Moore gehören zu den bedeutendsten CO2-Senken unserer Biosphäre. Das gilt aber nur, solange die Pflanzendecke des Moores Wasserüberschuss aufweist und der sich aufbauende Torfkörper sauerstofffrei bleibt. Jede Form der Entwässerung kehrt dieses Prinzip um! Trockengelegte Moore verursachen in Deutschland 37 Prozent aller landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen, bei einem Anteil von sieben Prozent an der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Im Laufe der nacheiszeitlichen Vegetationsentwicklung wurde Mitteleuropa mit Ausnahme der Hochlagen der Gebirge von einer geschlossenen Waldlandschaft eingenommen, nur unterbrochen von offenen Wasserflächen und Mooren. Dichte Wälder schufen mit ihrer Verdunstung zusammen mit Gewässern und Mooren ein humides, kühlendes Klima. Aufgrund des Klimas zeigten Moore insbesondere im Mittelalter („Kleine Eiszeit“) ein gutes Wachstum, also hohe Torfakkumulation. Die ursprüngliche Moorfläche in Deutschland dürfte mehr als fünf Prozent der Landfläche betragen haben. In allen vier nördlichen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg) waren mehr als zehn Prozent der Landfläche mit Mooren bedeckt.
Aktueller Zustand der Moore in Deutschland – Eine Verlustbilanz
Torfabbau und agrarische Moornutzung nach Entwässerung führten zu großen Moorbodenverlusten insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von der Gesamtfläche organischer Böden in Deutschland werden derzeit über 90 Prozent weiterhin entwässert und sind mehr oder weniger in Nutzung, nur ca. vier Prozent bilden noch oder wieder Torf! Dabei handelt es sich vor allem um Moore im Voralpenraum, in den Mittelgebirgen und einige große, wiedervernässte Moore in Norddeutschland. Die entwässerten Moore Deutschlands verursachen derzeit jährlich 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, das sind sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland (UBA 2021). Damit erzeugen Moore als relativ kleine Landflächen sehr hohe Emissionen. Besonders augenfällig ist das bei den landwirtschaftlich genutzten Mooren: die Klimafolgekosten der derzeitigen entwässerungsbasierten landwirtschaftlichen Moorbodennutzung in Deutschland belaufen sich auf jährlich 7,2 Milliarden Euro – das entspricht der Netto-Wertschöpfung der gesamten deutschen Landwirtschaft im Jahr 2018 (BfN-Skripten 616, 2021).
Lösungen: Wiedervernässung und Paludikultur
Die Wiedervernässung von Mooren, also die Anhebung der Wasserstände bis zur Geländeoberkante, reduziert die Treibhausgasemissionen erheblich. In einem moorreichen und industriearmen Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern bietet die Moorwiedervernässung das Potenzial, bis zu 30 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Der Erhalt der Moorböden als Kohlenstoffspeicher und perspektivisch das Wiederherstellen als Kohlenstoffsenken in unserer Kulturlandschaft ist eines der wichtigsten und effizientesten Handlungsfelder im Rahmen eines naturbasierten Klimaschutzes.
Dabei muss uns bewusst sein, dass diese „neuen Moore“ aufgrund der degradierten Oberböden, hoher Nährstofflasten und des gestörten Landschaftswasserhaushalts nicht denen gleichen, die sie vorher waren. Alternative Nutzungsformen für revitalisierte Moore und winterlicher Überstau sind notwendig, um den „Selbst-Oligotrophierungseffekt“ eines wachsenden Moores in einer aktuell überernährten Landschaft zu beschleunigen. Für viele der wiedererstellten semiaquatischen Ökosysteme ist mit dem Ansatz der „Paludikultur“ eine ganze Palette von alternativen Nutzungsformen bei gleichzeitigem Torferhalt bzw. allmählicher erneuter Torfbildung gegeben, verbunden mit der Hoffnung auf Wiederkehr der einst hier herrschenden Biodiversität.
Herausforderungen
Große Aufgaben stehen vor uns, um zu einer „klimaneutralen Landnutzung“ als einzig zukunftsfähiger Form umzusteuern. Wachsende, funktionstüchtige Moore spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Dafür müssen die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden: Die EU-Agrarförderungen stehen derzeit noch immer ohne Einschränkungen für entwässerte landwirtschaftlich genutzte Moore zur Verfügung. Damit werden öffentliche Gelder für eine Landnutzung bereitgestellt, die hohe gesellschaftliche Kosten verursacht und den europäischen und nationalen Zielen zum Klimaschutz, Gewässerschutz und Biodiversitätserhalt konträr entgegensteht. In vielen Fällen ist die Wertschöpfung auf Moorböden zudem so gering, dass die Bewirtschaftung erst durch die hohen gesellschaftlichen Transferzahlungen wirtschaftlich tragfähig wird. Im Gegensatz dazu werden Paludikulturen durch die aktuellen agrarpolitischen Rahmenbedingungen stark benachteiligt, da sie zumeist nicht als beihilfefähig angesehen werden. In der nächsten Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023 wird sich dies zum Glück ändern.
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen umgehend so viele Moore wie möglich wiedervernässt werden, soweit dafür noch genügend Wasser verfügbar ist. Neben den verringerten Emissionen, einer hohen Verdunstung und damit Kühlung ist die rasche Besiedelung derartiger Feuchtgebiete durch gefährdete, selten gewordene Tier- und Pflanzenarten zu erwarten. Wiedervernässte Moore haben auch eine wachsende Bedeutung für den naturorientierten Tourismus. In diesem Sinne: neue, nasse Moore braucht das Land – um die Natur und unserer selbst willen!
Vita:
Als Sohn eines Landwirts wurde Michael Succow am 21. April 1941 in Lüdersdorf im Osten Brandenburgs geboren. Auf dem Hof seiner Eltern hatte er die Schafe zu hüten. Er begann mit 13 Jahren, seine Naturbeobachtungen aufzuschreiben. Inzwischen sind es zwölf Tagebücher, die von der einstigen biologischen Vielfalt in der bäuerlichen Kulturlandschaft zeugen. Während der Jugendzeit entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zu den Pionieren des ostdeutschen Naturschutzes, dem Ehepaar Kretschmann in Bad Freienwalde.
Seinen Neigungen folgend studierte Michael Succow von 1960-65 Biologie an der Universität Greifswald. Im Zuge des “Prager Frühlings” musste er allerdings seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent aufgeben und sich “in der Produktion bewähren”.
Von 1969-73 arbeitete er als Standorterkunder im VE Meliorationskombinat Bad Freienwalde daran mit, neue Flächen für die landwirtschaftliche Intensivierung zu erschließen. Dennoch konnte er 1970 “nebenher” seine Dissertation mit dem Thema „Die Vegetation der nordmecklenburgischen Flusstalmoore und ihre anthropogene Umwandlung“ abschließen und an der Universität Greifswald promovieren.
Ab 1974 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR tätig. Eine Rückkehr an eine Universität wurde Michael Succow mehrfach verwehrt, obwohl er 1981 seine Habilitationsschrift “Landschaftsökologische Kennzeichnung und Typisierung der Moore der DDR“ an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften verteidigte.
Sein Engagement vor allem im ehrenamtlichen Natur- und Umweltschutz im Rahmen des Kulturbundes der DDR war in dieser Zeit wesentlicher Teil seines Lebens. Als Folge wurde er im Januar 1990 im neu strukturierten Ministerium zum Stellvertretenden Minister für Natur-, Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR, nachdem die Bürgerbewegungen schon im Herbst 1989 die Schaffung eines eigenen Ministeriums für Naturschutz gefordert hatten. Michael Succow war zuständig für den Naturressourcenschutz und die Landnutzungsplanung – Felder, die es bislang so nicht gab. In diesem Amt gelang ihm gemeinsam mit dem von ihm ins Ministerium geholten Freund*innen und Weggefährt*innen der Coup, das sogenannte “Nationalparkprogramm” zu initiieren. Bereits im März 1990 konnten knapp 12% des DDR-Territoriums einstweilig durch den Ministerrat als Großschutzgebiete ausgewiesen werden. Es waren insbesondere bisherige Staatsjagdgebiete, Grenzsicherungsräume und Truppenübungsplätze. Bis zur Wiedervereinigung gelang es, davon fast die Hälfte als Biosphärenreservate, Nationalparke und Naturparke neuer Prägung mit eigenen Verwaltungen in den Einigungsvertrag einzubringen und damit endgültig zu sichern. In den neu entstandenen Bundesländern schafften es die Regierungen in den folgenden Jahren, auch die restlichen einstweilig gesicherten Flächen in Großschutzgebiete zu überführen.
Im Jahr 1992 erfolgte Michael Succows Berufung zum Universitätsprofessor an die Universität Greifswald. Als Direktor des Botanischen Institutes und des Botanischen Gartens, das er durch die Einwerbung von vier Stiftungsprofessuren zu einem interdisziplinären Lehr- und Forschungsinstitut ausbaute, entwickelte er den für Deutschland neuen Studiengang Landschaftsökologie und Naturschutz. Es begann eine erfolgreiche moorkundliche sowie landschaftsökologisch-naturschutzorientierte Forschungstätigkeit im In- und Ausland. Das bedeutete die Intensivierung der bereits 1990 begonnenen Arbeit zum Schutz bzw. zur nachhaltigen Nutzung von Ökosystemen in Transformationsländern des Ostens, der Mongolei und China. Es konnten zahlreiche Naturschutzgroßprojekte initiiert werden. UNESCO-Weltnaturerbe-Gebiete in Kamtschatka, im Lena-Delta, in Kasachstan und der Kaukasus-Region, Biosphärenreservate der UNESCO in Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan sowie Nationalparke in der Mongolei, in Georgien, in Russland und Belarus sind das Ergebnis.
1997 wurde Michael Succow der Alternative Nobelpreis der Right Livelihood Award Foundation verliehen. Mit dem Preisgeld gründete er 1999 die Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur. Bis heute ist er international sowie national im Naturschutz aktiv, vor allem beim Moor- und Klimaschutz, der Etablierung von Biosphärenreservaten und Welterbegebieten und in Deutschland insbesondere für eine zukunftsfähige, das heißt ökologisch orientierte Landnutzung.
Donnerstag, den 13. Juni 2024
13:30–15:30 Uhr, Plenum der Leibniz-Sozietät
Rathaus Friedrichshagen, Historischer Ratssaal, Bölschestr. 87, 12587 Berlin
Die Sitzung findet als Hybrid-Veranstaltung (Präsenz und Zoom) statt.
Der Zoom-Einladungslink ist folgender:
https://uni-potsdam.zoom.us/j/95397029406
Meeting ID: 953 9702 9406
Passwort: 13714361
Vortrag:
Michael Succow (Greifswald)
Nasse Moore braucht das Land!
Abstract:
Moore gehören zu den bedeutendsten CO2-Senken unserer Biosphäre. Das gilt aber nur, solange die Pflanzendecke des Moores Wasserüberschuss aufweist und der sich aufbauende Torfkörper sauerstofffrei bleibt. Jede Form der Entwässerung kehrt dieses Prinzip um! Trockengelegte Moore verursachen in Deutschland 37 Prozent aller landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen, bei einem Anteil von sieben Prozent an der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Im Laufe der nacheiszeitlichen Vegetationsentwicklung wurde Mitteleuropa mit Ausnahme der Hochlagen der Gebirge von einer geschlossenen Waldlandschaft eingenommen, nur unterbrochen von offenen Wasserflächen und Mooren. Dichte Wälder schufen mit ihrer Verdunstung zusammen mit Gewässern und Mooren ein humides, kühlendes Klima. Aufgrund des Klimas zeigten Moore insbesondere im Mittelalter („Kleine Eiszeit“) ein gutes Wachstum, also hohe Torfakkumulation. Die ursprüngliche Moorfläche in Deutschland dürfte mehr als fünf Prozent der Landfläche betragen haben. In allen vier nördlichen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg) waren mehr als zehn Prozent der Landfläche mit Mooren bedeckt.
Aktueller Zustand der Moore in Deutschland – Eine Verlustbilanz
Torfabbau und agrarische Moornutzung nach Entwässerung führten zu großen Moorbodenverlusten insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von der Gesamtfläche organischer Böden in Deutschland werden derzeit über 90 Prozent weiterhin entwässert und sind mehr oder weniger in Nutzung, nur ca. vier Prozent bilden noch oder wieder Torf! Dabei handelt es sich vor allem um Moore im Voralpenraum, in den Mittelgebirgen und einige große, wiedervernässte Moore in Norddeutschland. Die entwässerten Moore Deutschlands verursachen derzeit jährlich 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, das sind sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland (UBA 2021). Damit erzeugen Moore als relativ kleine Landflächen sehr hohe Emissionen. Besonders augenfällig ist das bei den landwirtschaftlich genutzten Mooren: die Klimafolgekosten der derzeitigen entwässerungsbasierten landwirtschaftlichen Moorbodennutzung in Deutschland belaufen sich auf jährlich 7,2 Milliarden Euro – das entspricht der Netto-Wertschöpfung der gesamten deutschen Landwirtschaft im Jahr 2018 (BfN-Skripten 616, 2021).
Lösungen: Wiedervernässung und Paludikultur
Die Wiedervernässung von Mooren, also die Anhebung der Wasserstände bis zur Geländeoberkante, reduziert die Treibhausgasemissionen erheblich. In einem moorreichen und industriearmen Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern bietet die Moorwiedervernässung das Potenzial, bis zu 30 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Der Erhalt der Moorböden als Kohlenstoffspeicher und perspektivisch das Wiederherstellen als Kohlenstoffsenken in unserer Kulturlandschaft ist eines der wichtigsten und effizientesten Handlungsfelder im Rahmen eines naturbasierten Klimaschutzes.
Dabei muss uns bewusst sein, dass diese „neuen Moore“ aufgrund der degradierten Oberböden, hoher Nährstofflasten und des gestörten Landschaftswasserhaushalts nicht denen gleichen, die sie vorher waren. Alternative Nutzungsformen für revitalisierte Moore und winterlicher Überstau sind notwendig, um den „Selbst-Oligotrophierungseffekt“ eines wachsenden Moores in einer aktuell überernährten Landschaft zu beschleunigen. Für viele der wiedererstellten semiaquatischen Ökosysteme ist mit dem Ansatz der „Paludikultur“ eine ganze Palette von alternativen Nutzungsformen bei gleichzeitigem Torferhalt bzw. allmählicher erneuter Torfbildung gegeben, verbunden mit der Hoffnung auf Wiederkehr der einst hier herrschenden Biodiversität.
Herausforderungen
Große Aufgaben stehen vor uns, um zu einer „klimaneutralen Landnutzung“ als einzig zukunftsfähiger Form umzusteuern. Wachsende, funktionstüchtige Moore spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Dafür müssen die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden: Die EU-Agrarförderungen stehen derzeit noch immer ohne Einschränkungen für entwässerte landwirtschaftlich genutzte Moore zur Verfügung. Damit werden öffentliche Gelder für eine Landnutzung bereitgestellt, die hohe gesellschaftliche Kosten verursacht und den europäischen und nationalen Zielen zum Klimaschutz, Gewässerschutz und Biodiversitätserhalt konträr entgegensteht. In vielen Fällen ist die Wertschöpfung auf Moorböden zudem so gering, dass die Bewirtschaftung erst durch die hohen gesellschaftlichen Transferzahlungen wirtschaftlich tragfähig wird. Im Gegensatz dazu werden Paludikulturen durch die aktuellen agrarpolitischen Rahmenbedingungen stark benachteiligt, da sie zumeist nicht als beihilfefähig angesehen werden. In der nächsten Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023 wird sich dies zum Glück ändern.
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen umgehend so viele Moore wie möglich wiedervernässt werden, soweit dafür noch genügend Wasser verfügbar ist. Neben den verringerten Emissionen, einer hohen Verdunstung und damit Kühlung ist die rasche Besiedelung derartiger Feuchtgebiete durch gefährdete, selten gewordene Tier- und Pflanzenarten zu erwarten. Wiedervernässte Moore haben auch eine wachsende Bedeutung für den naturorientierten Tourismus. In diesem Sinne: neue, nasse Moore braucht das Land – um die Natur und unserer selbst willen!
Vita:
Als Sohn eines Landwirts wurde Michael Succow am 21. April 1941 in Lüdersdorf im Osten Brandenburgs geboren. Auf dem Hof seiner Eltern hatte er die Schafe zu hüten. Er begann mit 13 Jahren, seine Naturbeobachtungen aufzuschreiben. Inzwischen sind es zwölf Tagebücher, die von der einstigen biologischen Vielfalt in der bäuerlichen Kulturlandschaft zeugen. Während der Jugendzeit entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zu den Pionieren des ostdeutschen Naturschutzes, dem Ehepaar Kretschmann in Bad Freienwalde.
Seinen Neigungen folgend studierte Michael Succow von 1960-65 Biologie an der Universität Greifswald. Im Zuge des “Prager Frühlings” musste er allerdings seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent aufgeben und sich “in der Produktion bewähren”.
Von 1969-73 arbeitete er als Standorterkunder im VE Meliorationskombinat Bad Freienwalde daran mit, neue Flächen für die landwirtschaftliche Intensivierung zu erschließen. Dennoch konnte er 1970 “nebenher” seine Dissertation mit dem Thema „Die Vegetation der nordmecklenburgischen Flusstalmoore und ihre anthropogene Umwandlung“ abschließen und an der Universität Greifswald promovieren.
Ab 1974 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR tätig. Eine Rückkehr an eine Universität wurde Michael Succow mehrfach verwehrt, obwohl er 1981 seine Habilitationsschrift “Landschaftsökologische Kennzeichnung und Typisierung der Moore der DDR“ an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften verteidigte.
Sein Engagement vor allem im ehrenamtlichen Natur- und Umweltschutz im Rahmen des Kulturbundes der DDR war in dieser Zeit wesentlicher Teil seines Lebens. Als Folge wurde er im Januar 1990 im neu strukturierten Ministerium zum Stellvertretenden Minister für Natur-, Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR, nachdem die Bürgerbewegungen schon im Herbst 1989 die Schaffung eines eigenen Ministeriums für Naturschutz gefordert hatten. Michael Succow war zuständig für den Naturressourcenschutz und die Landnutzungsplanung – Felder, die es bislang so nicht gab. In diesem Amt gelang ihm gemeinsam mit dem von ihm ins Ministerium geholten Freund*innen und Weggefährt*innen der Coup, das sogenannte “Nationalparkprogramm” zu initiieren. Bereits im März 1990 konnten knapp 12% des DDR-Territoriums einstweilig durch den Ministerrat als Großschutzgebiete ausgewiesen werden. Es waren insbesondere bisherige Staatsjagdgebiete, Grenzsicherungsräume und Truppenübungsplätze. Bis zur Wiedervereinigung gelang es, davon fast die Hälfte als Biosphärenreservate, Nationalparke und Naturparke neuer Prägung mit eigenen Verwaltungen in den Einigungsvertrag einzubringen und damit endgültig zu sichern. In den neu entstandenen Bundesländern schafften es die Regierungen in den folgenden Jahren, auch die restlichen einstweilig gesicherten Flächen in Großschutzgebiete zu überführen.
Im Jahr 1992 erfolgte Michael Succows Berufung zum Universitätsprofessor an die Universität Greifswald. Als Direktor des Botanischen Institutes und des Botanischen Gartens, das er durch die Einwerbung von vier Stiftungsprofessuren zu einem interdisziplinären Lehr- und Forschungsinstitut ausbaute, entwickelte er den für Deutschland neuen Studiengang Landschaftsökologie und Naturschutz. Es begann eine erfolgreiche moorkundliche sowie landschaftsökologisch-naturschutzorientierte Forschungstätigkeit im In- und Ausland. Das bedeutete die Intensivierung der bereits 1990 begonnenen Arbeit zum Schutz bzw. zur nachhaltigen Nutzung von Ökosystemen in Transformationsländern des Ostens, der Mongolei und China. Es konnten zahlreiche Naturschutzgroßprojekte initiiert werden. UNESCO-Weltnaturerbe-Gebiete in Kamtschatka, im Lena-Delta, in Kasachstan und der Kaukasus-Region, Biosphärenreservate der UNESCO in Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan sowie Nationalparke in der Mongolei, in Georgien, in Russland und Belarus sind das Ergebnis.
1997 wurde Michael Succow der Alternative Nobelpreis der Right Livelihood Award Foundation verliehen. Mit dem Preisgeld gründete er 1999 die Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur. Bis heute ist er international sowie national im Naturschutz aktiv, vor allem beim Moor- und Klimaschutz, der Etablierung von Biosphärenreservaten und Welterbegebieten und in Deutschland insbesondere für eine zukunftsfähige, das heißt ökologisch orientierte Landnutzung.
Mehr Informationen: www.succow-stiftung.de
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