Juli-Sitzung der Klasse NWTW am 08.07.2021 – Zoom-Konferenz
8. Juli 2021 - 10:00 - 12:00
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin führt ihre Juli-Sitzung am 08.07.2021 als Zoom-Konferenz durch.
Infraroterkundung der Venusathmosphäre mit den Sonden „Venera 15“ und „Venera 16“ – Geschichte, Ergebnisse, Weiterentwicklung
Vortragende:
Dieter Oertel (Schwielochsee) und Dietrich Spänkuch (MLS)
Abstract: Der dreiteilige Vortrag, ursprünglich vorgesehen für das Raumfahrthistorische Kolloquium 2020 in der Form dreier unabhängiger Beiträge, beschreibt das erste Tiefraumfahrtexperiment der DDR, das unter der Federführung des Instituts für Kosmosforschung der AdW der DDR zusammen mit dem gleichnamigen Institut der AdW der UdSSR durchgeführt wurde. Es wird dargestellt, wie es zu diesem Experiment kam, welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, welche Ergebnisse erzielt wurden und welche späteren Geräteentwicklungen und Arbeiten von dieser Mission profitierten.
Teil 1
Der infrarote Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums erlaubt die Beobachtung der Eigenstrahlung von Planeten und deren Atmosphären. Die infrarote spektrale Signatur dieser Objekte wird von ihrer Temperatur und ihrer stofflichen Zusammensetzung geprägt. So erlaubt die Fernmessung der infraroten Signatur dieser Objekte mit Spektrometern an Bord von Satelliten und anderen Raumflugkörpern Rückschlüsse auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften eben dieser Objekte. Infrarot-Fourier -Spektrometer sind dazu besonders geeignet, weil sie Messungen mit hoher zeitlicher, räumlicher und spektraler Auflösung in einem breiten Wellenlängenbereich ermöglichen.
Im Rahmen des „Interkosmos-Programmes“ wurden an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin Adlershof von 1971 bis 1983 raumflugtaugliche Infrarot-Fourier-Spektrometer entwickelt und gebaut, und zwar zunächst für den Einsatz auf „Meteor“-Satelliten und nachfolgend für die Venus-Mission mit den „Venera 15 und 16“ Sonden. Auf den Satelliten „Meteor-28 und -29“ wurden mit den Geräten „Spectrometer-Interferometer N 1 (SI-1)“ 1977 und 1979 insgesamt 4000 Infrarot-Spektren der Erde registriert. Mit dem Instrument „FS-1/4“ auf „Venera 15“ wurden im 4. Quartal 1983 insgesamt 2000 Infrarot-Spektren der Venus-Atmosphäre aus einer Venusumlaufbahn registriert. Die SI-1 und FS-1/4 Daten wurden u. a. in der DDR beim Meteorologischen Dienst (MD) ausgewertet und archiviert.
Teil 2
Mit der Mission wurden erstmalig kontinuierliche Spektren der Venus im Spektralbereich von 6,25 bis 40 μm (250 bis 1600 cm-1) gewonnen. Diese Spektren sind bis heute durch den Ausfall des Planetary Fourier Spectrometers (PFS) auf der „Venus Express“ Mission einmalig. Die Spektren erlauben Aussagen zur Verteilung von Temperatur, Wolken, Wasserdampf und Schwefeldioxid, die im Kontext zu früheren und späteren Erkenntnissen diskutiert werden und zum Teil auch neue Fragestellungen erzeugen.
Teil 3
Die Erfahrungen bei der Entwicklung der Infrarot-Fourier-Spektrometer SI-1 und FS-1/4 führten im Bereich 6 des Institutes für Kosmosforschung (IKF) der AdW der DDR sowie in den ab 1992 in Berlin Adlershof formierten neuen Forschungsstrukturen „Weltraumsensorik“ bzw. „Optische Sensorsysteme“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu sehr erfolgreichen Projekten, und zwar zu optoelektronischen & IR-Kamerasystemen sowie zu drei Kleinsatelliten hoher Komplexität und Autonomie für die IR-Fernerkundung von Hoch-Temperatur-Ereignissen (HTE). Diese Kleinsatellitenmissionen erfolgten in Partnerschaft des DLR mit mehreren mittelständigen Unternehmen und Universitäten Deutschlands.
Kurzvita der Vortragenden:
Dieter Oertel erwarb sein Diplom in Hochfrequenztechnik 1969 am Leningrader Elektrotechnischen Institut. Im gleichen Jahr begann auch seine wissenschaftliche Tätigkeit im „Interkosmos-Programm“ am Zentralinstitut für Solar-Terrestrische Physik (ZISTP) an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof (AdW). Von 1973 bis 1977 war er Abteilungsleiter am Institut für Elektronik der Akademie der AdW.
1976 schloss er seine Promotion zum Dr. Ing. mit einer Arbeit zu elektronischen Systemen eines IR-Michelson-Interferometers für den Satelliteneinsatz an der AdW erfolgreich ab. Von 1978 bis 1991 war er Wissenschaftlicher Bereichsleiter am Institut für Kosmosforschung in Berlin Adlershof. 1983 folgte die Habilitation zum Dr. sc. techn. an der AdW mit der Arbeit Infrarotfernerkundung von Erde und Planeten. Im Jahr darauf wurde Dieter Oertel zum Professor auf dem Gebiet der Kosmostechnik an der AdW ernannt.
Der Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) verlieh Dieter Oertel 1995 auf Vorschlag des Direktors des Instituts für Optoelektronik im DLR Oberpfaffenhofen den Titel „DLR-Seniorwissenschaftler“. Von 2000 bis 2005 war Dieter Oertel als Wissenschafts-Koordinator der Kleinsatellitenmission zur Bi-spektralen InfraRot Detektion (BIRD) des DLR Institutes für Weltraumsensorik / Optische Informationssysteme in Berlin-Adlershof tätig. Seit 2006 ist er Berater der Fa. Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH („Astrofein“).
Dietrich Spänkuch studierte von 1954 bis 1959 Meteorologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort promovierte er auch 1965 zum Dr. rer. nat. und 1973 zum Dr. sc. nat. Nach dem Studium arbeitete er zunächst am Institut für Optik und Spektroskopie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW), in der Folge dann am Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof (AdW). Anschließend war er bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Februar 2001 am Meteorologischen Hauptobservatorium Potsdam des Meteorologischen Dienstes der DDR (danach Observatorium Potsdam des Deutschen Wetterdienstes) tätig. Unterbrochen wurden diese Tätigkeiten durch einen Arbeitsaufenthalt an der Shdanov-Universität Leningrad von Oktober 1971 bis Oktober 1972 und durch eine Gastprofessur im Sommer 1999 an der Université Pierre et Marie Curie Paris VI.
Dietrich Spänkuch war Mitglied mehrerer Arbeitsgruppen internationaler wissenschaftlicher Organisationen (IAMAP, COSPAR, Interkosmos, WMO/JSC, WMO/CAS), EUMETSAT). Die Meteorologische Gesellschaft der DDR verlieh ihm 1986 die Süring-Medaille in Silber. Seit 1994 ist er Mitglied der Leibniz-Sozietät.
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin führt ihre Juli-Sitzung am 08.07.2021 als Zoom-Konferenz durch.
Die Zugangsdaten zur Konferenz:
Zoom-Meeting beitreten
https://us02web.zoom.us/j/85219597982?pwd=eTlNMFdLYTZrdk84dTNxNWwzdzEzUT09
Meeting-ID: 852 1959 7982
Kenncode: 610651
Kurzanleitung für die Teilnahmen an der Zoom-Konferenz
Thema:
Infraroterkundung der Venusathmosphäre mit den Sonden „Venera 15“ und „Venera 16“ – Geschichte, Ergebnisse, Weiterentwicklung
Vortragende:
Dieter Oertel (Schwielochsee) und Dietrich Spänkuch (MLS)
Abstract:
Der dreiteilige Vortrag, ursprünglich vorgesehen für das Raumfahrthistorische Kolloquium 2020 in der Form dreier unabhängiger Beiträge, beschreibt das erste Tiefraumfahrtexperiment der DDR, das unter der Federführung des Instituts für Kosmosforschung der AdW der DDR zusammen mit dem gleichnamigen Institut der AdW der UdSSR durchgeführt wurde. Es wird dargestellt, wie es zu diesem Experiment kam, welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, welche Ergebnisse erzielt wurden und welche späteren Geräteentwicklungen und Arbeiten von dieser Mission profitierten.
Teil 1
Der infrarote Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums erlaubt die Beobachtung der Eigenstrahlung von Planeten und deren Atmosphären. Die infrarote spektrale Signatur dieser Objekte wird von ihrer Temperatur und ihrer stofflichen Zusammensetzung geprägt. So erlaubt die Fernmessung der infraroten Signatur dieser Objekte mit Spektrometern an Bord von Satelliten und anderen Raumflugkörpern Rückschlüsse auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften eben dieser Objekte. Infrarot-Fourier -Spektrometer sind dazu besonders geeignet, weil sie Messungen mit hoher zeitlicher, räumlicher und spektraler Auflösung in einem breiten Wellenlängenbereich ermöglichen.
Im Rahmen des „Interkosmos-Programmes“ wurden an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin Adlershof von 1971 bis 1983 raumflugtaugliche Infrarot-Fourier-Spektrometer entwickelt und gebaut, und zwar zunächst für den Einsatz auf „Meteor“-Satelliten und nachfolgend für die Venus-Mission mit den „Venera 15 und 16“ Sonden. Auf den Satelliten „Meteor-28 und -29“ wurden mit den Geräten „Spectrometer-Interferometer N 1 (SI-1)“ 1977 und 1979 insgesamt 4000 Infrarot-Spektren der Erde registriert. Mit dem Instrument „FS-1/4“ auf „Venera 15“ wurden im 4. Quartal 1983 insgesamt 2000 Infrarot-Spektren der Venus-Atmosphäre aus einer Venusumlaufbahn registriert. Die SI-1 und FS-1/4 Daten wurden u. a. in der DDR beim Meteorologischen Dienst (MD) ausgewertet und archiviert.
Teil 2
Mit der Mission wurden erstmalig kontinuierliche Spektren der Venus im Spektralbereich von 6,25 bis 40 μm (250 bis 1600 cm-1) gewonnen. Diese Spektren sind bis heute durch den Ausfall des Planetary Fourier Spectrometers (PFS) auf der „Venus Express“ Mission einmalig. Die Spektren erlauben Aussagen zur Verteilung von Temperatur, Wolken, Wasserdampf und Schwefeldioxid, die im Kontext zu früheren und späteren Erkenntnissen diskutiert werden und zum Teil auch neue Fragestellungen erzeugen.
Teil 3
Die Erfahrungen bei der Entwicklung der Infrarot-Fourier-Spektrometer SI-1 und FS-1/4 führten im Bereich 6 des Institutes für Kosmosforschung (IKF) der AdW der DDR sowie in den ab 1992 in Berlin Adlershof formierten neuen Forschungsstrukturen „Weltraumsensorik“ bzw. „Optische Sensorsysteme“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu sehr erfolgreichen Projekten, und zwar zu optoelektronischen & IR-Kamerasystemen sowie zu drei Kleinsatelliten hoher Komplexität und Autonomie für die IR-Fernerkundung von Hoch-Temperatur-Ereignissen (HTE). Diese Kleinsatellitenmissionen erfolgten in Partnerschaft des DLR mit mehreren mittelständigen Unternehmen und Universitäten Deutschlands.
Kurzvita der Vortragenden:
Dieter Oertel erwarb sein Diplom in Hochfrequenztechnik 1969 am Leningrader Elektrotechnischen Institut. Im gleichen Jahr begann auch seine wissenschaftliche Tätigkeit im „Interkosmos-Programm“ am Zentralinstitut für Solar-Terrestrische Physik (ZISTP) an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof (AdW). Von 1973 bis 1977 war er Abteilungsleiter am Institut für Elektronik der Akademie der AdW.
1976 schloss er seine Promotion zum Dr. Ing. mit einer Arbeit zu elektronischen Systemen eines IR-Michelson-Interferometers für den Satelliteneinsatz an der AdW erfolgreich ab. Von 1978 bis 1991 war er Wissenschaftlicher Bereichsleiter am Institut für Kosmosforschung in Berlin Adlershof. 1983 folgte die Habilitation zum Dr. sc. techn. an der AdW mit der Arbeit Infrarotfernerkundung von Erde und Planeten. Im Jahr darauf wurde Dieter Oertel zum Professor auf dem Gebiet der Kosmostechnik an der AdW ernannt.
Der Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) verlieh Dieter Oertel 1995 auf Vorschlag des Direktors des Instituts für Optoelektronik im DLR Oberpfaffenhofen den Titel „DLR-Seniorwissenschaftler“. Von 2000 bis 2005 war Dieter Oertel als Wissenschafts-Koordinator der Kleinsatellitenmission zur Bi-spektralen InfraRot Detektion (BIRD) des DLR Institutes für Weltraumsensorik / Optische Informationssysteme in Berlin-Adlershof tätig. Seit 2006 ist er Berater der Fa. Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH („Astrofein“).
Dietrich Spänkuch studierte von 1954 bis 1959 Meteorologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort promovierte er auch 1965 zum Dr. rer. nat. und 1973 zum Dr. sc. nat. Nach dem Studium arbeitete er zunächst am Institut für Optik und Spektroskopie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW), in der Folge dann am Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof (AdW). Anschließend war er bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Februar 2001 am Meteorologischen Hauptobservatorium Potsdam des Meteorologischen Dienstes der DDR (danach Observatorium Potsdam des Deutschen Wetterdienstes) tätig. Unterbrochen wurden diese Tätigkeiten durch einen Arbeitsaufenthalt an der Shdanov-Universität Leningrad von Oktober 1971 bis Oktober 1972 und durch eine Gastprofessur im Sommer 1999 an der Université Pierre et Marie Curie Paris VI.
Dietrich Spänkuch war Mitglied mehrerer Arbeitsgruppen internationaler wissenschaftlicher Organisationen (IAMAP, COSPAR, Interkosmos, WMO/JSC, WMO/CAS), EUMETSAT). Die Meteorologische Gesellschaft der DDR verlieh ihm 1986 die Süring-Medaille in Silber. Seit 1994 ist er Mitglied der Leibniz-Sozietät.
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