Kolloquium der Leibniz-Sozietät am 17.2.2022 zu Ehren der Sozietäts-Mitglieder
W. Ebeling, A. Jähne, W. Kriesel und H.-J. Rothe
Ort: Berlin, Cedio-Konferenzraum, Storkower Bogen
1. Programm
10.00 Uhr
Eröffnung Gerda Haßler (Präsidentin der Leibniz-Sozietät)
Musikalische Einführung
10.30 Uhr
Moderation Gerhard Pfaff (MLS)
Laudatio zum 80. Geburtstag von Armin Jähne Gerhard Banse (MLS)
Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe Andreas Schwarcz (MLS)
Dankesworte Armin Jähne (MLS)
Laudatio zum 80. Geburtstag von Werner Kriesel Tilo Heimbold (Leipzig)
Ein Meilenstein der Automatik/Informatik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene Dietmar Telschow, Tilo Heimbold, Dirk Lippik (Leipzig)
Dankesworte Werner Kriesel (MLS)
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr
Laudatio zum 85. Geburtstag von Werner Ebeling Lutz-Günther Fleischer (Vizepräsident MLS)
Strukturbildung und Kipppunkte in Ökosystemen und Klima Ulrike Feudel (Oldenburg)
Dankesworte Werner Ebeling (MLS)
Laudatio zum 75. Geburtstag von Heinz-Jürgen Rothe Erdmute Sommerfeldt (MLS)
Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen Anna-Marie Metz (Potsdam)
Dankesworte Heinz-Jürgen Rothe (MLS)
Schlusswort / Abschluss des Kolloquiums Gerda Haßler (Präsidentin der Leibniz-Sozietät)
2. Abstracts und Curriculum vitae
Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe
Andreas Schwarcz (MLS)
Zusammenfassung:
Der Donaulimes war traditionell einer der wichtigsten Abschnitte des römischen Grenzsystems. Er erstreckte sich über eine Gesamtlänge von 2888 km von Eining in Bayern bis zur Donaumündung am Schwarzen Meer. Seine strategische Bedeutung lag an der oberen und mittleren Donau im Schutz Italiens gegen Bedrohungen aus dem Norden, an der unteren Donau im Schutz Griechenlands und Kleinasiens, in der Spätantike dann speziell in der Sicherung Konstantinopels gegen Angriffe aus dem Barbaricum nördlich der Donau. Die Grundlagen dieses Befestigungsgürtels an einem der großen europäischen Hauptflüsse wurden bereits in den Anfängen des Prinzipats unter der Herrschaft des Augustus gelegt. Über die Jahrhunderte wurde er ausgebaut und umgestaltet, an der oberen Donau gehalten bis zur Zeit der Herrschaft Odoakers, an der unteren Donau mit einer letzten Befestigungsphase in der Zeit Kaiser Justinians I. und bis zur Ankunft der Slaven. Die Sicherung des Limes als UNESCO-Weltkulturerbe setzte mit der Anerkennung des Hadrianswalls in Großbritannien im Jahr 1987 ein. Im Jahr 2005 folgten der Obergermanisch-rätische Limes und die Anerkennung des gesamten Limes als erstes potentielles serielles Weltkulturerbe in seiner gesamten Länge von fast 6000 km in 20 Ländern. Damals begannen auch die ersten Vorarbeiten für die Einreichung des Donaulimes im Rahmen eines internationalen Projekts, mit dem 2008 der Antoninuswall in Schottland erfolgreich eingereicht wurde. Seither laufen die Vorbereitungen in Bulgarien, Deutschland, Kroatien, Österreich, Rumänien, Serbien, der Slowakei und Ungarn. 2020 fiel die Entscheidung, zunächst den oberen Donaulimes in Bayern, Österreich und der Slowakei („western Segment“) einzureichen, der am 30. Juli 2021 als UNESCO-WHS anerkannt wurde. Während auch in den anderen Donaustaaten die Einreichung weiter vorbereitet wird, bereiten Deutschland und die Niederlande auch die Anerkennung des Limes am Oberrhein vor.
Kurz-CV:
Andreas Schwarcz (*1952) studierte von 1971-1973 Wirtschafts- und Planungsmathematik an der TU Wien. In den darauffolgenden Jahren bis 1984 absolvierte er ein Doktoratsstudium für Geschichte, Alte Geschichte und Anglistik sowie ein Lehramtsstudium für Geschichte und Anglistik an der Universität Wien. 1984 promovierte er mit einer Dissertation über Reichsangehörige Personen gotischer Herkunft. Von 1984-1997 war er als Universitätsassistent am Institut für österreichische Geschichtsforschung tätig. Am Ende dieser Zeit habilitierte er sich mit einer Arbeit aus dem Gebiet für Mittelalterliche Geschichte und Hilfswissenschaften. Gleichzeitig wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt. In den darauffolgenden Jahren war er Stellvertreter des Direktors sowie Geschäftsführender Direktor des Institutes für österreichische Geschichtsforschung, Mitglied des Gründungskonvents der Universität Wien, Vorstand des Institutes für Geschichte der Universität Wien sowie Visiting Professor an der Georgetown University Washington D. C. (USA). Seit 2017 ist er im Ruhestand.
Andreas Schwarcz ist seit 1999 Präsident der Freunde des Hauses Wittgenstein Wien und Präsident des Vereins für Gesellschaftswissenschaftliche Forschung. Im Jahr 2002 wurde er Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin. Zu seinen weiteren Mitgliedschaften und Funktionen zählen die des Vorsitzenden der Fachgruppe der Universitäts- und FachhochschullehrerInnen im Bund Sozialdemokratischer AkademikerInnen Österreich, die des Mitglieds des Vorstands des Fördervereines des Volksbildungshauses Urania und die des Schriftführers im Vorstand der „Gesellschaft der Freunde der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“ (ÖAW). Seine wissenschaftlichen Leistungen wurden mehrfach geehrt, so mit der Kyrill und Method-Verdienstmedaille des Kulturministeriums der Republik Bulgarien und dem Orden „Der Reiter von Madara“ Zweiter Stufe in Silber der Republik Bulgarien.
Ein Meilenstein der Automatik/Informatik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene
Die digitale Kommunikationstechnik für industrielle Automatisierungssysteme gelangte seit den 1975er Jahren auf den internationalen Markt, basierend auf den Netzwerken WAN sowie LAN der Informatik. Seit 1985 wurden am Lehrstuhl von Prof. Werner Kriesel in Leipzig Kommunikationssysteme für die Industrieautomation als eigenständig wirksame Strukturen verstanden und entwickelt, später als Mehrebenen-System Field Area Network FAN eingeordnet unterhalb der WAN / LAN-Ebenen.
Im Vortag werden hierzu die technischen Entwicklungsetappen der Automatik / Informatik dargestellt. Ausgehend von der Entwicklung erster (Einchip-) Mikroprozessoren in den 1970er Jahren und damit realisierbarer speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS) führte die Entwicklung zu lokalen Netzwerken und in der Folge zu einer eigenständigen Industriekommunikation in Mehrebenen-Strukturen für die Automation. An industriellen Beispielen, beginnend bei TDC 2000 (Fa. Honeywell, USA) über PROFIBUS/ PROFINET und der direkten Mitarbeit an der Entwicklung des Feldbussystems AS-Interface für die Sensor-Aktuator-Ebene werden im Vortrag die neuen Möglichkeiten vernetzter verteilter Intelligenz präsentiert. Eigenfunktionen, Überwachung, Diagnose und Therapiesteuerung mit adaptiven Algorithmen sowie Künstliche Intelligenz führen so zu einem Paradigmenwechsel bei Industrie 4.0 Anwendungen.
In zahlreichen (Buch-) Publikationen wurden die Ergebnisse der Grundlagenforschung bis zur Umsetzung in industriellen Anwendungen veröffentlicht. In 40-jähriger Arbeit des Teams Kriesel wurde ein Meilenstein der Industriekommunikation in praxisnaher Forschung und akademischer Lehre geschaffen, der zusammen mit der Industrie weltweiten Masseneinsatz und Breitenanwendung erreichte, sich zum Weltmarkführer entwickelte und gegenwärtig als AS-Interface in 2. Generation auf den Markt gelangt.
Kurz-CV:
Dietmar Telschow (*1956) studierte von 1974-1978 an der TH Magdeburg, Sektion Technische Kybernetik und Elektrotechnik, Fachrichtung Automatisierungstechnik mit Abschluss als Diplomingenieur. Danach begann er eine Industrietätigkeit im Chemieanlagenbau Leipzig/Grimma mit Delegation an den Industrie-Hochschul-Komplex der TH Leipzig und dortiger Forschungstätigkeit im Team von Werner Kriesel. Ab 1990 arbeitete er an der Grundlagen- und Industrieentwicklung sowie Weiterentwicklung des Sensor-Aktuator-Systems AS-Interface, speziell an einem Erdschlusswächter, an der Doppeladresserkennung und an einem adaptiven Busabschluss. Er ist Mitinhaber von Patenten und mitbeteiligt am Aufbau eines nach DIN EN17025 akkreditierten weltweit einzigen Prüflabors für alle elektrischen AS-Interface-Komponenten. In diesem Zusammenhang arbeitete er in zahlreichen Arbeitsgruppen der Nutzerorganisation „AS-International Association“ und entwickelte spezifischer Test- und Diagnose-Tools.
Auch nach Gründung der HTWK Leipzig aus der TH Leipzig im Jahr 1993 setzte er seine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten fort. In diesem Rahmen erfolgten zahlreiche Publikationen zu industriellen Kommunikationssystemen in Buchform, Fachzeitschriften und Kongressvorträgen. Nach 15-jährigem Einsatzerfolg von AS-Interface und erfolgreich abgeschlossener Grundlagenforschung leitete er als Ideengeber die Umsetzung durch die Industrie in eine 2. Generation ein. Damit gelang es, digitale Übertragungstechniken in die industrielle Feldebene zu übertragen (aktuell Markteinführung).
Strukturbildung und Kipppunkte in Ökosystemen und Klima
Ulrike Feudel (Oldenburg)
Zusammenfassung:
Viele natürliche Phänomene werden durch die nichtlineare Wechselwirkung unterschiedlicher physikalischer, chemischer oder biologischer Größen hervorgerufen. Diese Nichtlinearitäten führen dazu, dass solche Systeme eine besonders komplexe, teilweise nicht vorhersagbare zeitliche Dynamik hervorbringen oder die Fähigkeit besitzen, spontan zeitliche, räumliche oder raum-zeitliche Strukturen auszubilden.
Im Mittelpunkt der vorgestellten Untersuchungen steht die Dynamik eines Systems, das heißt dessen zeitliche bzw. raumzeitliche Entwicklung oft auch unter dem Einfluss äußerer Antriebskräfte wie z. B. dem Klimawandel. Die Dynamik kann dabei bei fixierten Umweltbedingungen ganz unterschiedliche Formen annehmen: Das System kann in ein Gleichgewicht kommen, eine periodische oder quasiperiodische Bewegung ausführen oder auch durch eine chaotische Dynamik charakterisiert werden. Für ein räumlich ausgedehntes System würde man homogene Zustände, wo alle Größen homogen im Raum verteilt sind, zeitunabhängige inhomogene Verteilungen (stationäre Muster) oder raumzeitlich veränderliche Muster beobachten.
Von besonderem Interesse sind jedoch plötzliche Änderungen der Dynamik, wenn entweder die internen Parameter des Systems oder der äußere Antrieb so verändert werden, dass kritische Schwellwerte überschritten werden. Betrachtet man als Beispiel aus der Umweltphysik den atlantischen Teil der thermohalinen Ozeanzirkulation – einer großräumigen, durch Dichteunterschiede angetriebenen Zirkulation – dann kann diese z. B. im heutigen Zustand sein, in dem permanent Wärme aus dem Süden in die nördliche Hemisphäre transportiert wird und dort an die Atmosphäre abgegeben wird oder aber in einem Zustand, wo diese Zirkulation stark geschwächt ist oder gar zum Erliegen kommt. Ein Kipp-Übergang von dem einem in den anderen Zustand, der langfristig mit einer Abkühlung des Klimas in West- und Nordeuropa verbunden wäre, könnte auftreten, wenn der Antrieb durch den globalen Klimawandel verändert würde. Ähnlich drastische Übergangsphänomene beobachtet man in Ökosystemen, wo Klima- oder Landnutzungsänderungen zu einem Verlust von Arten oder gar zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen können. Gegenstand der Ausführungen ist es, aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen ein solcher Übergang stattfinden würde und welche Mechanismen für diese Kippphänomene verantwortlich sind.
Kurz-CV:
Ulrike Feudel (*1957) studierte von 1976-1981 Physik an der Humboldt-Universität Berlin (HUB). In den folgenden Jahren war sie u. a. wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften der DDR und in einer Max-Planck-Gruppe an der Universität Potsdam. 1986 schloss sie ihre Promotion zum Dr. rer. nat. an der HUB und 1996 ihre Habilitation zum Dr. rer. nat habil. an der Universität Potsdam ab. Seit 2000 ist sie Universitätsprofessorin für Theoretische Physik/Komplexe Systeme am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Von 2005-2007 war sie Direktorin des ICBM. Forschungsaufenthalte führten sie u. a. an die University of Maryland at College Park (USA), an die University of California at Santa Barbara (USA) und an die Eötvös Lorand Universität Budapest (Ungarn). Sie ist Editor von “Nonlinear Processes in Geophysics” und war lange Jahre Associate Editor von “Mathematical Biosciences and Engineering”.
Im Laufe ihrer beruflichen Entwicklung wurde Ulrike Feudel immer wieder geehrt und für ihre wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet, so u. a. mit einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Burgers-Professur für Fluiddynamik der University Maryland at College Park, dem Distinguished Scientist Fellowship der Akademie der Wissenschaften Ungarns und der Lewis Fry Richardson Medaille der European Geosciences Union.
Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen
Anna-Marie Metz (Potsdam)
Zusammenfassung:
Arbeitspsychologie gilt im Kanon der Psychologie gemeinhin als „Angewandte“ Wissenschaft. Was aber wird „angewendet“? Im Beitrag wird zum Einen die notwendige Verankerung in und der mittelbare praktische Nutzen von allgemeinpsychologischen Erkenntnissen exemplarisch in Bezug auf die Forschungen von Heinz-Jürgen Rothe als langjährigem Mitarbeiter von Friedhart Klix dargestellt.
Zum anderen werden an ausgewählten Beispielen aus dem breiten Forschungsfeld zum Zusammenhang zwischen (Erwerbs-)Arbeit und Gesundheit die außerordentlichen Vorzüge trans- und interdisziplinärer Kooperation mit arbeitsmedizinischen, physiologischen und epidemiologischen Disziplinen behandelt. An einem Beispiel wird demonstriert, wie aus einer derartigen Synopsis über das Streben nach Erkenntnisgewinn hinaus die Transformation in unmittelbar praktisch nutzbare Analyse- und Interventionstools gelingen kann.
Kurz-CV:
Anna-Marie Metz (*1940) promovierte nach ihrem Psychologiestudium und einer Aspirantur an der Humboldt-Universität Berlin 1968 mit einem psychophysiologischen Thema. Von 1968–1990 war sie im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie in der Arbeitsmedizin tätig, seit 1970 am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin der DDR in Berlin-Lichtenberg, mit den Arbeitsschwerpunkten Entwicklung und Erprobung von belastungsmessenden Verfahren, epidemiologische Studien zum Zusammenhang von psychischen Belastungen und Gesundheitszustand, interdisziplinäre experimentelle Forschung zur Wirkung physikalischer Faktoren der Arbeitsumgebung auf Leistung und Befinden sowie psychophysiologische experimentelle Forschung (evozierte Potentiale der bioelektrischen Hirnaktivität) zu Bezugsystemen in der Wahrnehmung, zur Aufgabenschwierigkeit und zum Arbeitsgedächtnis.
1983 erfolgte die Habilitation an der Technischen Universität Dresden. Von 1990-1994 war Anna-Marie Metz am Zentrum für Arbeits- und Umweltmedizin Berlin tätig, wobei sie neben den dortigen Lehrtätigkeiten auch Vertretungen an der TU Dresden, der TU Berlin und der Universität Potsdam wahrnahm. Von 1995–2007 hatte sie eine Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie im Institut für Psychologie der Universität Potsdam inne.
(MLS = Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e. V.)
Für das Kolloquium gelten die am 17.02.2022 aktuellen SARS-CoV2-Infektionsschutzmaßnahmen für Berlin (Stand 16.01.2022: 2G Plus).
Kolloquium der Leibniz-Sozietät am 17.2.2022 zu Ehren der Sozietäts-Mitglieder
W. Ebeling, A. Jähne, W. Kriesel und H.-J. Rothe
Ort: Berlin, Cedio-Konferenzraum, Storkower Bogen
1. Programm
10.00 Uhr
Eröffnung Gerda Haßler (Präsidentin der Leibniz-Sozietät)
Musikalische Einführung
10.30 Uhr
Moderation Gerhard Pfaff (MLS)
Laudatio zum 80. Geburtstag von Armin Jähne Gerhard Banse (MLS)
Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe Andreas Schwarcz (MLS)
Dankesworte Armin Jähne (MLS)
Laudatio zum 80. Geburtstag von Werner Kriesel Tilo Heimbold (Leipzig)
Ein Meilenstein der Automatik/Informatik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene Dietmar Telschow, Tilo Heimbold, Dirk Lippik (Leipzig)
Dankesworte Werner Kriesel (MLS)
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr
Laudatio zum 85. Geburtstag von Werner Ebeling Lutz-Günther Fleischer (Vizepräsident MLS)
Strukturbildung und Kipppunkte in Ökosystemen und Klima Ulrike Feudel (Oldenburg)
Dankesworte Werner Ebeling (MLS)
Laudatio zum 75. Geburtstag von Heinz-Jürgen Rothe Erdmute Sommerfeldt (MLS)
Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen Anna-Marie Metz (Potsdam)
Dankesworte Heinz-Jürgen Rothe (MLS)
Schlusswort / Abschluss des Kolloquiums Gerda Haßler (Präsidentin der Leibniz-Sozietät)
2. Abstracts und Curriculum vitae
Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe
Andreas Schwarcz (MLS)
Zusammenfassung:
Der Donaulimes war traditionell einer der wichtigsten Abschnitte des römischen Grenzsystems. Er erstreckte sich über eine Gesamtlänge von 2888 km von Eining in Bayern bis zur Donaumündung am Schwarzen Meer. Seine strategische Bedeutung lag an der oberen und mittleren Donau im Schutz Italiens gegen Bedrohungen aus dem Norden, an der unteren Donau im Schutz Griechenlands und Kleinasiens, in der Spätantike dann speziell in der Sicherung Konstantinopels gegen Angriffe aus dem Barbaricum nördlich der Donau. Die Grundlagen dieses Befestigungsgürtels an einem der großen europäischen Hauptflüsse wurden bereits in den Anfängen des Prinzipats unter der Herrschaft des Augustus gelegt. Über die Jahrhunderte wurde er ausgebaut und umgestaltet, an der oberen Donau gehalten bis zur Zeit der Herrschaft Odoakers, an der unteren Donau mit einer letzten Befestigungsphase in der Zeit Kaiser Justinians I. und bis zur Ankunft der Slaven. Die Sicherung des Limes als UNESCO-Weltkulturerbe setzte mit der Anerkennung des Hadrianswalls in Großbritannien im Jahr 1987 ein. Im Jahr 2005 folgten der Obergermanisch-rätische Limes und die Anerkennung des gesamten Limes als erstes potentielles serielles Weltkulturerbe in seiner gesamten Länge von fast 6000 km in 20 Ländern. Damals begannen auch die ersten Vorarbeiten für die Einreichung des Donaulimes im Rahmen eines internationalen Projekts, mit dem 2008 der Antoninuswall in Schottland erfolgreich eingereicht wurde. Seither laufen die Vorbereitungen in Bulgarien, Deutschland, Kroatien, Österreich, Rumänien, Serbien, der Slowakei und Ungarn. 2020 fiel die Entscheidung, zunächst den oberen Donaulimes in Bayern, Österreich und der Slowakei („western Segment“) einzureichen, der am 30. Juli 2021 als UNESCO-WHS anerkannt wurde. Während auch in den anderen Donaustaaten die Einreichung weiter vorbereitet wird, bereiten Deutschland und die Niederlande auch die Anerkennung des Limes am Oberrhein vor.
Kurz-CV:
Andreas Schwarcz (*1952) studierte von 1971-1973 Wirtschafts- und Planungsmathematik an der TU Wien. In den darauffolgenden Jahren bis 1984 absolvierte er ein Doktoratsstudium für Geschichte, Alte Geschichte und Anglistik sowie ein Lehramtsstudium für Geschichte und Anglistik an der Universität Wien. 1984 promovierte er mit einer Dissertation über Reichsangehörige Personen gotischer Herkunft. Von 1984-1997 war er als Universitätsassistent am Institut für österreichische Geschichtsforschung tätig. Am Ende dieser Zeit habilitierte er sich mit einer Arbeit aus dem Gebiet für Mittelalterliche Geschichte und Hilfswissenschaften. Gleichzeitig wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt. In den darauffolgenden Jahren war er Stellvertreter des Direktors sowie Geschäftsführender Direktor des Institutes für österreichische Geschichtsforschung, Mitglied des Gründungskonvents der Universität Wien, Vorstand des Institutes für Geschichte der Universität Wien sowie Visiting Professor an der Georgetown University Washington D. C. (USA). Seit 2017 ist er im Ruhestand.
Andreas Schwarcz ist seit 1999 Präsident der Freunde des Hauses Wittgenstein Wien und Präsident des Vereins für Gesellschaftswissenschaftliche Forschung. Im Jahr 2002 wurde er Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin. Zu seinen weiteren Mitgliedschaften und Funktionen zählen die des Vorsitzenden der Fachgruppe der Universitäts- und FachhochschullehrerInnen im Bund Sozialdemokratischer AkademikerInnen Österreich, die des Mitglieds des Vorstands des Fördervereines des Volksbildungshauses Urania und die des Schriftführers im Vorstand der „Gesellschaft der Freunde der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“ (ÖAW). Seine wissenschaftlichen Leistungen wurden mehrfach geehrt, so mit der Kyrill und Method-Verdienstmedaille des Kulturministeriums der Republik Bulgarien und dem Orden „Der Reiter von Madara“ Zweiter Stufe in Silber der Republik Bulgarien.
Ein Meilenstein der Automatik/Informatik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene
Dietmar Telschow, Tilo Heimbold, Dirk Lippik (Leipzig)
Zusammenfassung:
Die digitale Kommunikationstechnik für industrielle Automatisierungssysteme gelangte seit den 1975er Jahren auf den internationalen Markt, basierend auf den Netzwerken WAN sowie LAN der Informatik. Seit 1985 wurden am Lehrstuhl von Prof. Werner Kriesel in Leipzig Kommunikationssysteme für die Industrieautomation als eigenständig wirksame Strukturen verstanden und entwickelt, später als Mehrebenen-System Field Area Network FAN eingeordnet unterhalb der WAN / LAN-Ebenen.
Im Vortag werden hierzu die technischen Entwicklungsetappen der Automatik / Informatik dargestellt. Ausgehend von der Entwicklung erster (Einchip-) Mikroprozessoren in den 1970er Jahren und damit realisierbarer speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS) führte die Entwicklung zu lokalen Netzwerken und in der Folge zu einer eigenständigen Industriekommunikation in Mehrebenen-Strukturen für die Automation. An industriellen Beispielen, beginnend bei TDC 2000 (Fa. Honeywell, USA) über PROFIBUS/ PROFINET und der direkten Mitarbeit an der Entwicklung des Feldbussystems AS-Interface für die Sensor-Aktuator-Ebene werden im Vortrag die neuen Möglichkeiten vernetzter verteilter Intelligenz präsentiert. Eigenfunktionen, Überwachung, Diagnose und Therapiesteuerung mit adaptiven Algorithmen sowie Künstliche Intelligenz führen so zu einem Paradigmenwechsel bei Industrie 4.0 Anwendungen.
In zahlreichen (Buch-) Publikationen wurden die Ergebnisse der Grundlagenforschung bis zur Umsetzung in industriellen Anwendungen veröffentlicht. In 40-jähriger Arbeit des Teams Kriesel wurde ein Meilenstein der Industriekommunikation in praxisnaher Forschung und akademischer Lehre geschaffen, der zusammen mit der Industrie weltweiten Masseneinsatz und Breitenanwendung erreichte, sich zum Weltmarkführer entwickelte und gegenwärtig als AS-Interface in 2. Generation auf den Markt gelangt.
Kurz-CV:
Dietmar Telschow (*1956) studierte von 1974-1978 an der TH Magdeburg, Sektion Technische Kybernetik und Elektrotechnik, Fachrichtung Automatisierungstechnik mit Abschluss als Diplomingenieur. Danach begann er eine Industrietätigkeit im Chemieanlagenbau Leipzig/Grimma mit Delegation an den Industrie-Hochschul-Komplex der TH Leipzig und dortiger Forschungstätigkeit im Team von Werner Kriesel. Ab 1990 arbeitete er an der Grundlagen- und Industrieentwicklung sowie Weiterentwicklung des Sensor-Aktuator-Systems AS-Interface, speziell an einem Erdschlusswächter, an der Doppeladresserkennung und an einem adaptiven Busabschluss. Er ist Mitinhaber von Patenten und mitbeteiligt am Aufbau eines nach DIN EN17025 akkreditierten weltweit einzigen Prüflabors für alle elektrischen AS-Interface-Komponenten. In diesem Zusammenhang arbeitete er in zahlreichen Arbeitsgruppen der Nutzerorganisation „AS-International Association“ und entwickelte spezifischer Test- und Diagnose-Tools.
Auch nach Gründung der HTWK Leipzig aus der TH Leipzig im Jahr 1993 setzte er seine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten fort. In diesem Rahmen erfolgten zahlreiche Publikationen zu industriellen Kommunikationssystemen in Buchform, Fachzeitschriften und Kongressvorträgen. Nach 15-jährigem Einsatzerfolg von AS-Interface und erfolgreich abgeschlossener Grundlagenforschung leitete er als Ideengeber die Umsetzung durch die Industrie in eine 2. Generation ein. Damit gelang es, digitale Übertragungstechniken in die industrielle Feldebene zu übertragen (aktuell Markteinführung).
Strukturbildung und Kipppunkte in Ökosystemen und Klima
Ulrike Feudel (Oldenburg)
Zusammenfassung:
Viele natürliche Phänomene werden durch die nichtlineare Wechselwirkung unterschiedlicher physikalischer, chemischer oder biologischer Größen hervorgerufen. Diese Nichtlinearitäten führen dazu, dass solche Systeme eine besonders komplexe, teilweise nicht vorhersagbare zeitliche Dynamik hervorbringen oder die Fähigkeit besitzen, spontan zeitliche, räumliche oder raum-zeitliche Strukturen auszubilden.
Im Mittelpunkt der vorgestellten Untersuchungen steht die Dynamik eines Systems, das heißt dessen zeitliche bzw. raumzeitliche Entwicklung oft auch unter dem Einfluss äußerer Antriebskräfte wie z. B. dem Klimawandel. Die Dynamik kann dabei bei fixierten Umweltbedingungen ganz unterschiedliche Formen annehmen: Das System kann in ein Gleichgewicht kommen, eine periodische oder quasiperiodische Bewegung ausführen oder auch durch eine chaotische Dynamik charakterisiert werden. Für ein räumlich ausgedehntes System würde man homogene Zustände, wo alle Größen homogen im Raum verteilt sind, zeitunabhängige inhomogene Verteilungen (stationäre Muster) oder raumzeitlich veränderliche Muster beobachten.
Von besonderem Interesse sind jedoch plötzliche Änderungen der Dynamik, wenn entweder die internen Parameter des Systems oder der äußere Antrieb so verändert werden, dass kritische Schwellwerte überschritten werden. Betrachtet man als Beispiel aus der Umweltphysik den atlantischen Teil der thermohalinen Ozeanzirkulation – einer großräumigen, durch Dichteunterschiede angetriebenen Zirkulation – dann kann diese z. B. im heutigen Zustand sein, in dem permanent Wärme aus dem Süden in die nördliche Hemisphäre transportiert wird und dort an die Atmosphäre abgegeben wird oder aber in einem Zustand, wo diese Zirkulation stark geschwächt ist oder gar zum Erliegen kommt. Ein Kipp-Übergang von dem einem in den anderen Zustand, der langfristig mit einer Abkühlung des Klimas in West- und Nordeuropa verbunden wäre, könnte auftreten, wenn der Antrieb durch den globalen Klimawandel verändert würde. Ähnlich drastische Übergangsphänomene beobachtet man in Ökosystemen, wo Klima- oder Landnutzungsänderungen zu einem Verlust von Arten oder gar zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen können. Gegenstand der Ausführungen ist es, aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen ein solcher Übergang stattfinden würde und welche Mechanismen für diese Kippphänomene verantwortlich sind.
Kurz-CV:
Ulrike Feudel (*1957) studierte von 1976-1981 Physik an der Humboldt-Universität Berlin (HUB). In den folgenden Jahren war sie u. a. wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften der DDR und in einer Max-Planck-Gruppe an der Universität Potsdam. 1986 schloss sie ihre Promotion zum Dr. rer. nat. an der HUB und 1996 ihre Habilitation zum Dr. rer. nat habil. an der Universität Potsdam ab. Seit 2000 ist sie Universitätsprofessorin für Theoretische Physik/Komplexe Systeme am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Von 2005-2007 war sie Direktorin des ICBM. Forschungsaufenthalte führten sie u. a. an die University of Maryland at College Park (USA), an die University of California at Santa Barbara (USA) und an die Eötvös Lorand Universität Budapest (Ungarn). Sie ist Editor von “Nonlinear Processes in Geophysics” und war lange Jahre Associate Editor von “Mathematical Biosciences and Engineering”.
Im Laufe ihrer beruflichen Entwicklung wurde Ulrike Feudel immer wieder geehrt und für ihre wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet, so u. a. mit einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Burgers-Professur für Fluiddynamik der University Maryland at College Park, dem Distinguished Scientist Fellowship der Akademie der Wissenschaften Ungarns und der Lewis Fry Richardson Medaille der European Geosciences Union.
Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen
Anna-Marie Metz (Potsdam)
Zusammenfassung:
Arbeitspsychologie gilt im Kanon der Psychologie gemeinhin als „Angewandte“ Wissenschaft. Was aber wird „angewendet“? Im Beitrag wird zum Einen die notwendige Verankerung in und der mittelbare praktische Nutzen von allgemeinpsychologischen Erkenntnissen exemplarisch in Bezug auf die Forschungen von Heinz-Jürgen Rothe als langjährigem Mitarbeiter von Friedhart Klix dargestellt.
Zum anderen werden an ausgewählten Beispielen aus dem breiten Forschungsfeld zum Zusammenhang zwischen (Erwerbs-)Arbeit und Gesundheit die außerordentlichen Vorzüge trans- und interdisziplinärer Kooperation mit arbeitsmedizinischen, physiologischen und epidemiologischen Disziplinen behandelt. An einem Beispiel wird demonstriert, wie aus einer derartigen Synopsis über das Streben nach Erkenntnisgewinn hinaus die Transformation in unmittelbar praktisch nutzbare Analyse- und Interventionstools gelingen kann.
Kurz-CV:
Anna-Marie Metz (*1940) promovierte nach ihrem Psychologiestudium und einer Aspirantur an der Humboldt-Universität Berlin 1968 mit einem psychophysiologischen Thema. Von 1968–1990 war sie im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie in der Arbeitsmedizin tätig, seit 1970 am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin der DDR in Berlin-Lichtenberg, mit den Arbeitsschwerpunkten Entwicklung und Erprobung von belastungsmessenden Verfahren, epidemiologische Studien zum Zusammenhang von psychischen Belastungen und Gesundheitszustand, interdisziplinäre experimentelle Forschung zur Wirkung physikalischer Faktoren der Arbeitsumgebung auf Leistung und Befinden sowie psychophysiologische experimentelle Forschung (evozierte Potentiale der bioelektrischen Hirnaktivität) zu Bezugsystemen in der Wahrnehmung, zur Aufgabenschwierigkeit und zum Arbeitsgedächtnis.
1983 erfolgte die Habilitation an der Technischen Universität Dresden. Von 1990-1994 war Anna-Marie Metz am Zentrum für Arbeits- und Umweltmedizin Berlin tätig, wobei sie neben den dortigen Lehrtätigkeiten auch Vertretungen an der TU Dresden, der TU Berlin und der Universität Potsdam wahrnahm. Von 1995–2007 hatte sie eine Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie im Institut für Psychologie der Universität Potsdam inne.
(MLS = Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e. V.)
Für das Kolloquium gelten die am 17.02.2022 aktuellen SARS-CoV2-Infektionsschutzmaßnahmen für Berlin (Stand 16.01.2022: 2G Plus).
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