Kolloquium „Klima und Menschheit“ vom 14.04.2016: Bericht

Das gut besuchte, ganztägige Kolloquium “Klima und Menschheit” war gleichzeitig Ehrenkolloquium für die Mitglieder Karl-Heinz Bernhardt, Klaus-Dieter Jäger und Dietrich Spänkuch anlässlich deren 80. Geburtstage.

Die Jubilare

Foto: Dietmar Linke
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Karl-Heinz Bernhardt und Wolfgang Böhme hatten bereits vor mehr als zehn Jahren, nämlich am 25. November 1993 im Rahmen der Thematik “Globaler Wandel” vor dem Plenum der Leibniz-Sozietät über dasselbe Thema referiert  (Sitzungsberichte, Heft 1/2, 1994). Seither hat diese Thematik nichts von ihrer Aktualität eingebüßt, im Gegenteil, diese Thematik ist aktueller denn je.

Das Kolloquium wurde vom Präsidenten der Leibniz-Sozietät, Prof. Gerhard Banse, eröffnet, der anschließend auch die Laudatio für Karl-Heinz Bernhardt vortrug. Klaus-Dieter Jäger’s Arbeiten wurden von Armin Jähne (MLS) gewürdigt. Heinz Kautzleben (MLS) schloss den Reigen der Laudationes mit der Laudatio für Dietrich Spänkuch ab.

Die Vormittagssitzung, moderiert von Hans-Otto Dill (MLS), beschäftigte sich im Wesentlichen mit Klimaaspekten der Vergangenheit und deren Auswirkungen auf die jeweiligen betroffenen  gesellschaftlichen Strukturen. Karl-Heinz Bernhardt (MLS) zeigte in seinem Vortrag „Klima und Menschheit im Wandel der Zeit“, wie die anfänglich lokalen und regionalen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf das Klima heute global als ein geologischer Faktor wirken. Prof. Ulrich Cubasch vom Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin referierte über „Dürreperioden in Asien während der letzten tausend Jahre in Proxydaten und Modellsimulationen“. Die aus Baumringdaten abgeleiteten Dürreperioden stimmen recht gut mit den aus Klimamodellen abgeleiteten schwachen Monsunphasen  überein und liefern somit Basismaterial für die archäologische Interpretation gesellschaftlicher Umbrüche. In seinem Vortrag „Siedlungsausbau und Siedlungseinschränkung in der Bronzezeit Nord-Mesopotamiens in Abhängigkeit von klimatischen Veränderungen“ beschäftigte sich Prof. Hartmut Kühne vom Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin mit der gegen Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. einsetzenden massiven Abwanderung der Bevölkerung aus Teilen Nord-Mesopotamiens, die sowohl klimatische als auch kulturelle Ursachen hat. Klaus-Dieter Jäger (MLS) zeigte in seinem Vortrag „Niederschlagsschwankungen in Mitteleuropa während der letzten Jahrtausende der Nacheiszeit und deren historische Folgen“ den Ablauf von feuchteren und trockeneren Perioden anhand von Sedimentfolgen entfernter mitteleuropäischer Standorte mit Besiedlung und Aufgabe von Standorten. Im Anschluss daran stellte Dr. Mathias Deutsch (Institut für Geographie, AG Umweltgeschichte, Georg-August-Universität Göttingen) in seinem Vortrag „Hydrologische Extremereignisse der letzten fünf Jahrhunderte in Mitteldeutschland“ durch umfangreiches Quellenmaterial belegte Hoch- und Niedrigwasserereignisse an mitteldeutschen Flüssen dar. Hochwasser der letzten fünfhundert Jahre an Thüringer Gewässern sind in einem schön ausgestattetem Band „Hochwasser in Thüringen. Texte, Karten und Bilddokumente (1500-2013)“ der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie unter maßgeblicher Mitwirkung von Mathias Deutsch zusammengestellt. Der Beitrag von Jörg Matschullat (MLS) „Bodenatmung (CO2, CH4, N2O) in Abhängigkeit von Landnutzung und klimatischen Bedingungen“, der den Abschluss der Vormittagssitzung bildete, gehörte thematisch eigentlich mit seinem Schwerpunkt auf physikalische und chemische Aspekte des Klimawandels zur Nachmittagssitzung. Nach  Betonung der Bedeutung der Böden als Quelle und Senke atmosphärischer Spurengase zeigte Jörg Matschullat neue und teilweise überraschende Ergebnisse von Feldmessungen aus dem Amazonasgebiet.

Die Nachmittagssitzung, moderiert von Lutz-Günther Fleischer (MLS), wurde durch den eindrucksvollen Vortrag von Hans Joachim Schellnhuber (MLS) „Die Nichtlinearität des Klimaproblems“ eingeleitet, in der er in beeindruckenden Folien den Bogen von der neolithischen Revolution zu Beginn des Holozän bis zu den zukünftigen Risiken des Klimawandels, den Kippelementen im Erdsystem, spannte. In der direkt nach dem Vortrag anschließenden Diskussion verwies er auf die nicht zu unterschätzende Kraft einer weltweiten Massenbewegung der Bürger zum Klimaschutz , um die dringend durchzuführenden Maßnahmen zur Milderung der Folgen des Klimawandels politisch auch durchzusetzen. Prof. Klaus Dethloff (Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts) stellte in seinem Vortrag  „Wechselwirkung von arktischem Meereis und kontinentaler Schneebedeckung mit atmosphärischen Telekonnektionsmustern“ neue Ergebnisse über den Zusammenhang zwischen dem Rückgang arktischen Meereises im Sommer und dem Auftreten kalter europäischer Winter her. In seinem Vortrag „Ozonschicht und Klimawandel“ verwies Dr. Wolfgang Steinbrecht vom Meteorologischen Observatorium Hohenpeissenberg des Deutschen Wetterdienstes auf die sich durch das Montrealer Protokoll zum Schutze der Ozonschicht eingeleitete Erholung der Ozonschicht, die sich insbesondere durch deutliche Ozonzunahme in der oberen Stratosphäre um 40 km bemerkbar macht und gemeinsam mit der Zunahme von COdort zu einer Abkühlung mit veränderter atmosphärischer Zirkulation führt. Im letzten Vortrag referierte Dietrich Spänkuch (MLS) über „Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Gesellschaft in Europa“, das von der Klimaänderung in der näheren Zukunft von allen Kontinenten am wenigstens betroffen wird, aber mit verstärktem Migrationsdruck rechnen muss. Schwerpunkt seiner Ausführungen waren Auswirkungen durch steigende Temperaturen und Meeresspiegelanstieg.

Das Kolloquium wurde durch Poster über die Meteorologen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, deren Nachfolgerakademien und der Leibniz-Sozietät flankiert und mit einem kleinen Buffet im Balkonsaal beendet.

Dietrich Spänkuch

Beitragsfolge:

Gerhard Banse (MLS): Eröffnung und Begrüßung
Gerhard Banse (MLS): Laudatio zum 80. Geburtstag von Karl-Heinz Bernhardt
Armin Jähne (MLS): Laudatio zum 80. Geburtstag von Klaus-Dieter Jäger
Heinz Kautzleben (MLS): Laudatio zum 80. Geburtstag von Dietrich Spänkuch

Karl-Heinz Bernhardt (MLS): Klima und Gesellschaft im Wandel der Zeit
Prof. Ulrich Cubasch (FU Berlin, Institut für Meteorologie):
Dürreperioden in Asien während der letzten 1000 Jahre in Proxydaten und Modellsimulationen
Prof. Hartmut Kühne (FU Berlin, Institut für Vorderasiatische Archäologie): Siedlungsausbau und Siedlungseinschränkung in der Bronzezeit Nord-Mesopotamiens in Abhängigkeit von klimatischen Veränderungen
Klaus-Dieter Jäger (MLS):
Niederschlagsschwankungen in Mitteleuropa wäh­rend der letzten Jahrtausende der Nacheiszeit und deren historische Folgen
Dr. Mathias Deutsch (Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Geo­graphie, AG Umweltgeschichte):
Hydrologische Extremereignisse der letzten fünf Jahrhunderte in Mitteldeutschland
Jörg Matschullat (MLS):
Bodenatmung (CO2, CH4, N20) in Abhängigkeit von Landnutzung und klimatischen Bedingungen

Hans Joachim Schellnhuber (MLS):
Die Nichtlinearität des Klimaproblems
Prof. Klaus Dethloff (AWI Potsdam):
Wechselwirkung von arktischem Meereis und kontinentaler Schneebedeckung mit atmosphärischen Telekonnektionsmustern
Dr. Wolfgang Steinbrecht (DWD, Met Obs Hohenpeissenberg):
Ozonschicht und Klimawandel
Dietrich Spänkuch (MLS):
Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Ge­sellschaft in Europa

Poster
„Meteorologen in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, deren Nachfol­gerakademien und der Leibniz-Sozietät, die im Jahre 1993 aus der Gelehrten­gesellschaft der Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangen ist”

Kurzfassungen der Vorträge

Fotoimpressionen: s.S.2