Februar-Sitzung der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften
11. Februar 2016 - 10:00 - 12:00
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften lädt zum 11. 02. 2016 zur öffentlichen Sitzung ein.
Thema:
Gesundheitsgefährdungen infolge psychischer Belastung in Arbeitsprozessen
Vortragender: Heinz-Jürgen Rothe (MLS)
10.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Rathaus Tiergarten, Raum 505
C.V.:
Prof. Rothe ist Arbeitspsychologe und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2009. Nach dem Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin (HUB) arbeitete er zunächst als Wissenschaftlicher Assistent unter Leitung von F. Klix im Bereich Grundlagen der Kybernetik am Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse der Akademie der Wissenschaften der DDR und ab 1973 unter Leitung von K.-P. Timpe im Lehrbereich Arbeits- und Ingenieurpsychologie der Sektion Psychologie der HUB. Arbeitsschwerpunkt war die menschliche Informationsverarbeitung bei der Mensch-Maschine-Interaktion. 1977 wurde er mit einer Arbeit über Analysen der Informationsaufnahme in simulierten Leitständen promoviert. Nach einer zweijährigen Beratertätigkeit an der Psychologischen Fakultät der Universität Havanna (1983-1985) konzentrierte sich seine wissenschaftliche Arbeit auf methodische Zugänge zur Erfassung und Repräsentation von Expertenwissen im Vorfeld der Entwicklung wissensbasierter Systeme. 1991 habilitierte er sich an der Universität Kassel. Nach Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Kassel, Leipzig und Trier wechselte er 1995 an das neu gegründete Institut für Psychologie der Universität Potsdam. Neben der Fortsetzung seiner Arbeiten zur Diagnose berufsspezifischen Wissens bei Arbeitspersonen hat er sich an den von A.-M. Metz geleiteten Forschungsarbeiten zur Analyse psychischer Belastungen in Arbeitsprozessen und zum betrieblichen Gesundheitsmanagement beteiligt.
Abstract:
Die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Erwerbsarbeit und Gesundheit bzw. Krankheit hat eine lange Tradition. Der Arzt Bernardino Ramazzini publizierte bereits 1700 seine Schrift De morbis artificum. Sie enthält die erste geschlossene Zusammenstellung von Krankheiten infolge handwerklicher Tätigkeiten. Als Ursachen beschrieb er verschiedene physikalische Belastungsfaktoren sowie chemische und biologische Schadstoffe.
Mit der Industrialisierung am Ende des 19. Jh. gewannen auch psychische Beeinträchtigungen an Interesse. So widmet Hugo Münsterberg in seinem 1912 erschienenen Lehrbuch Psychologie und Wirtschaft der arbeitsbedingten Ermüdung und den ermüdungsähnlichen Zuständen Monotonie und Sättigung eigenständige Kapitel, allerdings explizit nur in Bezug zu quantitativen und qualitativen Verminderungen von Arbeitsleistungen.
In dem Maß, wie durch medizinische Erkenntnisse im Allgemeinen und arbeitsmedizinische Forschungen im Speziellen die Zusammenhänge zwischen äußeren Arbeitsbedingungen wie Staub, Gase oder Lärm als Ursachen für Krankheiten wie Pneumokaniosen, Vergiftungen oder Schwerhörigkeit aufgeklärt werden konnten, entwickelten sich Arbeitsschutzsysteme, in denen gesetzlich verbindlich festgelegt wird, welche Grenzwerte bezüglich Expositionsdosis und -dauer durch Unternehmen einzuhalten sind, damit Arbeitskräfte nicht erkranken, was ja durchaus auch im Interesse der Wirtschaft war und ist.
Deutschland verfügt inzwischen über ein differenziertes Arbeitsschutzsystem und über gesetzliche Regelungen bezüglich der materiellen Unterstützung von Personen, die bei ihrer Erwerbsarbeit infolge von Unfällen oder von Arbeitsbedingungen, die als Ursachen für dauerhafte Erkrankungen wissenschaftlich nachgewiesen werden konnten, gesundheitlich beeinträchtigt sind.
Insbesondere im Ergebnis arbeitspsychologischer Forschungen in den letzten 50 Jahren liegen aber inzwischen auch Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Arbeitssituationsmerkmale nicht nur die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit von Arbeitspersonen beeinflussen, sondern dass sie auch längerfristig mit deren Gesundheitszustand in Zusammenhang stehen.
Im ersten Teil des Vortrags wird über diese Forschungsergebnisse, insbesondere unter dem Aspekt der multifaktoriellen Ätiologie von arbeitsbedingten Erkrankungen, berichtet. Im zweiten Teil werden methodische Zugänge zur Identifikation gesundheitsrelevanter Arbeitssituationsmerkmale diskutiert und deren Integration in die für Arbeitgeber gesetzlich vorgeschriebene jährliche Beurteilung von Gesundheitsgefährdungen an Arbeitsplätzen aufgezeigt. Die Darstellung eines konkreten arbeitsanalytischen Verfahrens zur Ermittlung und Bewertung der psychischen Belastung in Arbeitssituationen ist Gegenstand des dritten Teils des Vortrages.
Die Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften lädt zum 11. 02. 2016 zur öffentlichen Sitzung ein.
Thema:
Gesundheitsgefährdungen infolge psychischer Belastung in Arbeitsprozessen
Vortragender: Heinz-Jürgen Rothe (MLS)
10.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Rathaus Tiergarten, Raum 505
C.V.:
Prof. Rothe ist Arbeitspsychologe und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2009. Nach dem Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin (HUB) arbeitete er zunächst als Wissenschaftlicher Assistent unter Leitung von F. Klix im Bereich Grundlagen der Kybernetik am Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse der Akademie der Wissenschaften der DDR und ab 1973 unter Leitung von K.-P. Timpe im Lehrbereich Arbeits- und Ingenieurpsychologie der Sektion Psychologie der HUB. Arbeitsschwerpunkt war die menschliche Informationsverarbeitung bei der Mensch-Maschine-Interaktion. 1977 wurde er mit einer Arbeit über Analysen der Informationsaufnahme in simulierten Leitständen promoviert. Nach einer zweijährigen Beratertätigkeit an der Psychologischen Fakultät der Universität Havanna (1983-1985) konzentrierte sich seine wissenschaftliche Arbeit auf methodische Zugänge zur Erfassung und Repräsentation von Expertenwissen im Vorfeld der Entwicklung wissensbasierter Systeme. 1991 habilitierte er sich an der Universität Kassel. Nach Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Kassel, Leipzig und Trier wechselte er 1995 an das neu gegründete Institut für Psychologie der Universität Potsdam. Neben der Fortsetzung seiner Arbeiten zur Diagnose berufsspezifischen Wissens bei Arbeitspersonen hat er sich an den von A.-M. Metz geleiteten Forschungsarbeiten zur Analyse psychischer Belastungen in Arbeitsprozessen und zum betrieblichen Gesundheitsmanagement beteiligt.
Abstract:
Die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Erwerbsarbeit und Gesundheit bzw. Krankheit hat eine lange Tradition. Der Arzt Bernardino Ramazzini publizierte bereits 1700 seine Schrift De morbis artificum. Sie enthält die erste geschlossene Zusammenstellung von Krankheiten infolge handwerklicher Tätigkeiten. Als Ursachen beschrieb er verschiedene physikalische Belastungsfaktoren sowie chemische und biologische Schadstoffe.
Mit der Industrialisierung am Ende des 19. Jh. gewannen auch psychische Beeinträchtigungen an Interesse. So widmet Hugo Münsterberg in seinem 1912 erschienenen Lehrbuch Psychologie und Wirtschaft der arbeitsbedingten Ermüdung und den ermüdungsähnlichen Zuständen Monotonie und Sättigung eigenständige Kapitel, allerdings explizit nur in Bezug zu quantitativen und qualitativen Verminderungen von Arbeitsleistungen.
In dem Maß, wie durch medizinische Erkenntnisse im Allgemeinen und arbeitsmedizinische Forschungen im Speziellen die Zusammenhänge zwischen äußeren Arbeitsbedingungen wie Staub, Gase oder Lärm als Ursachen für Krankheiten wie Pneumokaniosen, Vergiftungen oder Schwerhörigkeit aufgeklärt werden konnten, entwickelten sich Arbeitsschutzsysteme, in denen gesetzlich verbindlich festgelegt wird, welche Grenzwerte bezüglich Expositionsdosis und -dauer durch Unternehmen einzuhalten sind, damit Arbeitskräfte nicht erkranken, was ja durchaus auch im Interesse der Wirtschaft war und ist.
Deutschland verfügt inzwischen über ein differenziertes Arbeitsschutzsystem und über gesetzliche Regelungen bezüglich der materiellen Unterstützung von Personen, die bei ihrer Erwerbsarbeit infolge von Unfällen oder von Arbeitsbedingungen, die als Ursachen für dauerhafte Erkrankungen wissenschaftlich nachgewiesen werden konnten, gesundheitlich beeinträchtigt sind.
Insbesondere im Ergebnis arbeitspsychologischer Forschungen in den letzten 50 Jahren liegen aber inzwischen auch Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Arbeitssituationsmerkmale nicht nur die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit von Arbeitspersonen beeinflussen, sondern dass sie auch längerfristig mit deren Gesundheitszustand in Zusammenhang stehen.
Im ersten Teil des Vortrags wird über diese Forschungsergebnisse, insbesondere unter dem Aspekt der multifaktoriellen Ätiologie von arbeitsbedingten Erkrankungen, berichtet. Im zweiten Teil werden methodische Zugänge zur Identifikation gesundheitsrelevanter Arbeitssituationsmerkmale diskutiert und deren Integration in die für Arbeitgeber gesetzlich vorgeschriebene jährliche Beurteilung von Gesundheitsgefährdungen an Arbeitsplätzen aufgezeigt. Die Darstellung eines konkreten arbeitsanalytischen Verfahrens zur Ermittlung und Bewertung der psychischen Belastung in Arbeitssituationen ist Gegenstand des dritten Teils des Vortrages.
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Veranstaltungsort
Berlin, 10551 Google Karte anzeigen