Gemeinsame März-Sitzung der Klassen Sozial-und Geisteswissenschaften sowie Naturwissenschaften und Technikwissenschaften – Änderung!
10. März 2016 - 10:00 - 12:00
Die Klassen Sozial- und Geisteswissenschaften sowie Naturwissenschaften und Technikwissenschaften laden ein zur gemeinsamen öffentlichen Sitzung am 10. 03. 2016.
Kolloquium:
Recht und Freiheit in Geschichte und Gegenwart
zu Ehren von Hermann Klenner (MLS)
anlässlich seines 90. Geburtstages
Moderation: Jürgen Hofmann (MLS)
Vorträge:
Hans-Otto Dill (MLS):
Aufklärung und Strafjustiz: Cesare Bessarias Beitrag zur Zivilisierung des Rechtswesens
Walter Schmidt (MLS):
Jüdische Akteure in der schlesischen, speziell Breslauser Demokratie 1848/49
Hans-Joachim Gießmann (MLS): Zwischen Rechtsgemeinschaft und Geopolitik: Europäische Friedenspolitik am Scheideweg. Anmerkungen zur Russland/Ukraine-Krise.
10.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Medizincampus Berlin-Buch;
Sie finden das Gebäude auf dem Campus Berlin-Buch in der Robert-Rössle-Straße 10 in 13125 Berlin. Es ist das Gebäude C83 / MDC.C . Der Axon 2 ist im 1. Stock. Einen Lageplan des Campus finden Sie hier http://bbb-berlin.de/de/location/
Prof. Dr. Hans-Otto Dill (MLS): C.V.: geb. 1935 in Berlin. Nach Abitur in Anklam Studium der Romanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universidad de la Habana, Promotion Romanistik 1969, Habilitation Lateinamerikanistik 1974. Prof. für lateinamerikanische Literatur an der HUB in Berlin ab 1981, der Georg-August-Universität Göttingen 1989-90, sowie Gastprofessuren an der Universität Hamburg, Universidade de Sao Paulo und La Plata.
Mitglied des Lateinamerikaforum Berlin seit 1992, der Leibniz-Sozietät seit 1995, der Freunde des Iberoamerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz seit 2007, Sekretar der Sozial- und Geisteswissenschaftlichen Klasse der LS ab 2009.
Publikationen: Aufklärung als Weltprojekt (2015), Alexander von Humboldts Metaphyik der Erde (20013), Ensayos sobre literatura cubana (2010), Die lateinamerikanische Literatur in Deutschland (2009), Dante criollo (2006), Lateinamerikanische Literatur im Überblick (1999).
Herausgaben von Kongressmaterialien als Sammelbänden, u.a.: Denken und Handeln. Philosophie und Wissenschaft im Werk Johann Gottlieb Fichtes ( 2015), Jean-Jacques Rousseau zwischen Aufklärung und Moderne (2013), Sprache zwischen Kommunikation, Ideologie und Literatur – die Aktualität von Victor Klemperers LTI (1947) damals und heute (2012).
Abstract: Vor 250 Jahren, 1765, veröffentlichte der Mailänder Jurist und Ökonom Cesare Beccaria sein Aufsehen erregenden rechtswissenschaftlichen Traktat Dei delitti e delle pene (Von den Vergehen und von den Strafen), der den wohl bedeutsamsten Einschnitt im abendländischen Rechtsdenken war, ja dieses erst eigentlich begründete. In der Rezeptionsgeschichte dominiert laut Dill eindeutig Beccarias Verurteilung der zu seiner Zeit üblichen Grausamkeit der Strafen und der gerichtlichen Untersuchungspraxis, von Todesstrafe, Folter sowie von Inquisition als Mittel gerichtlichen Verhörs. Doch steckt in der dominanten Fokussierung der Rezeption auf die „penas“ ein verfälschender Reduktionismus, denn Beccaria kritisierte das gesamte Rechtswesen seiner Zeit, nicht nur die Ungeheuerlichkeiten des Strafprozesses. Deshalb desubjektivierte er den Begriff desdelitto: Strafmaß müsse statt der subjektiven Schuld des Täters der der Gesellschaft zugefügte objektive Schaden sein.
Wenn er das gesamte vorherige Rechtswesen der Menschheit ohne Ausnahme von den Pandekten bis zu den mittelalterlichen Usancen der germanischen Langobardi als mit dem Geist des 18. Jahrhunderts als unvereinbar bezeichnet und ständig die rechtsphilosophischen Standardwerke der französischen und britischen Aufklärer Hobbes, Locke, Hume, Montesquieu und Rousseau zitiert, manifestiert er seine aufklärerische Position, ja schafft begrifflich erst eine aufgeklärte Justiz, deren Durchsetzung er sich von aufgeklärten Monarchen erhoffte. – In vielen Ländern der Erde sind bis heute seine Maßstäbe setzenden Rechtsnormen nicht durchgesetzt.
Prof. Dr. Walter Schmidt (Berlin): C.V.:
Prof. Schmidt ist Historiker. Er wurde 1981 zum Korrespondierenden, 1985 zum Ordentlichen Mitglied der 1700 von Leibniz in Berlin begründeten Gelehrtengesellschaft gewählt, der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.
1964 – 1984 leitete er einen historischen Lehrstuhl an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und 1984 – 1990 das Zentralinstitut für Geschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Mehrere Bücher und Sammelwerke zur Geschichte des 19. Jh. – insbesondere zur Revolutionsgeschichte – hat er verfasst bzw. herausgegeben. In den letzten Jahrzehnten war er Mit-Herausgeber von „Männer und Frauen der Revolution von 1848/49“ (Bd. 1-4, 2003-2013), arbeitete mit am Biographischen Lexikon der Deutschen Burschenschaft (Bd. I: Politiker, Teil 1-8, 1996-2014), forschte und publizierte zur Geschichte Schlesiens, namentlich der Demokratiebewegung im Umfeld von 1848. Er gehört dem Beirat der Internationalen Marx-Engels-Stiftung Amsterdam an.
Abstract: Der Vortrag geht zunächst der Geschichte des Breslauer Zwinger-Gymnasiums nach, an dem der Jubilar Schüler war und 1944 das Abitur ablegte.
Im Hauptteil wird untersucht, welchen Anteil jüdische Bürger Breslaus – einer Stadt, die im 19. Jh, mit ihrem Oberrabbiner Abraham Geiger ein Zentrum des Reformjudentums war – an den demokratischen Bestrebungen im Vormärz und in der Revolution von 1848/49 nahmen und wie deren spätere Biografie verlief. Jüdische Studenten, Mitglieder der Breslauer Burschenschaft, der so genannten Raczeks, engagierten sich in der demokratischen Studentenbewegung des Revolutionsjahres, auf dem Wartburgfest von Sommer 1848. In der Demokratiebewegung Schlesiens im Revolutionsjahr wirkten zahlreiche jüdische Intellektuelle in führenden Positionen in den beiden demokratischen Vereinen Breslaus wie als Präsidenten auf den Demokratenkongressen. Die Leitung des Breslauer Arbeitervereins lag in der Hand des jungen jüdischen Mediziners Sigismund Asch, der später ein berühmter Arzt in Breslau wurde. Die schlesischen Wähler schickten – auch in Ablehnung jedweder antisemitischer Vorstöße – drei jüdische Kandidaten als Abgeordnete in die Parlamente nach Frankfurt und Berlin, wo diese entschieden linke Positionen vertraten.
Die Verbreitung sozialistischer, auch marxistischer Grundsätze in der Breslauer Arbeiterbewegung im Vormärz, 1848 und danach war auch Sache zweier jüdischer Journalisten. Zwei jüdische Bürger beteiligten sich nicht zuletzt am Breslauer Maiaufstand von 1849. Mehrere Demokraten jüdischer Herkunft wurden wegen ihrer politischen Aktivitäten von der Reaktion für Jahre auf Festungen verbannt, danach repressiert und aus der Heimat vertrieben.
Prof. Dr. Hans-Joachim Gießmann: C.V.:
Prof. Gießmann ist Philosoph und Politikwissenschaftler. Nach dem Studium der Amerikanistik war er von 1981 bis 1990 am IPW tätig. 1981 wurde er in Philosophie promoviert, 1987 habilitierte er sich im Fach Politische Wissenschaft. 1989/90 beriet er das Neue Forum am Runden Tisch zu Fragen der Abrüstung; anschließend arbeitete er als Referent für Abgeordnete der Volkskammer und des Deutschen Bundestages. Von 1991 bis 2008 war er am Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik tätig, zuletzt als Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor. Außerdem ist er seit 1995 Privatdozent an der Universität Hamburg und wurde dort 2001 zum Professor ernannt. Von 2008 bis 2012 leitete er das Berghof-Forschungszentrum in Berlin; seit 2012 ist er Geschäftsführender Direktor der Berghof Foundation.
Seit 2000 sitzt er im Direktorium des Europäischen Master-Studiengangs Menschenrechte und Demokratisierung. Von 2009 – 2014 war er Mitglied bzw. leitete den Global Agenda Council on Terrorism des Weltwirtschaftsforums in Davos. Seit 2009 gehört er dem Beirat Zivile Krisenprävention des Auswärtigen Amtes an. Er hat mehr als 40 Bücher und mehr als 300 wissenschaftliche Aufsätze in einem Dutzend Sprachen verfasst. Gastprofessuren hatte er in New York, Shanghai und Wrocław.
Abstract: Die Destabilisierung der Europäischen Friedensordnung, unter anderem ausgelöst und im Weiteren beschleunigt durch die rapide Verschlechterung des ukrainisch-russischen Verhältnisses hat eine politische Diskussion befeuert, ob Putins Russland noch als verlässlicher Partner und Garant der europäischen Friedensordnung angesehen werden kann. Russlands flagrante Verletzung des Budapester Memorandums ist seit der Besetzung der Krim hierfür eine verbreitet genutzte Referenz. Rückblickend, so scheint es, als hätten Russland und das übrige Europa es versäumt, die Chancen aus der Beendigung des Kalten Krieges für die Schaffung einer stabilen Friedensordnung zu ergreifen. Ein neuer Ost-West-Konflikt ist aufgebrochen, sogar die frühere Abschreckungsrhetorik hat von der Bühne politischer Rhetorik bereits Besitz ergriffen. Schwer vorstellbar, dass dieser Konflikt entschärft werden kann, ohne die tieferliegenden Ursachen der Eskalation zu verstehen und zu bearbeiten. Verhandlungen über ein gewaltfreies Nebeneinander können verloren gegangenes Vertrauen in ein friedliches Miteinander nicht ersetzen. Die akute Krise führt Europa an den Scheideweg zwischen der Rückbesinnung auf eine starke politische und Rechtsgemeinschaft sowie einer Geopolitik mit ungewissen Folgen.
Die Klassen Sozial- und Geisteswissenschaften sowie Naturwissenschaften und Technikwissenschaften laden ein zur gemeinsamen öffentlichen Sitzung am 10. 03. 2016.
Kolloquium:
Recht und Freiheit in Geschichte und Gegenwart
zu Ehren von Hermann Klenner (MLS)
anlässlich seines 90. Geburtstages
Moderation: Jürgen Hofmann (MLS)
Vorträge:
Hans-Otto Dill (MLS):
Aufklärung und Strafjustiz: Cesare Bessarias Beitrag zur Zivilisierung des Rechtswesens
Walter Schmidt (MLS):
Jüdische Akteure in der schlesischen, speziell Breslauser Demokratie 1848/49
Hans-Joachim Gießmann (MLS):
Zwischen Rechtsgemeinschaft und Geopolitik: Europäische Friedenspolitik am Scheideweg. Anmerkungen zur Russland/Ukraine-Krise.
10.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Medizincampus Berlin-Buch;
Sie finden das Gebäude auf dem Campus Berlin-Buch in der Robert-Rössle-Straße 10 in 13125 Berlin. Es ist das Gebäude C83 / MDC.C . Der Axon 2 ist im 1. Stock. Einen Lageplan des Campus finden Sie hier
http://bbb-berlin.de/de/location/
Prof. Dr. Hans-Otto Dill (MLS):
C.V.:
geb. 1935 in Berlin. Nach Abitur in Anklam Studium der Romanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universidad de la Habana, Promotion Romanistik 1969, Habilitation Lateinamerikanistik 1974. Prof. für lateinamerikanische Literatur an der HUB in Berlin ab 1981, der Georg-August-Universität Göttingen 1989-90, sowie Gastprofessuren an der Universität Hamburg, Universidade de Sao Paulo und La Plata.
Mitglied des Lateinamerikaforum Berlin seit 1992, der Leibniz-Sozietät seit 1995, der Freunde des Iberoamerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz seit 2007, Sekretar der Sozial- und Geisteswissenschaftlichen Klasse der LS ab 2009.
Publikationen: Aufklärung als Weltprojekt (2015), Alexander von Humboldts Metaphyik der Erde (20013), Ensayos sobre literatura cubana (2010), Die lateinamerikanische Literatur in Deutschland (2009), Dante criollo (2006), Lateinamerikanische Literatur im Überblick (1999).
Herausgaben von Kongressmaterialien als Sammelbänden, u.a.: Denken und Handeln. Philosophie und Wissenschaft im Werk Johann Gottlieb Fichtes ( 2015), Jean-Jacques Rousseau zwischen Aufklärung und Moderne (2013), Sprache zwischen Kommunikation, Ideologie und Literatur – die Aktualität von Victor Klemperers LTI (1947) damals und heute (2012).
Abstract:
Vor 250 Jahren, 1765, veröffentlichte der Mailänder Jurist und Ökonom Cesare Beccaria sein Aufsehen erregenden rechtswissenschaftlichen Traktat Dei delitti e delle pene (Von den Vergehen und von den Strafen), der den wohl bedeutsamsten Einschnitt im abendländischen Rechtsdenken war, ja dieses erst eigentlich begründete. In der Rezeptionsgeschichte dominiert laut Dill eindeutig Beccarias Verurteilung der zu seiner Zeit üblichen Grausamkeit der Strafen und der gerichtlichen Untersuchungspraxis, von Todesstrafe, Folter sowie von Inquisition als Mittel gerichtlichen Verhörs. Doch steckt in der dominanten Fokussierung der Rezeption auf die „penas“ ein verfälschender Reduktionismus, denn Beccaria kritisierte das gesamte Rechtswesen seiner Zeit, nicht nur die Ungeheuerlichkeiten des Strafprozesses. Deshalb desubjektivierte er den Begriff desdelitto: Strafmaß müsse statt der subjektiven Schuld des Täters der der Gesellschaft zugefügte objektive Schaden sein.
Wenn er das gesamte vorherige Rechtswesen der Menschheit ohne Ausnahme von den Pandekten bis zu den mittelalterlichen Usancen der germanischen Langobardi als mit dem Geist des 18. Jahrhunderts als unvereinbar bezeichnet und ständig die rechtsphilosophischen Standardwerke der französischen und britischen Aufklärer Hobbes, Locke, Hume, Montesquieu und Rousseau zitiert, manifestiert er seine aufklärerische Position, ja schafft begrifflich erst eine aufgeklärte Justiz, deren Durchsetzung er sich von aufgeklärten Monarchen erhoffte. – In vielen Ländern der Erde sind bis heute seine Maßstäbe setzenden Rechtsnormen nicht durchgesetzt.
Prof. Dr. Walter Schmidt (Berlin):
C.V.:
Prof. Schmidt ist Historiker. Er wurde 1981 zum Korrespondierenden, 1985 zum Ordentlichen Mitglied der 1700 von Leibniz in Berlin begründeten Gelehrtengesellschaft gewählt, der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.
1964 – 1984 leitete er einen historischen Lehrstuhl an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und 1984 – 1990 das Zentralinstitut für Geschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Mehrere Bücher und Sammelwerke zur Geschichte des 19. Jh. – insbesondere zur Revolutionsgeschichte – hat er verfasst bzw. herausgegeben. In den letzten Jahrzehnten war er Mit-Herausgeber von „Männer und Frauen der Revolution von 1848/49“ (Bd. 1-4, 2003-2013), arbeitete mit am Biographischen Lexikon der Deutschen Burschenschaft (Bd. I: Politiker, Teil 1-8, 1996-2014), forschte und publizierte zur Geschichte Schlesiens, namentlich der Demokratiebewegung im Umfeld von 1848. Er gehört dem Beirat der Internationalen Marx-Engels-Stiftung Amsterdam an.
Abstract:
Der Vortrag geht zunächst der Geschichte des Breslauer Zwinger-Gymnasiums nach, an dem der Jubilar Schüler war und 1944 das Abitur ablegte.
Im Hauptteil wird untersucht, welchen Anteil jüdische Bürger Breslaus – einer Stadt, die im 19. Jh, mit ihrem Oberrabbiner Abraham Geiger ein Zentrum des Reformjudentums war – an den demokratischen Bestrebungen im Vormärz und in der Revolution von 1848/49 nahmen und wie deren spätere Biografie verlief. Jüdische Studenten, Mitglieder der Breslauer Burschenschaft, der so genannten Raczeks, engagierten sich in der demokratischen Studentenbewegung des Revolutionsjahres, auf dem Wartburgfest von Sommer 1848. In der Demokratiebewegung Schlesiens im Revolutionsjahr wirkten zahlreiche jüdische Intellektuelle in führenden Positionen in den beiden demokratischen Vereinen Breslaus wie als Präsidenten auf den Demokratenkongressen. Die Leitung des Breslauer Arbeitervereins lag in der Hand des jungen jüdischen Mediziners Sigismund Asch, der später ein berühmter Arzt in Breslau wurde. Die schlesischen Wähler schickten – auch in Ablehnung jedweder antisemitischer Vorstöße – drei jüdische Kandidaten als Abgeordnete in die Parlamente nach Frankfurt und Berlin, wo diese entschieden linke Positionen vertraten.
Die Verbreitung sozialistischer, auch marxistischer Grundsätze in der Breslauer Arbeiterbewegung im Vormärz, 1848 und danach war auch Sache zweier jüdischer Journalisten. Zwei jüdische Bürger beteiligten sich nicht zuletzt am Breslauer Maiaufstand von 1849. Mehrere Demokraten jüdischer Herkunft wurden wegen ihrer politischen Aktivitäten von der Reaktion für Jahre auf Festungen verbannt, danach repressiert und aus der Heimat vertrieben.
Prof. Dr. Hans-Joachim Gießmann:
C.V.:
Prof. Gießmann ist Philosoph und Politikwissenschaftler. Nach dem Studium der Amerikanistik war er von 1981 bis 1990 am IPW tätig. 1981 wurde er in Philosophie promoviert, 1987 habilitierte er sich im Fach Politische Wissenschaft. 1989/90 beriet er das Neue Forum am Runden Tisch zu Fragen der Abrüstung; anschließend arbeitete er als Referent für Abgeordnete der Volkskammer und des Deutschen Bundestages. Von 1991 bis 2008 war er am Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik tätig, zuletzt als Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor. Außerdem ist er seit 1995 Privatdozent an der Universität Hamburg und wurde dort 2001 zum Professor ernannt. Von 2008 bis 2012 leitete er das Berghof-Forschungszentrum in Berlin; seit 2012 ist er Geschäftsführender Direktor der Berghof Foundation.
Seit 2000 sitzt er im Direktorium des Europäischen Master-Studiengangs Menschenrechte und Demokratisierung. Von 2009 – 2014 war er Mitglied bzw. leitete den Global Agenda Council on Terrorism des Weltwirtschaftsforums in Davos. Seit 2009 gehört er dem Beirat Zivile Krisenprävention des Auswärtigen Amtes an. Er hat mehr als 40 Bücher und mehr als 300 wissenschaftliche Aufsätze in einem Dutzend Sprachen verfasst. Gastprofessuren hatte er in New York, Shanghai und Wrocław.
Abstract:
Die Destabilisierung der Europäischen Friedensordnung, unter anderem ausgelöst und im Weiteren beschleunigt durch die rapide Verschlechterung des ukrainisch-russischen Verhältnisses hat eine politische Diskussion befeuert, ob Putins Russland noch als verlässlicher Partner und Garant der europäischen Friedensordnung angesehen werden kann. Russlands flagrante Verletzung des Budapester Memorandums ist seit der Besetzung der Krim hierfür eine verbreitet genutzte Referenz. Rückblickend, so scheint es, als hätten Russland und das übrige Europa es versäumt, die Chancen aus der Beendigung des Kalten Krieges für die Schaffung einer stabilen Friedensordnung zu ergreifen. Ein neuer Ost-West-Konflikt ist aufgebrochen, sogar die frühere Abschreckungsrhetorik hat von der Bühne politischer Rhetorik bereits Besitz ergriffen. Schwer vorstellbar, dass dieser Konflikt entschärft werden kann, ohne die tieferliegenden Ursachen der Eskalation zu verstehen und zu bearbeiten. Verhandlungen über ein gewaltfreies Nebeneinander können verloren gegangenes Vertrauen in ein friedliches Miteinander nicht ersetzen. Die akute Krise führt Europa an den Scheideweg zwischen der Rückbesinnung auf eine starke politische und Rechtsgemeinschaft sowie einer Geopolitik mit ungewissen Folgen.
Details
Veranstaltungsort
Berlin, 10125 Google Karte anzeigen