Nekrolog auf unser Mitglied Professor Dr. Peter Schneck

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr Mitglied,
den Medizinhistoriker

Prof. Dr. Peter Schneck,

der am 02. April 2018 im Alter von 82 Jahren verstorben ist.

Der Weg wissenschaftlicher Selbstfindung von Peter Schneck verlief nicht geradlinig. Nach dem Abitur in Dresden nahm er 1955 ein Medizinstudium an den Universitäten Leipzig und Greifswald auf. Anschließend arbeitete er als Militärarzt in Kamenz. Seine Promotionsschrift zum Dr. med. befasste sich mit „Stand und Perspektive der Wasserversorgung in den Landgemeinden des Kreises Fürstenwalde/Spree“. 1965 bis 1970 erfolgte an der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ in Dresden die Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Danach praktizierte er bis 1977 in beiden Fächern als Leiter einer Staatlichen Arztpraxis in Kamenz. In eben dieser Zeit erfolgte eine wissenschaftlichge Neuorientierung, die sich 1975 in der Promotion zum Dr. phil. an der TU Dresden niederschlug. Das Thema der vorgelegten Arbeit lautete: „Die sozial-medizinischen Aspekte der Lage der Arbeiterinnen in Deutschland im letzten Drittel des 19. Jh. – dargestellt anhand der sozialen und gesundheitlichen Verhältnisse der Fabrikarbeiterinnen in der sächsischen Oberlausitz“.

Die Wendung seiner beruflichen Interessen veranlasste Peter Schneck 1977 zur Aufnahme einer wissenschaftlichen Assistenz am Institut für Geschichte der Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin. Während dieser Zeit, die seine Ernennung zu Dozenten 1983 und einen Studienaufenthalt 1981 in der Abteilung für Geschichte der Medizin am Semaschko-Institut in Moskau einschloss, eignete er sich einen umfassenden Überblick über sein neues Fachgebiet an. Dabei konzentrierte er sich in seiner medizinhistorischen Forschung vornehmlich auf die sozialmedizinischen Aspekte in der Gynäkologie. 1983 habilitierte er sich in Berlin zum Dr. sc. med. mit der Arbeit „Zur Geschichte der sozialgynäkologischen Ideen, Projekte und Institutionen in Deutschland während des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts“. 1985 wurde er als Professor für Geschichte der Medizin an die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald berufen und 1990 an die HU zu Berlin umberufen, verbunden mit der Ernennung zum Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin an der Charité. 1995 erfolgte die den politischen Umständen geschuldete Neuberufung auf eine C 3 Professur. Trotz aller Widrigkeiten wie die Reduzierung der Ausstattung des Instituts und der Personalreduzierung, vermochte es Peter Schneck, den ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf des Instituts zu bewahren. Die regelmäßigen Medizinhistorischen Nachmittage gestalteten sich unter seiner Leitung zu einem festen Treffpunkt für Medizinhistoriker und für am Fachgebiet Interessierte in und über Berlin hinaus.

Sein wissenschaftliches Gesamtwerk weist Beiträge zu allen wesentlichen Genres der Medizingeschichte auf: Geschichte des Faches, Ideen- und Theoriegeschichte, Institutionengeschichte, Sozialgeschichte, Geschichte der internationalen Beziehungen in der Medizin, Biographik, Entwicklung der Lehrbuchliteratur. Der Schwerpunkt seiner Untersuchungen lag auf dem Gebiet der Sozialhygiene und der Gynäkologie, damit auch der Geschichte der Eugenik und der so genannten „Rassenhygiene“. Seine Forschungen zur Geschichte der Medizin in Deutschland, u.a. auch zur Rolle, Lage und Verfolgung jüdisch-deutscher Mediziner, ergänzte er durch Untersuchungen zur Geschichte der deutsch-polnischen und deutsch-russischen Beziehungen auf dem Felde der Medizin. Sein Verzeichnis wissenschaftlicher Schriften von 1968 bis 2002 weist weit über 200 Positionen auf, darunter die „Geschichte der Medizin“ (1990, gemeinsam mit Georg Harich) oder die „Geschichte der Medizin systematisch“ (1997), nicht zu reden von den vielen von ihm verfaßten und an unterschiedlichen Orten publizierten Biographien von Medizinern.

Peter Schneck war Mitglied verschiedener medizinhistorischer Gesellschaften, z.B. Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Geschichte der Medizin in der DDR (1981 – 1990), Ehrenmitglied der Bulgarischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin (seit 1990), odentliches Mitglied der Russischen  Akademie der Naturwissenschaften (zugewählt 1992) oder stellvertretender Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Geschichte der Medizin (1992 – 1998). 1993 wurde er in den Wissenschaftlichen Beirat des UNI-Med Verlages Bremen – Lorch/Württemberg berufen.

2002 wurde Peter Schneck emeritiert und ein Jahr darauf in die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zugewählt. Wir werden diesem außerordentlichen und vielseitigen Wissenschaftler ein ehrendes Andenken bewahren.

Armin Jähne