Nekrolog auf unser Mitglied Prof. Dr. Willi Kunz

Prof. Dr. Willi Kunz; Foto: BBAW-Archiv
Foto: BBAW-Archiv

Prof. Dr. Willi Kunz
* 02. Februar 1928, † 10.01.2016
KM seit 1982; OM seit 1989
Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1993

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr Mitglied, den Ökonomen Prof. Dr. Willi Kunz, der  – wie leider jetzt erst erfahren – am 10. Januar 2016 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.

Am 10. Januar 2016 verstarb in Berlin nach langer Krankheit unser Mitglied Prof. Dr. habil. Willi Kunz. Die Leibniz-Sozietät, der er seit 1993 angehörte, verliert mit ihm einen Wissenschaftler, der sich auf dem Gebiet von Außen- und Weltwirtschaft, speziell der internationalen Wirtschaftszusammenarbeit der RGW-Länder, über die Grenzen des Landes einen Namen gemacht hatte. Geboren wurde Willi Kunz am 2. Februar 1928 in Weissenfels als ältestes von fünf Kindern in einer Arbeiterfamilie. Seine Eltern waren seit den 1920er Jahren in der KPD aktiv. Der Vater wurde mehrmals verhaftet und im KZ Buchenwald festgehalten. Verfolgung des Vaters und ständige Existenzangst der Familie prägten die Kinder- und Jugendjahre des Verstorbenen.

Das nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland gebrochene Bildungsprivileg ermöglichte dem Arbeitersohn eine akademische Bildung. Von 1946 bis 1948 war er im Fach  Wirtschaftswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle eingeschrieben. Er setzte das Studium bis zum Abschluss als Diplomökonom im Jahre 1951 an der Humboldt-Universität Berlin fort. Anschließend arbeitete er dort bis 1953 als wissenschaftlicher Assistent. Im Herbst 1953 delegierte ihn die Humboldt-Universität an das Plechanow-Institut in Moskau zur Aspirantur, die er erfolgreich absolvierte. Seine Dissertation legte er in russischer Sprache vor. Im Dezember 1956 kehrte er aus Moskau zurück und wurde stellvertretender Direktor des Ökonomischen Forschungsinstituts im Ministerium für Handel und Versorgung. Ab Juli 1957 nahm er eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentralinstitut für Wirtschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften in der von Prof. Dr. Gunter Kohlmey geleiteten Arbeitsgruppe Weltwirtschaft auf. In dieser Zeit begann seine Spezialisierung auf die Problematik der sozialistischen internationalen Arbeitsteilung. Für dieses Gebiet hatte er einen Lehrauftrag an der Humboldt Universität inne. Gemeinsam mit Kollegen erarbeitete er Grundprinzipien der Wirtschaftszusammenarbeit der RGW-Länder. Dieser Problematik war auch seine 1963 an der Hochschule für Ökonomie Berlin verteidigte Habilitationsschrift gewidmet.

Im Januar 1972 wurde er zum ordentlichen Professor für Politische Ökonomie am Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung (ZSW) berufen und war als stellvertretender Direktor verantwortlich für den dortigen Lehrbetrieb.  Seine wissenschaftliche Arbeit zu Fragen der sozialistischen ökonomischen Integration setzte er verstärkt fort. Zu seinen Schwerpunkten gehörten Probleme der Stellung der DDR im System der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung, die Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsweise des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe, Möglichkeiten der besseren Nutzung der Integration für den wissenschaftlich-technischen und ökonomischen Fortschritt in den einzelnen Ländern und die Einbeziehung von Wirtschaftsunternehmen in den Prozess der internationalen Plankoordinierung.

Willi Kunz war Vorsitzender des wissenschaftlichen Rates für Fragen der Sozialistischen ökonomischen Integration, der die Forschungsarbeit wirtschaftswissenschaftlicher Einrichtungen der DDR zu diesem Themenkomplex koordinierte und in regelmäßigen Tagungen Ergebnisse präsentierte und diskutierte. Er war Vertreter der DDR in verschiedenen wissenschaftlichen Gremien des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe und organisierte und leitete über 60 Tagungen zu Problemen der ökonomischen Zusammenarbeit der RGW-Länder. Aus seiner Feder stammen mehr als 200 Publikationen zu seinem Arbeitsgebiet.

Seine wissenschaftliche Laufbahn, vor allem seine Tätigkeit als Vertreter der DDR im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe führte ihn zu vielen internationalen Tagungen ins Ausland. Er kommunizierte intensiv mit ausländischen Fachkollegen.

Die Abwicklung des ZSW Rahnsdorf bedeutete für Willi Kunz den Gang in den vorzeitigen Ruhestand. An diesem Umstand wie überhaupt an der Umbruchzeit seit Anfang der 1990er Jahre hat er mental schwer getragen. Physische und psychische Probleme waren die Folge und beeinträchtigten zunehmend seine Arbeitsfähigkeit. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.

Christa Luft