Plenarsitzung der Leibniz-Sozietät am 12. Oktober 2017 zu Wirken und Wirkung Martin Luthers

Am 12. Oktober 2017 fanden im Schloss Biesdorf – im Rahmen der „Biesdorfer Begegnung mit der Wissenschaft“ – zwei Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e. V (LS) in Kooperation mit der Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf e. V. statt.

Der Präsident der Leibniz-Soziertät und der Vorsitzende der Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf

 

 

Zu Beginn der Vormittagssitzung begrüßte Herr Dr. Heinrich Niemann im Namen der Stiftung die Teilnehmer. Er verwies auf die Geschichte des Schlosses, die eng mit der Unternehmerfamilie Siemens und in den zurückliegenden Jahren mit bürgerschaftlichen Engagement verbunden ist. Nur so konnte der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Obergeschosses bewältigt und ein architektonisches Kleinod wieder hergestellt werden. Er übergab dem Präsidenten der Leibniz-Sozietät, Herrn Gerhard Banse, ein Grußschreiben mit dem Wunsch auf weitere gute Zusammenarbeit.  Die Plenarveranstaltung am Vormittag war dem 500. Jahrestag der Reformation gewidmet. In seiner Eröffnung regte der Präsident der Leibniz-Sozietät Gerhard Banse an, „nach den gesellschaftlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen für die historischen Wirkungen Lutherssowienach den bis heute wirkenden Elementen in Luthers Theologie“ zu fragen.

Adolf Laube (MLS) referierte über „Martin Luther. Historische Leistung, Wirkung und Wertung – 500 Jahre Jahre nach Beginn der Reformation“. Mit Adolf Laube kam ein ausgewiesener Spezialist für die Geschichte der Reformation und des Bauernkrieges zu Wort. Über mehrere Jahrzehnte hatte er zu Themen aus diesem Kontext geforscht und publiziert. Die von ihm verantworteten mehrbändigen Editionen von Flugschriften der Reformationszeit und der Bauernkriegszeit lassen erahnen, auf welch umfassender Quellenkenntnis sich der Vortrag stützen konnte. Laube bettete Luthers Werk und Wirken in den Kontext  der besonderen historischen Rahmenbedingungen ein, ohne die die Wirkungsmacht seiner Schriften und seiner Person nicht verständlich sind. Luthers Verhalten in der Reformationsbewegung, sein Verhältnis gegenüber anderen Reformatoren  sowie seine Parteinahme gegen die Bauern wurzeln in Grundannahmen seiner Theologie.

Auch die Kluft zu Thomas Müntzer ist ohne Kenntnis der theologischenKontroversen nicht zu verstehen und kann dann auch nicht richtig eingeordnet werden. Der Referent würdigte Luther – „bei aller persönlichen und zeitgebundenen Widersprüchlichkeit – als Auslöser eines historischen Umbruchs, dessen wir auch nach 500 Jahren noch zu Recht gedenken“. Die katholische Kirche wurde nachhaltig erschüttert, blieb jedoch als Institution erhalten. Erhalten blieben auch die Konflikte mit der Lutherschen Theologie.
Ursprünglich sollte Siegfried Wollgast (MLS) zum Thema „Martin Luther und die Philosophie, die Schwärmer und die DDR“ sprechen. Sein plötzlicher Tod riss ihn aus unserer Mitte. Das Referat liegt bereits vor und wird in Kürze veröffentlicht. Der Vortrag von MLS Wolfgang Laube und das Bereits vorbereitete Material von Siegfried Wollgast (†) werden in der Internetzeitschrift Leibniz Online, Nr. 30 2017 veröffentlicht.

Die Aussprache leitete der stellvertretende Sekretar der Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften Jürgen Hofmann. Er erinnerte Eingangs an einen Spiegel-Artikel aus dem Jahre 1983, der unter der Schlagzeile „Mit Herrn Luther ist alles in Butter“ die Hintergründe der Lutherfeiern in der DDR beleuchtete.

(Fotos: D. Linke)

In der folgenden Diskussion wurde u.a. nach der Bedeutung der Bibelübersetzung aus heutiger Sicht, nach der Rolle der Flugschriften in der Reformationszeit, nach den ökonomischen Auffassungen Luthers, nach seiner Stellung zum Judentum sowie nach dem Einfluss der Alphabetisierung auf die Rezeption der Lutherschen Thesen gefragt. Adolf Laube erläuterte sachkundig anhand zahlreicher Beispiele außerordentlich differenziert die Zusammenhänge und mögliche Schlussfolgerungen.

Jürgen Hofmann

Zur Nachmittagsveranstaltung hier.