Nekrolog auf unser Mitglied Prof. Dr. Ronald Lötzsch

Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. trauert um ihr ehemaliges Mitglied, den Sprachwissenschaftler

Prof. Dr. Ronald Lötzsch

der am 16. Juni 2018 im Alter von 86 Jahren verstorben ist.

 

Ronald Lötsch, 2013; Foto: gettyimages, Franziska Krug (Ausschnitt)

Ronald Lötzsch nahm 1951 an der Leipziger Universität ein Studium der Ethnographie auf, wurde aber kurz darauf an die Universität Leningrad entsandt, wo er von 1951 bis 1956 das Fach Russistik belegte und an Lehrveranstaltungen zu anderen slawischen Sprachen, zu Litauisch, Französisch und Sanskrit teilnahm. Anschließend wurde er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Leipzig tätig. Seit 1961 arbeitete er dann an der Deutschen Akademie der Wissenschaften/Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin, zunächst am Institut für Slawistik, ab 1969 am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft. 1962 promovierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Dissertation „Die spezifischen Neuerungen der sorbischen Dualreflexion“, die auch als Buch erschien. An der Akademie leitete er verschiedene Forschungsgruppen. Von 1973 bis 1979 stand er dem Bereich Slawistik, Finnougristik und Balkanologie vor, von 1979 bis 1982 der Forschungsgruppe für Grammatik und Strukturtypologie. 1993 wurde er an die Universität Leipzig auf den Lehrstuhl für sorabistische Sprachwissenschaft berufen, den er bis 1995 innehatte, und war zugleich Leiter des dortigen Instituts für Sorabistik. Lötzschs Spektrum der Spachen, mit denen er sich wissenschaftlich beschäftigte, war breit. Es finden sich Arbeiten zu fast allen Sprachen Ost- und Mitteleuropas, einschließlich des Türkischen. Hervorzuheben ist sein „Jiddisches Wörterbuch“ von 1990/92.

Lötzsch war federführender Herausgeber der international renommierten „Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung“, seit 1993 „Sprachtypologie und Universalienforschung“. Zu seinen unbestrittenen wissenschaftlichen Verdiensten gehört die Fertigstellung des von Hans Holm Bielfeldt begründeten dreibändigen Deutsch-Russischen Akademiewörterbuchs. 1995 wurde dieser außergewöhnlich fähige Spachwissenschaftler abgewickelt und war bis zum Eintritt in das Rentenalter kurzzeitig arbeitslos. 1997 wurde in die Leibnitz-Sozietät zugewählt.

Der wissenschaftliche Entwicklungsweg von Ronald Lötzsch war nicht frei von Brüchen, die es schon sehr früh gab. Kaum fertig geworden mit dem Studium, wurde er 1957 wegen angeblicher Beihilfe zum Staatsverrat in Haft genommen, aus der er 1960 entlassen wurde. Er verdiente sich danach sein Brot als Bauhilfsarbeiter und freiberuflicher Übersetzer. Weitere Brüche waren die Auflösung der Akademie der Wissenschaften der DDR sowie ihre Abwicklung und die spätere heimtückische Krankheit.

Wir werde diesem extraordinär kreativen und ehrlichen Wissenschaftler stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Armin Jähne