Konferenz des IWVWW und der Leibniz-Sozietät im November 2013

Seit mehr als einem Jahrzehnt gibt es eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften und der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaft und Weltpolitik (IWVWW) e.V.

Themen der gemeinsamen Tagungen, die unter aktiver Teilnahme von Mitgliedern der Leibniz-Sozietät stattfanden, befassten sich mit Geschichte, Gegenwart und möglichen Perspektiven der Weltwirtschaft und Weltpolitik. Dazu gehören die Analyse von Herrschaftsformen, die Zukunft Europas, die Rolle von Wissenschaft und Politik, Analysen politisch-ideologischer Auseinandersetzungen u.a..
Vorträge und Diskussionsbeiträge werden in den Berichten des Forschungsinstituts der IWVWW) veröffentlicht. Als Kooperationspartner schätzen wir die schöpferische und anregende Zusammenarbeit mit der IWVWW und freuen uns auf das weitere, der Wissenschaft und Praxis dienende, Zusammenwirken.

Über eine neure gemeinsame Veranstaltung hat Herr Heinz Engelstädter den folgenden Kurzbericht verfasst, den wir hiermit zur Kenntnis geben:

Zum Thema  

„Werden in Europa neue Prioritäten gesetzt?“

fand am 8.11.2013 in der Humboldt-Universität wieder das traditionelle Kolloquium des Präsidiums der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften e.V. und der IWVWW e.V. statt. Einleitend referierten die Professoren Hörz und Ersil (Potsdam). Ersterer hatte sich schon 2007 gegen eine fiktive Wertegemeinschaft der Europäischen Union gewandt und 4 Szenarien der weiteren Entwicklung Europas begründet.

Jetzt komme es vor allem darauf an, Wirtschaftsinteressen mit den sozialen Herausforderungen zu verbinden. Die Bedingungen dafür müssten sorgfältig geprüft und in ganz Europa durchgesetzt werden. Europa sei nicht an das Potential der USA gekoppelt, aber in den äußeren und inneren Widersprüchen sei ein Wechsel eingetreten. Frühere innere Widersprüche der EU seien zu äußeren geworden und äußere zu inneren. Bildung wurde Geschäft. Vorschläge werden nur noch als Optionen bezeichnet und hauptsächlich von Lobbyisten unterbreitet. Europa befinde sich in einer Systemkrise, aber grundsätzlich neue Prioritäten seien nicht erkennbar. Fest stehe jedoch, ohne soziales Fundament habe Europa keine Perspektive.

Professor Ersil forderte prinzipielle Überlegungen zur Zukunft Europas. Die Debatte darüber weite sich und polarisiere. Entscheidend werde die Auseinandersetzung mit dem liberalen Kurs, um weltweites Wachstum und Investitionen zu erreichen. Der Spinelli-Bericht weise in diese Richtung. Der Vertrag von Lissabon müsse revidiert werden. Ein sozialer Stabilitätspakt sei unausweichlich. Das werfe die Demokratiefrage in der EU neu auf und wie ein neuer Verfassungsprozess sie besser löse.

In der sehr lebhaften Diskussion ging es vor allem um folgende Fragen: Die Friedensaktivitäten Europas seien genauer zu markieren, besonders was Rüstungen betrifft. In Afrika habe Europa bereits verspielt. Die Unsicherheiten müssen durch eine Neuorientierung der EU ersetzt werden, in der die Realproduktion dominiert und Integration wechselseitig ihre Ressourcen fördert. Die Steuerung könne nicht dem Finanzimperium überlassen werden, dem wirklichen Imperium unserer Zeit, sondern das Primat demokratischer Politik müsse durchgesetzt werden. Das werde möglich, wenn sich die politischen Kräfte auf den wirklichen ökonomischen Wert besinnen, der arbeitende Menschen bereits im Akt ihrer Produktion verbindet, ehe Tauschwert, Märkte und Profit dazwischen treten. Dieses elementare ökonomische Verhältnis wirkt weltweit und in jeder Gesellschaftsordnung (M/E, Werke 19, Berlin 1978, S.368 ff). In seiner konkreten Erscheinungsform, den gesellschaftlichen Arbeitsteilungen, markiert es die kulturelle Reife einer Gemeinschaft. Menschenwürdige Gebrauchswertproduktion wird möglich, die dem Grundgesetz entspricht und sich vom monetären Geschehen unterscheidet. Das schließt langfristige wissenschaftlich-technologische Konzepte ein, ebenso wie gemeinnützige

Energie-, Arbeits,- Agrar-, und Klimastrategien sowie Vorhaben für jede Generation. Die politische Strategie des Europaparlaments und die Struktur des EU-Apparats seien darauf einzustellen. Schädliche Abgrenzungen müssen vermieden werden.