Verhalten und seine Dialoge erfahrbar gemacht.

Philosophischer Optimismus im filmischen Diskurs

  • Leibniz’ Zweifel an der bloßen Abbildfunktion der Kunst zeigen seine Überzeugung, dass Wahrheit mehr ist als äußere Erscheinung. Er fordert vom Maler, nicht nur sein Gesicht, sondern sein Wesen zu erfassen – ein Hinweis auf die Idee, dass hinter allem Sichtbaren eine göttliche Ordnung liegt.
  • In den Gesprächen mit der Malerin Aaltje van De Meer begegnet Leibniz ihr auf Augenhöhe, lässt sich von ihren Gedanken verunsichern und lernt dazu. Diese Offenheit gegenüber neuen Perspektiven spiegelt seinen Optimismus wider: die Welt ist durch Vernunft und Dialog verbesserbar.
  • Die Königin Sophie Charlotte von Preußen wünscht sich ein Bild ihres Lehrers, um in seiner Abwesenheit mit ihm Zwiesprache zu halten. Ihre Hoffnung, durch das Bild Antworten auf Lebensfragen zu erhalten, verweist auf den Glauben an die Kraft des Denkens und die Sinnhaftigkeit der Welt – zentrale Elemente von Leibniz’ Optimismus

Filmische Umsetzung als Denkraum

  • Der Film verzichtet auf eine klassische Biografie und inszeniert stattdessen ein Kammerspiel, das sich auf wenige Tage konzentriert. Diese Reduktion erlaubt eine intensive Auseinandersetzung mit Leibniz’ Denkweise, insbesondere seinem Vertrauen in die Vernunft und die Möglichkeit, durch Dialog zur Wahrheit zu gelangen.
  • Auch die Konflikte mit dem Hofmaler Delalandre, der ein vorgefertigtes Porträt liefern will, zeigen Leibniz’ Widerstand gegen Oberflächlichkeit und seine Suche nach tieferer Erkenntnis – ein Ausdruck seines metaphysischen Optimismus.

Der Film „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ macht Leibniz’ Optimismus nicht zum expliziten Thema, sondern verwebt ihn mit der Handlung und den Dialogen. Durch die Darstellung seines Denkens, seiner Skepsis gegenüber bloßer Repräsentation und seiner Offenheit für neue Ideen wird deutlich, wie sehr Leibniz davon überzeugt war, dass die Welt durch Vernunft, Kunst und Philosophie erkennbar und letztlich gut ist.

Leibniz’ Optimismusbegriff beruht auf der Überzeugung, dass unsere Welt – trotz aller Übel – die „beste aller möglichen Welten“ ist, weil sie von einem weisen und gütigen Gott geschaffen wurde. Diese Haltung entwickelte er gerade im Angesicht der politischen und kriegerischen Wirren seiner Zeit.

Leibniz’ Optimismus: Die „beste aller möglichen Welten“

Gottfried Wilhelm Leibniz formulierte seinen berühmten Optimismusbegriff in der Theodizee (1710). Darin versucht er, das Vorhandensein von Übel in der Welt mit dem Glauben an einen allmächtigen und gütigen Gott zu vereinbaren. Seine zentrale These lautet:

  • Gott hat unter allen denkbaren Welten jene erschaffen, die das größtmögliche Maß an Gutem enthält.
  • Das bedeutet nicht, dass die Welt perfekt ist – sondern dass sie optimal ist im Verhältnis zu allen Alternativen.
  • Übel und Leid sind demnach notwendige Bestandteile einer Welt, die insgesamt das höchste Maß an Ordnung, Schönheit und Güte ermöglicht.

Leibniz und die Kriege seiner Zeit

Leibniz lebte in einer Epoche voller Konflikte: Der Dreißigjährige Krieg war noch frisch im kollektiven Gedächtnis, und Europa wurde von weiteren Kriegen erschüttert – etwa dem Pfälzischen Erbfolgekrieg und dem Spanischen Erbfolgekrieg. Diese Erfahrungen prägten sein Denken:

  • Er war ein überzeugter Ireniker – ein Verfechter des Friedens und der Verständigung zwischen Konfessionen und Nationen.
  • Leibniz arbeitete diplomatisch für verschiedene Höfe, u.a. in Hannover und Mainz, und versuchte, durch Philosophie und Wissenschaft praktische Lösungen für politische Probleme zu finden.
  • Seine Idee der „besten Welt“ war kein naiver Trost, sondern ein intellektuelles Fundament für Hoffnung und Fortschritt – auch angesichts von Krieg und Leid.

Optimismus als Denkhaltung

Leibniz’ Optimismus ist nicht bloß ein metaphysisches Konzept, sondern eine aktive Denkhaltung:

  • Er glaubte an die Kraft der Vernunft, durch die Menschen die göttliche Ordnung erkennen und verbessern können.
  • Wissenschaft, Technik und Philosophie waren für ihn Werkzeuge, um die Welt näher an ihre göttliche Idee zu bringen.
  • Sein Optimismus ist also nicht weltfremd, sondern zutiefst engagiert – ein Aufruf zur Verantwortung und Gestaltung.

Verbindung zum Film

Im Film „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ wird dieser Optimismus nicht als abstrakte Theorie dargestellt, sondern als gelebte Haltung: Leibniz begegnet Konflikten, Missverständnissen und künstlerischen Herausforderungen mit Geduld, Neugier und dem Glauben, dass Wahrheit und Schönheit durch Dialog und Erkenntnis entstehen können.

Fazit: Leibniz’ Optimismus ist ein philosophisches Bollwerk gegen die Verzweiflung – geboren aus einer krisengeschüttelten Zeit, aber getragen von der Hoffnung, dass Vernunft, Wissenschaft und Glaube die Welt zum Guten führen können.

5. Kann ein Porträt die Seele eines Menschen zeigen?

Frage berührt gleich mehrere Schichten von Leibniz’ Philosophie: seine Metaphysik der Monaden, seine Auffassung von Ausdruck und Repräsentation, sowie seine Sicht auf Kunst und Wahrnehmung.

Leibniz’ Seelenbegriff: Die Monade

Leibniz versteht die Seele nicht als etwas Sichtbares oder Materielles, sondern als eine Monade — ein geistiges, immaterielles Subjekt, das die Welt aus seiner eigenen Perspektive widerspiegelt. Jede Monade ist wie ein Spiegel des Universums, aber ohne Fenster: Sie interagiert nicht kausal mit anderen, sondern entfaltet ihre innere Entwicklung gemäß einem göttlichen Plan.

„Die Monaden haben keine Fenster, durch die etwas hineingehen oder herausgehen könnte.“
Monadologie, §7

Ausdruck und Repräsentation

Trotz dieser „Fensterlosigkeit“ ist für Leibniz Ausdruck ein zentrales Konzept. Ein Ausdruck ist nicht bloß eine äußere Darstellung, sondern ein strukturelles Verhältnis zwischen zwei Dingen, bei dem das eine das andere in sich trägt oder widerspiegelt. So kann ein Kunstwerk — etwa ein Porträt — etwas von der inneren Ordnung oder Harmonie der dargestellten Person ausdrücken, ohne ihre Seele direkt zu zeigen.

Ein Porträt könnte also nach Leibniz:

  • eine äußere Manifestation der inneren Harmonie sein,
  • Spuren der individuellen Perspektive (der Monade) tragen,
  • eine symbolische Entsprechung zur seelischen Struktur bieten.

Die Seele im Porträt?

Ein Porträt zeigt nicht die Seele im metaphysischen Sinn — denn die Monade ist unsichtbar und unteilbar. Aber es kann ein Ausdruck ihrer individuellen Perspektive auf die Welt sein, etwa durch:

  • den Blick,
  • die Haltung,
  • die künstlerische Interpretation,
  • die Wahl von Farben, Licht und Komposition.

Wenn der Künstler selbst eine „Monade“ ist, die die Welt aus ihrer Sicht spiegelt, dann ist das Porträt ein Ausdruck zweier Perspektiven: der des Dargestellten und der des Darstellenden.

6. Erfindungen

  • Rechenmaschine mit Staffelwalze (1673): Leibniz entwickelte eine mechanische Rechenmaschine, die vier Grundrechenarten ausführen konnte. Ihre zentrale Innovation war die Staffelwalze, ein gestuftes Zylinderprinzip, das später in vielen Rechenmaschinen verwendet wurde.

→ Diese Maschine war ein Vorläufer moderner Computertechnik.

  • Binärsystem (Dualsystem): Zwar keine Maschine, aber eine fundamentale Idee: Leibniz erkannte die Bedeutung der Zahlendarstellung mit 0 und 1 und sah darin sogar eine metaphysische Symbolik (Chaos und Ordnung).

→ Grundlage für die digitale Welt.

  • Hydraulische Maschinen und Bergbautechnik: Leibniz arbeitete in Hannover und Sachsen intensiv an der Verbesserung von Pumpensystemen und Fördertechniken für den Bergbau.

→ Er entwarf Konzepte für Wasserkraftnutzung und mechanische Hebevorrichtungen.

  • Uhrwerke und Automatisierung: Er war fasziniert von automatischen Mechanismen und arbeitete an der Verbesserung von Uhrwerken und selbstbeweglichen Geräten – nicht nur als technische Spielerei, sondern als Modell für die prästabilierte Harmonie.
  • Bibliotheksorganisation und Katalogsysteme: Leibniz entwickelte Konzepte für die systematische Erfassung und Klassifikation von Wissen, darunter frühe Formen von Schlagwortsystemen und Universalbibliotheken.

→ Vorläufer moderner Informationswissenschaft.

  • Projekt einer Universalsprache (Characteristica Universalis):
    Zwar nie vollständig umgesetzt, aber als praktisches Ziel gedacht: eine logische Symbolsprache, mit der sich alle menschlichen Gedanken eindeutig ausdrücken und berechnen lassen sollten.

→ Inspirationsquelle für formale Sprachen und KI.

7. Fragen

  • Was bedeutet es, heute einen Film über Leibniz zu machen – in einer Zeit, in der Rationalität und Aufklärung neu verhandelt werden?
  • Wie kann Film dazu beitragen, historische Figuren nicht nur zu erinnern, sondern neu zu befragen?
  • Gab es Momente, in denen Sie sich als Team bewusst gegen eine filmische Konvention entschieden haben – und warum?

Gerda Haßler