Wissenschaftliche Sitzungen der KLassen der Leibniz-Sozietät im Jahre 2001

Nachfolgend werden die im Jahr 2010 stattgefundenen wissenschaftlichen Sitzungen der beiden Klassen der Leibniz-Sozietät zusammen mit den Kurzreferaten und Angaben zu den C.V. der Vortragenden aufgelistet.
Die Namen der Autoren sind mit dem Autorenverzeichnis verlinkt, weiterhin sind Links zu den Publikationen der Leibniz-Sozietät angegeben, falls die Vorträge bereits publiziert wurden.

18. Januar 2001

Klasse Naturwissenschaften

Klaus-Dieter Bilkenroth
Energie im 21. Jahrhundert – Gestaltung der energetischen Zukunft

Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Prof. Bilkenroth (67) ist ein in Theorie und Praxis gleich versierter Bergbauwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2000. Er entstammt einer akademischen Bergmannsfamilie der mitteldeutschen Bergbauregion: Sein Vater hat das für die DDR-Industrie grundlegend wichtige Verfahren entwickelt, aus Braunkohle hüttenfähigen Koks zu gewinnen. Sein Metier hat er „von der Pike auf“ gelernt: Nach dem Abitur und einer bergmännischen Grundausbildung studierte er an der Bergakademie Freiberg/Sa. und wurde dort 1953 Diplom-Berging., 1962 Dr.-Ing. und 1966 Dr.-Ing. habil. Gearbeitet hat er in verschiedenen Forschungseinrichtungen und Bergbaubetrieben, bis er als Hauptinge¬nieur für den mitteldeutschen Braunkohlebergbau verantwortlich war. Außerdem wurde er an der Bergakademie Freiberg 1980 Dozent und 1983 Honorarprofessor für Tagebautechnik. Seit 1990 ist er Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Braunkohle-AG (MIBRAG); hier ist er verantwortlich für die Sanierung des mitteldeutschen Braunkohle-Bergbaus. In weiteren Unternehmen fungiert er als Mitglied des Aufsichtsrates, in mehreren wissenschaftlichen Gesellschaften als Mitglied des Kuratoriums, z.B. in der Stiftung Dessau-Wörlitz und in der EXPO-2000-Gesellschaft.

Wer von Energieversorgung spricht, meint Rohstoffversorgung. In der Diskussion über wirtschaftliche Entwicklung seit der Konferenz von Rio de Janeiro (1992) ist der Begriff der Nachhaltigkeit zum Allgemeingut geworden.
Im Widerstreit liegen die Wünsche der Menschen nach Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, nach wirtschaftlicher Entwicklung, nach sozialer Gerechtigkeit und Zukunftssicherung. Weltweit soll die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Energie und Energiedienstleistungen zu wirtschaftlich verträglichen Preisen gewährleistet werden, ohne die Ökosysteme zu überreizen: Knappheit und Endlichkeit der Ressourcen sind zu beachten.
Deutschland muss 80-100% der Rohstoffe importieren. Die Preisanfälligkeit steigt. Der Primär-energieverbrauch wird in den nächsten Jahrzehnten nicht wesentlich steigen; aber fossile Brennstoffe werden bei steigenden Preisen weiterhin dominieren. Der Bruttostromverbrauch steigt; größere Im¬porten werden notwendig. Trotz steuerlicher Belastung wird der Treibstoffverbrauch weiter wachsen. Die Bevölkerungsentwicklung bleibt negativ. Die deutsche Ost-West-Wanderung hält an; der Aus¬gleich der Lebens- und Produktionsbedingungen ist nicht vor 2020 beendet. Der Industriestandort Deutschland ist einem starken Konkurrenzkampf ausgesetzt und wird seine Position kaum halten können.

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Elmar Altvater
Stand und Probleme der Globalisierungsforschung in der Bundesrepublik Deutschland

Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Altvater (62) ist Wirtschafts- und Politikwissenschaftler sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1998. Er arbeitet am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin und hat auf den Gebieten Politische Pädagogik, Politische Ökonomie und Soziologie gearbeitet. Gemeinsam mit Birgit Mahnkopf hat er das Buch “Grenzen der Globalisierung. Politik, Ökonomie und Ökologie in der Weltgesellschaft” verfasst, das 1999 in Münster in 4. Auflage erschien; auch viele Aufsätze zu unterschiedlichen Fragen der Globalisierung entstammen seiner Feder. Als sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur Globalisierung der Weltwirtschaft zeichnet er als Koordinator verantwortlich für die Arbeitsgruppe “Globalisierung der Finanzmärkte”.

In seinem Vortrag wird er auf die derzeitige Debatte über Globalisierung in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa eingehen – insbesondere darauf, dass sich Globalisierung immer deutlicher als eine Art “Amerikanisierung” herausstellt. Die Debatte der vergangenen Monate um die “New Economy”, den “Shareholder Value” und die Forderungen nach noch weitergehender Flexibilisierung und Liberalisierung der Märkte, vor allem der Arbeitsmärkte, hat die Notwendigkeit verdunkelt, in Zeiten der Globalisierung ein eigenständiges europäisches Projekt gegen den “Atlantischen Kapitalis¬mus” zu formulieren. Die verschiedenen wissenschaftlichen Interpretationen der Globalisierung wer¬den diskutiert und deren politische Implikationen deutlich gemacht.

Kurzvortrag:
Günter Vogler
Das preußische Königtum von 1701 – Eine Erinnerung nach 300 Jahren 

Prof. Vogler (67) ist Historiker. Nach Geschichtsstudium und Promotion (1962) an der Humboldt-Universität Berlin lehrte er an seiner alma mater von 1969 bis 1996 als Professor für deutsche Ge¬schichte mit dem Arbeitsgebiet Geschichte der frühen Neuzeit. Er war an zahlreichen Gemeinschaftswerken über Reformation und Bauernkrieg in Deutschland sowie am „Wörterbuch der Geschichte“ beteiligt; eigne Veröffentlichungen waren eine Studie über die Weber und Spinner von Nowawes (Potsdam)(1965) sowie ein Buch über Thomas Müntzer (1989).

Am 18. Januar 1701 krönte sich der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. in Königsberg zum „König in Preußen”. In der Reihe der Hohenzollernherrscher hieß er seitdem Friedrich I.
Im Kurzvortrag soll vier Fragen nachgegangen werden:
– Welche Motive lagen der Rangerhöhung zugrunde?
– Welche Voraussetzungen spielten dafür eine Rolle?
– Was charakterisierte die Königsberger Zeremonie?
– Welche Wirkungen gingen davon aus?

 

15. Februar 2001

Klasse Naturwissenschaften

Reiner Barsch
Landschaftsplanung – angewandte Landschaftsökonomie Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Stephan Jordan
Aufklärung und Historismus. Zur Entwicklung der Geschichtstheorie in der ersten Hälfte des19. Jahrhunderts
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Gerd Friedrich
Würdigung des Werkes von Otto Rosenkranz – anläßlich seines 90. Geburtstages am 3. Februar

 

15. März 2001

Klasse Naturwissenschaften

Klassensitzung zu Ehren des 75. Geburtstages von MLS Wolfgang Böhme Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Dietrich Spänkuch
Meteorologie in der zweiten Häfte des 20. Jahrhunderts

Dr. Spänkuch (65) ist Meteorologe und Physiker sowie Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1994. Nach Studium und Promotion (1965) arbeitete er ab 1968 in einem Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR und nach einem Arbeitsaufenthalt an der Universität Leningrad (1971/72) beim Meteo¬rologischen Dienst der DDR, dessen Nachfolgeeinrichtung – dem Deutschen Wetterdienst – er bis Anfang 2001 angehörte. Von 1973 bis 1986 war er verantwortlich für den DDR-Anteil an der wissenschaftlichen Vorbereitung und Auswertung mehrerer Weltraumexperimente auf sowjetischen Meteor-Satelliten sowie der Venera-15 und -16-Missionen zur Erforschung der Erd- und Venus-Atmosphäre. 1972 bis 1992 arbeitete er in der Internationalen Strahlungskommis¬sion der IAMAP (International Association of Meteorology and Atmospheric Physics) mit; 1979 bis 1988 in zwei COSPAR-Kom¬missionen. In beiden Organisationen betreute er mehrere wissenschaftliche Symposien. 1980 berief ihn das Joint Scientific Commitee of ICSU/WMO des Weltklimaforschungsprogramms als Experten; 1985/86 war er Mitglied der COSPAR ad hoc Interdisciplinary Group of Remote Sensing for Global Change, 1991 bis 1994 Mitglied der EUMETSAT Sounder Science Working Group. Im März 1999 verlieh ihm die Université Pierre et Marie Curie, Paris VI, eine Gastprofessur. Er kann auf mehr als 160 wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie die Mitherausgabe mehrerer wissenschaftlicher Zeitschriften verweisen.

Die Meteorologie hat sich in den vergangen 50 Jahren stürmisch entwickelt. Sie beschäftigt sich nicht mehr nur mit den physikalischen Erscheinungen und Vorgängen in der Erdatmosphäre sowie deren Wechselwirkungen mit der Erdoberfläche und dem Weltraum, sondern auch mit den entsprechenden chemischen Erscheinungen und Prozessen (Luftchemie). Die Erkenntnis, dass sämtliche Stoffkreis¬läufe (Wasser, Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel, u.a.) durch menschliche Aktivitäten – zum Teil empfindlich, teils gar dominant – gestört sind, hat sich durchgesetzt. Mit Rowland, Molina und Crutzen, die bahnbrechende Arbeiten zur Ozonchemie lieferten, wurden erstmals Atmosphärenwissenschaftler mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Der neue Zweig der Satellitenmeteorologie ermöglicht nicht nur die direkte Messung von Parametern, die grundlegend für den Energiehaushalt der Atmosphäre sind, wie Energie der solaren Einstrahlung und der in den Weltraum abgegebenen Strahlung und deren Variationen, sondern auch ein globales Monitoring der Atmosphäre. Die Flut internationaler Programme zur Erforschung atmosphärischer Prozesse basiert wesentlich auf dem Potenzial der Satellitenmeteorologie.
Die Klimatologie, früher primär Teilgebiet und Stiefkind der Meteorologie, hat sich zu einem hochgradig interdisziplinären Fachgebiet entwickelt. Meteorologische Phänomene wie Treibhauseffekt und Ozonloch haben wegen ihrer substanziellen Bedeutung für das Wohl der Menschheit die Nische wissenschaftlicher Forschung verlassen und sind auf das Podium politischer Auseinandersetzungen geraten.


Thilo Günther
Die Rolle der Hydrometeorologie für Hochwasservorhersage und Bewirtschaftung der Wasserressourcen 

Dr. Günther (58) ist Meteorologe. Nach dem Studium an der HU Berlin wurde er 1967 Wissenschaftlicher Assistent an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er 1972 promoviert wurde. Ein Zusatzstudium an der Timirjasew-Akademie Moskau (1973/74) befähigte ihn, 1975-1981 das Amt für Meteorologie Halle zu leiten. 1982-1990 stand er dem Forschungsinstitut für Hydrometeorologie Berlin vor, seit 1990 dem Referat Hydrometeorologische Entwicklungen und Anwendungen beim Deutschen Wetterdienst in Berlin-Buch, wo er sich unter anderem mit der Entwicklung von hydro¬meteo¬rologischen Modellen befasst. Er war seit 1983 Mitglied der Arbeitsgruppe Hydrologie der Re-gionalvereinigung Europa der WMO und seit 1984 deren Technischer Kommission für Hydrologie (bis 1990) sowie 1987-1994 Mitglied des Internationalen Organisationskomitees für das WMO-Projekt “Vergleichsmessungen fester Niederschläge“.

Niederschlag und Verdunstung sind bestimmende Input- und Steuergrößen in wasser-wirtschaftlichen Systemen; z. B. sind Hochwasserabfluss und Grundwasserneubildung von diesen hydrometeorologi¬schen Größen abhängig. Daraus ergibt sich die besondere Rolle der Hydrometeorologie für die Wasserwirtschaft.
Auf der Grundlage einer umfangreichen Datenbasis wurden im DWD/Fachbereich Hydrometeorologie nutzerfreundliche Modelle und Verfahren sowohl für die unterschied-lichsten Aufgaben bei der Langfristbewirtschaftung der Wasserressourcen als auch für die Echtzeitvorhersage und -steuerung entwickelt. Die Arbeitsergebnisse sind vielfältig und erstrecken sich von flächendeckenden Aussagen über extreme Niederschläge über quantitative Schneeschmelzvorhersagen bis hin zu Untersuchungsergebnissen zum Langzeitverhalten von Niederschlag, Verdunstung und Wasserbilanz (z. B. Trends und Schwankungen der letzten 100 Jahre).
Im Vortrag werden folgende Ergebnisse kurz vorgestellt:
– Echtzeitvorhersage der Schneedeckenentwicklung und der Wasserabgabe aus der Schneedecke (Modell SNOW),
– Operationelle Bestimmung von Gebietsniederschlägen (Modell BONIE, Radarniederschlagskarten),
– Standortbezogene und flächendeckende Aussagen über extreme Niederschlagshöhen und Schmelzwasserabgaben in Abhängigkeit von Dauer und Wiederkehrzeit (Projekte KOSTRA und REWANUS)

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Angelika Timm
Jüdischer Staat oder Staat für alle seine Bürger?
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Frau Dr. Timm studierte Hebraistik/Arabistik und wurde nach Promotion (1976) und Habilitation (1987) 1988 Dozentin für Geschichte und Politik Israels an der Humboldt-Universität Berlin. Mehrere Gastprofessuren führten sie an israelische Universitäten (Hebräische Universität Jerusalem, Bar-Ilan Universität Ramat Gan, Haifa University). Seit 1999 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehr¬beauftragte an der Freien Universität Berlin. Ihre Veröffentlichungen befassen sich mit Geschichte und Politik Israels sowie mit den deutsch-israelischen Beziehungen, u.a. „Hammer, Zirkel, Davidstern – Das gestörte Verhältnis der DDR zu Zionismus und Staat Israel“ (Bonn 1997), „Jewish Claims against East Germany: Moral Obligations and Pragmatic Policy“ (Budapest 1997) und „Israel – Geschichte des Staates seit seiner Gründung“ (Bonn 1998).

Am 14. Mai 1948 wurde Israel als “jüdischer Staat im Lande Israel” gegründet. Laut Unabhängigkeitserklärung sollte er “der jüdischen Einwanderung und der Sammlung der Juden im Exil offen stehen” sowie “allen seinen Bürgern ohne Unterschied der Religion, der Rasse oder des Geschlechtes soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen”. Die Staatsgründung bedeutete eine Zäsur in der Geschichte des Zionismus und eine Revolutionierung jüdischen Denkens; sie war gleichzeitig mit weitreichenden Konsequenzen für die arabische Bevölkerung Palästinas verbunden.
Mehr als 100 Jahre nach der Veröffentlichung der programmatischen Schrift Theodor Herzls “Der Judenstaat” und fünf Jahrzehnte nach der Staatsproklamation werden in der israelischen Öffentlichkeit heftige Debatten über den künftigen Charakter der Gesellschaft geführt. Kann Israel ein jüdischer und zugleich ein demokratischer Staat sein? Welcher Platz wird der muslimisch- bzw. christlich-arabischen Minderheit (19% der Bevölkerung) zugestanden? Wie entwickelt sich das Verhältnis von Staat und Religion? Welche Rolle spielen im öffentlichen Diskurs die “neuen Historiker”, die einen kritischen Blickwinkel auf den Zionismus erkennen lassen? Welche Chance hat ihre Forderung, Israel in “einen Staat für alle seine Bürger” zu verwandeln?

 

19. April 2001

Klasse Naturwissenschaften

Jürgen Leonhardt
Nanotechnologien
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Prof. Leonhardt (65) ist Physiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1993. Nach dem Studium der Kernphysik (1956 – 1962) in Leningrad arbeitete er am Leipziger Zentralinstitut für Isotopen- und Strahlenforschung über Isotopenanalyse und -anwendung, Spurenanalytik, Strahlen- und Beschleunigertechnik, wobei er 1966 promoviert wurde und sich 1975 habilitierte. Als Forschungs¬professor und Korrespondierendes Mitglied der AdW der DDR war er zeitweilig auch am MIT, Argonne National Lab USA sowie als Experte der IAEA tätig. Seit der Abwicklung seines Akademie¬instituts ist er Geschäftsführer des IUT Institut für Umwelttechnologien GmbH, die sich mit Umweltanalytik, Plasmatechnik, Neutronenphysik und Gasspurenanalytik befasst.

Für elektronische, optische und mechanische Bauelemente ist heute die Miniaturisierung typisch. Ihre Strukturen haben Abmessungen in der Größenordnung des Mikrometer – ein Millionstel Millimeter. Die Technologieentwicklung der nächsten Zukunft betritt die Nanowelt, das heißt, hier sind die typischen Maße noch tausendmal kleiner. Damit verlassen wir das Gebiet der klassischen Physik, und Quanteneffekte gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Der Umgang mit Objekten dieser Größenordnung und ihre Bearbeitung erfordern eine Vielzahl neuer Techniken – der Nanometertechnologien:
– Analysentechniken für hochreine Materialien;
– dreidimensionale Darstellung von Nanometerstrukturen;
– Oberflächen von Werkstoffen hoher Güte;
– Nutzung von Isotopieeffekten
u.a.m.

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Werner Korthaase und Leonhardt Stroux
Wer gründete die Brandenburgisch-Kurfürstliche Societät der Wissenschaften? Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

PhDr. Werner Korthaase (63) promovierte 1998 an der Prager Karlsuniversität mit einem Thema zur ukrainischen Gelehrtenemigration der Zeit zwischen den Weltkriegen. Er ist mit Veröffentlichungen über die internationale Comenius-Rezeption hervorgetreten. Seit 1997 ist er Vorsitzender der Deut¬schen Comenius-Gesellschaft e.V.

Dr. phil. Leonhard Stroux (70), an der Universität Heidelberg 1965 mit einem Thema der klassischen Philologie promoviert, lehrte bis 1975 am Gymnasium Steglitz als Studiendirektor. 20 Jahre lang ar¬beitete er in der Berliner Senatsschulverwaltung, zuletzt als Leitender Oberschulrat. Er gehört seit 1997 dem Geschäftsführenden Vorstand der Deutschen Comenius-Gesellschaft e.V. an und befaßt sich mit der Erforschung der frühen Geschichte der Berliner Akademie der Wissenschaften.

War das (die Gründung der Brandenburgisch-Kurfürstlichen Societät der Wissenschaften), wie allgemein bekannt, Gottfried Wilhelm Leibniz? Ja und nein, belegen die Vortragenden.
Dr. Korthaase berichtet, was J. A. Comenius von dem damals aktuellen Akademie-Gedanken hielt, und wie dessen Enkel, der Berliner Oberhofprediger, Bischof der Brüder-Unität und Mitbegründer der Akademie, Dr. Daniel Ernst Jablonski, dessen Ideen weiterentwickelte.
Dr. Stroux beleuchtet die Entstehung der Brandenburgischen Societaet der Wissenschaften und den führenden Anteil von Jablonski dabei.
Von Jablonski stammt das Akademiekonzept, das dem Kurfürsten zur Genehmigung vorgelegt wurde. Er wurde Vizepräsident der Societaet und übte starken Einfluß auf die neue wissenschaftliche Berliner Einrichtung aus. Das Verhältnis zwischen ihm und Leibniz, dem ersten Präsidenten, war nicht spannungsfrei; doch beide Gelehrte verbanden wichtige gemeinsame Interessen, beispielsweise ihr Anliegen an der Bildung einer kirchlichen Union der protestantischen Konfessionen. Nach Leib¬niz’ Tod übernahm Daniel Ernst Jablonski (nach unwürdigem Zwischenspiel: zwei Fehlbesetzungen) das Amt des Akademiepräsidenten.
Leibniz stand der Societaet 11 Jahre vor, Jablonski war für sie 41 Jahre tätig und leistete einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des wissenschaftlichen Lebens im brandenburgisch-preußischen Staat. Dabei kam der Societät zu Gute, daß er im Hauptberuf Berliner Oberhofprediger sowie Bi¬schof der Brüder-Unität in Preußen und Groß-Polen war, also in enger Verbindung mit dem Herr¬scherhaus stand.
Es ist also nicht zulässig, Leibniz als alleinigen Gründer der Berliner Akademie der Wissenschaften zu bezeichnen. Dr. Daniel Ernst Jablonski war ihr Mitgründer und rettete die Societaet durch seinen Einfluß und sein Wirken über ihre ersten schweren Jahrzehnte hinweg.

 

17. Mai 2001

Klasse Naturwissenschaften

Siegfried Grundmann
Einsteins FBI-Akte – Berichte über Albert Einsteins Berliner Zeit
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Prof. Grundmann (63) ist Wissenschaftshistoriker und Soziologe. 1964 promovierte er am Karl-Sudhoff-lnstitut der Leipziger Universität mit einer Dissertation über Albert Einstein. 1968 – 1990 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter (1968 Dozent, 1980 Professor für Soziologie) an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften in Berlin. Seit Beginn der 90er Jahre forscht und publiziert er im Anschluß an frühere Arbeiten auf zwei Gebieten: zu soziologischen Fragen der Migration und Demographie sowie zur Wissenschaftsgeschichte. 1998 erschien im Springer-Verlag Berlin-Heidelberg-New York sein Buch über “Einsteins Akte. Einsteins Jahre in Deutschland aus der Sicht der deutschen Politik“.

Anfang der 1950er Jahre bekam das Bundeskriminalamt der USA vom militärischen Geheimdienst Berichte, die – wie das FBI erwartungsvoll formulierte – geeignet sein könnten, Einstein die US-Staatsbürgerschaft abzuerkennen und ihn als unerwünschten Fremden auszuweisen. Einsteins Wohnung (sein “Büro”) soll danach – mit dessen ausdrücklicher Duldung – Ende der 20er/ Anfang der 30er Jahre Umschlagplatz von geheimen Nachrichten der KPD, der KOMINTERN und der sowjetischen Geheimdienste gewesen sein. Mit zahlreichen Personen des kommunistischen Untergrundes habe Einstein in freundschaftlicher Verbindung gestanden.

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Parviz Khalatbari
Malthus – letzter Denker einer alten und Vordenker einer neuen Zeit Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Khalatbari (75) ist Demograph und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1998. In Teheran (Iran) aufgewachsen und studiert, wurde er 1949 wegen seiner politischen Tätigkeit verhaftet und von ei¬nem Militärtribunal zu drei Jahren Haft verurteilt. 1950 gelang es ihm, auszubrechen und 1954, Iran illegal zu verlassen. 1956 kam er in die DDR, wurde 1961 an der Humboldt-Universität Berlin pro¬moviert und habilitierte sich 1966 zum Thema „Überbevölkerung in den Entwicklungsländern”. 1969 wurde er auf den Lehrstuhl Demographie zum ordentlichen Professor berufen – zunächst an die Ostberliner Hochschule für Ökonomie, 1972 an die Humboldt-Universität. Bis zu seiner Emeritierung (1991) blieb er Inhaber dieses Lehrstuhls.
Hier entfaltete er umfangreiche Aktivitäten zur Förderung des Faches Demographie. Er gründete den Arbeitskreis Demographie (1973), das Internationale Demographische Seminar (IDS)(1974), die Schriftenreihe „Beiträge zur Demographie“ (Akademie Verlag Berlin, 1977) und war maßgeblich beteiligt an der Gründung der Gesellschaft für Demographie (1989), deren Vorsitzender er bis 2000 war. Sein jüngstes Buch trägt den Titel „Globale Probleme aus demographischer Sicht“.

1798 veröffentlichte der junge Thomas Robert Malthus in London ein anonymes Pamphlet unter dem Titel „An Essay on the Principle of Population, as it Affects the Future Improvement of Society with Remarks on the Speculations of Mr. Godwin, M. Condorcet, and Other Writers“. Darin stellte er eine Bevölkerungstheorie dar, die einen 200jährigen Streit auslösen sollte.
Malthus geht von zwei natürlichen Prozessen aus: der Vermehrungskraft der Menschen, die sich in geometrischer Progression entwickele, und der Produktion von Nahrungsmitteln, die nur gemäß einer arithmethischen Reihe wachsen könne. Dadurch entstehe eine Gefahr der Überbevölkerung, die die Menschheit in ihrer gesamten Geschichte begleitet habe und sie auch in Zukunft begleiten werde. Es handele sich um ein ewiges Naturgesetz.
Damit wollte Malthus die Ursache des Übels der Menschheit entdeckt haben. Hungersnöte, Kriege und Seuchen wirkten den verheerenden Auswirkungen der Vermehrungskraft entgegen und hielten die Bevölkerung auf dem Niveau der Subsistenzmittel.
Malthus‘ Pamphlet hat ein ungeheures Echo gefunden; über kaum ein anderes Werk wurde so viel und so lange diskutiert. Und selten wurden zu einer Schrift, die kaum länger als ein gewöhnlicher Zeitschriftenartikel war, so viele unterschiedliche Auffassungen geäußert – von teilweise enthusiastischer Zustimmung, z. B. von Charles Darwin, Eugen von Philippovich, Alfred Marshall und John Maynard Keynes, bis zu rigoroser Ablehnung z. B. durch Karl Marx, Franz Oppenheimer, Werner Sombart und Colin Clark.
Das rasche Wachstum der Bevölkerung in dem rückständigen Milieu der Entwicklungsländer hat die Malthusianer ermuntert, diesen Prozeß einfach als einen neuen Beweis für die Richtigkeit von Malthus‘ Theorie zu deklarieren.
Wer Malthus war, was er wirklich lehrte und wie seine Lehre aus heutiger Sicht bewertet werden sollte, wird der Vortragende darlegen.

 

21. Juni 2001

Klasse Naturwissenschaften

Hartmut Baumbach
Qualität – der Begriff, die Prüfung, der Zweck: Vergleich von Forderungen und Merkmalen
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

 

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Wolfgang Fritz Haug
“Eine Welt, in der viele Welten Platz haben” – Zum historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Haug (65) ist Philosoph und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Von 1979 bis zum Ende des Wintersemesters 2000/01 hat er an der Freien Universität Berlin gelehrt. In Zusammenarbeit mit mehr als tausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt gibt er das auf 15 Bände angelegte Historisch-kritische Wörterbuch des Marxismus heraus. Bislang sind 4 Bände erschienen, die international große Beachtung gefunden haben.

Beim historisch-kritischen Aufarbeiten der mit dem Marxismus verbundenen theoretisch-politischen Debatten einerseits und der politischen Erfahrungen andererseits entstehen vielfältige Probleme. Im Blick auf die Krisen- und Konfliktfelder der Gegenwart erscheint es geboten, möglichst viele davon zu lösen und die theoretischen Ansätze weiter zu entwickeln. Der Titel des Vortrags ist einem Wort des Zapatistenführers Marcos entlehnt.

 

20. September 2001

Klasse Naturwissenschaften

Gert Blumenthal
Die stoffwandelnde Industrie im Solarzeitalter
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Dr. Blumenthal (70) ist Chemiker. Er war an der Humboldt-Universität Berlin Schüler der Professoren Günter Rienäcker und Erich Thilo. Am Chemischen Institut der Humboldt-Universität arbeitete er als Hilfsassistent, Assistent, Oberassistent und Dozent bis 1972, danach als wissenschaftlicher Arbeitsgruppenleiter, Abteilungsleiter und Bereichsleiter am Zentralinstitut für anorganische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR bis zur Abwicklung 1991.
Anschließend war er bis 1994 wissenschaftlicher Arbeitsgruppenleiter bei der Adlershofer Firma AUF. Seitdem betätigt er sich privat mit der Thematik „Solarenergie und technische Chemie”.

Der Energiebedarf selbst einer stark steigenden Weltbevölkerung kann vollkommen durch regenera¬tive Energiequellen gedeckt werden. Davon ausgehend beschreibt der Vortragende die energetischen und stofflichen Randbedingungen des Solarzeitalters. An Beispielen verdeutlicht er die prinzipielle Bedeutung höchster Effizienz für jegliche Energiewandlung und geht auf Widersprüche und ungelö¬ste Fragen in den heutigen Vorstellungen zur Einführung regenerativer Energien ein.
Die Technik des Solarzeitalters wird vor allem dadurch charakterisiert, dass sie
• keine fossilen Kohlenstoffressourcen mehr verbraucht,
• Kohlenstoffdioxid nur noch aus der Verarbeitung von Biomasse emittiert und
• weder Kernspaltung noch Kernfusion betreibt.
Auf Grund dieser Vorgaben diskutiert er Gedanken über die wahrscheinlichen Einflüsse regenerativer Energiewandlung auf die Energie- und Stoffströme sowie auf die Verfahrenstypen der stoffwandelnden Industrie des Solarzeitalters. An Beispielen betrachtet er Grundzüge für solarophile Verfahren der Produktion chemischer Grundstoffe.

 

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Ronald Lötzsch
Die Legende von der “Staatsnation”.
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Lötzsch (69) ist Sprachwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1998. Bis zur Abwicklung 1991 war er Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR. 1993 bis 1995 hatte er den Lehrstuhl für sorabistische Linguistik an der Universität Leipzig inne und war Direktor des dortigen Instituts für Sorabistik. Er kann auf zahlreiche Publikationen verweisen über slawische und deutsche Dialektologie, Kontaktlinguistik, zweisprachige Lexikografie und Lexikologie, Interlinguistik, Geschichte der Sprachwissenschaft, Minderheiten- und Sprachenpolitik sowie deutsche Rechtschreibung.

Die Konzeption der sog. „Staatsnation“, nach der alle Bürger eines Staates unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft und ihrer Muttersprache sich in einer angeblich „freien Willensentscheidung“ zu einer Nation zusammengeschlossen hätten, gilt als besonders emanzipatorisch und zukunftsweisend. Als Muster einer solchen „Nation“ gilt in Europa Frankreich, dessen Bevölkerung diese Entscheidung unter der Losung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ getroffen habe. Auf ähnliche Weise wird vielfach auch der Status solcher Vielvölkerstaaten wie Großbritannien, Spanien oder Belgien beschrieben.
Die mit dieser Auffassung unvereinbare Existenz unterschiedlicher Nationalitäten bzw. nationaler Minderheiten in solchen Staaten wird entweder einfach ignoriert oder sogar explizit geleugnet. Auf nationale Bewegungen der nicht dominierenden Nationalitäten wird nicht selten mit Repressalien reagiert. Nicht zuletzt gilt das für die Unterdrückung ihrer Sprachen. Von einer „freien Willensentscheidung“ bei der Herstellung der „nationalen Einheit“ kann keine Rede sein.
Einzige Ausnahme ist in Europa die Schweiz, deren aus vier gleichberechtigen Sprachgemeinschaften bestehende Bevölkerung sich in der Tat als Willensnation versteht.

 

18. Oktober 2001

Klasse Naturwissenschaften

Rita Bernhardt
Proteine: Moderne Methoden ihrer Erforschung und ihr Einsatz in Biotechnologie und Medizin
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Bernhardt Hurch
Zur Notwendigkeit einer neuen Humboldt-Edition. Die baskische Abteilung Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Kurzvortrag
Armin Jähne
Lieselotte Welskopf (15.9.1901-16.6.1979)

 

15. November 2001

Klasse Naturwissenschaften

Peter Görnert:
Von der Grundlagenforschung bis zur industriellen Nutzung: aktuelle materialwissenschaftliche Probleme
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Prof. Görnert (57) ist Materialwissenschaftler und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2001. Er arbei¬tet bei INNOVENT Jena, einer wirtschaftsnahen Forschungseinrichtung mit mehr als 100 Beschäf¬tigten, als Forschungsbereichsleiter und stellvertretender Direktor. Er ist Autor oder Mitautor von Buch- und Übersichtsartikeln, von Patenten sowie von 110 Publikationen und 170 Beiträgen auf nationalen und internationalen Tagungen. Prof. Görnert ist unter anderem Mitglied des Editorial Board der internationalen Zeitschrift “Crystal Research and Technology”, Experte zur Evaluierung von EU-Projekten, Assessor des Australian Research Council und verfaßt Gutachten unterschiedlicher Art.

Sein Vortrag geht von der aktuellen Forschungslandschaft in Deutschland aus und konzentriert sich vor allem auf die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen der neuen Bundesländer. Ein kurzer historischer Überblick beschreibt die Entwicklung der ostdeutschen Industrieforschung während der vergangenen zehn Jahre. Die zweifellos sehr unterschiedliche Arbeit wirtschaftsnaher Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der indu¬striellen Vertragsforschung charakterisiert er am Beispiel von INNOVENT e.V. Jena. Da er bevorzugt auf dem Gebiet der Materialwissenschaften tätig ist, stellt er aktuelle Entwicklungen von der Grundlagenforschung bis zu Produkten am Beispiel der Magnetoelektronik und der Hochtemperatursupraleiter dar.

 

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Dieter Wittich
Ludwig Büchner (1824-1899). Sein Einfluß auf das philosophische, kulturelle und politische Leben Deutschland in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Wittich (46) ist Philosoph und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1996. Er war – an der Universität Leipzig – Inhaber des einzigen Lehrstuhls für Erkenntnistheorie in der DDR, von 1974 bis 1990 Dekan der Fakultät für Philosophie und Geisteswissenschaft. 1995 wurde er vom Rektor dieser Universität im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in den Ruhestand entlassen. 1979 wählte ihn die Sächsische Akademie der Wissenschaften, 1995 die Berliner Leibniz-Sozietät zu ihrem Mitglied. Er hat ca. 150 wissenschaftliche Publikationen vorgelegt, darunter solche in den USA, in England, in Österreich und Kolumbien.

Der Arzt Ludwig Büchner – ein jüngerer Bruder des bekannten Dichters Georg Büchner – publi-zierte 1855 als erste seiner zahlreichen naturwissenschaftlich-philosophischen Arbeiten das Buch „Kraft und Stoff”. Es war für seine Zeit ein Bestseller: Das Buch erlebte innerhalb von fünfzig Jahren 21 deutsche Auflagen und wurde in mehr als zehn andere Sprachen übersetzt. Obwohl sein theo¬retisches Niveau nicht über das früherer materialistisch-atheistischer Literatur hinausreichte, bot es selbst wenig gebildeten Menschen einen guten Überblick über die naturwissenschaftliche Entwick¬lung der Zeit. Büchner hat mit diesem Buch weithin eine Vorgehensweise populär werden lassen, die heute aus dem internationalen philosophischen Leben nicht mehr wegzudenken ist: Die direkte Teil¬nahme von Spezialwissenschaften an den philosophischen und damit auch politischen Auseinandersetzungen ihrer Zeit. Darüber hinaus wurde Ludwig Büchner als Initiator des deutschen Freidenker-Bundes, als Mitbegründer des bis heute bestehenden “Freien deutschen Hochstifts” in Frankfurt a.M. sowie als ein Mann bekannt, der 1850 als erster einen Überblick zum Gesamtwerk seines Bruders Georg veröffentlicht hat.

 

Kurzvortrag

Erich Hahn
Georg Lukács. Zum 30. Todestag

 

20. Dezember 2001

Klasse Naturwissenschaften

Hans-Jörg Osten
Neue Materialien für die Mikroelektronik
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Lessing-Saal

Prof. Osten (48) ist Physiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 2001. Im Institut IHP (Innovation of High Performance Microelectronics) in Frankfurt(Oder) ist er Abteilungsleiter mit dem Arbeitsgebiet neue, innovative Materiallösungen für mikroelektronische Anwendungen. Dabei geht es um die Herstellung von neuen Materialien mittels Molekularstrahl-Epitaxie und um die Modifizierung des epitaktischen Wachstums; mechanische und strukturelle Eigenschaften von dünnen Schichten werden untersucht und elektrische sowie optische Eigenschaften in Teststrukturen und Bauelementen getestet. Seine derzeit wichtigsten Projekte sind der Kohlenstoffeinbau in epitaktische Silicium- und Silicium-Germanium-Schichten, die Beeinflussung der Diffusion von Dotierungselementen durch Kohlenstoff mit dem Ziel, schnelle Transistoren für drahtlose Kommunikation zu entwickeln, sowie isotopenreines Silicium und dazu alternative, epitaktische Oxide.

Klasse Sozial- und Geisteswissenschaften

Wolfgang Küttler
Ist die Geschichte ein Konstrukt? Zur Entwicklung der Geschichtmethodologie in der “postmodernen Situation”
Staatsbibliothek Unter den Linden 8, Berlin-Mitte; Hoecker-Saal

Prof. Küttler (65) ist Historiker und Mitglied der Leibniz-Sozietät seit 1993. Von 1974 bis 1991 leitete er den Wissenschaftsbereich „Theorie und Methodologie der Geschichtswissenschaft“ am Zentralinstitut für Geschichte der AdW der DDR; bis zur Emeritierung 2001 war er Mitarbeiter am Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte. Mehrere Bücher und zahlreiche andere Publikationen repräsentieren seine Arbeitsergebnisse auf den Gebieten Geschichtsmethodologie, Historiographiegeschichte und Wissenschaftsgeschichte.

Gegenwärtig wird viel von einer Krise des Geschichtsdenkens gesprochen. Dabei zeigt sich eine Paradoxie: Das Interesse an Geschichte und die Bedeutung von Auseinandersetzungen zur geschichtskulturellen Problematik steigt, während zunehmend bestritten oder ganz negiert wird, dass man Geschichte als Wissenschaft betreiben kann. Das betrifft vor allem Geschichtskonzeptionen jeder Art.
Der Vortrag befasst sich
1. mit der realen Problemsituation, die häufig als diejenige der „Postmoderne“ apostrophiert wird,
2. mit den methodischen Auswirkungen der „kulturalistischen Wende“ in den historischen Wissenschaften und
3. mit einer kritischen Reflexion der Gegenstandsbeziehungen im Umgang mit Geschichte.